Brotverwandlung und Adamshochzeit : zu einigen Paradoxien des Bibelbezugs bei Jean Paul

  • Im vorliegenden Beitrag soll auf einige Unentscheidbarkeiten und Paradoxien in den religiösen Bezügen bei Jean Paul hingewiesen werden. Sie ergeben sich aus zwei Umständen. Erstens ist in seinen Texten die Grenze zwischen der Bibel im engeren Sinne und weitergefasstem christlichem Gedankengut fließend. Wie die Exzerpthefte aus den Jahren 1778 bis 1781 belegen, rezipiert Jean Paul die Bibel auch auf dem Umweg über theologische Schriften, insbesondere Bibelkommentare. Um eine biblisch inspirierte Metapher in seinem Werk zu deuten, reicht es daher nicht aus, nur die ihr zugrunde liegenden biblischen Prätexte zu identifizieren. Auch der philosophisch-theologische Kontext ihrer Entstehung und Wirkung sowie die Zusammenhänge im Text müssen berücksichtigt werden. Zweitens rezipiert Jean Paul biblische Texte durch das Medium der Literatur: populäre Bücher, Erbauungsliteratur, die Schriften der Pietisten sowie klassische Werke der Weltliteratur (z. B. Miltons Paradise Lost oder Klopstocks Messias). Betrachtet man seine Bibelbezüge genauer, so findet man eine Reihe von Bezügen auf andere literarische Texte, die ihrerseits die Bibel verarbeiten: ein sich vielfach überlagerndes Netz intertextueller und intermedialer Verweise. Schließlich wird im vorliegenden Beitrag auch nach neuen Bedeutungsdimensionen gefragt, die sich aus dem besonderen Status des Buches "Bibel" im literarischen Kontext ergeben. Auch wenn Jean Paul sich allein aus poetischen Gründen für die Bibel interessiert, so treibt er doch stets ein Spiel mit ihrem Ausnahmecharakter als sakraler Text und als Buch der Bücher. Wie fruchtbar wird Jean Pauls originelles und provokantes Spiel mit der Bibel für die Poetologie? Dass es sich um mehr als ein Spiel handelt, verrät der Dichter an mehreren Orten selbst. So schreibt er im letzten Teil seiner berühmten Vorschule der Ästhetik: "Das Spielen der Poesie kann ihr und uns nur ein Werkzeug, niemals Endzweck sein. [...] Um Ernst, nicht um Spiel wird gespielt. Jedes Spiel ist bloß die sanfte Dämmerung, die von einem überwundenen Ernst zu seinem höhern führt. [...] Es wechsle lange fort und ab, aber endlich erscheint der höchste, der ewige Ernst."

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Metadaten
Verfasserangaben:Jadwiga Kita-Huber
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-384652
ISBN:978-3-7705-5243-6
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch):Das Buch in den Büchern : Wechselwirkungen von Bibel und Literatur / Andrea Polaschegg ; Daniel Weidner (Hrsg.), Trajekte
Verlag:Wilhelm Fink
Verlagsort:Paderborn
Herausgeber*in:Andrea Polaschegg, Daniel Weidner
Dokumentart:Teil eines Buches (Kapitel)
Sprache:Deutsch
Jahr der Fertigstellung:2012
Jahr der Erstveröffentlichung:2012
Veröffentlichende Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Datum der Freischaltung:02.12.2015
GND-Schlagwort:Bibel; Jean Paul; Siebenkäs; Vorschule der Aesthetik
Seitenzahl:14
Erste Seite:341
Letzte Seite:354
HeBIS-PPN:38128316X
DDC-Klassifikation:8 Literatur / 80 Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft / 800 Literatur und Rhetorik
Sammlungen:Germanistik / GiNDok
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