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Um die Funktionsweise von biologischen Prozessen zu untersuchen, werden Trigger-Signale benötigt, die die Prozesse initiieren können, ohne dabei dem Organismus zu schaden oder Nebenreaktionen hervorzurufen. Ein geeignetes Trigger-Signal stellt Licht dar, da es bei geeigneter Wellenlänge nichtinvasiv ist und nur wenige biologische Prozesse durch Licht gesteuert werden. Um einen Prozess mit Licht aktivierbar zu machen, benötigt man eine lichtsensitive Einheit, beispielsweise eine photolabile Schutzgruppe, die durch die Bestrahlung mit Licht einen zuvor blockierten Bereich freisetzt.
Hauptziel dieser Arbeit war es die Zweiphotonen-Technik für die Photolyse von photolabil geschützten Oligonukleotiden nutzbar zu machen und das Photolyseergebnis zu visualisieren.
Dazu wurden zunächst verschiedene mit Zweiphotonen-sensitiven Schutzgruppen modifizierte Phosphoramidite synthetisiert und über Festphasensynthese in Oligonukleotide eingebaut. Die Oligonukleotide mit den erstmals neu eingebauten Schutzgruppen ANBP und hNDBF wurden zunächst auf ihre Einphotonen-Eigenschaften, wie Schmelzpunkt, Absorptionsverhalten und Quantenausbeute untersucht. Weiterhin wurden erste Versuche zur wellenlängenselektiven Photolyse von hNDBF- und ANBP-geschützten Oligonukleotiden durchgeführt.
Die Existenz eines Zweiphotonen-induzierten Effekts kann durch die quadratische Abhängigkeit des erzeugten Effekts von der eingestrahlten Leistung nachgewiesen werden. Dazu wurde ein Verdrängungs-Assay entwickelt, dessen Doppelstrang-Sonde aus einem FRET-Paar besteht. Der Fluorophor-markierte Strang dient dabei als Gegenstrang zum photolabil geschützten Strang. Durch einen Thiol-Linker am photolabil geschützten Oligonukleotid konnte dieses erfolgreich in Maleimid-Hydrogele immobilisiert werden und der Verdrängungs-Assay im Gel durchgeführt werden. Die immobilisierten Stränge enthielten DEACM bzw. ANBP Schutzgruppen. Neben der quadratischen Abhängigkeit der Photolyse von der eingestrahlten Leistung konnten in diesen Hydrogelen auch 3D-aufgelöste Photolysen realisiert werden, die eindeutig die Zwei-Photonen-Photolyse belegen. Diese 3D-Experimente wurden zusammen mit Dr. Stephan Junek am MPI für Hirnforschung durchgeführt. Durch die Wahl zweier unterschiedlicher Sequenzen für die dTDEACM und dGANBP modifizierten Stränge und zwei unterschiedlicher Fluorophore für die Doppelstrang-Sonden, konnte die orthogonale Zweiphotonen-Photolyse gezeigt werden. Um zu zeigen, dass die Zweiphotonen-Photolyse von Oligonukleotiden auch in Organismen realisiert werden kann ohne das biologische System zu schädigen, wurde versucht den Verdrängungs-Assay auch in Zellen durchzuführen. Durch die Verwendung der Patch-Clamp-Technik in Zusammenarbeit mit Dr. Stephan Junek am MPI für Hirnforschung konnten die Stränge über die Elektrolyt-Lösung in Hippocampus-Neuronen eingebracht werden und durch Zweiphotonen-Bestrahlung dort photolysiert werden, was zu einem deutlichen Fluoreszenzanstieg führte. Durch die angeschlossene Patch-Clamp-Pipette konnten so zusätzlich elektrophysiologische Messungen durchgeführt werden, die zeigten, dass die durchgeführte Zweiphotonen-Bestrahlung nicht invasiv für die Zellen ist.
Die durchgeführten Experimente beweisen, dass Zweiphotonen-sensitive Schutzgruppen auf Oligonukleotiden photolysiert werden können und dass ihr Einsatz auch in biologischen Systemen möglich ist. Der entwickelte Verdrängungs-Assay ermöglicht es weiterhin neue photolabile Schutzgruppen auf Oligonukleotiden auf ihre Zweiphotonen-Sensitivität zu untersuchen.
Ein weiteres Projekt beschäftigte sich mit der Synthese der neuen Schutzgruppe DMA-NDBF-OH, die in-silico von der Arbeitsgruppe von Prof. Andreas Dreuw aus Heidelberg als effiziente Zweiphotonen-sensitive Schutzgruppe beschrieben wird. Es wurde versucht DMA-NDBF-OH über zwei Syntheserouten herzustellen. Eine Route basierte auf der Einführung der Funktionalitäten an einem unmodifizierten Dibenzofuran, die leider an der Bromierung der Seitenkette scheiterte. Die zweite Syntheseroute wurde in Anlehnung an die NDBF-Synthese von Deiters et al., bei der das Dibenzofuran durch eine Kondensation zweier modifizierter Benzolringe und einem Pd-katalysierten Ringschluss aufgebaut wird, durchgeführt. Mit dieser Syntheseroute konnte das DMA-NDBF-OH erfolgreich synthetisiert werden. Aufgrund ihrer starken bathochromen Verschiebung sollte sich diese Schutzgruppe hervorragend für die wellenlängenselektive Photolyse auf Ein- und Zweiphotonenebene eignen.
In view of the diverse functionalities of RNA, the search for tools suitable for regulating and understanding RNA grows continuously. Dysfunction of RNA controlled processes can lead to diseases, calling for external regulation mechanisms – a difficult task in view of the complexity of biological systems. One of the recently developed methods that aim to systematically control RNA relates to photoregulation. Here, the RNA functions are triggered by photochromic molecules – for example, azobenzene or spiropyran – which are bound either covalently or non-covalently to the target RNA. This is a flexible approach, which can be improved by using suitably substituted chromophores. However, many issues regarding the details of photocontrol are still open. A detailed understanding of the mechanism of photocontrol is therefore of crucial importance.
The present thesis explores theoretical approaches to the photocontrol of RNA, focussing upon azobenzene chromophores covalently bound to RNA. The aim of the thesis is to characterize, at a molecular level, the effect of trans-to-cis isomerization of the azobenzene chromophore on RNA, and thus understand the mechanism of RNA unfolding triggered by azobenzene isomerization. In particular, we attempt to answer the following questions:
How does azobenzene isomerization happen in an RNA environment, i.e., how is
the isomerization influenced by the local RNA environment?
Conversely, how is RNA dynamics, on a longer time scale, affected by azobenzene attachment and photoisomerization?
Further, can regulation be enhanced by substituted azobenzenes? And, does simulation yield a picture that is consistent with experiment?
Due to the very different times scales of azobenzene isomerization (femtoseconds to picoseconds) and the much slower RNA response (nanoseconds to milliseconds), complementary techniques have been chosen: (i) hybrid quantum-classical approaches, i.e., on-the-fly Quantum Mechanics/Molecular Mechanics (QM/MM), to characterize the isomerization and RNA response on an ultrafast time scale, and (ii) molecular dynamics with enhanced sampling techniques, in particular, Replica Exchange MD (REMD), to explore longer time scales where the effect of RNA unfolding becomes manifest. Furthermore, substituent effects on azobenzene were separately investigated, in collaboration with two experimental groups.
The first part of this thesis is focused on the conformational influence of azobenzene on a small RNA hairpin on longer time scales using REMD simulations. In accordance with experiment, it is found that both the trans and cis form of azobenzene destabilize the RNA system. Trans azobenzene stays stacked in the double strand, whereas the cis form flips out of the RNA. These stacking interactions are the main reason why a trans azobenzene-RNA-complex is more stable than a cis-azobenzene-RNA-complex. Furthermore, the loop region of the RNA hairpin is highly destabilized by the intercalation of azobenzene.
In the second part, on-the-fly QM/MM simulations of the same azobenzene substituted hairpin are undertaken. These simulations use a surface hopping (SH) algorithm in conjunction with hybrid QM/MM electronic structure calculations to give a complete picture of the isomerization process on a picosecond time scale. It is shown that, due to the constraints of the RNA environment, the isomerization time of the azobenzene chromophore is significantly increased (from 300 femtoseconds in the gas phase to around 20 picoseconds in the RNA environment), and the isomerization yield is low. To the best of our knowledge, these are the first QM/MM simulations reported for azobenzene in a nucleic acid environment.
In the third and final part of this thesis, the properties of substituted azobenzenes have been explored, in collaboration with two experimental groups at the department. In particular, para- and meta-hydroxy substituted azobenzenes were suggested as improved photoswitches for the photoregulation of RNA, but spectroscopic investigations showed that isomerization was inefficient in some of the investigated species. Therefore, we investigated the photoisomerisation pathway of the keto/enol-form of para- and meta-hydroxy-azobenzenes by Time-Dependent Density Functional Theory (TDDFT) calculations. These calculations show that the competing keto/enol-tautomerism can result in an unstable cis form, making these substituted chromophores unsuitable as photoswitches.
Overall, the present thesis has contributed to obtaining a molecular-level understanding of photocontrol in azobenzene substituted RNAs, showing that theory and simulations can provide useful guidance for new experiments.
Für die Optimierung sowie Entwicklung lichtsteuerbarer Systeme für biologische Anwendungen oder neue Materialien ist ein detailliertes Verständnis der zugrunde liegenden komplexen, lichtinduzierten Prozesse eine Voraussetzung. Die Verwendung von Photoschaltern in Makromolekülen ermöglicht eine zeitliche und örtliche Kontrolle über strukturelle Änderungen sowie die entsprechend folgenden (biologischen) Funktionen durch die Verwendung von Licht als externem Auslöser.
Ein wichtiger Bestandteil dieser Arbeit befasst sich mit der Entwicklung eines auf Licht reagierenden Riboschalters, welcher die gezielte Kontrolle über Genexpression ermöglicht. Hierzu wurde eine spektroskopische Charakterisierung von verschiedenen Photoschaltern bezüglich einer Verwendung als biologischer Ligand sowie der Wechselwirkungen zwischen Azobenzolen und RNA, auch hinsichtlich ihrer Bindungsdynamiken durchgeführt. Zunächst wurde die hohe Abhängigkeit der (photo-)chemischen Eigenschaften der Azobenzole von der Wahl der Substituenten untersucht, wobei besonders die Anwendung in wässrigem Milieu betrachtet wurde. In einer detaillierten (zeitaufgelösten) Studie wurde der positionsabhängige Einfluss der Hydroxy-Substitution von Azobenzolen auf die Photoisomerisierung in wässriger Lösung untersucht. Für eine ortho-Substitution ergab sich hierbei ein alternativer Deaktivierungskanal nach Photoanregung, welcher stärker ausgeprägt ist als die Isomerisierung. Hierbei wird ein intramolekularer Protontransfer im angeregten Zustand (ESIPT) beobachtet, welcher mit einer Zeitkonstante von 0.3 ps beschrieben werden kann und in einer Keto-Spezies resultiert. Eine Keto-Enol-Tautomerie konnte für die para-Hydroxy-Substitution schon im Grundzustand beobachtet werden. Somit können beide Spezies gezielt adressiert werden. Durch Acetylierung der Hydroxygruppe verlangsamt sich die thermische Relaxation des cis-Isomer zu dem entsprechenden trans-Isomer signifikant ohne die Isomerisierung zu beeinträchtigen. Dementsprechend ermöglicht eine solche Acetylierung die Verwendung von bekannten Azobenzolderivaten als Photoschalter.
Zudem werden in dieser Arbeit zwei verschiedene Herangehensweisen in der Entwicklung eines Riboschalters beschrieben, welcher sich durch Licht regulieren lässt.
Diese sind durch kovalentes bzw. nicht-kovalentes Einbringen eines Azobenzolderivats in die RNA Struktur charakterisiert. Ein neuer Linker, welcher auf einer Desoxyribose-Struktur beruht, wird für die kovalente Anbindung des Azobenzols an den RNA Strang präsentiert, welcher eine licht-induzierte Dehybridisierung ermöglichen soll. Eine außergewöhnlich hohe Schaltamplitude mit einem cis-Gehalt von etwa 90% konnte für das Azobenzol im RNA Einzelstrang schon bei Raumtemperatur ermittelt werden. Zudem wurde der Einfluss des Photoschalters sowie der benachbarten Nukleotide in der RNA auf die Stabilität der RNA Doppelhelix untersucht. Die zweite Vorgehensweise beruht auf einer nicht-kovalenten Bindung zwischen einem Azobenzolderivat und einem RNA-Aptamer, welche lediglich für eines der Photoisomere ermöglicht wird, wodurch eine örtliche und zeitliche Kontrolle der Ligandenbindung der RNA erfolgt. Im Rahmen dieser Arbeit war es möglich zwei verschiedene photoschaltbare RNA Aptamere zu identifizieren und zu untersuchen, welche eine hohe Spezifität und Affinität aufweisen. Zudem wurde die Photoisomerisierung des Azobenzols innerhalb der RNA-Struktur sowie daraus resultierende lichtinduzierte Konformationsänderungen der RNA mittels zeitaufgelöster Anreg-/Abtastspektroskopie untersucht. Die daraus resultierende Dynamik der photoinduzierten Ligandenbindung sollte eine weitere gezielte Optimierung lichtschaltbarer biologischer Systeme erlauben.
Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der zeitaufgelösten Untersuchung eines photoschaltbaren Foldamers. Speziell wurde der strukturelle Übergang des OmPE-Foldamers 10-5 zwischen einer definierten helikalen und einer ungefalteten Konformation auf Grund der Photoisomerisierung der, in das Rückgrat integrierten, Azobenzole untersucht.
Dabei konnten die frühen (Ent-)Faltungsmechanismen des Foldamers im sub-Nanosekunden-Zeitbereich beobachtet werden, welche durch quantenmechanische Rechnungen unterstützt werden konnten. Darüberhinaus, war es möglich einen Anregungsenergietransfer vom PE-Rückgrat des Foldamers auf die Azobenzole nachzuweisen, welcher die Lebensdauer der angeregten Zustände des Systems signifikant verkürzt.
Diese Arbeit liefert wichtige Informationen zu den Reaktionspfaden, den gezielten Wechselwirkungen zwischen Photoschaltern und größeren organischen Molekülen, sowie den daraus resultierenden lichtinduzierten strukturellen Änderungen durch die Anwendung einer Vielzahl an (zeitaufgelösten) spektroskopischen Methoden. Diese Ergebnisse tragen zum weiteren Verständnis komplexer Prozesse in biologischem sowie nicht-biologischem Zusammenhang und somit zu einer weiterführenden Entwicklung neuer Systeme bei.
This thesis deals with the NMR characterization of the structure and the folding dynamics of DNA G quadruplexes as potential therapeutic target in cancer therapy and building block for DNA based nanotechnology.
The first part of this thesis (Chapters 1-5) introduces the reader to the world of G quadruplexes.
The main features of the classic Watson Crick double helix and alternative non B DNA structures are illustrated in Chapter 1. Many different base pairing schemes are possible, besides the canonical Watson Crick motif, thereby expanding the structural complexity of DNA. Non canonical base pairing, such as Hoogsteen hydrogen bonding, enables the assembly of triplets and quartets, which are the building blocks of triplex and quadruplex structures, respectively.
The structural characteristics of DNA G quadruplexes are delineated in detail in Chapter 2.
G quadruplex structures are extremely polymorphic, in terms of strands orientation, loops geometry, grooves width and arrangement of the glycosidic torsion angles. The various structural elements as well as the different cation coordination geometries are here presented, with a special emphasis on the diversity of conformations reported for the telomeric DNA G quadruplexes.
Chapter 3 describes the biological roles of G quadruplex structures in the genome. After introducing the architecture of the telomeric DNA and its interacting proteins, the mechanism of the telomeres elongation catalysed by the telomerase enzyme and its implications for cancer are discussed. The occurrence of G quadruplex structures in functional regions of the genome, such as promoter regions of oncogenes, and their possible roles in regulating the gene transcription are then outlined in the second part of the chapter.
The potential of G quadruplex as a novel anti cancer target is examined in Chapter 4 and the proposed anti cancer mechanisms for a ligand stabilizing G quadruplex structures are discussed.
RNA G quadruplexes and their putative role in gene regulation at the level of translation are briefly illustrated at the end of the chapter.
A general overview on the NMR methods to investigate the G quadruplex structures is presented in Chapter 5. The experimental set up used for the real time NMR studies of the G quadruplex folding is also described.
The second part of the thesis (Chapters 6-8), which is the cumulative part, comprises the original publications grouped in three Chapters according to the topic.
The state of the art on small molecules targeting G quadruplex structures is given at the beginning of Chapter 6, including a summary of the experimental structures of G quadruplexes in complex with ligands available up to date. The publications presented in Chapters 6.1-6.3 are concerned with the elucidation of the interaction modes between DNA G quadruplexes and selected ligands with potential therapeutic applications.
The binding ability of two natural alkaloids (berberine and sanguinarine) to telomeric G quadruplexes is examined in Chapter 6.1. The ability of carbazole and diguanosine derivatives (synthetized in the group of Prof. Dash, IISER, Kolkata) to interact with c-MYC G quadruplex and down regulate c-MYC expression is explored in Chapter 6.2 and Chapter 6.3, respectively.
The energy landscape of human telomeric G quadruplex structures is discussed in Chapter 7, in light of the experimental kinetic studies as well as molecular dynamics simulations reported in literature until now. Up to date there is no general consensus regarding the folding pathway of unimolecular human telomeric G quadruplex, in particular due to the lack of atomic resolution data on the species involved in the folding. Chapter 7.1 presents the first real time NMR study of the human telomeric G quadruplex folding kinetics.
The final chapter of this thesis (Chapter 8) outlines the potential of G-quadruplex structures as building blocks in nanotechnology. After illustrating briefly the additional possibilities offered by alternative non B DNA structures to programme nanomaterials, a number of applications employing G quadruplex structures in different fields of nanotechnology are described. The article presented in Chapter 8.1 investigates the structural and photoswitching properties of a novel intermolecular azobenzene containing G quadruplex synthetized in the group of Prof. Heckel (Goethe University, Frankfurt).
Die Etablierung der Festphasensynthese innerhalb der letzten Jahrzehnte macht hoch modifizierte Oligonukleotide verfügbar. Damit werden Methoden wie Einzelmolekül-aufgelöstes Tracking möglich, um beispielsweise den Weg einer einzelnen RNA von der Transkriptionsstelle im Nukleus bis zur Proteinbiosynthese im Cytoplasma verfolgen und kritische Stelle verstehen zu können. In den letzten Jahren entwickelten sich auch vermehrt Fragen zur lokalen Proteinsynthese. Dabei nimmt man besonders im Fall von polaren Zellen wie Neuronen an, dass die Proteinbiosynthese nicht global im Cytosol stattfindet, sondern es einen Transport der „ruhenden“ RNA bis zu dem Ort geben muss, an dem das entsprechende Protein lokal benötigt wird. In dieser vorliegenden Arbeit sollen nun in zwei Hauptprojekten molekulare Werkzeuge entwickelt werden, mit deren Hilfe oben genannte Fragestellungen in Zukunft beantwortet werden könnten. Im ersten Hauptprojekt wurde dazu eine neue Generation lichtaktivierbarer Molecular Beacons (von engl.: molekulare Leuchtfeuer) entwickelt. Dabei handelt es sich um Oligonukleotide, die komplementär zu einer intrazellulären RNA-Sequenz (Target-RNA) sind und mit Fluorophor und Fluoreszenz-Quencher modifiziert werden. Bei den lichtaktivierbaren Designs kann Fluoreszenz detektiert werden, wenn der Molecular Beacon an seine Targetsequenz gebunden und zusätzlich zuvor eine Lichtaktivierung stattgefunden hat. Im Gegensatz zu früheren Designs wurde bei diesem hier vorgestellten Molecular Beacon der Fluorophor mit Hilfe eines zweiten photoabspaltbaren Quenchers verbunden. Dadurch kann der Beacon an seine Targetsequenz binden, obwohl noch keine Lichtaktivierung stattgefunden hat. Fluoreszenz kann allerdings erst nach photoinduzierter Abspaltung des zusätzlichen Quenchers detektiert werden. In der vorliegenden Studie konnten dadurch extrem gute Signal-zu-Rausch-Verhältnisse von bis zu 170:1 erreicht werden. Zusätzlicher Vorteil dieses Designs ist die Tatsache, dass eine Vielzahl kommerziell erhältlicher Fluorophor-Quencher-Paare verwendet werden kann. Dabei ist es nicht relevant, ob der entsprechende Farbstoff co-synthetisch während der Festphasensynthese oder post-synthetisch durch die Modifikation funktioneller Gruppen angebracht wird. Nach anfänglichen in vitro Tests wurden die besten Molecular Beacons in vivo in der Zuckmücken-Art Chironomus tentans getestet. Dieser Organismus ist aufgrund seiner Polytänchromosomen, der sog. Balbiani Ringe, interessant. Dabei handelt es sich um ein Chromosom, das viele Chromatiden mit jeweils identischen Gensequenzen enthält. Diese Balbiani Ringe haben eine sehr charakteristische Struktur. Die Molecular Beacons wurden in den Zellkern injiziert und anschließend photoinduziert. Auch in den in vivo Messungen zeigte sich die Überlegenheit des neuen Design mit Signal-zu-Rausch-Verhältnissen von bis zu 80:1. Im zweiten Hauptprojekt war es das Ziel, lokale mikroRNA-Reifung in Neuronen nachzuweisen bzw. sichtbar zu machen. MikroRNA (kurz miRNA) ist einer der wichtigsten zellulären Werkzeuge, um Genregulation auf post-transkriptioneller Ebene zu ermöglichen. Für dieses Projekt wurde eine Sonde entwickelt, die den nativen miRNA-Vorläufer – die sog. prä-miRNA – nachbildet. Der enzymatische Reifungsprozess durch die RNase Dicer sollte durch Fluoreszenz nachweisbar sein. Dies gelang durch Modifikationen der Sequenz um die enzymatische Schnittstelle herum. Durch den Dicer-vermittelten, enzymatischen Verdau wurde ein Fluorophor von einem Quencher getrennt, wobei der fluoreszente Farbstoff an der reifen mikroRNA verblieb. Nach der Etablierung der in vitro Tests und Auswahl des optimalen Fluorophor-Quencher-Paars zeigte sich in einem Kontrollexperiment, dass bei Verwendung von neuronalen Ganglien aus Dicer-Knock-Out Mäusen kein Fluoreszenzanstieg zu beobachten war. Dieses Experiment bewies, dass bisher beobachtete Fluoreszenzanstiege Dicer-spezifisch waren. Im nächsten Schritt wurden in vivo Messungen durchgeführt. Es zeigte sich dabei, dass die sog. Patch Clamp Technik herkömmlichen Transfektionsmethoden überlegen war. Unter normalen Bedingungen zeigte sich sowohl im Soma als auch in den Dendriten ein Fluoreszenzanstieg. Durch Depolarisation des Neurons konnte dieser Effekt noch verstärkt werden, wobei das somatische Signal grundsätzlich als höher einzustufen war. Interessanterweise führte eine Blockade der NMDA-Rezeptoren auch bei gleichzeitiger Depolarisation zu einer verringerten Fluoreszenz. Dies lässt darauf schließen, dass die Reifung der untersuchten prä-miRNA in Dendriten von der Aktivität des NMDA-Rezeptors bzw. einem als Konsequenz ansteigenden Ca2+-Spiegels in der Zelle abhängig ist. In einem weiteren Experiment wurde nach „Beladung“ eines Neurons mit der prä-miRNA-Sonde Dendriten punktuell aktiviert. Dies konnte durch Licht-aktivierbares Glutamat erreicht werden. Im zentralen Nervensystem gilt Glutamat als der wichtigste aktivierende Neurotransmitter. Es konnte beobachtet werden, wie einerseits Fluoreszenz lokal an der aktivierten Stelle anstieg und gleichzeitig sog. dendritische Spines wuchsen. Zum Teil war auch ein Wachstum benachbarter Spines zu beobachten. Dabei handelt es sich um pilzförmige Aussackungen der Dendriten an Stellen, an denen Vernetzungen zu Synapsen anderer Neuronen existieren. Als Ergebnis kann geschlussfolgert werden, dass es eine lokale Reifung der untersuchten prä-miRNA durch Dicer in Dendriten gibt. Dieser Prozess kann sehr spezifisch und lokal durch die Aktivierung einzelner synaptischer Verbindungen initiiert werden.