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Fragen nach der Struktur von Sprachkompetenz sind aktuell in der pädagogisch-psychologischen Diagnostik von besonderer Bedeutung. Da sprachliche Kompetenzen als wesentlicher Bestandteil von Bildung angesehen werden, finden sie in empirischen Studien zu Schülerleistungen immer stärkere Beachtung. Neben der Feststellung von Ausprägungen der sprachlichen Kompetenzen wird die Differenzierbarkeit von Teilbereichen der Sprachkompetenz betrachtet, wenn spezifische sprachliche Phänomene getrennt beobachtet und beschrieben werden sollen. Die vorliegende Arbeit nähert sich der Frage nach der Struktur von Sprachkompetenz aus einer psychologisch-diagnostischen Perspektive. Auf der Grundlage von Daten einer deutschen Large-Scale-Studie und unter Bezug auf Theorien und Modellen der Psycholinguistik, der Entwicklungspsychologie und der psychologischen Diagnostik geht sie der Frage nach, welche Teilbereiche der Sprachkompetenz sich empirisch differenzieren lassen – wie sich also die Struktur von Sprachkompetenz aus Sicht der Diagnostik darstellen lässt. Darüber hinaus wird analysiert, ob sich spezifische Zusammenhänge zwischen einzelnen sprachlichen Teilbereichen empirisch auffinden lassen, die vor dem Hintergrund bekannter Theorien und Modelle der Struktur von Sprachkompetenz darzustellen und zu erklären sind. Schließlich wird untersucht, ob sich bestimmte Personengruppen hinsichtlich der strukturellen Zusammenhänge in ihrer Sprachkompetenz unterscheiden und inwiefern kognitive Grundfähigkeiten als Teil der Struktur von Sprachkompetenz zu betrachten sind. Bisher liegen nur wenige verallgemeinerbare, empirische Befunde zur Struktur der sprachlichen Kompetenzen deutscher Schülerinnen und Schüler vor. Dies ist vor allem darin begründet, dass die Durchführung vergleichender Studien über viele Jahrzehnte im deutschen Bildungssystem unüblich war und sich die Erfassung von Sprachkompetenz oft auf den Bereich der Defizitdiagnostik beschränkte. Dort, wo repräsentative Daten verfügbar sind, decken sie in der Regel nur einige wenige sprachliche Teilbereiche ab. Die vorliegende Arbeit beruht auf den Daten der umfassenden und differenzierten Erhebung von Sprachkompetenzen im Rahmen der Studie Deutsch Englisch Schülerleistungen International (DESI). DESI untersuchte im Schuljahr 2003/2004 die sprachlichen Leistungen von Schülerinnen und Schülern der neunten Jahrgangsstufe in Deutschland. Sie wurde von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) im Jahre 2000 in Auftrag gegeben. Entsprechend der aktuellen Forschungslage zur Dimensionalität von erst- und fremdsprachlichen Kompetenzen wurden in den DESI-Tests jeweils mehrere produktive und rezeptive Kompetenzbereiche unterschieden: Sowohl im Deutschen als auch im Englischen wurden die Kompetenzen im Lesen und Schreiben erfasst, im Englischen zusätzlich im Hören und Sprechen. In beiden Sprachen wurden zudem sprachpragmatische und grammatikalische Aspekte der Sprachbewusstheit getestet, im Deutschen wurde darüber hinaus ein schriftlicher Test zur Argumentation eingesetzt. Lexikalische und orthographische Aspekte von Sprachkompetenz wurden im Deutschen in gesonderten Tests abgebildet und im Englischen als Komponenten von Lückentexten erfasst. Zusätzlich zu den insgesamt zwölf Testverfahren ergänzten Fragebögen zu Lehr-Lern-Bedingungen, Hintergrundfaktoren und motivationalen Aspekten sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für Lehrpersonen, Fachkollegien, Schulleitung und Eltern die Erhebung. An der Haupterhebung von DESI nahmen 10 632 Schülerinnen und Schüler aus 219 Schulen teil, darunter 40 Schulen mit bilingualem Sachfachunterricht. Diese Daten bieten eine ideale Grundlage für die Analyse der Struktur von Sprachkompetenz bei Schülerinnen und Schülern. Die Fragestellungen der vorliegen Arbeit beschäftigen sich damit, die Struktur von Sprachkompetenz innerhalb der beiden Sprachen zu beschreiben und in ein gemeinsames Modell zu integrieren. Methodisch berücksichtigt wird dabei die hierarchische Schachtelung der Daten. Dadurch wird ein theoriegeleitetes Modell der Struktur der Sprachkompetenz empirisch abgebildet. Darauf aufbauend wird analysiert, wie dieses Modell speziell auf die Mehrebenenstruktur der Daten anzupassen ist, ob also die Struktur von Sprachkompetenz auf Individualebene und auf Klassenebene für beide Sprachen getrennt und gemeinsam unter Beibehaltung des Modells für die Gesamtstichprobe dargestellt werden kann. In einem weiteren Schritt wird analysiert, ob das gefundene Modell der Struktur von Sprachkompetenz sich in spezifischen Untergruppen unterscheidet, hierzu gehören Mädchen und Jungen sowie Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem Sprachhintergrund. Abschließend wird untersucht, welche Bedeutung den kognitiven Grundfähigkeiten im Gesamtmodell der Struktur von Sprachkompetenz zukommt.