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Redensarten sind für die Deutsch als Fremdsprache Studierenden im hohen Grad interpretationsbedürftig. Auch der Muttersprachler braucht für sie häufig eine nähere Erklärung, die im vorliegenden Fall formal (Redensart veraltet und wegen antisemitischer Sicht nicht verwendbar) und inhaltlich (Zusammenhänge, die kaum einer ahnt) sein muss. Redensarten können einen weitreichenden kulturellen Hintergrund haben und sie sind selbst, entsprechend analysiert, Quelle zur Sprach- und Kulturgeschichte. Die Redensart "... wie in der Judenschule" verrät uns zudem überraschenderweise etwas über die Frühform literarischer Entwicklung im Kulturprozess von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit.
Franz Kafka's (1883-1924) "Die Brücke" is one of the less well-known texts by one of the most prolific authors of literary modernity. However, this short prose text embodies prevalent questions of literary modernity and philosophy as it reflects the crisis of language in regard of identity, communication, and literary production. Placed in the context of fin-de-siècle's discourse of language crisis, this article provides a dialogue between Kafka's "Die Brücke" and Hannah Arendt's (1906-1975) philosophy of thinking and speaking in "The Life of the Mind". Contrary to Arendt's understanding of the metaphor as "a carrying over" between the mental activities of the solitude thinker and a reconciliation with the pluralistic world shared with others, this article argues for a deconstructionist reading of "Die Brücke" as a tool to reevaluate Arendt"s notion of a shared human experience ensured through language and illustrates the advantages of poetic texts within philosophical discourses.
Der Goldregen im Park von Ulsgaard ist nicht nur eine ("schön blühende, giftige") Pflanze. In der bildenden Kunst (Tizian, Rembrandt, van Dyck, Klimt) ist die auf Ovid zurückgehende Geschichte der Königstochter Danaë oft dargestellt worden.
Die von ihrem Vater in einen Turm Verbannte wird von Zeus in Form eines Goldregens besucht und wird die Mutter des berühmten Helden Perseus. Rilkes Anlehnung an die mythische Tradition wird durch die kreative Anverwandlung besonders
gewinnend und die Begegnung der Liebenden erhält geradezu hintergründig eine erhebende Weihe. Der zurückhaltende Anschluss an den Mythos ist einer Erfahrung angemessen, die sprachlich allenfalls vergleichsweise ("wie"), im Kontrast ("nichts") oder als Möglichkeit ("vielleicht") fasslich erscheint. Die Begegnung von Mutter und Sohn am Fenster des Hauses in Ostia feiert Augustinus als Werk der göttlichen
Vorsehung, die Begegnung des Neffen und der Tante verklärt der Rilkesche Malte zu einem alle Erwartung übertreffenden aber willkommenen Glück: "Schöne, schöne Abelone." Die Deutung der Briefe als Liebesbriefe ergab sich für Malte nachträglich ("wie ich es jetzt sehe") und sie war die Konsequenz aus der Begegnung im Park schließlich.
[...] Halten wir [...] als Arbeitshypothese fest, dass Jean Paul in seinem zweiten bürgerlichen Roman nach dem "Siebenkäs" einerseits den Gedanken der psychischen Doppelgängerschaft fortschreibt, ihm aber andererseits über die Zwillingsmetapher eine neue, hereditäre und generative Dimension verleiht.
Auch wenn das auf den ersten Blick kontraintuitiv erscheint, steht diese Veränderung, wie sich herausstellen wird, für eine größere und größer werdende Unähnlichkeit zwischen den beiden Helden. Der gleitende Wechsel der Metaphern markiert also einen sich schon im "Siebenkäs" abzeichnenden, in den "Flegeljahren" jedoch verstärkt fortgesetzten Entfremdungsprozess der für
die bürgerlichen Romane konstitutiven Doppel-Protagonisten.
Die Gleichgültigkeit der Natur gegenüber der menschlichen Existenz wird bei Rainer Maria Rilke in seiner letzten Schaffensphase in der Schweiz mit einer ähnlichen Radikalität sprachlich-dichterisch kompensiert wie er früher das restlose Hineinbilden (nicht Abbilden!) der Welt in das Sprachkonstrukt nach den Vorbildern von Baudelaire, Rodin und Cézanne – um hier nur die wichtigsten zu nennen – vom eigenen Sprachinstrument forderte. Ich nehme an, daß Rilkes späteste Dichtung und Poetologie nur in engster Verbindung mit dem Konzept des Verzichts ausgelegt werden kann. Exemplarisch für die Poetik dieses lyrischen Ausgleichs im Kontext des spätesten Werkes ist die Sinnfigur der Fontäne, die Produktionsweise und Funktion der dichterischen Bilder illustriert und eine immanente Reflexion auf den Sinn und die Zielvorstellungen des dichterischen Schaffens enthält.
Karin Baumgartner diskutiert Strategien zur Bewältigung der adligen Legitimationskrise nach den preußischen Landreformen und gegenüber einem bislang unbekannten Rechtfertigungsdruck, der aus einer finanziell oftmals prekären Lage resultierte und seitens eines Bürgertums ausgeübt wird, das als produktive und staatstragende Klasse auf den historischen Schauplatz drängt. Als Gegner des Smithschen Liberalismus und vor allem der französischen Freiheitsdoktrin verteidigt der romantische Staatstheoretiker Adam Müller dabei das positive Recht als organisch gewachsene Institution, deren abrupte Veränderung zugunsten einer entfesselten frühkapitalistischen Produktivität die tradierte natürliche Balance zwischen gewerblichem und landwirtschaftlichem Sektor störe und umstürzlerische Auswirkungen nach sich ziehen könne. Müller sei der Erste, so Karin Baumgartner, der Klasse und Geschlecht aneinanderkopple und damit "Caroline Fouqué Argumente liefert, um die Legitimationskrise des Adels in ihren Romanen als männlich-weibliche Beziehungskrise zu verarbeiten." Gegen den bürgerlichen Vorwurf der Unproduktivität führe Adam Müller darüber hinaus einen "Geist" und eine "Tradition" als allein durch den Adel einzubringende ideelle Ressourcen ins Spiel, die letztlich Stabilität des Gemeinwesens garantieren könnten.
"Des Armen Haus ist wie des Kindes Hand". Gefäß und Getränk oder Leere und Fülle in Rilkes Dichtung
(2014)
Die Kinderhand als das Bild für das "allerleiseste Empfangen", für das Offensein für einen Anspruch, den niemand herausfordern und niemand erwarten kann, hat eine Tradition in Rilkes Werk, das vor dem Stunden-Buch entstanden ist und es spinnt sich bis ins Spätwerk hinein fort. Die Gleichzeitigkeit von Leere und Fülle als von Gefäß und Getränk immer zugleich ist wohl nirgends so spielerisch und daher dauernd umgesetzt wie in den Sonetten an Orpheus, wo Wein, Kelter und
derjenige, der trinkt, alle eins und in sich doch unterscheidbar sind. Im Bekenntnis zum Hier darf die Unterscheidung nicht aufgegeben werden. Diese lebt aber vom Ununterschiedenen: die Erfahrung des Ununterschiedenen
als eine Erfahrung der "inspiratio" fasst Rilke mit der Gefäß-Metapher.
Im ehemaligen Arbeitszimmer von Rainer Maria Rilke im Turm von Muzot haben sich außer einem Teil seiner Bibliothek auch viele Reminiszenzen an den Dichter und aus des Dichters Besitz erhalten. Vor Jahren hat mir der Zürcher Japanologe
Cornelius Ouwehand zu jedem der Objekte mitgeteilt, was es damit für Rilke für Bewandtnisse hatte, in welchem Brief, in
welchem Gedicht diese kaum "Kunstwerke" zu nennenden Gegenstände auftauchen. Zu einer kleinen, zwischen zwei Gläser gerahmten indischen Malerei, die in der Ecke unter einem Wandschränkchen mittels einer Schnuröse an die Wand genagelt ist und mich besonders interessierte, wusste selbst dieser grosse Rilkiana-Sammler nichts zu sagen. Wir nahmen an, sie sei erst später vom Besitzer des Turms, von Werner Reinhart oder seinen Erben, hier befestigt worden. Nun ist dem aber vermutlich nicht so gewesen: Das hübsche indische Bildchen, das wir auf dem undatierten Foto "Rilkes Arbeitszimmer in Muzot" schon an der Stelle finden, wo es auch heute noch hängt, wird unter der nicht ganz zutreffenden, aber von Rilke selbst gewählten Bezeichnung "Tänzerin" in mehreren Briefen erwähnt.
Einer vor allem nach 1989 verbreiteten Meinung zufolge bildete sich 1945 "ein tragischer Zwiespalt zwischen den Ereignissen und der Geschichte der Ideen, der die Welt im Dunkel lässt und über wenigstens dreißig Jahre Folgen haben wird". Denn "die Menschen, die sich mit den Aufgaben des Geistes befassen und deren Berufung es ist aufzuklären, Verbindungen zwischen den im Unklaren gebliebenen Tatsachen aufzuzeigen, Spiritualisten, Christen, klassische Liberale, Existentialisten, Marxisten sind keineswegs darauf vorbereitet, die Ereignisse zu erklären [...]: ihre allzu begrenzten, ihrer selbst kaum bewussten Traditionen lenken sie nicht nur von den auszuarbeitenden Analysen, sondern von den Tatsachen selbst ab."
Weshalb verfehlten sie ihre Berufung? Nach "dem schrecklichsten Rückschritt der Menschheit", der durchlebt worden war, sei "ein Befragen der Demokratie und des Christentums" erforderlich gewesen. Stattdessen treffe man nach dem Zweiten Weltkrieg allzu oft auf die "Faszination des Kommunismus" und auf "das Verknüpfen der Auffassung von Modernisierung mit denen des Fortschritts und der Perfektibilität". Die hier zitierte Überlegung führt hin zu der Feststellung einer "'französischen Krise der Aufklärung', einer 'intellektuellen Verwirrung' in der unmittelbaren Nachkriegszeit, die weder 1945 noch seitdem bewältigt worden ist".
Dieser Beschreibung zufolge begriffen die damaligen Intellektuellen in ihrer allzu großen Mehrheit nichts oder fast nichts von dem, was sich ereignete. Und noch wer sich heute mit "fortschrittlicher" Kultur und ihrer Geschichte beschäftige, liefe Gefahr, die Blindheit fortzusetzen, die sich in jener Zeit offenbart haben soll.