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Ach, waren das Zeiten, damals! Noch immer verbinden sich nicht nur mit der deutschen Studentenbewegung im Jahre 1968 Erinnerungen und Diskussionen, die weit über die oftmals historischen Jubiläen gewidmeten Aufmerksamkeiten hinausgehen. Viel stand damals auf dem Spiel, gesellschaftliche Umbrüche, sexuelle Befreiung, die Öffnung der Universitäten, die Bewegung gegen den Vietnamkrieg. Einige dieser Aspekte möchten wir in der 8. Ausgabe der REAl betrachten.
Der vorliegende Band befasst sich mit Formen und Techniken der erzählerischen Vermittlung von Räumlichkeit. Ein Fokus der hier versammelten Aufsätze liegt auf der Darstellung des Raumtyps Innenraum, der - wie die unterschiedlichen Lektüren aus verschiedenen Philologien vorführen - ein weitreichendes narratives Experimentierfeld darstellt. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht zum einen die Frage, wie literarische Räume und Raumvorstellungen konstituiert und in eine narrative Progression übersetzt werden, zum anderen die Frage nach den unterschiedlichen - symbolischen, allegorischen, soziologischen oder poetologischen - Funktionszusammenhängen, in die das literarische Interieur eingebunden ist. Dieser Band will insbesondere an neuere Forschungsbeiträge anknüpfen, die die innenraumkonstituierenden und -gliedernden Medien wie Möbel oder Stoffe, Wände, Bilder oder Fenster in ihrer spezifischen Materialität und Medialität in den Blick nehmen und so die Exteriorität von Raumzeichen betonen.
Am 17. Dezember 1893 erscheint in Neapel eine Sonderausgabe der neapolitanischen Zeitschrift "La tavola rotonda", die dem Werk und der Persönlichkeit Gabriele d'Annunzios gewidmet ist. Außer zwei Aufsätzen französischer Rezensenten, die die Beziehung des Autors zur Kultur ihres Landes erörtern, bringt der Band die ziemlich freie Übersetzung des ersten dem italienischen Dichter gewidmeten Aufsatzes Hofmannsthals, der wenige Monate zuvor in der "Frankfurter Zeitung" veröffentlicht worden war.
Das allein würde kaum Aufmerksamkeit erregen, wäre nicht D'Annunzio selbst der Verfasser dieser Übersetzung, wie die im Archiv des Vittoriale erhaltene handschriftliche Kopie des Textes beweist. Der Fund ist umso merkwürdiger, wenn man beachtet, daß die Deutschkenntnisse, über die D'Annunzio verfügte, auf ein reines Schuldeutsch beschränkt waren, und daß er in der Regel französische Übersetzungen den deutschen Originalen vorzog. Es ist deswegen anzunehmen, daß er einen unbekannten Übersetzer um Hilfe gebeten hat, und die Vermutung liegt nahe, daß er sich außerdem persönlich mit Hofmannsthal darüber verständigt hat.
Die Arbeitshypothese, daß die beiden Schriftsteller zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des deutschen Originaltextes wie auch zum Zeitpunkt der italienischen Fassung, miteinander in Kontakt standen, läßt sich gut begründen: Die erste Begegnung zwischen den Autoren wird allgemein auf das Jahr 1893 datiert, wie aus einem im Sommer 1893 geschriebenen Brief Hofmannsthals an Felix SaIten hervorgeht.
Du dilettantisme = Über den Dilettantismus / herausgegeben und übersetzt von Rudolf Brandmeyer
(2016)
Der hier übersetzte Text ist das zweite Kapitel einer Renan-Studie, die Bourget 1882 in einer französischen Zeitschrift veröffentlichte: Paul Bourget: Psychologie contemporaine. Notes et portraits. M. Ernest Renan. In: La Nouvelle Revue, 15. Jg., 15. März 1882, S. 233–271, hier S. 245–254: II. Du dilettantisme.
Die Titelgebung zeigt die relative Selbstständigkeit des Kapitels an: Abweichend von den anderen Kapitelüberschriften dieser Studie wird die behandelte Person nicht genannt und eine für Abhandlungen typische Überschriftsform gewählt. In diesem Punkt ist das Kapitel der "Théorie de la décadence" aus Bourgets Baudelaire-Studie von 1881 verwandt, gibt es doch ebenso wie jene "Théorie" eine aus dem Werk des behandelten Autors gewonnene, aber Anschlussfähigkeit suchende Analyse und Kritik des eigenen Zeitalters. Für deren Diagnose gab Bourget mit diesen beiden Texten wesentliche und prägende Vorgaben. Die Renan-Studie bildet das zweite Stück einer Serie von insgesamt zehn Aufsätzen zur "psychologie contemporaine", die in der "Nouvelle Revue" von November 1881 bis Oktober 1885 erschienen.
Théorie de la décadence = Theorie der Dekadenz / herausgegeben und übersetzt von Rudolf Brandmeyer
(2015)
Der hier edierte und übersetzte Text ist das vierte Kapitel einer Baudelaire-Studie, die Bourget 1881 in einer französischen Zeitschrift veröffentlichte:
Psychologie contemporaine. Notes et Portraits: Charles Baudelaire. In: La Nouvelle Revue, Bd. 13, 1881, Jg. 3 (5. November), S. 398-416, hier S. 412-416: IV. Théorie de la décadence.
Die "Théorie de la décadence" bildet das Ende der Studie, aber nicht deren Resümee. "Décadence" ist vielmehr der Leitbegriff einer Stilanalyse und einer kulturkritischen, von Baudelaire ausgehenden Diagnose von Bourgets eigener Zeit. Mit diesen beiden Themen wurde der kleine, relativ selbstständige Textabschnitt zu einem der wichtigen Stichwortgeber des europäischen Dekadenz-Diskurses am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Baudelaire-Studie bildet das erste Stück einer Serie von insgesamt zehn Aufsätzen zur "psychologie contemporaine", die in der "Nouvelle Revue" von November 1881 bis Oktober 1885 erschienen. In zwei textkritisch relevanten Ausgaben erschienen sie gesammelt in Buchform:
Paul Bourget, Essais de psychologie contemporaine. 2 Bde. Paris: Lemerre 1883 u. 1886, unser Text: 1883, S. 23-31.
Paul Bourget, OEuvres complètes. Critique I: Essais de psychologie contemporaine. Paris: Plon 1899, unser Text: S. 14-19.
Der Sammelband vereint insgesamt neun englischsprachige Beiträge, die mit relevanten Fragestellungen und Erkenntnissen den Texten Zaimoglus einen Mehrwert verleihen. Diesen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen sind zwei wichtige Kapitel vorangestellt: zum einen das unveröffentlichte erste Kapitel des Romans Leyla mit englischer Übersetzung sowie einem Kommentar der Herausgeber und zum anderen Interviews, ebenfalls samt englischer Übersetzung von Tom Cheesman, welche die Herausgeber mit dem Schriftsteller geführt haben. Eingerahmt sind alle diese Beiträge des Bandes von einer Einleitung und einem Bericht von Günter Senkel, dem Freund des Schriftstellers sowie Co-Autor seiner Theatertexte, der über seine Recherchearbeiten mit Zaimoglu erzählt und dabei auch private Erfahrungen mitreflektiert.
Colloquium Helveticum 45 : Poetik und Rhetorik des Barbarischen = Poétique et rhétorique du barbare
(2016)
'Poetik und Rhetorik des Barbarischen' / 'Poétique et rhétorique du barbare' lautete das Thema der Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, die im Oktober 2014 an der Universität Genf stattfand. Angeregt worden war diese Themenwahl durch das seit 2013 vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte Forschungsprojekt "Barbarism": History of a Fundamental European Concept and Its Literary Manifestations from the 18th Century to the Present. Das eigentliche Motiv für die Wahl des Themas war aber dessen wissenschaftliche, kulturelle und vor allem auch politische Aktualität. Diese wird verständlich, wenn man bedenkt, dass der Begriff des Barbarischen seit seinen Ursprüngen im antiken Griechenland für die Begründung europäischer und 'okzidentaler' Identität von zentraler Bedeutung ist. Als "Barbaren" gelten immer diejenigen, die man aus dem eigenen kulturellen Raum und Selbstverständnis auszugrenzen sucht, indem man sie als grausam, frevlerisch, ungebildet, unmenschlich und unzivilisiert diskriminiert – seien das nun Perser im Gegensatz zu Griechen, Germanen im Gegensatz zu Römern, Heiden (insbesondere Muslime) im Gegensatz zu Christen, zivilisierte Europäer im Gegensatz zu wilden Indigenen oder freie, humane Westmächte im Gegensatz zu 'orientalischen' islamistischen Terrororganisationen. Die semantische Struktur des Barbarenbegriffs und das den Begriff vertretende Lexem bleiben, wie diese Aufzählung verdeutlicht, über Jahrtausende unverändert (auch dann, wenn der Barbar zu einer Sehnsuchtsfigur wird, die Befreiung aus einer beengenden oder dekadenten Zivilisation verspricht); die Referenzobjekte des Begriffs variieren hingegen. Der Begriff des Barbarischen ist also, wie Arno Borst schon Anfang der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts feststellt, seit den griechischen Anfängen der abendländischen Kultur ein "europäisches Schlüsselwort", "das andere Menschen schlagen und verletzen will". An der Geschichte dieses "Schlagworts" lasse sich ablesen, warum "die geschichtliche Vielfalt Europas bis heute soviel Unrast und Leid über die Menschen gebracht hat".
Diyalog 2017/1
(2017)
Die Ausgabe 2017/1 liegt Ihnen vor und wir freuen uns sehr, Sie hiermit begrüßen zu dürfen. Reich an Themen und Autorenskala sind die Beiträge in folgende Rubriken einzuteilen: Im Fachbereich der Deutschen Literatur ist zunächst die Auseinandersetzung mit dem Scharlatanmotiv in dem Roman 'Geschichte der Abderiten' von Christoph Martin Wieland interessant. Als zweitens ist Ingeborg Rapoports Autobiografie 'Meine ersten drei Leben' zu nennen, in der exemplarisch nachgewiesen wird, inwiefern Interkulturalität und Engagement Hand in Hand gehen. Hierbei tritt Rapoport mit ihrem interkulturellen Engagement als Antikolonialistin auf, Nazismus- und Holocaustkritikerin und besonders aber auch als eine den Frieden suchende Autorin, deren Denkweise in die Nähe des Levinasschen Humanismus gerückt werden dürfte. Das Thema des dritten Beitrags ist die Erforschung der Schönheitsauffassung in deutschen und türkischen Volksmärchen. Das Schöne bezieht sich indessen ausschließlich auf weibliche Figurentypen der Märchenwelt beider Erzählkulturen. Allgemein Literaturwissenschaftlich ist der umfangreiche Aufsatz über leserorientierte Literaturtheorien und über die Positionierung des Lesers, in dem davon ausgegangen wird, dass die Auslegung eines literarischen Textes ohne den Leser nicht möglich ist, wobei "der implizite Leser" von Wolfgang Iser, "der Leser als Textproduzent" von Stanley Fisch und "der psychoanalytische Ansatz" von Norman N. Holland im Mittelpunkt stehen. Dem Fachbereich Sprachwissenschaft sind zwei Beiträge zuzuordnen, die zum Teil erziehungswissenschaftlich bezeichnet werden können: In dem ersten Beitrag geht es um deutsche suffixale Adjektivbildungen, die scheinbar keiner Systematik entsprechen wollen, sondern anscheinend in ihrer möglichen Verwendung der Konvention gehorchen. Der zweite Beitrag fokussiert die Schwierigkeit von förmlich ähnlichen Wörtern im Lehr- und Lernprozess. Im Fachbereich Translationswissenschaft wird zunächst ein übersetzungsphilosophischer Ansatz thematisiert. Im zweiten Aufsatz geht es um die Bedeutung der Notation beim Konsekutivdolmetschen und deren Ausübung auf universitärer Ebene. In dem dritten Aufsatz werden die geschichtlichen Hintergrundinformationen sowie die Affinität und die Gegensätze der Septuaginta und vom Stein der Rosetta ausführlich diskutiert. Dem Fachbereich "Erziehungswissenschaft" lassen sich drei Beiträge zuordnen. In dem einen Aufsatz werden die Geschichte und der Werdegang des Fernunterrichts in der Türkei und die Möglichkeiten für das Lernen des Deutschen als Fremdsprache durch Fernunterricht dargestellt. Im zweiten werden Ergebnisse einer kontrastiven Studie zur unterrichtsbezogenen Sprechangst von DaF-Lernenden in der Türkei und in Deutschland präsentiert. Das Thema der dritten Studie ist es, die Fremdsprachenniveaus der Akademiker an der Trakya Universität nach gewissen demographischen Variablen zu messen und die Verwendungszwecke der Fremdsprachen zu beschreiben.
Diyalog 2016/2
(2016)
Die vorliegende Ausgabe sticht mit Beiträgen aus den komparatistischen, imagologischen, sprach-, erziehungs- und translationswissenschaftlichen Fachbereichen der Germanistik hervor. 'Literaturwissenschaftlich' sind die beiden ersten Beiträge, die sich vor allem 'komparatistisch' mit dem Thema Kafka befassen ("Kafka und sozialistischer Realismus im Blick von Peter Weiss. Eine Abhandlung anhand der Verweise des Romans 'Ästhetik des Widerstands' auf die Romane 'Das Schloss' von Kafka und 'Barrikaden am Wedding' von Neukrantz" und "Recht am Bruchpunkt: Individualitäts- Identitäts- und Zugehörigkeitsproblematik in den Romanen 'Der Proceß' von Franz Kafka und 'Das Tagebuch' von Isa von Melih Cevdet Anday"). 'Imagologisch' geht es um die "Möglichkeiten und Grenzen der Übersetzung des Fremden in das Eigene am Beispiel Georg Forsters 'Reise um die Welt'", während 'sprachwissenschaftlich' das folgende Problem diskutiert wird: "Syntaktische und semantische Fehler in den von Online-Übersetzungsprogrammen übersetzten Texten - Sprachkombination Deutsch-Türkisch/Türkisch-Deutsch". 'Translationswissenschaftlich' werden "der Begriff Translationskompetenz und seine Implikationen hinsichtlich der akademischen Translationsdidaktik" und "Abnormitäten oder Analogien bei Übersetzungen deutscher und türkischer Nebensatzkonstruktionen" diskutiert. Die Übersetzung von literarischen Titeln am Beispiel von Thomas Manns Erzählung 'Die Betrogene' und ihre Übersetzungen ins Türkische bildet das Thema des dritten Beitrags dieses Fachbereichs. Der Fachbereich "Erziehungswissenschaft" wird von zwei BeiträgerInnen vertreten: Es geht hier einerseits um eine Studie über Gebrauch und Aktivierung des Grammatikwissens in den vier Fertigkeiten im DaF-Unterricht und andererseits um die Untersuchung der Effizienz der Lehrmethoden bei der Vermittlung berufsbezogener Sprachkenntnisse der Tourismusbranche. Zwei Rezensionen ("…Deutsch-türkische Erzähltexte im interkulturellen Literaturunterricht…" und "Reflexionen über Entfremdungserscheinungen in Christa Wolfs 'Medea. Stimmen'") und Berichte über die internationale Tagung "Germanistik zwischen Regionalität und Internationalität: 60 Jahre Temeswarer Germanistik" und über das internationale Symposium "Zum 100. Geburtstag des Dichters Oğuz Tansel und die türkische Märchenwelt" runden die Ausgabe 2016/2 ab.