Literatur zum Film
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Die Struktur moderner Videoclips ist nicht neu. Schon im 16. Jahrhundert versuchte man mit Instrumenten wie dem optischen Cembalo Optisches und Akustisches zu koppeln. Seit über einem halben Jahrhundert versuchen Künstler folglich Bild und Musik zu vereinen. Besonders in den so genannten Konzept-Videos der elektronischen Musik, bei denen Bild und Ton eine Synthese eingehen und die Musik sichtbar gemacht wird, steht der Satz „Ich sehe Musik“ Pate für die Übersetzung der Musik in Bilder. Neben dem Verschwinden des Interpreten aus dem elektronischen Musik-Video ist die Inszenierung von Körperlichkeit ein Thema der Elektroclips – Körper werden häufig in Rückgriff auf die Bilderwelten des Horror- und Rauschfilms visualisiert: dekonstruiert und deformiert. Dies hängt mit den ideologischen Implikationen der elektronischen Musik zusammen, die sich scheinbar am präzisesten innerhalb dieser Bilderwelten artikulieren lassen. Wie dies geschieht, soll hier anhand von Beispielvideos untersucht werden.
Full metal village
(2010)
Im schleswig-holsteinischen Dorf Wacken treffen einmal im Jahr für drei Tage mehr als 40.000 Heavy Metal Fans auf weniger als 1.800 Anwohner. Anlass ist das 1990 gegründete Wacken Open Air Festival (W:O:A), nach eigenem Bekunden das größte Metal-Open-Air-Festival der Welt. Dabei müssen kulturelle Differenzen und Konflikte zwischen Dorfbewohnern und Festivalbesuchern vorprogrammiert sein. Diesen Gedanken verfolgte anfangs auch die 1966 geborene koreanische Regisseurin von FULL METAL VILLAGE, Sung-Hyung Cho. Sie beschloss „aus Mangel an Alternativen“ (Cho), einen Dokumentarfilm zu drehen, der den Aufprall beider Welten darstellen sollte. Doch im weiteren Verlauf der Produktion änderte Cho ihr Konzept und es entstand ein Film, der es vermied, die Kontraste zu überspitzen, sondern der sich vielmehr auf die Dokumentation des Lebens der Dorfbewohner konzentriert – die das Festival fast ausnahmslos nicht als Einbruch einer fremden Subkultur wahrgenommen, sondern sich glänzend in die Durchführung und Realität des Festivals integriert haben.
Die Filme Ghostrider, Knowing und Next entfalten auf jeweils unterschiedliche Art und Weise die Problematik, wie vor einer nicht nur unbekannten, sondern auch sehr ernsthaft bedrohlichen Zukunft Entscheidungen zu treffen sind, die die sie angehenden moralischen Subjekte in ihren Handlungsoptionen allererst konstituieren. Die Formung der dargestellten Entscheidungsszenarien wäre nicht denkbar ohne unterschiedliche Zeitlichkeitsmodelle, deren Bedeutung in einer jedes moralische Subjekt betreffenden Möglichkeit liegt, sich gegen die Gegenwart zu wenden. Mögen die Filme als einzelne trivial oder allenfalls unterhaltsam erscheinen, so lässt sich in ihrer Konstellation zeigen, inwiefern jedes Handeln sich nicht so sehr für die Zukunft, sondern an der Gegenwart entscheidet.
Aus theoretischen und praktischen Gründen gibt es einerseits kaum eine Möglichkeit, die Rezeption von einzelnen belletristischen Büchern und von einzelnen Spielfilmen sogleich schon als Therapie im Sinne der Psychotherapie zu verstehen, andererseits aber scheint es völlig unerlässlich, Mediennutzungen grundsätzlich in einen sehr starken Zusammenhang mit Emotionen und Emotionsproblemen zu bringen - mit einer unausgesetzt notwendigen Bearbeitung von Gefühlen und Gedanken, und diese fortlaufend erforderliche Bearbeitung von Gefühlen und Gedanken kann man dann in den Gesamtkontext einer unerlässlichen Dauer-Therapie stellen.
Das Liebespaar Marcus und Alex und ihr gemeinsamer bester Freund Pierre besuchen eine ausgelassene Party, wo es, unter Einfluss von Drogen und Alkohol, zum Streit zwischen den beiden Liebenden kommt. Alex verlässt entnervt die Fete. Doch sie kommt nie zuhause an: In einer Unterführung wird sie Zeugin, wie der schwule Zuhälter El Tenia erbost eine seiner Huren attackiert, bevor sie selbst von ihm vergewaltigt und ins Koma geprügelt wird. Die grässliche Schändungs-Szene aus Gaspar Noés Film Irréversible nimmt geschlagene neun Minuten Zeit in Anspruch. Quälende, körperlich empfundene Zeit - und in ihr eine erschütternde und unerträgliche Erfahrung von Nähe, die jede 'splendid isolation' des Zuschauers zerstört. Gaspar Noé schert sich einen Dreck um die Distanzübereinkunft des Mediums Film. Das Bild schändet Auge und Psyche.