Aussiger Beiträge : 14. Jahrgang
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Der Beitrag behandelt die Schwierigkeiten der Definition und Abgrenzung der Biografie als Gattung und zeigt an drei Beispielen aus der österreichischen Literatur, dass die literarische Biografie aufgrund ihrer Offenheit als ideales Feld für die Überschreitung von Genregrenzen gelten kann. Denn die literarische Biografie ermöglicht nicht nur die Konstruktion der fremden Biografie, sondern auch der Biografie ihres Autors oder ihrer Autorin. Die Genrespezifik wird an drei Texten aus drei Jahrhunderten dargestellt: Auf- und Untergang. Lebensbild (1844) von Betty Paoli, Joseph Fouché. Bildnis eines politischen Menschen (1929) von Stefan Zweig, und Wiener Fenstersturz oder: die Kulturgeschichte der Zukunft (2017) von Egyd Gstättner.
Der vorliegende Beitrag soll einerseits wichtige Aspekte hervorheben, die mit der Rolle der interkulturellen Literatur in der zeitgenössischen Kanondebatte zusammenhängen und andererseits die metaliterarischen Repräsentationen einiger Autor/innen des deutschsprachigen Kanons im Werk einer der wichtigsten und bekanntesten Autorinnen der sogenannten Chamisso-Literatur, Yoko Tawada, besprechen. Im ersten Teil des Beitrags soll Aufschluss darüber gegeben werden, inwieweit eine Integration der interkulturellen Literatur in die "traditionelle" kanonische Literatur im Kontext des deutschsprachigen Raums durch die Beobachtung bestimmter kultureller Prozesse (z. B. Vergabe von Literaturpreisen) möglich wäre. Im zweiten Teil des Beitrags geht es um metaliterarische Überlegungen im Werk "Sprachpolizei und Spielpolyglotte" von Yoko Tawada in Bezug auf den Sprachgebrauch und den Stil bei kanonischen deutschsprachigen Autoren wie Jandl, Celan und Goethe und der Dichterin Lasker-Schüler. Auf diese Weise übernimmt Tawada die Rolle einer Stilkritikerin und veranschaulicht die Idee einer fruchtbaren Begegnung zwischen Kanon und interkulturellem Schreiben.
Seitdem Thomas Anz im Jahre 1998 seine Klassifizierung des Kanon-Begriffs veröffentlicht hat, gilt diese als Grundlage wissenschaftlicher Kanon-Debatten und eröffnet aktuelle Themenbereiche und Perspektiven für weitere Forschung. Betrachtet man die verschiedenen gesellschaftlichen Realisierungsformen des literarischen Kanons durch das Prisma der von Anz entworfenen Begriffspaare, dann werden Trennungslinien deutlich, die bis dahin unbemerkt geblieben sind. So werden aufgrund der von Anz entworfenen Gegenüberstellung von "materiellem Kanon" und "Deutungskanon" Fragen nach der Institutionalisierung des materiellen Kanons durch die Bildungsinstitutionen einerseits und nach der Bekräftigung oder Infragestellung des Deutungskanons durch die performative Praxis in gegenwärtigen Theaterproduktionen andererseits gestellt. Der vorliegende Beitrag geht den oben erwähnten Fragen nach, indem verschiedene Brünner Inszenierungen der Jahre 2010–2020 mit Blick auf die Affirmation oder die Infragestellung der kanonisierten Interpretation der Texte analysiert werden.
Die vorliegende Studie bietet eingangs allgemeine Erwägungen über die Rolle des literarischen Kanons im 21. Jahrhundert und über eine mögliche Redefinition von Rollen der Akteur/innen der Kanonisierungsprozesse. Auf dieser Grundlage wird ein Konzept entworfen, dessen Ziel es ist, die Nützlichkeit und Notwendigkeit einer neuen Sicht auf vergessene und nichtkanonisierte Texte zu zeigen. Die Materialbasis bildet diesbezüglich die deutschgeschriebene Literatur aus der Mährischen Walachei, die auch in groben Zügen als literarisches Phänomen skizziert wird. Analysiert werden ausgewählte poetische Werke der aus diesem Gebiet der Böhmischen Länder stammenden und weitgehend unbekannten Autorin Susanne Schmida (1894–1981).