940 Geschichte Europas
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The present article proposes a re-reading of what "inclusion" into the sphere of the historical actually means in modern European historical discourse. It argues that this re-reading permits challenging a powerful, but problematic norm of ontological homogeneity as something to be achieved in and by historical discourse. At least some of the more conceptually profound challenges that accounts of "deep history" - of very distant pasts - pose to historical discourse have to do with pursuits of this norm. Historical theory has the potential of responding to some of these challenges and actually reverting them back at the practice of accounting for deep times in historical writing. The argument proceeds, in a first step, by analyzing the ties between modern European mortuary cultures and historical writing. In a second step, the history of humanitarian moralities is brought to bear on the analysis, in order to make visible, thirdly, the fractured presences of deep time in modern-era and contemporary historical writing. The fractures in question emerge, the article argues, from the ontological heterogeneity of historical knowledge. So in the end, a position beyond ontological homogeneity is adumbrated.
Die Kontakte des Fürsten Karl Alois Lichnowsky (23. 6. 1761 Wien – 15. 4. 1814 Wien) zu Johann Wolfgang Goethe sind mit der kulturellen Tätigkeit dieses Adligen am kaiserlichen Hof in Wien unter Franz II. verknüpft. Die Beziehung Karl Alois Lichnowskys zur Kunst eröffnet das künstlerische Mosaik der Familiengeschichte der Lichnowskys, das die kulturelle Atmosphäre des 18. und Anfang des 19. Jh. näher bringt. Die Studie über diese Thematik trägt nicht nur zur Vorstellung der kulturellen Betätigung Karl Alois Lichnowskys bei, sondern weist auch auf die in einigen nacheinander folgenden Generationen des Adelshauses Lichnowsky nachweisbare kulturelle Kontinuität hin. Die Geschichte der Adelsfamilie Lichnowsky ist so durch die Kontakte zu Ludwig van Beethoven, Franz Liszt, Rainer Maria Rilke, Hugo von Hofmannsthal, Max Liebermann, August Scholtis etc. gekrönt. Die Darlegung der Korrespondenz und Skizzierung der persönlichen Treffen des Fürsten Karl Alois Lichnowsky mit Johann Wolfgang Goethe markiert sowohl die kulturelle Geschichte dieses Adelsgeschlechtes, als auch bringt sie Goethes Beziehung zu Böhmen und zum Wien der napoleonischen Zeit näher. Neben der Kontakte Karl Alois Lichnowskys zu Goethe werden einige seiner weiteren Kontakte angedeutet, die das kulturelle Engagement dieses Fürsten belegen.
115 mittelalterliche Handschriften werden in diesem Katalog präsentiert. Sie stammen aus Luzerner Kloster- und Privatbibliotheken, die über Jahrhunderte gewachsen sind, und reichen von Fragmenten aus dem 8. Jahrhundert bis zu Diebold Schillings 1513 fertiggestellter Schweizer Chronik. Enthalten sind theologische, liturgische, kirchenrechtliche und -geschichtliche, historische, literarische, rhetorische, medizinische und juristische Texte aus dem Franziskanerkloster St. Maria in der Au Luzern und den kleinen Provenienzen in der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern sowie dem Staatsarchiv Luzern, dem Provinzarchiv der Schweizer Kapuziner Luzern und den Kapuzinerbibliotheken Luzern und Sursee. Der Katalog beschreibt im Detail Inhalt, materielle Beschaffenheit, Entstehung und Geschichte der Handschriften. Erschlossen sind die Inhalte durch Register der Verfasser, Namen, Orte und Sachen sowie durch zwei Initienregister. Eine ausführliche bibliotheksgeschichtliche Einleitung stellt die beschriebenen Handschriften in den Kontext der Luzerner Kultur- und Geistesgeschichte.
In Spätmittelalter und früher Neuzeit spielten Juristen bei der Pestbekämpfung eine wachsende Rolle: Während die Mediziner darüber stritten, ob die Körpersäfte schuld waren an der Ausbreitung der Seuche oder der Kontakt mit Erkrankten, organisierten juristisch gebildete Amtsträger für ihre Obrigkeiten eine beispiellose Politik staatlicher Intervention. Diese Strategie war zwar erfolgreich, zuweilen jedoch auch gnadenlos.
This article explores the liturgical functions of cross-shaped staurothekes, reliquaries of the True Cross, in twelfth-century Sicily. These luxurious objects were once at the centre of the devotion of the growing Christian communities on an island undergoing dramatic social changes. This contribution examines the figuration of these crosses and the messages they conveyed to their audiences, focusing on documented processions as displays of public piety. To this end, the contents of two liturgical manuscripts from Palermo, evidence in contemporary pictorial arts and coinage, and the urban layout of the Norman capital will shed light on the reception of the symbol of the cross in the cosmopolitan, yet increasingly intolerant Sicilian kingdom.
Das menschliche Gedächtnis ist kollektiv gebildet - so ein Konsens seit Maurice Halbwachs grundlegender Studie (1939). Bei der Genese, Konstituierung und Transformation des kollektiven Gedächtnisses haben Denkmäler dabei eine widersinnige Funktion inne: Sie werden zumeist anlässlich von politischen und sozialen Konflikten mit der Absicht errichtet, bei ihrer Betrachtung eine Form positiver Identifizierung mit Geschichte zu evozieren. Gleichzeitig haben Denkmäler die Rolle einer "prekären Erinnerungsfunktion" (Dietrich Erben), weil sie weniger über historische Sachverhalt als vielmehr über die Form der Geschichtsaneignung durch die Initiatoren des Denkmals erzählen. Gerade Denkmäler nehmen eine bedeutende Rolle in der Kultur des Erinnerns wahr, weil der Hergang ihrer Planung und Aufstellung Fragen zum Erinnern, Vergessen und Verschwinden provoziert: Wie kann ein statisches Denkmal für die Nachkommen aktuell und aussagekräftig bleiben? Wie kann ein Denkmal als Erinnerung dienen ohne seine Wirkung zu verlieren? Wie lassen sich unvorstellbare Verbrechen mit künstlerischen Mitteln angemessen darstellen?
Das Handschriftenfragment Bergen, Universitetsbiblioteket, MS 1550.5 (im Folgenden: MS 1550.5) veranschaulicht das Schicksal vieler Mittelaltercodices der frühen Neuzeit in Norwegen. Die meisten für liturgische Zwecke genutzten Codices wurden als Palimpseste für verschiedene Aktenstücke, Verstärkung in Buchrücken, Fütterung von Brieftaschen u.ä. wiederverwendet. Das hier vorgestellte Pergamentstück mit den Maßen 305 × 175 mm erhielt in der Forschung bereits weitreichende Aufmerksamkeit. Der Fokus lag allerdings auf der lateinischen Textüberlieferung. Der vorliegende Artikel zielt nun darauf ab, das Fragment in Zusammenhang mit seiner Wiederverwendung als altnorwegische Urkunde zu kontextualisieren und mittels einer vollständigen Beschreibung des Fragments dessen Rezeptionsgeschichte zu beleuchten.
Im Blickpunkt der Arbeit steht die Historiografie der Unternehmungen Friedrich I. Barbarossas 1154-1158 in der Lombardei. Während der hochgebildete Bischof Otto von Freising ein reges Forschungsinteresse darstellt, sind seine beiden Zeitgenossen, die eigenständige Berichte über die Ereignisse verfassten, in der Forschung weitestgehend unberücksichtigt geblieben. Durch einen Vergleich der 'Gesta' Bischofs Otto von Freising, des 'Libellus' des Lodesen Otto Morena und der 'Narratio' eines anonymen Schreibers aus Mailand zeigt diese Arbeit die Absichten der Autoren auf und fragt, inwieweit die sich widersprechenden Schilderungen als "alternativen Fakten" aufgefasst werden können.
Nach einem Abriss über den Begriff der "alternativen Fakten", dem im Zuge der Präsidentschaft von Donald Trump Aufmerksamkeit zuteilwurde und der hier als unbewusst oder bewusst erfolgte Verformung verstanden wird, der neuzeitlichen Rezeption Barbarossas sowie einer zeitlichen und räumlichen Einordnung werden die "Ausgangslagen" der Autoren betrachtet. Die Entstehung der 'Gesta' und ihr Verhältnis zu Ottos erstem Werk sind umstritten. Es zeigt sich, dass die Positionen Ottos von Freising und Otto Morenas kaiserfreundliche, diejenige des Mailänders Autors eine kaiserfeindliche Absicht erwarten lassen.
Eine kleinteilige Betrachtung der Vorworte/Prologe der Werke offenbart die selbst geäußerten Absichten. Die Anlehnung der 'Gesta' Ottos von Freising an einen durch oder im Auftrag Barbarossas verfassten Tatenbericht sowie seine Lobpreisungen des Kaisers stellen eine Färbung der Darstellung in Aussicht. Auch bei Otto Morena zeigt sich eine starke Verbundenheit zum Kaiser, die Zweifel an der Neutralität seines Werkes aufkommen lassen muss. Der anonyme Autor aus Mailand bekennt ausdrücklich, zum Nutzen der Nachwelt zu schreiben und reiht die Zerstörung Mailands 1162 als Endpunkt einer weitzurückreichenden Opfernarrative ein. Auch wenn ausdrückliche Ausfälle gegen den Kaiser unterbleiben, sind starke Zweifel an einer neutralen Darstellung angezeigt.
Die Beschäftigung mit den Ereignissen des Jahres 1154 zeigt "alternative" Darstellungen: Die Darstellung Ottos von Freising hält sich an die kaiserliche Vorlage und ist im Sinne des Kaisers gehalten, was sich auch bei Otto Morena zeigt, der darüber hinaus die Rolle Lodis betont. Die Mailänder "Gegendarstellung" hingegen lastet negative Ereignisse ausschließlich Barbarossa an.
Otto von Freising betont die lange geplante Kaiserkrönung in Rom und den Feldzug gegen die Normannen als Ausgangspunkt des ersten Italienzuges. Otto Morena legt den Beginn des Disputs zwischen Barbarossa und den Mailändern auf die Versammlung des Hofes in Konstanz, wo Klagen zweier Lodesen Anlass zu Friedrichs erstem Italienzug gegeben hätten. Der Anonymus aus Mailand wirft Barbarossa vor, mit dem Ziel der militärischen Unterwerfung aufgebrochen zu sein.
Otto von Freising übernahm die Darstellung Barbarossas von einem Bestechungsversuch der Mailänder, deren Konsuln anschließend seinen Zug durch verödete Landschaften geführt hätten, was auch Otto Morena zu berichten weiß. Der Mailänder Schreiber verschweigt dies und erzählt stattdessen von Misshandlungen der Mailänder durch das königliche Gefolge. Die Erstürmung der Burg Rosate stilisiert er als unbegründeten Gewaltakt, während die Schreiber aus Lodi und Freising rechtfertigend argumentieren.
Die unabhängig überlieferte 'Conventio', die 1158 nach der Belagerung Mailands zwischen der Stadt und dem Kaiser geschlossen wurde, beinhaltete neben Strafbestimmungen die Anerkennung der Hoheit des Kaisers unter Wahrung der kommunalen Herrschaftsform. Während Otto Morena ihre Bestimmungen nur höchst unvollständig wiedergab, sodass der Schluss naheliegt, dass er sie nicht kannte, lieferte der Mailänder Anonymus durch gezielte Auslassungen und Verfälschung ihrer Bestimmungen erneut "alternative Fakten" und erweckte den Anschein einer Rückkehr zu den "kaiserfernen" Jahren vor Barbarossa.
Bei genauer Betrachtung der auf dem Hoftag von Roncaglia 1158 festgestellten 'lex omnis iurisdictio' wird deutlich, dass diese entgegen der bisherigen Forschungsmeinung keinen Bruch der 'Conventio' darstellte. Eine Konfrontation der Darstellungen der Ereignisse im Januar 1159 in Mailand mit dem Augenzeugenberichts Vinzenz' von Prag zeigt, dass Otto Morena erneut nur knapp berichtet. Der Anonymus hingegen liefert eine "alternative" Darstellung, nach der die Gesandten des Kaisers gekommen waren, um das Recht zu brechen. Diese Tendenziösität wird auch bei der Einnahme der Burg Trezzo deutlich, über die ein Bericht von Ottos einstigem Kaplan Rahewin vorliegt.
Die Darstellungen offenbaren, dass ihre Autoren ihre Texte gezielt einzusetzen gedachten und so zu Produzenten "alternativen Fakten" wurden. Für den Historiker zeigt sich einmal mehr die Wichtigkeit einer quellenkritischen Arbeitsweise, wie sie Johannes Fried in seiner "Memorik" eindrucksvoll vertrat.