Refine
Year of publication
Document Type
- Article (20) (remove)
Language
- German (19)
- Portuguese (1)
Has Fulltext
- yes (20)
Is part of the Bibliography
- no (20) (remove)
Keywords
- Schiller, Friedrich (20) (remove)
Die hier vorgelegte Studie hat versucht, hinter einige gängige Forschungspositionen Fragezeichen zu setzen. Sie bezweifelt, ob Humboldt durchgängig "Schillers Führungsrolle unbedingt" "akzeptiert" hat. Sie stellt in Frage, ob Humboldt in seiner "Vorerinnerung" zum publizierten Briefwechsel wirklich nur eine Hommage Schillers hat schreiben wollen. Die Rekonstruktion interner und impliziter Kontroversen ist freilich nicht biographiegeschichtlich motiviert. Sie wird erstens im ästhetikgeschichtlichen Interesse unternommen, um alternativpoetische Konstellationen freizulegen. Sie ist zweitens fachgeschichtlich interessiert, indem sie fragt, was es bedeutet, dass Humboldt seine groß angelegten literatur- und kulturkomparatistischen Ansätze zugunsten sprachwissenschaftlicher Forschung zurückgestellt hat und nur noch implizit weiterführt. Sie geht drittens von der Überlegung aus, dass es um 1800 eine begrenzte Anzahl von Klassizisten und Romantiker gleichermaßen beschäftigende Schlüsselprobleme gegeben hat. Eines davon ist das produktive Verhältnis von Poesie und Prosa, Poesie und Philosophie.
Die "lyrische Operette" 'Semele' erscheint zum ersten Mal in der von Schiller anonym herausgegebenen Lyriksammlung 'Anthologie auf das Jahr 1782'. [...] Im Falle der Ovidschen Vorlage handelt es sich - zumal in der der Zeit um 1780 - um ein brisantes Thema, nämlich um die "Götterwollust" des Menschen. [...] Schiller [...] behält das brisante Problem bei, exponiert und steigert es sogar, um es erst danach im Menschheitlichen aufzuheben.
Literaturkanon und Identitätspolitik. Notizen zu den Wiener Schillerfeiern im 19. Jahrhundert
(2020)
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Inszenierung Friedrich Schillers als Leitfigur einer deutschen Kulturnation bei der Wiener Dichterfeier 1859. Gemessen an der politischen Krisensituation der Habsburgermonarchie spiegelt die Zentenarfeier die kollektiven Sehnsüchte und Illusionen des deutschösterreichischen Bürgertums deutlich wider. Die einzelnen Veranstaltungen können hierbei als Medienereignisse und "Cultural Performances" aufgefasst werden, bei denen die politisch intendierten Festinhalte vermittelt und sinnlich erfahrbar gemacht wurden. Die Indienstnahme und Popularisierung Schillers trieb nicht zuletzt auch dessen Kanonisierung weiter voran – literatur- und theaterhistorisch betrachtet nicht immer zum Vorteil der "österreichischen Literatur" des 18. und 19. Jahrhunderts.
"Cécile" (1886) ist einer der großen Frauenromane Fontanes. Das Schicksal der Titelfigur, die die Unbarmherzigkeit gesellschaftlichen Drucks in den Selbstmord treibt, ist nicht nur menschlich anrührend, sondern kann als scharfe Kritik an Moralvorstellungen und Zwängen in einer Gesellschaft gelesen werden, die tiefe innere Gräben durch rigide Konvention überspielt. Ein zweiteiliger Aufbau an den Schauplätzen Thale im Harz, wo in der Atmosphäre der Sommerfrische kleine Transgressionen durchgehen mögen, und dem steiferen Berlin, eine sukzessive Entfaltung der Vorgeschichte Céciles und ihres Mannes St. Arnaud, die sich ihrem jungen Verehrer Gordon-Leslie als "Roman im Roman" enthüllt, und intrikate, schillernd ambivalente Anspielungs- und Motivkomplexe kennzeichnen den Text. Einer dieser Anspielungskomplexe ist den Kommentatoren bisher entgangen: der Verweis auf die Mörder Wallensteins in der Geschichte und in Schillers Wallenstein-Drama, besonders in dessen drittem Teil Wallensteins Tod, welchen die Namen des einen und der militärische Rang des anderen männlichen Protagonisten enthalten. Dem Verweiskomplex, den diese Signale öffnen, kommt eine zentrale textstrukturierende und hermeneutische Funktion zu. Den Verästelungen dieses Motivs nachzugehen kann dazu beitragen, die Verankerung des Erzählten in zeitgenössischen Diskursen nachzuzeichnen und das Wissen um Fontanes Strategie der wechselseitigen asymmetrischen, polyvalenten und oft widersprüchlichen Verspiegelung von Fiktion, Geschichtsdiskurs und der (eben im Diskurs konstruierten) Geschichte selbst um ein signifikantes Detail zu erweitern.
"Schillers praktische Idee der Tragödie." - Sein eigenes Leiden an den Existenzbedingungen des Menschen, der zwischen dem "Zustand" der Gebundenheit an die Widersprüchlichkeiten des Daseins, und der "Person" der befreienden Tätigkeit des Geistes, hin- und herschwebt, hat Hölderlin in Schiller meisterhaft widergespiegelt gesehen. Es ist aber Schillers Fähigkeit des Austragens dieser gespannten Existenzbedingung sowohl in seinen Werken als auch in seinem Leben, die Hölderlin am meisten bewundert hat.
Ao analisar o drama "Os bandoleiros" (1781), de Friedrich Schiller, este artigo defende a tese segundo a qual o pensamento antropológico desenvolvido à época do iluminismo tardio alemão serve de fundamento não apenas para os discursos médico e historiográfico, mas também para uma parcela significativa da produção literária do período. Para tanto, na primeira seção deste artigo, investigam-se as bases de formação da cultura letrada e, particularmente, da cultura médica alemã na segunda metade do século XVIII, bem como as discussões à época vigentes em torno do conceito de antropologia. Na segunda e na terceira seções, discutem-se as tendências da pesquisa contemporânea que exploram os pontos de contato entre o conhecimento histórico, o pensamento antropológico e a produção literária no século das Luzes. Esses passos fundamentam a tese aqui defendida e segundo a qual o modo de representação literária operado por Schiller em "Os bandoleiros" é expressão direta do projeto de compreensão - em termos antropológicos - das totalidades integradas do homem e da história da humanidade.
Carl Schmitt ist heute nun wirklich kein vergessener Autor. Und dennoch gibt es zentrale Fragen seines Werkes, die bislang noch kaum erforscht sind. Eines dieser Themen ist das Hitler-Bild. Was genau dachte Schmitt über Hitler? Vor 1933 und 1945 äußerte er sich darüber erstaunlich selten. Nach 1945 jedoch dachte er in publizierten und nachgelassenen Texten und Aufzeichnungen ständig über Hitler, den Nationalsozialismus und seine eigene Rolle in dieser Geschichte nach. Dabei bediente er sich auch literarischer Spiegelungen. Eine solche soll hier genauer untersucht werden: der Vergleich Hitlers mit Friedrich Schillers Demetrius-Gestalt. Er ist eine Art esoterisches Schlußwort über Hitler. Frühere Überlegungen weiterführend, prüfe ich diesen Vergleich in seiner Aussagekraft. Dafür wird Schillers Fragment eingehender vorgestellt und als Verlaufsmodell für die Geschichte des Nationalsozialismus betrachtet. Es geht um einen "esoterischen" Schmitt. Diese Vorgehensweise hat ihre Tücken und erlaubt nur begrenzte Rückschlüsse auf Schmitts Hitler-Bild vor 1945. Sie thematisiert aber jedenfalls einen intensiven Umgang mit Schillers Dichtung.
Auf ihrer kulturellen Westroute erhält die therianthrope Erfahrung ihre moderne, wissenschaftliche Formulierung im 18. Jahrhundert, allem voran durch die institutionelle Ausbildung der Anthropologie. Die Wissenschaft vom Menschen bleibt von Anfang an ein merkwürdiger Schnittpunkt von Medizin, Literatur, Psychologie und Geschichte. Dieser auffällige Vorgang, er läßt sich bei vielen verfolgen, besonders intensiv und mit der ursprünglichen Plastizität neu formierter Erkenntnislagen aber bei Friedrich Schiller. Bereits Schillers erste publizierte Schrift setzt den Menschen einer Polarität aus, deren Widersprüchlichkeit - die Schillers gesamtes Werk umtreibt - schon in ihren Titelworten rumort: "Über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen". Schiller - wie später dann Büchner, Döblin, Benn und andere einer jener Mediziner-Dichter, die einschneidende Erfahrungen mit dem menschlichen Körper haben - reichte den Text als medizinische Dissertation 1780 an der Stuttgarter Karlsschule ein. Trotz der erstaunlichen Ansätze zu einer Psychosomatik - das Zusammenspiel von Biologie und Seele - und der Aussagekraft von Träumen - "dem Integralbild des Traums" -, die darin in die wissenschaftliche Zukunft zeigen, stößt man hier doch vor allem auf das neue anthropologische Objekt als das alte Kompositum: den "Tiermenschen".
Wie verfährt man mit einem kanonisierten Text, auf den die Selbstaussagen des Autors ein schiefes Licht werfen? Wenn dies auf Werke eines Autors zutrifft, dessen Briefwechsel ebenso Teil des Kanons ist, steht der Leser vor einer besonders heiklen Aufgabe. Man fühlt sich dazu aufgerufen, den Text gegenüber jener Instanz in Schutz zu nehmen, welche innerhalb der historischen Hermeneutik das letzte Wort hat: dem von Roland Barthes als Gott identifizierten Autor.
Während Tragödien für gewöhnlich mit der Größe des Helden stehen und fallen, drückt sich Friedrich Schiller betont distanziert über den Titelhelden aus Wallenstein aus: "Er hat nichts Edles, er erscheint in keinem einzelnen LebensAkt [sic] groß, er hat wenig Würde und dergleichen." Doch Schiller schickt sogleich eine Erklärung hinterher, weshalb er das dramatische Projekt trotzdem nicht aufzugeben gedenke. Er plane "auf rein realistischem Wege einen dramatisch großen Character in ihm aufzustellen, der ein ächtes Lebensprincip in sich hat." Ohne Verklärung (wie in der Jungfrau von Orleans) oder idealistische Überformung (wie im Don Carlos) solle Wallenstein groß erscheinen, was umso schwerer fällt, weil nichts für den Protagonisten einnimmt: "Seine Unternehmung ist moralisch schlecht, und sie verunglückt physisch. Er ist im Einzelnen nie groß, und im Ganzen kommt er um seinen Zweck. Er berechnet alles auf die Wirkung, und diese mißlingt." Die Beantwortung der Frage aber, wie es Schiller angestellt hätte, die "bloße Wahrheit" des Charakters für sich sprechen zu lassen, blieb zuletzt der Literaturwissenschaft überlassen, die im Laufe der Zeit ein breites Spektrum an Antwortmöglichkeiten zur Verfügung gestellt hat. Seit den 1990er Jahren hat sich der Ansatz verfestigt, dass es sich bei solchen Selbstaussagen nicht um Geburtsschmerzen, sondern um das Eingeständnis eines scheiternden Dramatikers handle. Wenn er Goethe gegenüber erwähnt, dass es ihm "fast zu arg [sei], wie der Wallenstein mir anschwillt" und dennoch bei der großzügigen Organisation des Textes bleibt, weckt er Erinnerungen an den Zauberlehrling, der sich eine Aufgabe stellt, der er letztendlich nicht Herr werden kann.
Schiller sagt in seinem - laut Thomas Mann - "tiefsten und glänzendsten Essay": "Der Dichter [...] ist entweder Natur, oder er wird sie suchen. Jenes macht den naiven, dieses den sentimentalischen Dichter." Der naive Poet könne sich auf die "Nachahmung des Wirklichen" beschränken und habe deshalb "zu seinem Gegenstand auch nur ein einziges Verhältnis"; Aufgabe des sentimentalischen Schriftstellers hingegen sei "die Darstellung des Ideals", und hierfür gebe es "drei [...] mögliche Arten": "Satyre, Elegie und Idylle". Schiller verwendet hier Bezeichnungen für literarische Gattungen, die aus der Antike stammen und im 18. Jahrhundert noch in hohem Ansehen standen, betont aber mehrfach, daß er diese Bezeichnungen "in einem weiteren Sinne [...] als gewöhnlich" verstehen wolle: nämlich als "Empfindungsweise[n]" oder "Dichtungsweise[n]". Der satirische Dichter schildere "die Entfernung von der Natur und den Widerspruch der "Wirklichkeit mit dem Ideale"; der elegische Dichter setze "die Natur der Kunst und das Ideal der Wirklichkeit [...] entgegen" und stelle dabei die "Natur" als "verloren" und das "Ideal" als "unerreicht" dar; der idyllische Dichter schließlich gestalte die "Uebereinstimmung" zwischen Ideal und Realität (20,436-467).
Schiller hat damit den in den drei literarischen Gattungen dominierenden Merkmalen eine übergreifende Bedeutung gegeben. Gewiss treten die einzelnen künstlerischen Verfahrensweisen nicht rein auf und sollten deshalb nicht verabsolutiert werden - der Dichter selbst hat in seinen Werken diese Elemente durchaus miteinander vermischt Dennoch hat er - wie schon bei der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen "naiver" und "sentimentalischer" Dichtung - heuristisch äußerst fruchtbare Distinktionen getroffen. Ich möchte seine Untergliederung zum Ausgangspunkt nehmen, um eine konkrete Problematik des Schillerschen Werkes zu untersuchen - nämlich das Verhältnis zwischen idyllischen und elegischen Zügen in seinem Antike-, insbesondere seinem Griechenbild - und darüber hinaus die Vielschichtigkeit dieses Bildes überhaupt herausstellen. (Satirische Elemente sind seinem Werk nicht fremd, spielen aber keine dominierende Rolle.)