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The paper discusses Paul Tillich's changing conception of a "prophetic critique" of contemporary culture and society through the notion of a "kairos", the moment of fullfilled time. It shows how Tillich refers both to a specific notion of prophecy (developed in Max Weber's reflections on charisma) and to a concept of eschatological time (developed in Karl Barth's dialectical theology). In different texts from the 1920ies and the 1950ies, Tillich uses the idea of "kairos" for a critique of the "idols" of bourgeois culture that is both radical and urgent. However, read in their historic sequence, these texts also reveal the difficulty of upholding the urgency of such a critique over time - as a result, Tillich's notion of "kairos" becomes more and more reflexive and self critical as the possibility of prophetic critique is concerned.
Jürgen Schardt legt eine umfassende Studie zur Architektur der Stadt- und Universitätsbauten in Frankfurt am Main von 1906 bis 1956 vor. Besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Architekturproduktion und einer kritischen Revision der etablierten Historiografie der Goethe-Universität. Der Autor widmet sich in drei Teilen jeweils dem Kaiserreich und der Gründung der Hochschule im Jahr 1914, der Zeit der Weimarer Republik sowie der Jahre des Aufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Schardt untersucht die entstandenen Gebäude hinsichtlich schlüssiger Kriterien bürgerlicher Architektur, beleuchtet aber auch andere für die Hochschulgeschichte relevante Rahmenbedingungen. Die lesenswerte Studie verbindet dabei Aspekte der Sozial-, Wissenschafts- und Architekturgeschichte.
Über das "Syntagma Konservative Revolution" heißt es in Stefan Breuers "Anatomie der Konservativen Revolution", es sei "eine der erfolgreichsten Schöpfungen der neueren Ideengeschichtsschreibung". Dass diese Äußerung gerade bei Breuer, der als ein prominenter Kritiker des Begriffs "Konservative Revolution" (KR) gilt, zu finden ist, macht den Stellenwert dieses "Syntagmas" in der Zeit nach 1945 deutlich. Gleichzeitig darf jedoch nicht der Hinweis auf die "neuere Ideengeschichtsschreibung" übersehen werden, denn die Erforschung der KR verlief (und verläuft immer noch) überwiegend im Rahmen der Ideen- und Geistesgeschichte. Im Folgenden werden die wichtigsten Ansätze der Forschung zur KR vorgestellt und an zwei Beispielen Möglichkeiten gezeigt, wie die Literatursoziologie diese Ansätze bereichern kann.
Die Epoche der Weimarer Republik war gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Umbrüchen im politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Bereich. Diese durch den Ersten Weltkrieg verursachten radikalen Veränderungen der Lebensverhältnisse hatten auch einen weitreichenden Einfluss auf den Alltag und die öffentliche Wahrnehmung der Frauen dieser Zeit: So konnten diese ab 1918 an den Wahlen teilnehmen, konnten sich an allen deutschen Universitäten einschreiben und in bestimmtem Maße finanziell unabhängig werden. Das Bild der so genannten "Neuen Frau", das gleichzeitig in der Öffentlichkeit generiert wurde, war insbesondere gekennzeichnet durch innerliche und äußerliche Emanzipation und stellte damit einen radikalen Gegenpol zur traditionellen Weiblichkeit des 19. Jahrhunderts dar. Viele Facetten der "Neuen Frau" sind in der Forschung weitgehend erschlossen - die sportliche Frau, die automobile Frau, die Frau als flapper oder garçonne - nur einer Ausprägung des neuen Frauentypus wurde bisher wenig Beachtung geschenkt: der Frau als Verbrecherin. Ziel der vorliegenden interdisziplinär und medienkomparatistisch angelegten Dissertation ist es daher, übergreifende Semantiken und Ästhetiken der geschlechtsspezifischen Verbrechensdarstellung in der Weimarer Republik offenzulegen und die unterschiedlich erzeugten, vermittelten und klassifizierenden Vorstellungen von Verbrecherinnen zu analysieren und zu kontextualisieren. Das zugrundeliegende Material umfasst dabei fachwissenschaftliche, publizistische und literarische Darstellungen von Verbrecherinnen, wobei das Hauptaugenmerk auf der Analyse von Artikeln aus Illustrierten Magazinen liegt, da diese, neben Radio und Film, zu den wirkungsmächtigsten Medien der Weimarer Republik gehören.
Im Kongress 'Das Freie Wort' traten Intellektuelle, Künstler und Repräsentanten zahlreicher Vereinigungen gemeinsam mit Männern und Frauen aus verschiedenen Parteien – von der demokratischen Mitte über die SPD bis zur KPD - öffentlich für die Pressefreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Lehr- und Redefreiheit und die Freiheit der Kunst ein. Am Tagungsort, dem großen Festsaal der ehemaligen Krolloper im Zentrum von Berlin, fanden sich am Sonntag-Vormittag des 19. Februar 1933 ab zehn Uhr an die 1000 Menschen ein, davon mindestens 100 Journalisten aus dem In- und Ausland. Eingeladen hatte "Das Initiativkomitee 'Das Freie Wort'". Gegen halb zwei Uhr wurde der Kongress von der Polizei aufgelöst.
Nur neun Tage später diente der Reichstagbrand der Regierung als Vorwand, mit der Notverordnung vom 28. Februar 1933 "bis auf weiteres", also unbefristet, die Bürgerrechte der Weimarer Verfassung "zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte" außer Kraft zu setzen. Unmittelbar danach begannen die Verhaftungen von Kommunisten, Sozialisten und anderen Oppositionellen. Rückblickend besteht kein Zweifel: Der Kongress 'Das Freie Wort' kam viel zu spät und blieb politisch völlig wirkungslos. Aber allein die Tatsache, dass er angesichts von Terror und Einschüchterung im Vorfeld der Reichstagwahl am 5. März 1933 überhaupt stattfand, rechtfertigt seine Würdigung.
Seit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 war der staatlich geduldete wilde Terror und der staatlich legalisierte Terror gegen die politischen Gegner ständig angewachsen. Gleich am 4. Februar 1933 hatte eine Notverordnung die Versammlungs- und Pressefreiheit über die bereits bestehenden Einschränkungen hinaus beschnitten. Am 17. Februar hatte Göring mit seinem berüchtigten Schießerlass der Polizei Straffreiheit bei Schusswaffengebrauch gegen alle "staatsfeindlichen Kräfte" zugesichert. Am 22. Februar waren die bewaffneten SS und SA Einheiten (ca. 50.000 Mitglieder) offiziell zu Hilfspolizisten ernannt worden.
Die Literatur der Weimarer Republik ist ein diskursives Schlachtfeld, auf dem die "neuen" elektronischen Massen- und Unterhaltungsmedien den traditionellen Buch- und Menschenmedien Konkurrenz machen. Im 19. Jahrhundert findet eine Verschiebung der Medienkonstellationen statt. Die Zahl der Einzelmedien nimmt zu: Die Menschenmedien (Theater), Schreibmedien (Brief, Blatt, Wand) und Druckmedien (u.a. Zeitung, Zeitschrift, Buch) bekommen ab jetzt Konkurrenz von den elektronischen Unterhaltungs- und Massenmedien Telegraf, Fotografie, Telefon, Schallplatte und Film. Diese neuen Medien sind auch in die Literatur eingegangen, u.a. durch so genannte "Medienreflexionen", Reflexionen also über die Medien im Rahmen der literarischen Werke selbst, wie z. B. Prousts Ablehnung des Mediums Film in 'À la recherche du temps perdu'. Wenn Medienreflexionen sich auf ein einzelnes Werk beziehen, spricht man von "Einzelreferenz", wenn sie sich auf eine Mediengruppe beziehen von "Systemreferenz". Wenn Reflexionen über die mediale, ästhetische oder fiktionale Qualität eines Mediums in einem literarischen Text figurieren, spricht man von "Metamedialität". Ein weiterer Terminus, der im vorliegenden Beitrag von Belang ist, ist Transmedialität. Transmedialität wird hier in Anlehnung an Hermann Herlinghaus als das Übersetzen eines Mediums in ein anderes definiert und meint "jene Prozeduren und Wechselwirkungen, die mit einem medialen Gestalt- und Funktionswechsel verbunden sind, das heißt die Transformation von Diskursen eines Mediums in Bilder oder Texte eines anderen: Literaturverfilmungen, 'Verbuchung' von Filmen und Hörspielen, Fernsehinszenierungen nach Theater- und Erzähltexten, Videoaufzeichnungen von Theaterstücken und dergleichen mehr."
Egon Erwin Kisch und Siegfried Kracauer, zwei herausragende Vertreter der literarischen Reportage in der Weimarer Republik, treffen sich in der Übertragung von Rhetoriken der Reiseliteratur auf das Objekt ihres Schreibens: die urbane Moderne westlicher Provenienz. So schreibt Kisch im Vorwort zu 'Der Rasende Reporter' (1925), dass "nichts […] exotischer [ist] als unsere Umwelt ", während Kracauer seine Textsammlung 'Die Angestellten' (1930) als eine "kleine Expedition" bezeichnet, "die vielleicht abenteuerlicher als eine Filmreise nach Afrika ist" und das soziokulturelle Milieu der Angestellten zum "[u]nbekannte[n] Gebiet" erklärt. Die fremden und exotisierten Populationen, deren Kulturen durch Forschungsreisen in noch unerschlossene Räume zu entdecken und durch Forschende zu beschreiben und analysieren sind, sind zur Zeit der Weimarer Republik längst nicht mehr nur jenseits der geographischen Grenzen der europäischen Moderne verortet. Sie sind in die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelnde urbane Moderne des Westens selbst verlagert worden, ist doch die Bevölkerung der Großstadt eine Ansammlung von einander fremden Individuen und Gruppen, von verschiedenen Klassen-, Sub- und ethnisierten Kulturen. Für das bürgerliche Beobachtungsubjekt besitzen die ihm unbekannten Räume der modernen Großstadt - so bezeugen Kischs und Kracauers Aussagen - einen Grad an Exotik, der selbst den Afrika zugeschriebenen Grad übertrifft.
Bei beiden Autoren ist das Fremde klassenmäßig kodiert. Unterschichten sind omnipräsent in Kischs Reportagesammlung und die Angestellten leben laut Kracauer trotz eines dezidiert anderen ideologischen Selbstverständnisses unter "ähnliche[n] soziale[n] Bedingungen wie […] das eigentliche Proletariat". Die Reisen ins Andere der Großstadt sind in diesen Fällen also oftmals Reisen zu Proletariern in einem weiten Sinne des Wortes, der Proletarier nicht auf die in der Industrie beschäftigen, klassenbewussten Arbeiter marxistischer Theorie und Politik festschreibt. Proletarier werden so zum Objekt einer Erforschung der Großstadt und zu Figuren einer großstädtischen Reiseliteratur.
Die umfangreiche Studie zum Angestelltenwohnungsbau in der Weimarer Republik muss in zweifacher Hinsicht als bemerkenswertes Novum gelten: zum einen ist ein Gesamtüberblick in dieser Perspektive bisher höchstens ansatzweise geleistet, zum anderen handelt es sich um den in der Kunst- und Architekturgeschichte bislang seltenen Fall, dass ein Spezifikum der Weimarer Republik – der kollektive Siedlungsbau – nun in kompetenter Weise von der französischen Forschung beleuchtet wird. Das fachübergreifende Interesse steht außer Frage: Denn es ist eben die soziale Schicht der Angestellten als essentiellem Bestandteil der gesellschaftlichen Modernisierung, die über ein neues Berufsverständnis und neue Mentalitäten entscheidenden Anteil an den Transformationen in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jhs. hat bzw. diese hervorbringt. Entsprechend kann der berühmte, aber soziologisch bislang unzureichend differenzierte Siedlungsbau zu Recht einer spezifischen Angestellten-Wohnkultur zugerechnet werden. ...
Dieses Buch war lange überfällig. Wer sich mit Frauen im 20. Jahrhundert beschäftigt, vermisste einen Überblick über die aktuellen Forschungen zur "Frauengeschichte" der Weimarer Republik. Die Autorin liefert eine frische und gut lesbare Zusammenfassung der bisher geleisteten Forschungen und kann andeuten, welche weiteren Fragen gestellt werden müssen. Wie schon vor ihr Matthew Stibbe, mit seinem ebenfalls sehr gelungenen Überblick interpretiert Boak die Weimarer Republik als "Post-war society". Folgerichtig beginnt sie ihre Darstellung mit einem langen Kapitel über Frauen im Ersten Weltkrieg. Schlüssig argumentiert sie, dass der Krieg das Leben der meisten Frauen erheblich veränderte, aber nur sehr wenige Emanzipationsgewinne zu finden seien. An dieser Stelle weist sie die These Ute Daniels von einer "Emanzipation auf Leihbasis" als unangemessene Formulierung zurück. ...