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"Finnegans Wake" bildet den Gipfelpunkt der klassischen Moderne und hat die Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg so nachhaltig geprägt wie kaum ein anderes Einzelwerk. 17 Jahre lang arbeitete James Joyce daran, bevor es 1939 publiziert wurde. Über 80 Jahre später arbeitet Ulrich Blumenbach derzeit an einer kompletten Übersetzung ins Deutsche. In seinem Work-in-Progress-Journal bringt Blumenbach gemeinsam mit seinen Leser·innen die anarchische Assoziationsmaschinerie auf Touren, illustriert an sprechenden Beispielen, was es braucht, um die wilde Semiose des Werks ins Deutsche zu übertragen und beschreibt, welche Freiheiten er sich nehmen muss, um der deutschen Leserschaft eine Ahnung davon zu vermitteln, wie Sinnenergien Synergien generieren.
Die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg (KBW) wird seit vielen Jahren intensiv erforscht, das Werk Aby Warburgs in einer Studienausgabe herausgegeben. Das Interesse an seiner Bedeutung für die Wissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts reißt nicht ab. Umso erstaunlicher ist es, dass bislang Studien zu den an der KBW gehaltenen Vorträgen fehlten. Die von Fritz Saxl 1921 initiierten Abendvorträge spiegeln das intellektuelle Netzwerk der KBW und ihren wissenschaftlichen Anspruch wider und wurden bis 1931 in einer eigenen Reihe publiziert. Eingeladen waren wichtige Vertreter ihrer Fächer, die dennoch heute außerhalb ihrer jeweiligen Disziplinen oft in Vergessenheit geraten sind. In diesem Band werden die Vortragenden daher vorgestellt, bevor die Aufsätze sich auf das an der KBW referierte Thema konzentrieren. Gemeinsamer Bezugspunkt ist der erste in der Reihe der Vorträge, mit dem Saxl der Zuhörerschaft Warburgs Forschungsanliegen und -ansätze vorgestellt hatte. Wie nah ist der jeweilige Vortrag diesem Programm, wo setzt er sich davon ab, und welche der gedruckten Vorträge können als eine Erweiterung und Fortführung des Warburg'schen Ansatzes angesehen werden?
Obwohl der Autor und Künstler Andreas Neumeister mit zu den bekanntesten deutschen Popliterat*innen zählt, setzt sich dieser Band erstmals umfassend wissenschaftlich mit seinen collagenartigen Texten auseinander. Unter dem 'Deckmantel' des Romans verschmelzen bei Neumeister zahlreiche mediale Versatzstücke zu einem dichten Abbild gesellschaftlicher Gegenwart und stellen die politische Dimension alltäglicher und/oder urbaner Kulissen aus. Seine Texte arbeiten dabei mit popästhetischen Methoden - wie Montagen, Wiederholungen oder Listen -, die die vorliegende Studie definiert und als Analyseschema fruchtbar macht. Dabei nimmt die Autorin auch die Überforderung der Leser*innen durch die dichte, 'anarchische' Romanform Neumeisters in den Blick und entwickelt ein Rezeptionskonzept, das der unkonventionellen Textform adäquat begegnet. Inwiefern sich Städte und Architekturen mittels dieser popästhetischen Poetik darstellen lassen, wird exemplarisch an Neumeisters Text "Könnte Köln sein" (2008) untersucht: Die profunde, aber fragmentarisch inszenierte Auseinandersetzung des Erzählers mit den Bauwerken, die er während seiner Reisen in Städte wie München, Berlin, Moskau, New York und Los Angeles besucht, verschränkt literarische wie architektonische Expertise eng miteinander. Anarchitext zeigt, wie bei Neumeister auf literarischer Ebene Raum geschaffen wird, ohne diesen zu bauen - und folgt dabei dem Begriff der "Anarchitektur" von Gordon Matta-Clark, der eine Verbindung von Anarchie und Architektur bezeichnet.