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Für die Analyse klimagesteuerter terrestrischer und mariner Ökosystemdynamik im Spätglazial und Holozän des Ägäisraums wurden terrestrische (Pollen und Sporen) und marine Palynomorphe (organischwandige Dinoflagellatenzysten) aus einem marinen Kern des Berg-Athos-Beckens hochauflösend (d.h. in einer zeitlichen Auflösung zwischen ~30 und ~200 Jahren) untersucht. Darüber hinaus wurden Pollen und Sporen eines terrestrischen Kerns aus dem Drama-Becken (nördliches Hinterland der Ägäis) analysiert. Neben der qualitativen Analyse wurden mit Hilfe der Technik der modernen Analoge quantitative Rekonstruktionen der Paläotemperaturen und -niederschläge im terrestrischen Raum vorgenommen. Für den marinen Kern wurden außerdem Sedimenthelligkeit, Sauerstoffisotopie und magnetische Suszeptibilität untersucht. Über die Entwicklung eines konsistenten Altersmodells für beide Kerne konnten Aussagen über eine regionale, klimagesteuerte Differenzierung zwischen der Vegetationsentwicklung im Küstenbereich und der Vegetationsentwicklung in intramontanen Ökosystemen getroffen werden. Während des Pleniglazials (~21 ka bis ~14,7 ka BP) herrschten im nördlichen Ägäisraum kühle und vor allem trockene Bedingungen vor. Offen liegende Schelfflächen wurden von einer Pinus-dominierten Vegetation besiedelt, bis der Schelf während des anschließenden Meiendorf-Bølling-Allerød-Interstadialkomplexes (~14,7 ka bis ~12,7 ka BP) durch den Schmelzwasserpuls MWP-1A überflutet wurde. Während des Meiendorf-Bølling-Allerød-Interstadialkomplexes herrschten im nördlichen Ägäisraum etwas humidere Bedingungen als während des Pleniglazials. In der anschließenden Jüngeren Dryas (~12,7 ka bis ~11,7 ka BP) war das Klima hingegen mindestens ebenso arid und die Oberflächenwassertemperaturen in der Nordägäis fast ebenso gering wie während des Pleniglazials. Das lokale Klima im Drama Becken war von ~21 ka BP bis zum Ende der Jüngeren Dryas generell trockener als die allgemeinen Klimabedingungen im nördlichen Ägäisraum. Die Vegetationsentwicklung im nördlichen Ägäisraum wurde während des Spätquartärs vor allem durch die zur Verfügung stehende Feuchtigkeit gesteuert. Auch nach der Jüngeren Dryas war die Humidität im Ägäisraum zu gering, um eine Wiederbewaldung zu ermöglichen, wie sie in Mitteleuropa und dem westlichen Mittelmeergebiet bereits ab ~11,6 ka BP stattfand. Ein Vegetationsrückschlag um ~11,0 ka BP korreliert mit der aus Mitteleuropa bekannten präborealen Oszillation bzw. dem 11,2-ka-Klimaereignis. Die holozäne Wiederbewaldung setzte im östlichen Ägäisraum erst ab 10,2 ka BP ein; sie wurde durch einen sukzessiven Anstieg der Winterniederschläge von ~225 auf über ~300 mm/Jahr ermöglicht. Sowohl dieser Anstieg der Winterniederschläge als auch ihr Rückgang nach 7,0 ka BP sind eng mit der Ablagerung des Sapropels S1 (zwischen ~9,6 ka und ~7,0 ka BP) verknüpft. Die relativ humiden und milden Winterbedingungen während der Ablagerung des S1 wurden von durch Vegetationsrückschläge dokumentierten, kurzfristigen Klimaereignissen bei ~9,3 ka, ~8,7 ka, ~8,2 ka und ~7,6 ka BP unterbrochen. Diese kurzfristigen Klimaereignisse gehen mit Unterbrechungen bzw. Abschwächungen der S1-Bildung einher. Besonders ausgeprägt ist der regionale Ausdruck des 8,2-ka-Ereignisses, welches für die am stärksten ausgeprägte und auch aus anderen Bereichen des östlichen Mittelmeers überlieferte Unterbrechung des S1 zwischen ~8,4 ka und ~8,0 ka verantwortlich zeichnet. Während der Bildung des S1 wurde die Klimaentwicklung im Ägäisraum generell weniger vom Klimasystem der hohen Breiten beeinflusst als vielmehr vom Monsunsystem der niederen Breiten. Allerdings war die Intensität des Sibirischen Hochs während des frühen Holozäns und nach dem S1-Intervall ein wichtiger Faktor für das Winterklima. Auch während des Holozäns wurden Klimaschwankungen im Drama-Becken deutlicher von der lokalen Vegetation reflektiert als von der Vegetation des nördlichen Ägäisraums im Allgemeinen. So wirkte sich z.B. das 8,2-ka-Ereignis sehr stark auf die Vegetationsentwicklung im Drama Becken aus; es verursachte einen Rückgang der Sommer- und Wintertemperaturen um mehr als 3° C. Dieser starke Temperatureinbruch ist auf lokale mesoklimatische Effekte zurückzuführen. Die Vegetation in den Randbereichen der Ägäis erfuhr weitere Rückschläge bei ~6,5 ka, ~5,6 ka und ~4,3 ka BP. Die Einbrüche bei ~5,6 ka und ~4,3 ka BP sind mit rapiden Klimaänderungen in großen Teilen der Nordhemisphäre korrelierbar, die ebenso wie die Jüngere Dryas und das 8,2-ka-Klimaereignis Einfluss auf Hochkulturen in Nordostafrika und im Mittleren Osten hatten. Die aus dem Holozän überlieferten Klimadaten machen deutlich, dass dieser Zeitraum von einer weitaus stärkeren Klimavariabilität geprägt wurde als noch bis vor kurzem angenommen.
Beiträge zur spät- und postglazialen Fluß- und Landschaftsgeschichte im nördlichen Oberrheingraben
(2005)
Die spät- und postglaziale Fluß- und Landschaftsgeschichte im nördlichen Oberrheingraben ist durch einen mehrmaligen Wandel der fluvialen Geomorphodynamik gekennzeichnet. Im Rahmen dieser Studie waren unterschiedliche Entwicklungsphasen der Landschaft mit Hilfe verschiedener Methoden (14C-AMS, IR-OSL, Pollen- und Schwermineralanalysen) erstmals präziser zu datieren. Ab dem Spätglazial entwickelte der nördliche Oberrhein drei Mäandergenerationen. Die Entstehung der Älteren Mäandergeneration setzte vor dem Spät-Allerød ein und dauerte bis in das Atlantikum an, ehe im späten Atlantikum ein flußdynamischer Umbruch die Bildung der Mittleren Mäandergeneration einleitete. Damit begann eine Phase mit vorwiegend toniger Auensedimentation („Schwarze Tone“). Es ist nicht auszuschließen, daß dieses Geschehen teilweise durch die Effekte neolithischer Landnutzung beeinflußt war. Auch der Umbruch zur Jüngsten Mäandergeneration im Übergang vom Subboreal zum Subatlantikum war sicherlich nicht rein klimatisch gesteuert. Wahrscheinlich ist das nun wieder stärker furkativ geprägte Fließmuster und die einhergehende Vergröberung der Auenfazies auf die Überlagerung von natürlichen Abläufen mit anthropogenen Beeinflussungen zurückzuführen. Dafür spricht, daß die Landschaft während der Eisen- und der Römerzeit weitgehend entwaldet war. Die parallel dazu durchgeführten Untersuchungen am spätglazialen Bergstraßen-Neckar erlauben die zeitliche Trennung eines älteren Mäanderkurses, der in der Jüngeren Dryas verlandete, von einem jungdryaszeitlichen Verlauf. In der Paläorinne dieses jüngsten Laufes setzte im frühen Präboreal das Wachstum von Niedermootorfen ein. Das dokumentiert, daß der Bergstraßen-Neckar spätestens im beginnenden Holozän vollständig deaktiviert war. Die Abschnürung des Bergstraßenlaufes erfolgte vermutlich im Anschluß an die letzte würmzeitliche Flugsandphase, die nach schwermineralogischen und tephrostratigraphischen Befunden im Untersuchungsgebiet in die Jüngere Dryas zu stellen ist. Dabei wurde das auf der Oberen Niederterrasse existierende, endpleni- bis frühspätglaziale, zwischenzeitlich vom Bergstraßen-Neckar teilweise fluvial umgelagerte, ältere Dünenrelief überweht, während auf der Unteren Niederterrasse lokale Dünenvorkommen entstanden. Möglicherweise dauerte die Flugsandbildung örtlich bis in das früheste Präboreal an, bevor in den späteren Zeiten des Holozän ein anthropogen induziertes Aufleben der Flugsandaktivität zu beobachten ist.