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Der 1969 im Gedichtband “Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt” veröffentlichte Text “Die drei Lesungen des Gesetzes” entstand zu einem geschichtlich bedeutungsvollen Zeitpunkt: 1968, in der Zeit der Studentenunruhen, am Höhepunkt der kulturrevolutionären Bewegung, die in Deutschland an den Grundfesten der Wohlstands- und Konsumgesellschaft der restaurativen Adenauer- und Postadenauerära rüttelte und den ersten entscheidenden Regierungswechsel seit 1949 herbeiführte. (...) Die “Drei Lesungen des Gesetzes” zeigen (...) modellhaft, wie die Propagierung von Ideologie und die Beschränkung individueller Freiheit in einem reaktionären Staat, der sich aber den Anschein der Demokratie und der Legalität bewahren will, vor sich geht. Die ideologische Botschaft, so macht Handkes Spiel mit dem Gesetzestext deutlich, wird im obrigkeitlichen Diskurs durch Sätze vermittelt, die denen des Gesetzes nachgebildet sind.
Was aus dem Mädchen geworden ist. Kleine Archäologie eines Gelegenheitstextes von Anna Seghers
(1997)
(...)[Jochen Vogt sieht] in der autobiographischen Skizze 'Zwei Denkmäler' von 1965 ein Prosastück von dichterischem Rang, bei aller Kürze von hoher thematischer und struktureller Komplexität, gewissermaßen einen "Gelegenheitstext" - mit allen goetheschen Anklängen des Begriffs; einen Schlüsseltext, der zentrale Seghersche Motive anspricht (oder durch Verschweigen deutlich macht) und deshalb auch als Einladung zur Entdeckung dieser Autorin und zur Lektüre ihres Erzählwerks genutzt werden kann. Diese (...) Einschätzung (...) untermauer[t Jochen Vogt], indem (...) [er] den Text zunächst einem kleinen narratologischen Exerzitium (I) unterzieh[t], um seine Erzählstrategie zu verdeutlichen, sodann einige lebens- und werkgeschichtliche Kontexte (II-V) zu klären such[t], die für die Textkonstitution wichtig sind, und aus diesen Beobachtungen schließlich eine These zur Interpretation (VI) und einige weiterführende Überlegungen (VII) entwickl[t].
Migration ist in den letzten Jahren ein aktuelles Thema der Forschung geworden, das auch von der lyrischen Gattung bzw. in Liedern behandelt wird und viele populäre Sänger auf der Welt beschäftigt. Die vorliegende Studie untersucht Lieder, die die Migration thematisieren. Migration wird hier als globales Phänomen aufgefasst. Zwar wird der Begriff oft hauptsächlich auf afrikanische Migranten bezogen, aber in der Tat betrifft die Migration viele andere Nationen: Überall auf der Welt, wo Armut oder Krieg herrscht, erlebt man dieses Phänomen. Natürlich ist es in Afrika stärker ausgeprägt: Der Traum vieler junger Afrikaner ist es, ihr Land zu verlassen, um ihre Träume in Europa oder in Amerika zu verwirklichen. Dafür sind sie bereit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Je strenger die Grenzen Europas bewacht werden, desto mutiger werden die „Migrationskandidaten“: Sie suchen alle Umwege, um das „Eldorado“ zu erreichen. Untersucht werden entsprechende Erfahrungen, die in zwei Liedern nacherzählt werden. Es handelt sich um die Lieder "Ouvrez les frontières" und "Un Africain à Paris" des aus der Côte d’Ivoire stammenden populären Sängers Tiken Jah Fakoli, den man als "Botschafter" der afrikanischen Jugend betrachtet. Dabei wird den Fragen der stilistischen Darstellungen und Komponenten dieser Lieder nachgegangen, wobei sowohl die Texte der Lieder als auch deren Videoclips in Betracht gezogen werden.
Die vorliegende Studie setzt sich zum Ziel, die bestehende Analogie von zwei Märchen zu untersuchen. Es handelt sich um das Märchen "Mawu et ses trois enfants" aus Togo und Grimms Märchen "Der Arme und der Reiche". Bei der Untersuchung kommt ein wichtiger Punkt zum Vorschein: Beide Male geht es um Gott, der Menschen auf eine Probe stellt. In "Mawu et ses trois enfants" zum Beispiel hat Gott drei Söhne, deren Gehorsamkeit ihm gegenüber er überprüft. In "Der Arme und der Reiche" hingegen kommt er in Gestalt eines einfachen Reisenden zu Besuch zu einem reichen Mann und dann zu einem armen. Die Weise, wie sich die Besuchten in den jeweiligen Märchen verhielten und wie sie vom Gott belohnt worden sind, wird analysiert. Interessant ist es auch bei den zwei Märchen die Tatsache, dass obwohl sie aus so weit entfernten Ländern wie Togo und Deutschland stammen, jedoch Einflüsse nachweisen, die dazu beitragen, Brücken zwischen den vielfältigen Kulturen zu bilden und somit einen Dialog zwischen den Kulturen unterstützen.
Mehrere Werke Christian Boltanskis zitieren das Arrangement der Photowand mit den Bildern von Familienangehörigen. Ein Beispiel dafür ist die Installation "Album de photos de la famille D. entre 1939 et 1964" (1971): Rund 180 Schwarzweiß-Familienaufnahmen aus dem Besitz von Boltanskis Freund Marcel Durand wurden abphotographiert, geordnet und ohne Kommentar aufgehängt. Doch wer diese Installation betrachtet, kennt – anders als die korsischen Trauernden in der Gesellschaft ihrer photographierten Ahnen-Gespenster – die dargestellten Personen nicht. Sie haben für uns keine Namen, keinen Status, keine Geschichten. Die Installation steht metaphorisch für ein beliebiges Familien-Gedächtnis, hat eben darum aber keine memoriale Kraft. In einem Selbstkommentar bekräftigt der Künstler, dass es ihm nicht darum ging, einer bestimmten Familie ein Denkmal zu errichten, die Gesichter bestimmter Personen aus der Vergangenheit in die Gegenwart ›blicken‹ zu lassen. Im Gegenteil stehe hier eine Familienphotosammlung für alle möglichen anderen, und Voraussetzung dafür sei die Unbestimmtheit der Abgebildeten: »Warum es gerade dieses Album sein musste? Durand ist ein echter Franzose, trägt den geläufigsten Namen Frankreichs und hat eine total normale Kindheit erlebt – anscheinend. Natürlich hätte ich auch mein eigenes Fotoalbum nehmen können. Aber das wäre viel zu speziell gewesen. Deshalb habe ich ein völlig austauschbares Album ausgewählt.«
„Warnung“, schreibt Ewa Lipska, „Ostrzeżenie“. Natürlich warnt sie, die Poetin der modernen Mobilität und ihrer Komplikationen, nicht vor irgendwelchen Flugzeugabstürzen oder dem Bankrott einer Fluglinie. Sondern: »Ich warne dich vor dir«. Du könntest dir selbst davonlaufen, könntest dich zum Tode verurteilen. [...] Es geht rau zu in ihren Gedichten, wie in vielen Gedichten der 60er, 70er, 80er Jahre. Es kratzt und piekt, wo immer man hinfassen möchte. Faszinierend allerdings sind nur diejenigen Partien darin, die uns anziehen und zugleich im Stich lassen, uns einer unbestimmten, der eigenen Vorstellungskraft überlassenen Gefahr aussetzen. Die Warnung arbeitet dem Zauber entgegen, und einzelne Zauberkunststücke untergraben jedes Sicherheitsdenken.
In den gut eineinhalb Jahrzehnten, die seit der Bibliographie von Hans-Harald Müller und Wilhelm Schernus (Nr. 140) vergangen sind, hat sich die Perutz-Forschung etabliert. Dies zeigt schon ein flüchtiger quantitativer Vergleich. Der Abschnitt "Wissenschaftliche Untersuchungen" bestand damals aus einer Handvoll Magisterarbeiten und Dissertationen; in der vorliegenden Bibliographie nimmt die Sekundärliteratur mehr als die Hälfte des Raums ein. Die Rechtfertigung einer neuen Perutz-Bibliographie liegt denn auch vor allem darin, ein aktuelles, möglichst vollständiges Verzeichnis der wissenschaftlichen Literatur zu Leo Perutz (unter Einschluß der vor 1990 erschienenen Titel) vorzulegen. Der Abschnitt "Primärliteratur" schließt dagegen chronologisch an Müller und Schernus an.
Diese 1952 entstandene Kurzgeschichte der österreichischen Autorin erweist sich als besonders charakteristisch für die Eigenart ihres Werks, sowohl was den Themenkreis – Entfremdung, Bedrohtsein, Angst und Tod – betrifft, als auch in Bezug auf die Vorliebe für die monologische Ausdrucksform, für Überraschungseffekte und Paradoxa. [...] Im Gesamtschaffen der Dichterin gehört "Wo ich wohne" zu einer Übergangsphase. Nach der wehmütig-poetischen Sprache des Romans "Die größere Hoffnung" und der 1948 entstandenen Spiegelgeschichte ist dieser Text durch eine größere Zurückhaltung und Sachlichkeit geprägt. Die Tendenz zur Untertreibung und Aussparung, zur Raffung und Verknappung wird sich in den späteren Werken bis ins Hermetische steigern.
Ziel der Tagung war es, umwelthistorische Perspektiven […] mit der ökokritischen Diskussion zu verbinden. Es wurde gefragt, wie der Wandel im menschlichen Verhältnis zur Natur zu unterschiedlichen Zeiten in literarischen Texten verhandelt wird und welche neuen literarischen Ausdrucksformen diese Verhandlungen womöglich provozieren. Komplementär wird gefragt, wie sich literarische und kulturelle Muster auf die Gestaltung der naturalen Umwelt auswirken können. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Etablierung des Ecocriticism als relativ jungem theoretischen Zugang zu Literatur einerseits und der Umweltgeschichte als ebenfalls junger Disziplin in der Geschichtswissenschaft andererseits konnte eine Fülle von Themen in Literatur und Geschichte ausgebreitet werden: Ausgehend von einer theoretischen Einführung in den Ecocriticism umspannten die Beiträge zeitlich 2000 Jahre von der römischen Antike über die Hausväterliteratur des 17. und 18. Jahrhunderts und die Literatur des frühen 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Räumlich reichten sie von den Weiten des Alls über die alpine Maienwiese bis zur Tiefsee. Sowohl Literatur als auch bildende Kunst und Gartenkunst wurden einbezogen.