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Alin Bashja Lea Zinner fokussiert in ihrem Aufsatz ein Tabu innerhalb der literarischen Aufarbeitungsgeschichte der NS-Verbrechen. In "Das Tabu der sexuellen Gewalt in der Holocaust-Literatur" stehen die literarischen Werke des Holocaust-Überlebenden Yehiel DiNur im Zentrum der Aufmerksamkeit, die mit einem Vexierspiel aus Faktualität und Fiktionalität die sexuelle Ausbeutung von Häftlingen entlarven und sich aufgrund dessen in ihrer Rezeptionsgeschichte Anfeindungen und Vorwürfen der pornographischen Ausschlachtung und Proftigier ausgesetzt sahen.
Dennis Bock stellt in seinem Beitrag "'Denn es geht hier nicht um Mögen oder Nichtmögen. Die Muselmänner stören ihn, das ist es' - Erzählungen über Muselmänner in der Literatur über die Shoah heraus", wie durch die narrative Variation der im Rahmen der Shoah-Literatur inventarisierten Figur des Muselmanns und dem mit ihr verbundenen konventionalisierten Narrativ ein Störpotential erzeugt wird, das den Fokus auf die Berührbarkeit eines Tabus legt. Es ist die Berührbarkeit des Todes, die durch die erzählerische Identifikation mit einer zwischen Leben und Tod begriffenen Figur evoziert wird, und dergestalt einen Reflexionsprozess in Gang setzt.
Jósef Tarnawa, ein Überlebender von Auschwitz, in Großaufnahme in einem Sessel. Er zeigt seine verblasste, eintätowierte Häftlingsnummer: Es ist die Nummer 80064. Er berichtet von deren Entstehung. '80064': so auch heißt dieses Video, 2004 gedreht von dem international renommierten wie auch umstrittenen polnischen Künstler Artur Zmijewski. Mit der Großaufnahme des Überlebenden ruft der Film fast schon vertraute Bilder videographierter Augenzeugenschaft auf, denken wir nur an die gefilmten Interviews der Yale Archives for Holocaust Testimonies oder Claude Lanzmanns Film 'Shoah'. Doch dann weitet sich die filmische Einstellung und wir werden gewahr: Der Überlebende sitzt in einem Tätowierstudio. Der Filmemacher Artur Zmijewski kommt nun selbst ins Bild; er redet auf den Überlebenden ein, will ihn bewegen, seine Häftlingsnummer hier im Studio zu erneuern, sozusagen: 'nachgravieren' zu lassen. Joséf Tarnawa sträubt sich, doch Zmijewski lässt nicht locker. Es folgt ein quälendes Streitgespräch kreisend um die Erneuerung der Nummer; es endet damit, dass der Überlebende seinen Widerstand aufgibt. Die Nummer wird nachtätowiert.
Was Szondis Überlegungen zur kritischen Entscheidung in der Lektüre verdeutlichen, ist die Spezifik eines, mit Hartman gesprochen, "intellektuellen Zeugnisses" in der Literatur. Hartmans intellektueller Zeuge "zeugt für den Zeugen, er empfängt aktiv Wörter, welche die Dunkelheit des Ereignisses widerspiegeln." Die Aufgabe in der Begegnung mit solchen Wörtern, mit solcher Literatur ist, Szondis Theorie und Praxis der kritischen Lektüre zufolge, nicht die Erhellung dieser "Dunkelheit" oder die Übersetzung der hermetischen Sprache in diskursive. Denn die Hermetik ist nicht Ausdruck eines persönlichen Traumas, dessen dunkle Sprache in den Zeugenstand, auf die von Sigrid Weigel "Zeugenschaft" genannte Ebene gehoben werden könnte. Es geht, im Gegenteil, darum, das Zeugnis im "beschädigten Raum der Sprache" anzuerkennen, in dem sich auch der intellektuelle Zeuge, der Philologe des Zeugnisses bewegt. Aufgabe der entscheidenden Lektürepraxis – die, in Weigels Worten, "Erzeugnis" und "Zeugnis" in der Lektüre scheidet – ist, die beschädigte Sprache zu restituieren, als Erfahrungsraum wiederherzustellen und so das Gesagte als Zeugnis von Wirklichem, als Zeugnis historischer Wirklichkeit hören zu können. Die aus Szondis Celan Lektüre abgeleitete von mir sogenannte Philologie des Zeugnisses ist eine Methode, solcher Entscheidung, Erfahrung und Erkenntnis in Literatur zu begegnen und dabei eine kritische Literaturwissenschaft zu betreiben, die der Versuchung widersteht, nur Wissenschaft zu sein und nur davon sprechen zu können, was sie beweisen kann.
Der Text verfolgt die Spur der Mutter in der Lyrik Paul Celans und im Independent-Comic Art Spiegelmans. Ausgehend von dem Versuch, diese Spur auch über die explizite textliche und bildliche Auseinandersetzung mit dem Thema hinaus strukturell nachzuzeichnen, wird angedeutet, auf welche Weise psychoanalytische Befunde zu einer Theorie des literarischen Sprechens über Traumata beitragen können.
Im Folgenden soll das Potential eines interdisziplinären narratologischen Theorietransfers an autobiographischen Holocausterzählungen unter Verwendung von Konzepten aus psychologisch orientierten Theorien erprobt werden: der Begriff der Positionierung aus der psychologischen Konversationsanalyse (discoursive psychology) und das Konzept der Glaubwürdigkeitsmerkmale aus der Gerichtspsychologie. Mit diesen Ansätzen sollen zwei charakteristische Merkmale autobiographischen Schreibens beschrieben werden, nämlich seine Zeitstruktur und sein Faktualitätsanspruch.