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Leidenschaft ist eine Emotion, die ganz und gar zum subjektiven Erleben eines Individuums gehört. Ein leidenschaftlich Handelnder ist offensichtlich so sehr von ihr ergriffen, dass sie sein Inneres vollkommen ausfüllt. Ebenso wie die Leidenschaft ganz zu ihm gehört, gehört auch er ganz seiner Leidenschaft. Es gibt dann keinen Raum in ihm für andere emotionale oder gar rationale Regungen.
In diesem Beitrag beziehe ich mich auf mehrere Beispiele aus der Feldforschung und bereits vorliegender Sekundärliteratur, um verbreitete Vorstellungen und Wahrnehmungen zur Präsenz körperlicher Gesten in einigen Performance-Kontexten afrikanischer Gesellschaften sowohl zu verdeutlichen als auch neu zu positionieren. Meine Argumentation und das zu ihrer Unterstützung herangezogene Material betrachten dabei auch Nicht-Körperliches als einen integralen und unentbehrlichen Teil körperlicher Expressivität. Mentale, somatische und verbal nicht artikulierbare Elemente erweisen sich als Teilbestände nicht-körperlicher Schauplätze, die eine dialogische Beziehung zwischen körperlicher Expressivität und der subjektiven Existenz ihrer Teilnehmer beeinflussen und aufrechterhalten. Die Beschäftigung mit dem Themenkomplex der körperlichen Expressivität wird zusätzlich von der Beobachtung geleitet, dass die expressiven und kommunikativen Funktionen körperlicher Gesten und mit ihnen assoziierte Bedeutungsstufen zumindest in der auf Afrika bezogenen Forschungsliteratur bislang nur geringe theoretische und methodologische Aufmerksamkeit gefunden haben. Der vorliegende Aufsatz versteht körperliche Expressivität in letzter Instanz daher als eine kulturelle Praxis, was eine erweiterte Perspektive auf die Erläuterung alltäglicher und außergewöhnlicher Umstände eröffnet, in denen man auf körperliche und nicht-körperliche Ausdrucksformen stößt. Die Substanz dieses Artikels soll jedoch den der Berliner Tagung "Kinaesthetik und Kommunikation" (2010) zugrunde liegenden Forschungsfragen und Schlüsselthemen wie Kontext, Epistemologie und Zwischenbereichen kultureller Kontextualisierung, Bedeutung und Redefinition gelten. Der Artikel stützt seine Argumentation dabei auf das spezifische Beispiel der personalisierten "Name Performance" der Anlo-Ewe in Ghana, die verschiedene Implikationen für die Methodik der Untersuchung körperlicher und nicht-körperlicher Expressivität in afrikanischen Performance-Traditionen aufzeigen.
Die Universalität des Ausdrucks : zur empirischen Grundlage eines anthropologischen Phänomens
(2013)
Die These von der Universalität bestimmter grundlegender Emotionen und ihrer mimischen Ausdrucksformen ist eine Position, die in vielen Lehrbüchern der Emotionspsychologie vertreten wird. Sie ist allerdings nicht unumstritten. Ich gehe nun so vor, dass ich zunächst einige sehr grundlegende Annahmen der Emotionspsychologie skizziere, um dann die empirischen Untersuchungen von Ekman und anderen darzustellen. Ein letzter Teil wird sich mit ausgewählten emotionspsychologischen Modellen hinsichtlich der Natur-Kultur-Differenz beschäftigen. Neuere ökologische Ansätze kritisieren die theoretischen Modelle, die von Ekman und anderen aus den empirischen Untersuchungen zur Universalitätsthese gezogen werden, als Rückfall in stratigraphische Konzeptionen der menschlichen Existenz.