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Hofmannsthal und Majakowskij. Hofmannsthal und Picasso. Hofmannsthal und Malewitsch. Hofmannsthal und Beuys. - Was Hofmannsthal seinem Chandosbrief nachgerufen hatte - "fernes Fremdes als nah verwandt spüren zu machen" (BW Andrian 161) -, kann als Leitsatz gelten für den vorliegenden Beitrag, der Hofmannsthal mit Namen in Verbindung bringt, von denen man bisher ziemlich genau wußte, wie wenig sie mit diesem Dichter zu tun haben.
L. W. Rochowanski (1885 Zuckmantel - 1961 Wien) war auf mindestens vier scheinbar disparaten Gebieten künstlerisch tätig: als Herausgeber und Verfasser von Mundartliteratur, als Programmatiker des avantgardistischen Theaters und Tanzes, als expressionistischer Autor und als Förderer und Vermittler von angewandter Kunst aus Österreich. Im Beitrag wird zum einen die expressionistisch-avantgardistische Position Rochowanskis im Theaterbetrieb und als Autor beleuchtet. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass die scheinbar disparaten künstlerischen Betätigungen Rochowanskis in anthroposophisch beeinflussten Menschen- und Kunstauffassungen eine gemeinsame Wurzel haben.
Der Konflikt von Tradition und Moderne in der Avantgarde. Dargestellt in den Romanen La vie secrète und Visages cachés von Salvador Dalí, Hebdemeros und Monsieur Dudron von Giorgio de Chirico sowie Caravansérail von Francis Picabia
Die Arbeit setzt sich anhand der Frage des Konfliktes von Tradition und Moderne mit den Prosawerken Dalís, Chiricos und Picabias auseinander. Zusätzlich wird der Medienwechsel der ursprünglich bildenden Avantgardekünstler hin zur Sprache als Ausdrucksform thematisiert: die Frage nach veränderten literarischen Möglichkeiten durch die bildlich geprägte Perspektive der Künstler, verbunden mit der Frage nach Traditionen und Mythologien. Darüber hinaus wird erörtert, inwieweit die als „Ego-Dokumente“ konzipierten Texte Rückschlüsse auf die Biographien der Verfasser zulassen.
Caravansérail, Picabias fragmentarischer Roman präsentiert sich dem Titel entsprechend als Umschlagplatz eines Spektrums literarischer Konzepte, vergegenwärtigt durch die literarische Prominenz der Avantgarde. Ein Roman, der den technischen Fortschritt von Bewegung und Medien thematisiert, in der der Titel lediglich als vorübergehender Ruhepol dient.
Narratologisch gesehen entspricht der Text der Definition der „deambulatorischen“ Erzählweise (Wolfzettel). Die überwiegende Dialogform deutet auf Picabias Orientierung an Romanen des 18. Jahrhunderts hin.
Chiricos surrealistischer Roman Hebdomeros zeigt sich noch „deambulatorisch“, doch schon strukturiert durch die Wiederaufnahme der „navigatio mystica“ verknüpft mit dem Weg der Selbstfindung. Im Kontrast zu Picabia thematisiert Chirico Tagträume und Gedanken des Protagonisten, wodurch sich bereits die Wende zu traditionellen Formen andeutet. Statt surrealistischer Welthaltigkeit wird die Mythologie der Antike, Elemente des Christentums sowie die Seefahrt in Verbindung mit einer idealisierten Frauengestalt angeknüpft.
Monsieur Dudron zeigt Chiricos endgültige Abkehr von avantgardistischer Textproduktion, die parallel zu den Entwicklungen im faschistischen Italien verläuft. Mittels des „Schneckenfarm-Besuchs“ wird Dudrons/Chiricos Ablehnung zeitgenössischer Kunst exprimiert. Durch integrierte essayartige Teile, die sich an Traditionellem, Antike und Renaissance, orientieren, entspricht er noch dem „deambulatorischen“ Konzept.
Dalís Pseudo-Biographie La vie secrète orientiert sich an hagiographischen Texten, um sich zum Heiligen und Retter der Kunst vor der Avantgarde zu stilisieren. So konzipiert er auch seine Beziehung zu Gala entsprechend der Tristan-Mythologie.
Die Rückkehr zu traditioneller Textproduktion vollendet Dalí mit dem epischen Werk Visages cachés. Die Charaktere des Romans verweisen auf Literatur des ausgehenden 18. Jhs, der Protagonist zeigt jedoch Analogien zu Huysmans oder Wildes Romanfiguren. Surreale Elemente sind nur noch als Splitter in die Roman-Realität integriert. Mittels Sprache sowie der geschlossenen Form des Romans opponiert Dalí gegen avantgardistische Textproduktionen.
Im Jahr 1923 veröffentlichte László Moholy-Nagy in der amerikanischen Zeitschrift Broom den Artikel "Light: A Medium of Plastic Expression", dessen Aussagen in einer Beobachtung münden, die vom ihm selbst in seinen folgenden Schriften präzisiert und weiterentwickelt und die 1931 von Walter Benjamin in seinem Essay über die Fotografie als Gedanke übernommen wird. Moholy-Nagy schreibt: "An dieser Stelle muß unterstrichen werden, daß unsere intellektuelle Erfahrung formal und räumlich die optischen Phänomene, die das Auge wahrnimmt, vervollständigt und zu einem homogenen Ganzen zusammenfügt, während die Kamera das rein optische Bild wiedergibt (die Verzerrung, die schlechte Zeichnung, die Perspektive)." Diese Formulierung der genuinen Poiesis, die aus einer Verbindung physiologischer und psychologischer Vermögen des Menschen mit den Medienkünsten entsteht, die zu einer Neuordnung der Sinne, zum Experimentieren mit und der Erforschung von Wahrnehmungsprozessen leiten sollte, gründete in der Forderung nach einem 'Neuen Sehen', das, als "optische Wirksamkeit" - erstmals von Moholy- Nagy formuliert - zu einem Charakteristikum der Avantgarde wurde. Das Motiv dieser Suchbewegung - der hier nachgegangen werden soll - lag in einer Antwort begründet, die man auf die Frage zu geben suchte, wie sich die Verbindung der Sichtbarmachung des Unsichtbaren mit der Bewusstwerdung des Unbewussten, also der Ausbildung eines 'Optisch-Unbewussten' verbinden ließe, um im Anschluss eine neue Th eorie des Blicks - als ein Sehen über den rein physiologischen Sehakt hinaus - zu etablieren.
Der Aufsatz stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Topografien und experimentellen sprachlichen Verfahren bei Gert Jonke mit Blick auf seine Textsammlung 'Himmelstraße - Erdbrustplatz oder das System Wien' (1990) und interpretiert die Topografie Wiens beziehungsweise die Raumsemantiken, wie sie in dem aus Fragmenten eines Wien-Romans entstandenden Band Jonkes auftauchen, als Modelle. Die Topografie und der Raum haben, so die These, für Jonkes eigentümliche Bedeutungserweiterungen, -verschiebungen und Gegenüberstellungen eine modellierende Funktion und geben seine semantischen 'Experimente' gleichsam methodisch genau vor. Anhand verschiedener Begriffe von 'experimenteller Literatur' wird gezeigt, dass Jonkes Texte sich trotz ihrer widersprüchlichen Zuordnungen zur (post-)experimentellen Literatur mit Fragmenten einer wissenschaftlichen Sprache und Denkweise auseinandersetzen.
Der Beitrag setzt sich mit Theatertexten der Wiener Gruppe auseinander und untersucht diese hinsichtlich ihres experimentellen Status. Bei der Analyse werden jene Themen aufgegriffen, die die Wiener Gruppe selbst beschäftigten: die Frage nach den Möglichkeiten der Abbildung von Wirklichkeit (insbesondere durch Sprache), das Verhältnis zwischen Zeichen und seiner Bedeutung sowie die Relation zwischen Realität und
Fiktion.
Franz Carl Weiskopf wurde in der sozialistischen Literaturwissenschaft als politischer Autor interpretiert. Schaut man sich seine literarischen Anfänge im Prag der 1920er Jahre an, wird ein weiterer Aspekt seines Schaffens sichtbar: die Arbeit als Mittler zwischen deutscher und tschechischer Literatur. In diesem Beitrag wird sein Frühwerk in die Experimentierräume der Avantgarde und urbanen und kulturellen Zwischenräume Prags eingeordnet.
Ziel der russischen Avantgarde ist eine Erneuerung und "Wiederbelebung" der im Panzer der Vernunftgläubigkeit erstarrten modernen Gesellschaften, die über einen radikalen Bruch mit der konventionellen Sprache erfolgen soll. Sprache und damit auch Leben sollen wieder als Selbstzweck erfahrbar werden. Dabei geht es bei der kühnen Zerschlagung jedweder Regeln von Lexik und Grammatik nicht einfach um das Ausleben schrankenloser künstlerischer Freiheit und Kreativität. Hinter dem Drang zu Innovation und Provokation steht ein seltsam kontrastierendes Anliegen: der Traum von der Rückkehr zu einer "Ursemiotik", einer Ursprache, die einst alle Menschen verband und in der Zeichen und Ding, menschliches Bewusstsein und Welt noch ungeschieden waren. Für diese Rückkehr ins Ursprünglich-Universelle erachtet Velimir Chlebnikov, dessen Werk hier vor allem untersucht wird, die russische Sprache als geeigneter als die Sprachen der fortgeschrittenen westlichen Zivilisationen, die sich in seinen Augen zu weit vom Ursprung entfernt haben. Nicht zufällig sucht Chlebnikov für seine Konzeption der Ursprache seine "Bündnispartner" in den orientalischen Sprachen, nicht in den westlichen. Diese Suche wird im vorliegenden Beitrag anhand zahlreicher Beispiele nachvollzogen.
Mein Beitrag geht dem russischen Interesse an Vitalität und Transformation im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts nach. Dabei rücken insbesondere kulturspezifische Unterschiede zu vergleichbaren Phantasmen und Phänomenen in Westeuropa ins Blickfeld, die sich aus der Berücksichtigung der ostkirchlichen Tradition, insbesondere der orthodoxen Anthropologie, ergeben. Das Auferweckungsparadigma der russischen Moderne zeichnete sich zum einen durch seine Doppelreferenz auf Religion und Wissenschaft aus und manifestierte sich zum anderen durch die Synthese von Glauben und Technik, Kunst und Leben. Wie es zunehmend den russischen und sowjetischen Alltag durchdrang, wird anhand folgender Faktoren nachvollzogen: der Begründung der genuin russischen religionsphilosophischen Strömung des "Kosmismus", der aufkommenden performanzorientierten Konzepte des Lebendigen in Sprach- und Literaturtheorie und schließlich der Versuchsanordnungen zur Vitalisierung und Immortalisierung in Wissenschaft, kultureller Praxis und Literatur.