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Auch wenn die Immortalisten von Gavdos in ihrer Konzeptualisierung des Todesproblems insofern eine skeptische Haltung gegenüber der biologischen bzw. medizinisch-technischen Modellierung der Unsterblichkeitsproblematik beziehen, als sie den Tod nicht über den Funktionsverlust einzelner Bestandteile des Körpers, sondern über seine physiologische Bedeutung hinaus als gesellschaftliches und das heißt auch zwischenmenschliches Phänomen wieder in den Fokus rücken, sind auch sie nicht frei vom Pathos der Idee eines Neuen Menschen. Dass in ihren Texten die Frage nach der Unsterblichkeit die Konturen einer gemeinschaftlichen Praxis bekommt, sollte nicht den Blick auf die Tatsache verstellen, dass die 'Rückbesinnung' der Immortalisten von Gavdos auf die antiken Wurzeln des Unsterblichkeitsglaubens in erster Linie eine geradezu mythopoietische Konstruktionsleistung darstellt, an deren Ende die schöpferische Erfindung und nicht das Auffinden einer antiken Unsterblichkeitstradition steht: Die Besinnung auf das 'Ursprüngliche' wird hier zum Modus der Gegenwartsbewältigung verklärt, die Vergangenheit des europäischen Homo immortalis zur Zukunft der Menschheit erklärt.
Athleten des Genusses, im Übermaß Leidende : zur Erscheinung von Heros und Heroine in der Antike
(2017)
Der Heros und sein weibliches Pendant, die Heroine, begegnen uns in der griechischen Literatur- und Religionsgeschichte von früh an, auch wenn letztere ein eigenes Vokabular erst ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. erhält. Allgemein lassen sich beide als Zwischenwesen bestimmen, das sowohl göttlichen als auch menschlichen Ursprungs ist: "hemitheos", der "Halbgott". [...] Gerade der Umstand der Sterblichkeit macht jedoch die besondere Macht des Heros aus. Erst als Toter, der um Schutz und Hilfe angerufen wird und durch Opfergaben besänftigt werden muss, ist ein Halbgott Heros. Er erscheint als "Toter, der von seinem Grab aus im Guten oder Bösen mächtig wirkt und entsprechende Verehrung fordert". [...] Heroen wirken aber nicht nur von ihrem Grab aus, sondern sie sind auch aufgrund ihres außergewöhnlichen Lebens zu Ahnherren oder Ahnfrauen eines vornehmen Geschlechts berufen, das sich von ihnen herleitet. [...] Anders noch als über ihre Zugehörigkeit zu einem heroischen Zeitalter lassen sich die Heroen über den Kult bestimmen, der ihnen zukommt. Dessen archäologischer Nachweis ist freilich erst ab dem achten Jahrhundert v. Chr. unbestritten, einem Zeitpunkt, der in der griechischen Religions- wie allgemeinen Geschichte einen wesentlichen Einschnitt darstellt. 776 v. Chr. werden die panhellenischen Spiele gegründet, wenig später in den verfallenen mykenischen Gräbern die Heroen verehrt. Ihr Kult wäre also ein nachhomerisches Phänomen, das auch in der mykenischen (Vor-)Zeit unbekannt gewesen sei, wenngleich er gerade an sie anzuschließen wünsche.