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Die Mädchenfigur in Rilkes Werk ist keineswegs eine singuläre Erscheinung, sondern vielmehr ein Motivkomplex, der bei genauerer Betrachtung eine stringente Entwicklung erfährt. Zum Motivkomplex gehörig sind unter anderem die lyrischen Zyklen "Mädchen-Gestalten, die Lieder der Mädchen", die in diesem Aufsatz in den Mittelpunkt gestellten "Gebete der Mädchen zur Maria" sowie der Essay "Intérieur", worin Rilke einige theoretische Überlegungen zu – wie er betont – "seinen Mädchen" anstellt. Darüber hinaus lassen sich auch Verbindungen zu weiteren einzelnen Gedichten finden. Die Entwicklungslinie der Rilkeschen Mädchenfiguren verläuft bis hin zu den beiden wesentlich später entstandenen gleichnamigen Gedichten "Die Liebende", womit sich schließlich sogar eine Schnittmenge zur Theorie der Intransitiven Liebe aufweisen lässt. In den zumeist lyrischen Texten, die dem Motivkomplex der Mädchenfiguren angehören, ist der ständige Versuch Rilkes spürbar, "seinen Mädchen" einen Sonderstatus zukommen zu lassen. Allerdings ist damit auch die weitgehend unspezifische Suche verbunden, den Rilkeschen Mädchen eine außergewöhnliche Aufgabe und Funktion zuschreiben zu können, die eben diesem Sonderstatus gerecht wird.
Rilkes "Der Geist Ariel" übt auf den Leser eine besondere Faszination aus. Ohne ganz zu verstehen, wo diese Faszination herrührt, hatte ich schon als Studentin das Gedicht ins Englische übersetzt und in einer Studentenzeitschrift der Universität Sydney veröffentlicht. Dass eine Übersetzung dieses Gedichts höchst problematisch ist, war mir damals nicht bewusst: die Übersetzungsarbeit ging ja schnell vonstatten. Damals wusste ich nichts vom komplizierten Werdegang des Gedichts, das ohne den Einfluss von Katharina Kippenberg nicht zustande gekommen wäre.
Rilkes "Geburt der Venus"
(2016)
Der bedeutendste Vertreter einer theologischen Rezeption der Synergetik ist heute der katholische Th¬eologe Alexandre Ganoczy. Ganoczy empfing seine intellektuelle Prägung im Kontext der französischen 'Nouvelle Th¬éologie', die insbesondere nach 1945 erfolgreich eine Öffnung der katholischen Glaubenslehre in Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Herausforderungen reklamierte. Die Pluralität von Weltbildern, die Etablierung einer säkularen Option als Alternative zu religiösen Überzeugungen sowie die Dominanz einer naturwissenschaftlichen Wirklichkeitsdeutung führten die Th¬eologie als Wissenschaft damals in eine Krise, deren Nötigung zur Grundlagenreflexion der Disziplin bis heute fortwirkt.
Konkordanz zu den Motivkomplexen in Rainer Maria Rilkes Gedichtzyklus "Vergers" : eine Einführung
(2016)
Im Bewusstsein der Transferleistung, die Rezipienten und Interpreten erbringen müssen, wenn sie sich der französischen Lyrik Rainer Maria Rilkes zuwenden, entstand im Rahmen meiner 2012 abgeschlossenen Masterarbeit die Überlegung, eine umfassende Konkordanz zu dem Zyklus "Vergers" zu erstellen. "Vergers" ist der längste und inhaltlich disparateste französische Zyklus Rilkes, der sich einer größeren Motivpalette bedient als die auf Landschafts- und einige wenige Einzelmotive abgestimmten Zyklen "Les Quatrains Valaisans", "Les Roses" und "Les Fenêtres".
Die Gegenüberstellung David Gascoynes mit Rainer Maria Rilke ist alles Andere als selbstverständlich und hat nichts mit Übersetzung im gewöhnlichen Sinn zu tun, sondern mit übertragener Präsenz, also mit der Übertragung von Impulsen, die ein Werk der Moderne mitgestalten. Bezug, Beziehung und Bezogensein spielen alle eine implizite oder explizite Rolle. Das Gelände abzustecken, auf dem sich die folgenden Überlegungen bewegen, begründet sich mit einem Geflecht von Namen, das stellvertretend für dichterische Welten, für Epochenbewusstsein und -schwellen steht. Ein mögliches Gelände mögen folgende Namen beschreiben: Den Mittelpunkt bildet Rilke: Dessen letzte Lebensgefährtin war Baladine (oder Merline) Klossowska (1886-1969), deren Sohn Pierre Klossowski (1905-2001) dem Dichter Pierre Jean Jouve (1887-1976) half, Hölderlin zu übersetzen, den auch David Gascoyne mit Hilfe von Jouve ins Englische übertrug. Jouve wiederum war Rilke während seines letzten Aufenthalts in Paris begegnet; später kannte Gascoyne Jouve persönlich, von dessen Gedichten jener eine große Auswahl übersetzte; außerdem kannte Gascoyne Jouves Frau Blanche, eine Schülerin Freuds, die auch Gascoynes Therapeutin in Paris war. Mithin ein Geflecht von Namen, von denen man noch viele weitere nennen könnte, etwa die englischer Dichter der 20er, 30er und 40er Jahre sowie diejenigen französischer Surrealisten.
Im Hinblick auf den Zugriff auf Rilkes Poesie kommt den filmischen Zeugnissen von Wenders und Schmerberg keine sekundäre Rolle zu. Ohne die Gedichte zu entstellen oder zu verfremden, entwickeln sie auf unterschiedliche Weise eigenständige Positionen: Während Wenders einen eher freien Dialog mit der Vorlage eingeht, auf der Ebene von Anspielungen, Modernisierung und Fortschreibung operiert, setzt der Regisseur von "Poem" auf eine künstlerisch anspruchsvolle Übersetzung des Textes in das audiovisuelle Medium. Obgleich sich Rilkes poetische Konstruktionen
aufgrund ihrer Vieldeutigkeit und Offenheit spezifischen Bedeutungsfixierungen entziehen, scheint doch gerade ihr Reichtum an Bildern sowie deren bewegliche Verknüpfung für filmische Zugriffe prädestiniert. Das Zusammenspiel aus visuellen und auditiven Eindrücken verhilft der performativen Anlage der Lyrik noch zu weiterer Entfaltung.
The notion of the barbarian has been crucial in the development of the intellectual shifts spurred on by thinkers who shaped the culture of the Enlightenment. Asking what a barbarian might be had quite different meanings in the early 16th and in the late 18th century. An anthropological approach to the very different populations that had come to be known in Europe since the 16th century as well as the secularization of the historical vision contributed to the emergence of a more objectified connotation of barbarism. Among others, Montaigne, Montesquieu, Gibbon, Voltaire, d’Holbach commented extensively on barbarism as characterizing different stages in human civilization. Volney (Constantin-François de Chassebeuf, 1757-1820), who travelled to Egypt and Syria in the early 1780s, was familiar with the French works of the Enlightenment and applied their concepts of barbarism to the observation of the different Muslim populations he encountered. Later, after experiencing the turmoil of the French Revolution, he became interested in the United States. During his stay in America from 1795 to 1798, he investigated the American Indians who represented a different form of barbarism. Volney stands out as a thinker who knew the classics of the Enlightenment and who creatively compared theoretical speculations with his first-hand empirical observations.
Integrationskomik : "Odyssee" und "Wilhelm Tell" in C. F. Meyers Novelle "Der Schuss von der Kanzel"
(2016)
Für die Integrationskomik der Novelle ist das Zusammenspiel von Figuren- und Textebene ausschlaggebend. Die als fremd dargestellten, orientalisierten Figuren im Gefolge des Generals Wertmüller werden durch die Sprachkomik misslingender Kommunikation integriert (Hassan) oder aber zu imaginären Projektionen, die am realen Erscheinen der Figur vorbeigehen: Anstelle 'der Türkin' sind nur "orientalische Schemen" am Werk. Auch der General ist Gegenstand solcher Projektionen des Fremden, zugleich aber eine handlungsmächtige Mittlerfigur sowohl zwischen der sozialen Gemeinschaft von Mythikon und deren vorgestellten Fremden als auch zwischen der Figuren- und der Textebene der Integration. Über ihn läuft das Verfügbarwerden der Gründungserzählung in Mythikon; der antike Mythos, um den es dabei geht, wird speziell akzentuiert. Als Inbegriff der Reise, der Begegnung mit fremden Welten und der Heimkehr hat die 'Odyssee' einen Helden, der am Ende als Gast am eigenen Herd auftritt. So eine Gastfigur ist und bleibt auch Wertmüller, während Pfannenstiel heimisch wird. Am Ende nutzt die Erzählung die Attribute des Dunklen und Unheimlichen, mit denen die realistische Novellistik typischerweise fahrende Fremde markiert, um ihre integrative Schlüsselfigur dezidiert auszugrenzen.
The article examines the role of the "natural law of nations" in Vico's philosophy of culture. The focal point of this inquiry is the notion of 'barbarism' in the New Science. While Vico's influential conception of the 'barbarism of reflection' has attracted a lot of attention, the multiplicity of tropes of barbarism in the New Science has not been sufficiently recognized. The article argues that while Vico takes civil law, the Roman ius gentium, as a model for his conception of culture, the trope of the warring barbarian figures prominently in key moments of his philosophy of history (e. g. in transitional moments between two historical ages) when issues of modern international law (asylum, declaration of war, piracy) are at stake.