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Sprechen und Schweigen vor und nach der "Wende" : Analyse eines sprachbiografischen Interviews
(2010)
Am Anfang des Interviewprojekts stand ein noch relativ allgemeines Interesse an der Sprache und dem Sprechen in der DDR. Als Teil der Generation, die zwar noch in der DDR geboren wurde, sie aber kaum mehr bewusst erlebt hat, wollte ich von einem ehemaligen DDR-Bürger wissen, welche Erfahrungen er mit der Sprache und dem Sprechen vor 1989/90 gemacht hat. Ursprünglich zielte das Interview also nur auf eine Seite: den Sprachgebrauch und das Schweigen in der DDR. Unter welchen Bedingungen und mit welchen Folgen ist es möglich, in der DDR seine Meinung offen zu äußern? In welche Konflikte mit der Sprach- und Sprechregulierung in der DDR gerät einer, der sich selbst gar nicht als Staatsgegner, sondern als konstruktiver Kritiker und Verfechter dieser, wie er es im Interview nannte, "großartigen Idee" Sozialismus begreift? Wann wird geschwiegen und was bedeutet dieses Schweigen? Der Interviewte nahm jedoch im Verlauf der Gespräche immer wieder die Veränderungen in Sprech- und Schweigesituationen in den Blick, die er im Zuge des politischen Umbruchs 1989/1990 in seiner Sprachbiografie wahrnahm. So erschien eine Analyse mit einem verstärkten Fokus auf den Wandel des Sprachgebrauchs und der Bedeutungen des Schweigens vielversprechend.
Mit den sogenannten "Hartz‐Reformen" ab 2002 begann die Umorganisation der öffentlichen Arbeitsverwaltung zu einem – dem Selbstverständnis nach – „modernen Dienstleister“. Die explizit als „Dienstleistungs“-Reform angelegten Neuerungen sollten sich mit verbessertem Service sowohl an die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber richten (Hielscher/Ochs 2009, 18). Da es, wie Habscheid (2003, 8) feststellt, in Organisationen "längst üblich [ist], über "Sprache" nachzudenken und den Versuch zu unternehmen, sprachliche Mittel gezielt auf organisationale Zwecke hin zu funktionalisieren", hat sich – wenn auch erst wesentlich später, im Jahr 2009 – auch die Bundeszentrale der Agentur für Arbeit in Nürnberg mit sprachlichen Verbesserungen im Feld der "Kundenkommunikation" beschäftigt. Überarbeitet werden sollen die (standardisierten) Schreiben an die Arbeitslosen, die hier auch Gegenstand der Untersuchung sein werden. Bei dieser Überarbeitung stand – dem Verständnis als Dienstleister entsprechend – der Aspekt "Kundenfreundlichkeit" im Mittelpunkt. In der folgenden Analyse soll nun untersucht werden, wie dies in den Texten umgesetzt wird. Wie "freundlich" sind die Schreiben, was wurde verbessert, was bleibt eventuell kritisch zu sehen? Wie verständlich, wie klar sind die Schreiben formuliert, tritt eher ein "Amts‐" oder "Dienstleistercharakter" hervor?