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Die mittelamerikanische Jagdspinne Cupiennius salei Keys. zeigt nach Reizung ventraler Tasthaare auf den proximalen Beingliedern in freier Natur und auch im Labor das relativ einfache, reflektorische Verhalten des „Körperanhebens“. Ziel der vorliegenden Arbeit war, den am Körperanheben maßgeblich beteiligten Coxamuskel c2 hinsichtlich seiner Anatomie, seiner funktionellen Faserzusammensetzung und Innervation sowie seiner Aktivität beim „Körperanheben“ und bei weiteren Bewegungsweisen der Spinne zu untersuchen. (1) Der c2-Muskel liegt im Prosoma der Spinne und setzt für jedes Bein am anterioren Coxarand an. In den 1. - 3. Beinpaaren liegt c2 zweigeteilt (apodemaler und tergaler Anteil), im Hinterbeinpaar dagegen einteilig (nur tergaler Anteil) vor. (2) Histochemische Nachweisreaktionen (Glykogengehalt, relative Succinatdehydrogenase- und relative myofibrilläre Adenosintriphosphatase-Aktivität) ergeben eine heterogene Faserzusammensetzung des c2-Muskels aus 4 Muskelfasertypen (A, B, C, D). Der apodemale c2-Anteil besteht homogen aus A-Fasern. (3) Messungen mit Laserdiffraktometrie zeigen für die A- und B-Fasern signifikant kürzere Sarkomerlängen als für die C- und D-Fasern. (4) Sodium-Dodecylsulfat-Polyacrylamid-Gelelektrophorese weist als Besonderheit für die A- und B-Fasern eine Paramyosin-Isoform P1 (107 kDa), eine Isoform der leichten Ketten des Myosins LC2 (22 kDa) und vermehrt eine Troponin-Isoform T4 (46 kDa) nach. In den Cund D-Fasern kommt allein eine 43-kDa-Bande und vermehrt eine Troponin-Isoform T2 (50 kDa) vor. (5) Der c2-Muskel der Vorder- und Hinterbeine wird durch einen eigenen Nerv innerviert. Retrograde Anfüllungen („Backfills“) des Nervs mit neuronalen Tracern legen eine polyneurale Innervation des c2-Muskels aller Beine dar, höchstwahrscheinlich jeweils durch 6 Motoneurone. Zwei davon sind jeweils positiv GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) -immunreaktiv; dies ist ein Hinweis auf eine mögliche inhibitorische Innervation des c2-Muskels. (6) Wie Elektromyogramme freilaufender Spinnen zeigen, besteht das Körperanhebeverhalten aus zwei aufeinanderfolgenden Reaktionen: einer lokalen c2-Kontraktion im taktil gereizten Bein, die eine Bewegung im zugehörigen Prosoma-Coxa-Gelenk verursacht, und einer durch diese aktive Bewegung hervorgerufenen plurisegmentalen Reaktion im c2 der übrigen 7 Beine. Wird eine Coxa passiv bewegt, kann auch in festgelegten Spinnen eine plurisegmentale Reaktion aller 8 Beine ausgelöst werden. (7) Sowohl bei der lokalen als auch bei der plurisegmentalen Reaktion des „Körperanhebens“ rekrutiert c2 die gleichen neuromuskulären Einheiten. Dies deutet auf die gleiche zentalnervöse Endstrecke beider Reaktionen hin. Die Anzahl der elektrophysiologisch unterscheidbaren neuromuskulären Einheiten stimmt mit der der anatomisch nachgewiesenen Motoneuronen und Fasertypen überein. (8) Der tergale c2-Anteil ist immer, der apodemale Anteil nur bei schnellem Körperanheben, schnellen Laufstarts und bei Schreckreaktionen (Flucht) der Spinne aktiv. Hierbei rekrutiert der apodemale Teil nur zu Beginn der Verhaltensweise schnelle phasische Einheiten. (9) Ich diskutiere bei welchen Bewegungsweisen der Spinne die 4 Fasertypen vermeindlich zum Einsatz kommen, wie sie höchstwahrscheinlich innerviert werden und welche Konsequenzen die c2-Zweiteilung in den vorderen Beinpaaren (1 - 3) auf die Beinbewegung im Verhalten haben könnte. Am wahrscheinlichsten ist eine verstärkte Druckerhöhung zur Beinextension durch schnelle anfängliche Kontraktionen des „apodemalen Hebels“ und eine vektorielle Kräfteaddition der zwei Muskelteile. (10) Anhang II behandelt den internen Gelenkrezeptor R0 im Prosoma-Coxa-Gelenk. Ausschaltversuche weisen R0 als unentbehrlich für das Zustandekommen der plurisegmentalen Reaktion aus. Lage und Anordnung der R0-Sinneszellen sind in den Beinpaaren 1 - 3 und den Hinterbeinen verschieden.
Das ereigniskorrelierte Potential (EKP) P300 ist eines der am häufigsten untersuchten Potentiale des Elektroenzephalogramms (EEG). Wegen der bedeutsamen Rolle der P300 in der kognitiven Forschung mit gesunden Probanden und psychiatrischen Patienten kommt der Suche nach ihren neuronalen Generatoren ein hoher Stellenwert zu. Man geht im Allgemeinen davon aus, dass sie kein einheitliches Potential darstellt und von mehreren weit verstreuten Quellen generiert wird. Die Fragen nach der genauen Anzahl der P300-Subkomponenten, ihrer Lokalisierung sowie den ihnen zugrunde liegenden kognitiven Prozesse sind jedoch nach wie vor ungelöst. Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war, die P300 mit Hilfe der Kombination vom EEG und der funktionalen Magnetresonanztomografie (fMRT) in ihre Subkomponenten zu untergliedern und deren Quellen zu lokalisieren. Zu diesem Zweck wurden drei kombinierte EEG/fMRT-Studien durchgeführt. Die ersten beiden Studien beinhalten eine abgewandelte Form des klassischen Oddballparadigmas. Bei der dritten Studie handelt es sich um ein Arbeitsgedächtnisexperiment. Durch die Verknüpfung der fMRT-Ergebnisse mit EKP-Daten aus den beiden Oddball-Experimenten konnten die neuronalen Quellen der zwei wichtigsten Subkomponenten der P300, der P3a und P3b, lokalisiert werden. Es konnte gezeigt werden, dass inferiore und posteriore parietale (IPL bzw. PPC) und inferior temporale (IT) Areale zur Entstehung der P3b beitrugen, während hauptsächlich die präzentralen Regionen (PrCS) die P3a generierten. Die Ergebnisse des Arbeitsgedächtnisexperiments bestätigten die P3b-Quellenlokalisierung der Oddball-Untersuchung mit einr Beteiligung von PPC und IT an der Generierung der P3b-Komponente. Das Arbeitsgedächtnisexperiment verdeutlichte aber auch, dass eine komplexere Abrufanforderung (mit langen Reaktionszeiten) zu einer anhaltenden Aktivität im PPC und einer späten Antwort im ventrolateralen präfrontalen Kortex (VLPFC) führte, die eine zweite P3b-Subkomponente generierten. Durch eine umfassende zeitlich-räumliche Trennung der neuronalen Aktivität beim Arbeitsgedächtnisabruf konnten darüber hinaus die einzelnen Stufen der beteiligten Informationsverarbeitungsprozesse (mentale Chronometrie) beschrieben werden. Diese Anwendung ging über die „reine“ Quellenlokalisation der P300-Komponenten hinaus. Die Ergebnisse zeigten frühe transiente Aktivierungen im IT, die sich zeitlich mit dem Beginn einer anhaltenden Aktivität im PPC überlappten. Darüber hinaus wurden eine späte transiente Aktivität im VLPFC und eine späte anhaltende Aktivität im medialen frontalen und motorischen Kortex (MFC bzw. MC) beobachtet. Es liegt nahe, dass diese neuronalen Signaturen einzelne Stufen kognitiver Aufgabenverarbeitungsschritte wie Reizevaluation (IT), Operationen am Gedächtnispuffer (PPC), aktiven Abruf (VLPFC) und Reaktionsorganisation (MFC und MC) reflektieren. Die vorgestellten Quellenmodelle zeigten übereinstimmend, dass mehrere kortikale Generatoren das P300-EKP erzeugen. Dabei trugen neben den erwarteten parietalen interessanterweise auch inferior temporale und inferior frontale Quellen zur P3b bei, während die P3a vor allem auf anterioren Generatoren im prämotorischen Kortex basierte. Diese Ergebnisse bestätigen teilweise die bisherigen Lokalisationsmodelle, die weitgehend auf neuropsychologischen und invasiven neurophysiologischen Befunden beruhen, widersprechen ihnen aber auch zum Teil, besonders was die Abwesenheit der postulierten präfrontalen und hippocampalen Beiträge zur P3a bzw. P3b betrifft.
In den letzten zwei Dekaden wurde die Rolle der RNA in biologischen Prozessen intensiv untersucht. Man erkannte immer deutlicher, dass ihre Funktion über die einfache Vermittlung von Information von der DNA hin zum Protein weit hinausgeht. So spielt sie eine entscheidende Rolle bei der Genexpression und besitzt darüber hinaus auch katalytische Eigenschaften. Die Entdeckung der reversen Transcriptase beim HI-Virus konnte zeigen, dass genetische Informationen nicht nur in Richtung von DNA zu RNA, sondern auch in Entgegengesetzter Richtung übertragen werden kann. Diese Schlüsselrolle in vielen wichtigen biochemischen Prozessen macht die RNA zu einem viel versprechenden Ziel für die Entwicklung neuer Wirkstoffe, um in diese Prozesse eingreifen zu können. RNA bildet eine Vielzahl von stabilen Sekundär- und Tertiärstrukturen aus, die es Proteinen und Antibiotika ermöglicht, sie zu adressieren. Die bis heute wohl mit Ausnahme des Ribosoms und der tRNAs am besten aufgeklärte Struktur einer RNA ist die der HIV TAR-RNA (transaktivierende Region). Ein essentieller Bestandteil für die virale Genexpression ist die so genannte TAR-RNA. Diese befindet sich am 5-Ende aller viraler Transcripte und bildet eine aus 59 Basen bestehende stem-bulge-loop hairpin Struktur. Diese tritt in Wechselwirkung mit dem tat-Protein. Die Grundlage für die Erkennung des hierbei entstehenden Komplexes ist eine Wechselwirkung von tat mit der bulge- und loop-Region von TAR. Durch Interaktion mit der loop- Region kommt es zur Ausbildung eines CyclinT1/tat Komplexes, der im weiteren dafür verantwortlich ist, dass sich die Rate der Transkription um das mehrere hundertfache erhöht. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Liganden zu synthetisieren, die spezifische Bindungen mit der TAR-RNA aus HIV-1 eingehen. Durch eine solche Bindung ist es möglich, den viralen Replikationszyklus zu unterbrechen. Ausgehend von einem relativ rudimentären Design, basierend auf dem Arginin-Fork-Model von Frankel, gelang es, mit Triaminopyrazol und verschiedenen seiner Derivaten dieses Ziel zu erreichen. Nach erfolgreicher Synthese der Zielstrukturen wurden diese in einem FRET-Assay im Hinblick auf ihre Affinität zu der TAR-RNA getestet. 3,4,5-Triaminopyrazol übertraf trotz seiner geringen Größe und Ladung mit einem IC50-Wert von 30 µM die Werte vieler tetrakationischer Tripeptide (FRET). Nach erfolgreicher Bestimmung der TAR-Affinität von Triaminopyrazol wurde seine Wirkung auf HIV-infizierte Hela P4-Zellen untersucht, die ein Tat-TAR-kontrolliertes Reportergen exprimierten. Dabei zeigte Triaminopyrazol eine Inhibierung mit IC50 = 50 µM. Bis zu einer Konzentration von 500 µM traten hierbei keine toxischen Effekte auf. Dies legt die Vermutung nahe, dass es sich bei Triaminopyrazol tatsächlich um einen tat- Antagonisten handelt. Ebenso konnte gezeigt werden, dass die Wirkung von Triaminopyrazol nicht die eines Entryinhibitors ist, sondern dass die Verbindung in der Lage ist, die Zellmembran zu durchdringen.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Generierung virtueller Organismen respektive mit der dreidimensionalen Nachbildung anatomischer Strukturen von Pflanzen, Tieren, Menschen und imaginärer Wesen per Computer. Berücksichtigt werden dabei sowohl die verschiedenen Aspekte der Visualisierung, der Modellierung, der Animation sowie der Wachstums-, Deformations- und Bewegungssimulation. Dazu wird zuerst eine umfassende State-of-the-Art-Analyse konventioneller Methoden zur Organismengenerierung durchgeführt. Im Laufe dieser Analyse werden die Defizite herkömmlicher Verfahren aufgezeigt und damit eine gezielte Anforderungsanalyse für neue Verfahren erstellt. Mit Hilfe dieser Anforderungsanalyse wurde nach neuen Lösungsansätzen gesucht. Besonders hilfreich hat sich in diesem Zusammenhang die Frankfurter Organismus- und Evolutionstheorie erwiesen. Gemäß dieser Theorie stellen Organismen aus biomechanischer Sicht komplexe hydropneumatische Konstruktionen dar. Ihre Körperformen und Bewegungen werden weitgehend durch stabilisierende, kräfteerzeugende und kräfteübertragende Strukturen generiert, die den Gesetzen der klassischen Hydropneumatik folgen. So entstand die Idee, Organismen auf der anatomischen Ebene als eine komplexe Hierarchie unterschiedlicher hydropneumatischer Einheiten anzusehen, welche mechanisch miteinander interagieren. Diese Sichtweise liefert die Grundlage für ein neues biologisches Simulationsmodell. Es erlaubt der Computergraphik, sowohl die Form eines Organismus zu beschreiben als auch sein Verhalten bezüglich seiner Bewegungsabläufe, seiner evolutionären Formveränderungen, seiner Wachstumsprozesse und seiner Reaktion auf externe mechanische Krafteinwirkungen numerisch zu simulieren. Aufbauend auf diesem biologischen Simulationsmodell wurde ein neues Verfahren (Quaoaring) entwickelt und implementiert, das es erlaubt, beliebige organische Einheiten interaktiv in Echtzeit zu modellieren. Gleichzeitig ermöglicht dieses Verfahren die Animation von Bewegungen, Wachstumsprozessen und sogar evolutionären Entwicklungen. Die Animation verhält sich dabei im Wesentlichen biologisch stringent, z.B. wird das interne Volumen während komplexer Bewegungsabläufe konstant gehalten. Die größte Stärke der neuen Modellierungs- und Animationstechnik ist die holistische Verschmelzung des biologischen Simulationsmodells mit einem computergraphischen Geometriemodell. Dieses erlaubt dem Modellierer, biologische Konzepte für die Beschreibung der Form und anderer Attribute einer organischen Einheit zu verwenden. Darüber hinaus ermöglicht es die Animation des geometrischen Modells durch einfache Parameterspezifikation auf einer hohen Abstraktionsebene. Dazu wird ein utorenprozess beschrieben, wie Quaoaring für Modellierungs- und Animationszwecke verwendet werden kann. Es werden Aspekte der prototypischen Implementierung der Quaoaringtechnologie behandelt und über die Ergebnisse berichtet, die bei der Implementierung und der Anwendung dieses Softwareframeworks gewonnen wurden. Schließlich wird die Quaoaringtechnologie in ihrem technologischen Kontext beleuchtet, um ihr Zukunftspotential einzuschätzen.
Das Hepatitis C Virus (HCV) ist Auslöser einer oftmals chronisch verlaufenden Leberentzündung mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose und deren Folgen. Die weltweite Prävalenz der Hepatitis C beträgt ca. 3%; allein in Deutschland treten jährlich mehr als 5000 Neuinfektionen auf. Das HCV lässt sich aufgrund phylogenetischer Untersuchungen in mindestens 6 Genotypen und jeweils mehrere Subtypen einteilen, wobei der HCV Subtyp 1b in Europa am häufigsten vorkommt. Die Hepatitis C Forschung wurde lange Zeit durch das Fehlen eines geeigneten Zellkulturmodells erschwert. Mit der Etablierung eines stabil replizierenden Zellkulturmodells in humanen Hepatomazellen 1999 durch Lohmann et al. wurden erstmals molekularbiologische Untersuchungen in grossem Umfang möglich. Die seither existierenden Zellkulturmodelle haben jedoch den Nachteil, dass nicht definiert ist, wie sich das Isolat, aus dem das Replikon geschaffen wurde, klinisch verhält. Unter einer Interferon-basierten Therapie sprechen manche Patienten mit einer dauerhaften Negativierung der HCV RNA Konzentration an (sustained responder, SR), während bei anderen sowohl während als auch nach Therapieende weiterhin HCV RNA im Blut nachweisbar ist (non-responder, NR), obwohl beide Patienten mit demselben Subtyp von HCV infiziert sind und dieselbe Therapie erhalten. Die Ursachen für dieses unterschiedliche Therapieansprechen sind basierend auf Mutationsstudien von HCV Isolaten von Patienten mit unterschiedlichem Therapieansprechen zumindest teilweise genomisch bedingt. Daher wurden in der vorliegenden Arbeit zwei Konsensusklone zur Einbringung in ein replikatives Zellkulturmodell aus HCV Subtyp 1b Isolaten geschaffen, deren klinisches Verhalten unter Therapie klar charakterisiert ist. Dazu wurde Serum von je einem Patienten herangezogen, der unter definierten Studienbedingungen als SR oder NR bekannt war. Aus den Sera wurde die Virus-RNA extrahiert und mit Hilfe eines eigens dafür entwickelten RT-PCR-Protokolls und anschließender Klonierung in E. coli vervielfältigt. Um zufällige Mutationen und seltene Quasispezies auszuschließen, wurde dann nach vollständiger Sequenzierung von jeweils vier Einzelklonen mittels gezielter Mutagenese und Umklonierung eine Konsensussequenz geschaffen, die einen Durchschnitt der am häufigsten vorkommenden Quasispezies darstellt. Diese Konsensusklone wurden in einen Vektor zur Herstellung von RNA Transkripten eingefügt, so dass die Transkripte direkt zur Einbringung als Replikons in Zellkulturen genutzt werden können. Mit diesen klinisch charakterisierten Isolaten kann nun erstmals nach Unterschieden geforscht werden, die ursächlich für Therapieerfolg oder –misserfolg sein könnten. So können eventuell neue Therapieformen gefunden oder bereits vor Beginn einer Therapie eine Aussage zur Prognose getroffen werden.
Die postnatale Neovaskularisierung ist eine wichtige Vorraussetzung um Gewebe vor kritischer Ischämie zu schützen. Eine der Grundlagen dieses Prozesses bilden die Angiogenese, bei der neue Kapillaren durch Proliferation und Migration von Endothelzellen aus bereits vorhandenen Blutgefäßen entstehen. Ein zweiter Eckpfeiler ist die Vaskulogenese, die unter anderem durch zirkulierende endotheliale Vorläuferzellen (EPC) vermittelt wird. Homeobox-Gene der Klasse 1 (Hox) sind Transkriptionsfaktoren, die während der Embryonalentwicklung an der Organogenese und der Entwicklung des kardiovaskulären Systems beteiligt sind. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Homeobox-Proteine auch im adulten Organismus bei der transkriptionellen Regulation von Genen der Angio- und Vaskulogenese eine wichtige Rolle spielen. Die in dieser Arbeit vorliegenden Ergebnisse zeigen eine essentielle Rolle von HoxA9 für die postnatale Neovaskularisierung sowie für die funktionelle Integrität von Endothelzellen und endothelialen Progenitorzellen. HoxA9-defiziente Mäuse hatten einen signifikant verringerten Blutfluss nach einer Hinterlauflauf-Ischämie. Für die reduzierte Neovaskularisierung des ischämischen Gewebes, genügte der Verlust eines einzigen HoxA9-Wildtypallels. Außerdem zeigen HoxA9-defiziente Endothelzellen in vitro eine stark gehemmte Migration sowie eine verringerte Gefäßstrukturbildung. Zusätzlich war auch deren Interaktion mit EPC im Matrigel verschlechtert. Eine Bestätigung dieser Beobachtung zeigten Untersuchungen an endothelialen Vorläuferzellen, die ebenfalls einen Verlust angiogener Funktionen bei verminderter HoxA9-Expression aufwiesen. Neben der postnatalen Neovaskularisierung konnten erste Untersuchungen embryonaler Allantois zeigen, das HoxA9 vermutlich auch in der embryonalen Gefäßbildung beteiligt ist. Diese Theorie wird durch eine nicht-Mendelsche Verteilung der postnatalen Genotypen nach Kreuzung heterozygoter HoxA9-Mäuse unterstützt. Als molekulare Ursachen der Hemmung angiogener Funktionen bei Endothelzellen, konnte die Regulation verschiedener Gene nachgewiesen werden. So ist HoxA9 für die Expression der endothelialen Stickstoffmonoxidsynthase (eNOS), des VEGF-Rezeptors 2 (VEGF-R2), der Adhäsionsmoleküle VE-Cadherin und Integrin v3 sowie des EphB4-Rezeptors von essentieller Bedeutung. Diese von HoxA9 regulierten Gene spielen für die Angio- und Vaskulogenese alle eine entscheidende Rolle. Der EphB4-Rezeptor, die eNOS und der VEGF-R2 werden durch eine direkte Bindung von HoxA9 an den jeweiligen Promotor auf transkriptioneller Ebene reguliert. Bei den Genen Integrin v3 und VE-Cadherin erfolgt die Regulation durch HoxA9 indirekt über andere Gene oder posttranskriptionell. Zusätzlich zum Nachweis der Kontrolle der Genexpression, konnte für den EphB4-Rezeptor nachgewiesen werden, dass dieser von großer Bedeutung für die HoxA9-regulierte Migration ist. Außerdem besitzt der EphB4-Promotor eine für die Regulation der EphB4-Expression durch HoxA9 wichtige Bindungsstelle. In weiteren Versuchen konnte gezeigt werden, dass HoxA9 Schubspannungs-abhängig reguliert wird und dabei auch in die Regulation der Schubspannungs-induzierten Migration und die Schubspannungs-abhängige Expression der untersuchten Zielgene von HoxA9 eingreift. Zusammenfassend zeigen die hier vorgestellten Daten, dass HoxA9 endotheliale Gene vielfältig reguliert, eine entscheidende Rolle bei der Modulation verschiedener endothelialer Funktionen spielt und essentiell für die postnatale Neovaskularisierung ist.
Als Voraussetzung für die experimentellen Arbeiten wurde am Mineralogischen Institut in Frankfurt eine Hochdruckpresse mit einer Multi-Anvil-Apparatur vom Walker-Typ aufgebaut und kalibriert. Diese Arbeiten nahmen einen beträchtlichen Teil der Promotionszeit ein. In einer Reihe von Hochdruck-Experimenten wurde dann die maximale Löslichkeit von Aluminium und den Seltenerd-Elementen Lanthan, Gadolinium und Lutetium in den Phasen des CaSiO3-Systems im Druckbereich zwischen 2.0 und 13.0 GPa untersucht. Unsere Experimente ergaben eine Zunahme der maximalen Löslichkeit mit steigendem Druck, von Wollastonit über Ca-Walstromit, Larnit + Si-Titanit bis Ca-Perowskit. Ca-Perowskit zeigt extrem hohe SEE-Konzentrationen mit einem Maximum bei den mittleren SEE. In den anderen Phasen nimmt die Löslichkeit mit zunehmender Kompatibilität der SEE zu. Innerhalb der Stabilitätsfelder zeigte sich keine signifikante Druck- oder Temperatur-Abhängigkeit der maximalen Löslichkeit. Anhand der Mikrosonden-Analysen konnte gezeigt werden, dass der Einbau von Al und SEE in Ca-Walstromit nicht über eine gekoppelte Substitution erfolgt, sondern wahrscheinlich über eine Defektstruktur. Dies deckt sich mit unseren TEM-Untersuchungen an diesen synthetischen Produkten, die eine hohe Dichte an planaren Baufehlern mit leicht erhöhten SEE-Konzentrationen ergaben. In allen Ca-Silikat-Phasen lag die maximale Löslichkeit der Seltenen Erden höher als die Konzentration in natürlichen Proben. Damit steht fest, dass die in Einschlüssen gemessenen SEE-Gehalte „primär“ sind und sich nicht durch etwaige Entmischungen im Zuge einer Anpassung der Kristallstruktur an die veränderten P,T-Bedingungen verändert haben. Entmischungen in Form einer SEE-reichen Phase würden eine an LSEE extrem angereicherte Quelle voraussetzen. Ein Vergleich unserer Subsolidus-Experimente mit CaSiO3-Einschlüssen in Diamanten aus Guinea zeigt, dass einige mit bis zu 0.13 Gew.% Al2O3 an Aluminium gesättigt sind. Diese Tatsache ist besonders interessant bei der Interpretation Alhaltiger Einschlussphasen. Neben absoluten Spurenelement-Konzentrationen sind Verteilungskoeffizienten äußerst wertvolle Hilfsmittel bei der Bewertung natürlicher Proben. Die in der Literatur bestehenden Datensätze wurden mit unseren Kristall/Schmelz-Verteilungskoeffizienten bzw. Verteilungskoeffizienten zwischen Ca-Silikatphasen erweitert. Verteilungskoeffizienten der Seltenerd-Elemente zwischen Ca-Walstromit und Karbonat sind um eine Größenordnung höher als Ca-Walstromit/Schmelz-Verteilungskoeffizienten und zeigen eine größere Steigung zwischen den MSEE und den SSEE (Lu/Gd). Die Seltenen Erden verhalten sich sowohl in Larnit als auch in Si-Titanit inkompatibel, wobei DX/L La für Larnit etwa 0.1 und für CaSi2O5 etwa 0.002 ist, d.h. auch, dass die LSEE im Vergleich zu Si-Titanit bevorzugt in Larnit eingebaut werden. Al verhält sich in Si-Titanit Zusammenfassung 147 kompatibel (DX/LAl=4) und in Larnit leicht inkompatibel. Diese Ergebnisse decken sich mit Analysen an natürlichen Proben. Die SEE-Verteilungskoeffizienten zwischen Ca-Perowskit und Schmelze liegen mit Ausnahme von La über eins und zeigen in Übereinstimmung mit Literaturdaten ein Maximum bei Gd. Für Granat konnte gezeigt werden, dass der Einbau der SEE und Si in MgO-haltigen Kristallen in Abhängigkeit von Druck und Startzusammensetzung über eine Ca SEE2 Mg2 Si3O12- Komponente bzw. über eine Ca3 MgSi Si3O12-Komponente mit 6-fach koordiniertem Silizium erfolgt. In zahlreichen Experimenten kristallisierte eine neue Ca-SEE-Silikat-Phase mit Feldspat-Stöchiometrie. Dabei handelt es sich offenbar um ein Mischkristallsystem mit einem Endglied, in das vorwiegend die leichten SEE eingebaut werden und in einem zweiten mit vorwiegend schweren SEE. Ab einem Druck von etwa 10.0 GPa trennt ein Solvus die beiden Endglieder voneinander. In der Literatur ist bisher nur ein CaLa2Si2O8-Endglied beschrieben worden. In einigen Experimenten mit P und Li wurde zusätzlich untersucht, ob diese Elemente zur Rekonstruktion der Bildungsbedingungen von Diamanten verwendet werden können. Dabei zeigte sich, dass die max. Löslichkeit von Li in CaSiO3 näher an den natürlichen Probenzusammensetzungen liegt und damit möglicherweise Potential für die Rekonstruktion von Bildungsbedingungen hat. In einem weiteren Teil dieser Arbeit wurde die Kinetik retrograder Reaktionen im CaSiO3-System untersucht. Die für die In-Situ-Experimente mit Synchrotron-Strahlung notwendigen Versuchsaufbauten wurden von uns entwickelt und die entsprechenden Entwicklungsschritte und technischen Probleme ausführlich beschrieben. Anhand von Entlastungsexperimenten wurden die Disproportionierung von Ca-Perowskit zu Larnit + Si-Titanit und die Rekombination zu Ca-Walstromit bei unterschiedlichen Temperaturen und unter dem Einfluss von Wasser untersucht. Aufgrund der wenigen verwertbaren Daten, die uns vorliegen, konnten zwar keine Aktivierungsenergien berechnet werden, es sind aber aufgrund unser Beobachtungen folgende Feststellungen zu treffen: Die Reaktion von Ca-Perowskit zu Larnit + Si-Titanit erfolgt bei gleicher Temperatur offenbar um Größenordnungen schneller als die sich bei niedrigen Drucken anschließende Rekombination zu Ca-Walstromit. Dies deckt sich mit Beobachtungen an natürlichen Proben, bei denen Larnit und Si-Titanit teilweise unvollständig zu Ca-Walstromit reagierten. Dadurch erscheint es eher unwahrscheinlich, dass amorphes CaSiO3 in Diamanten ein direktes Umwandlungsprodukt von Ca-Perowskit ist. Aber auch für die in der Literatur beschriebene Amorphisierung von Ca-Walstromit-Einschlüssen (Stachel 2000) noch innerhalb des umgebenden Diamanten ließ sich durch unsere In-Situ-Entlastungsexperimente nicht stützen. Eine Amorphisierung von Ca-Walstromit beobachteten wir nur bei einer Untersuchung am TEM, wo die Phase sehr instabil war und selbst in einem Kryohalter rasch unter dem Einfluss der Elektronenstrahls amorphisierte. Die Beugungs-Spektren, die nach einer Druckentlastung im Ca-Walstromit-Stabilitätsfeld aufgenommen wurden, unterschieden sich trotz der CaSiO3-Chemie der neu gebildeten Phase deutlich von unseren Ca-Walstromit-Referenz-Spektren, so dass die Umwandlung möglicherweise über eine metastabile Zwischenstufe erfolgt. Vor dem Hintergrund von unterschiedlichen, in der Literatur beschriebenen Strukturtypen von Ca-Walstromit wäre eine systematische Untersuchung der Struktur innerhalb des gesamten Stabilitätsfeldes wichtig.
Screening und Charakterisierung von Peptidliganden für den BCR-ABL mRNA Translokationsbereich
(2005)
Die reziproke Translokation t(9;22) ist in 95% der chronischen myeloischen Leukämie vorhanden. Bei der Translokation entsteht ein Fusionsprotein BCR-ABL, welches ausreichend für die Entstehung von Leukämien ist. 30% aller akuten lymphatischen Leukämien sind ebenfalls positiv für diese Translokation. Durch die Translokation entsteht am Translokationsbruchpunkt eine einzigartige RNA-Sequenz, welche als Ziel für eine RNA-Liganden Suche dienen kann. Ziel dieser Arbeit war es, Peptidliganden zu finden, welche die BCR-ABL mRNA binden können. Zunächst wurde die bcr-abl mRNA nach Sekundärstruktur-Elementen durchsucht, welche als Interaktionspartner mit Peptiden in Fragen kommen. Hierzu wurde die BCR-ABL mRNA durch das MFold-Programm von Zuker analysiert. Durch die Auswertung der errechneten Diagramme für die thermodynamische Stabilität und die kinetische Prävelanz der Basenpaarinteraktion, wurden zehn verschiedene BCR-ABL mRNA-Bereiche ausgewählt, welche die Möglichkeit besitzen, sich in stabile Sekundärstruktur-Elemente zu falten. Um diese strukturellen Gegebenheiten am BCR-ABL Translokationsbruchpunkt b2a2 im Experiment zu überprüfen, wurden in Kooperation mit Prof. Göbel und Dr. Scheffer RNase-Mapping und Mapping mit einer künstlichen Nuklease durchgeführt. Es konnte im Experiment das Vorhandensein einer Sekundärstruktur nachgewiesen werden. Diese Struktur wird aus einem Stamm mit einer Fehlpaarung, einem asymmetrischen internen Loop, einem weiteren Stamm und durch einen Loop definiert. Gegen diese b2a2-Struktur und gegen neun weitere mRNA-Bereiche wurde eine Phage-Display-Selektion durchgeführt, welche zum Ziel hat, Peptide zu gewinnen, welche die entsprechende RNA-Struktur spezifisch binden können. Nach der Sequenzierung der Phagen, konnten insgesamt 14 verschiedene Peptid-Sequenzen für die zehn unterschiedlichen RNA-Bereiche gefunden werden, welche die Möglichkeit besitzen, mit der jeweiligen Ziel-RNA zu interagieren. Die Phagen-RNA Interaktion wurde durch Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie ermittelt. Bei dieser Meßmethode werden Diffusionszeiten von markierten Molekülen in Lösung bestimmt. Zwei von den 14 Phagen-Präsentierten-Peptiden zeigen eine Interaktion mit der Ziel RNA. Die gefundenen Peptide besitzen die folgenden AS-Sequenz: das Peptid 12, KHLHLHK und das Peptid 14, NPEKVKMLYVEF. Die Interaktion mit der RNA wurde in nicht kompetitiven und in kompetitiven FCS Experimenten gezeigt. Kompetiert wurde die Phagen-RNA Interaktion mit kompetitor RNA und in einem weiteren Experiment mit den synthetisierten Peptiden. Beide Peptide zeigten im FCS eine Interaktion mit dem b2a2 BCR-ABL Translokationsbruchpunkt. Die kD-Werte der Peptid-RNA Interaktion wurde durch CDTitration ermittelt. Peptid 12 bindet die b2a2-RNA mit einem kD-Wert von 42 μM und Peptid 14 bindet diese RNA mit einem kD-Wert von 52 μM. Durch die CD-Titration wurde auch der Interaktionsort der beiden Peptide mit der b2a2-RNA ermittelt. Ausgehend von unserem b2a2-Strukturmodell, wurden RNA-Mutanten generiert und in Gegenwart von den Peptiden CD-Spektrometrisch untersucht. Die Interaktion von Peptid 12 mit der RNA findet am Loop und am oberen Stamm statt. Das längere Peptid 14 benötigt alle b2a2-RNA Strukturmerkmale, außer dem unteren Stamm, zur Interaktion. Der Einfluß der Peptide auf die Translation wurde durch ein In-vitro-Translationssystem ermittelt. Demnach bindet Peptid 14 an die b2a2-RNA-Struktur und verringert auf diese Weise die Translation. Peptid 12 bindet zwar ebenfalls an die b2a2-RNA, jedoch konnte eine Verringerung der Translation bei diesem Peptid nicht beobachtet werden.