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Zur Phänomenologie der Obduktionen im Zentrum der Rechtsmedizin in Frankfurt am Main 1999 - 2001
(2008)
Die Arbeit enthält eine statistische Auswertung des Sektionsgutes des Zentrums der Rechtsmedizin in Frankfurt/Main von 1999-2001. Durch den Abgleich von Sektionsprotokollen mit den in das Programm Obduktio (MÜLLER und BRATZKE, 1993) eingegebenen Daten, konnte zusätzlich eine institutsinterne Fehleranalyse der Dateneingabe erfolgen. In den Jahren 1999-2001 verzeichnete das Zentrum der Rechtsmedizin in Frankfurt/Main insgesamt 3.956 Leichendurchgänge, bei denen in 2.689 Fällen (68,0%) eine Obduktion durchgeführt wurde. Beim Gesamtleichendurchgang überwog mit 2.514 Leichen (63,6%) der männliche Anteil deutlich gegenüber 1.438 weiblichen Leichen (36,4%). Das Durchschnittsalter aller eingelieferten Leichen betrug 56,4 Jahre, das der Obduzierten 52,9 Jahre. Der größte Teil der Obduktionen (1.822) ging auf gerichtliche Anordnungen zurück. Außerdem wurden 786 Feuerbestattungssektionen, 40 Privatsektionen, 26 Transplantations-, neun Verwaltungs- und sechs Versicherungssektionen durchgeführt. Die Kategorie "Sonstige" beinhaltete 43 Fälle, die nicht obduziert wurden. Bei 1.224 Leichen fand lediglich eine Besichtigung statt. Bezüglich der Todesart ergab sich bei 1.285 Obduktionen (47,8%) ein natürlicher und in 1.205 Fällen (44,8%) ein nichtnatürlicher Tod. Bei 161 Todesfällen (6,0%) blieb die Todesart unklar und 38-mal (1,4%) lag eine kombinierte (natürlich und nichtnatürlich) Todesart vor. Die häufigste natürliche Todesursache stellten die Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar (60,6%). Das Durchschnittsalter der natürlich verstorbenen Personen lag mit 60,0 Jahren deutlich über dem der nichtnatürlichen Todesfälle (45,6 Jahre). An erster Stelle der Todesumstände nichtnatürlicher Todesarten standen mit 363 Fällen (30,1%) Selbsttötungen (69,1% Männer und 30,9% Frauen). Die häufigste Form des Suizids war die Strangulationsmethode durch Erhängen (28,4%), gefolgt von Vergiftungen (22,0%) und Tod durch "stumpfe Gewalt" (20,1%). Durch Unglücksfälle kamen 316 Personen (26,2%) ums Leben. Hierunter befanden sich vor allem Drogentote (157 Fälle; 80,9% Männer). Verkehrsunfälle stellten mit 245 Verstorbenen (20,3%; 71,0% Männer) die dritthäufigste Gruppe dar. Den größten Anteil hatten hierbei Kfz-Fahrer (62 Fälle; 88,7% Männer). Kfz-Insassen waren am zweithäufigsten betroffen (46 Fälle; 58,7% Frauen). Fußgänger wurden in 44 Fällen in einen Verkehrsunfall mit letalem Ausgang involviert (54,5% Männer). Die 21-30-jährigen Verkehrsunfallopfer hatten mit 42 Personen (17,1%) den größten Anteil. Die am häufigsten zum Tode führende Verletzung war das Polytrauma (51,0%), gefolgt von Schädel-Hirn-Traumata (29,0%). Zu einer Untersuchung der Blutalkoholkonzentration kam es in 146 Fällen: 29,2% der Männer und 17,5% der Frauen wiesen zum Unfallzeitpunkt einen Wert von mindestens 0,03% auf. Durch ein Tötungsdelikt starben insgesamt 142 Personen (57,0% Männer), was einem Anteil von 11,8% an allen nichtnatürlichen Todesfällen entsprach. Bei der Klassifikation der Tötungsdelikte stellten Mord und Totschlag die häufigsten Delikte dar (71,1%). Die meisten Opfer (19,7%) waren zwischen 41-50 Jahre alt (57,1% Männer). Die Daten für die Jahre 1999-2001 zeigten einen deutlichen Rückgang der Tötungsdelikte um 33,3%. Bei Haushaltsunfällen kamen 52 Personen (55,8% Männer), und bei Arbeitsunfällen 47 Menschen (davon eine Frau) ums Leben. Des Weiteren lagen 19 Fälle (73,7% Frauen) von ärztlichen Kunst- oder Behandlungsfehlern und acht Sportunfälle (100,0% Männer) vor. In 13 Fällen blieb der Todesumstand unklar. Der Vergleich des Sektionsgutes mit den offiziellen Sterbestatistiken der Stadt Frankfurt/Main zeigte, dass im Betrachtungszeitraum durchschnittlich 6,4% der verstorbenen Bürger Frankfurts im Zentrum für Rechtsmedizin obduziert wurden. Von 1999-2001 nahm die Zahl verstorbener Frankfurter Bürger um insgesamt 3,5% ab. Auch die Zahl der obduzierten Leichen aus dem Einzugsgebiet Frankfurt verminderte sich konstant, jedoch wesentlich deutlicher, nämlich um 49,3%. Durch eine nichtnatürliche Todesursache verstarben 910 in Frankfurt gemeldete Personen, von denen 39,7% zur Obduktion gebracht wurden. Von 17.808 natürlichen Todesfällen wurden 4,2% obduziert. Das Durchschnittsalter der verstorbenen Frankfurter Bürger lag bei 75,3 Jahren, während obduzierte Frankfurter nur ein Durchschnittsalter von 60,1 Jahren erreichten. Die institutsinterne Auswertung der fehlerhaften Eingaben in das Datenerfassungsprogramm Obduktio zeigte, dass die häufigsten Eingabefehler das Sterbedatum betrafen (15,0% bezogen auf den Gesamtleichendurchgang), dass dieses jedoch für die Datenanalyse als eher unwichtig einzustufen ist. Ein für die Filterung hingegen sehr wichtiges Kriterium wie die Todesart ("natürlich"/"nichtnatürlich") oder die Sektionsart wurden zu 2,8% bzw. 2,0% falsch eingegeben.
Einleitung: Die Obduktion nimmt einen wichtigen Stellenwert in der Medizin ein, da sie nicht nur der Klärung der Todesart und -ursache eines Verstorbenen dient, sondern auch zum Verständnis der Pathophysiologie von Erkrankungen beiträgt. In diesem zweiten Teil der Studie wurden aktuelle Normwerte für das Gewicht für die folgenden adulten Organe entwickelt: Leber, Lunge, Milz, Nieren. Zudem wurden Zusammenhänge zwischen Organgewichten und der Todesart untersucht. Material und Methoden: Die im Dreijahreszeitraum von 2011 bis 2013 im Institut für Rechtsmedizin in Frankfurt am Main durchgeführten Obduktionen wurden retrospektiv ausgewertet. Die statistischen Berechnungen erfolgten mithilfe des Programmes „BiAS. für Windows“ (epsilon-Verlag GbR, Hochheim-Darmstadt, Deutschland). Ergebnisse: Folgende Normwerte bzw. -bereiche wurden an der Studienpopulation erhoben: Leber 1047,0–2740,0 g (♂, n = 191) bzw. 749,0–2182,0 g (♀, n = 115), linke Lunge 230,0–840,0 g (♂, n = 119) bzw. 186,8–891,3 g (♀, n = 97), rechte Lunge 249,3–1005,8 g (♂, n = 116) bzw. 215,3–907,5 g (♀, n = 100), Milz 55,0–373,2 g (♂, n = 306) bzw. 50,0–355,0 g (♀, n = 204), linke Niere 110,0–255,0 g (♂, n = 258) bzw. 71,8–215,0 g (♀, n = 137), rechte Niere 100,0–270,0 g (♂, n = 266) bzw. 75,0–212,1 g (♀, n = 140). Für die am stärksten mit Organgewichten korrelierenden Körpermaße, nämlich Body-Mass-Index (BMI), Körperoberfläche („body surface area“, BSA) und Körpergewicht, wurden nach Subgruppen getrennte Normwerte ermittelt. Ein signifikanter Unterschied des Organgewichtes je nach Todesart lag bei Männern bei der Milz und bei den Nieren vor. Bei Frauen war bei keinem der Organe ein von der Todesart abhängiger signifikanter Gewichtsunterschied feststellbar. Außerdem wurden Organindizes entwickelt, mittels derer der Anwender berechnen kann, ob ein Organgewicht, Körpermaßen bzw. Alter entsprechend, im Normbereich liegt. Diskussion: Organgewichte unterliegen wie Körpermaße einem säkularen Trend, welcher jedoch nicht linear und für jedes Organ individuell verläuft. Für die Auswertung von Organgewichten im Rahmen der Obduktion werden deshalb aktuelle, an einer vergleichbaren Population erhobene Normtabellen benötigt. Bei deren Erstellung können sowohl Fälle mit natürlichem als auch mit nichtnatürlichem Tod unter weitestgehendem Ausschluss pathologisch veränderter Organe herangezogen werden.
Hintergrund: In Frankfurt am Main (~750.000 Einwohner) wird die erste Leichenschau im Auftrag der Polizei tagsüber durch einen dafür eingerichteten rechtsmedizinischen Dienst vorgenommen. Nachts und am Wochenende führen diese Tätigkeit Ärzte des ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) der kassenärztlichen Vereinigung durch. Material und Methoden: Für das Jahr 2019 wurden die im Rahmen dieser ersten Leichenschauen ausgestellten Leichenschauscheine hinsichtlich der attestierten Todesart ausgewertet und die Ergebnisse mit denen einer ggf. im Nachgang durchgeführten Sektion, inklusive Zusatzuntersuchungen, verglichen. Von den Ärzten des ÄBD konnten 461 Leichenschauen in die Auswertung eingeschlossen werden, davon erfolgte in 76 Fällen eine Obduktion. Im Nachgang der 364 rechtsmedizinischen Leichenschauen wurden 78 Obduktionen durchgeführt. Ergebnisse: Veränderungen in der Todesart nach Sektion ergaben sich für die Leichenschauen des ÄBD in 57, bei den rechtsmedizinischen Leichenschauen in 49 Fällen, wobei insbesondere eine bei Leichenschau attestierte ungeklärte Todesart in einen natürlichen Tod spezifiziert werden konnte. Nach der Obduktion fanden sich bei den rechtsmedizinischen Leichenschauen 8 Fälle, bei denen des ÄBD 19 Fälle eines nichtnatürlichen (statt weiterhin ungeklärten) Todes. Bei den rechtsmedizinisch beschauten Fällen änderte sich zudem nach der Sektion in einem Fall die Todesart von natürlich zu nichtnatürlich, bei denen des ÄBD kam es in einem Fall zu einer Änderung von nichtnatürlich zu natürlich. Diskussion: Die Veränderung bzw. Spezifizierung der Todesart nach der Sektion beider Kollektive verdeutlicht, wie wichtig eine Steigerung der Sektionsrate wäre, und dass auch bei professioneller Durchführung der Leichenschau das Erkennen der Todesart Probleme bereitet.