Refine
Year of publication
- 2010 (25) (remove)
Document Type
- Doctoral Thesis (25) (remove)
Language
- German (25) (remove)
Has Fulltext
- yes (25)
Is part of the Bibliography
- no (25) (remove)
Keywords
- MALDI-MS (3)
- Nanopartikel (2)
- Proteolyse (2)
- Proteomics (2)
- Schmerz (2)
- 5-lipoxygenase (1)
- Acetylcholin (1)
- Albumin (1)
- Aldosteron (1)
- Aldosteronantagonist (1)
Institute
- Pharmazie (25) (remove)
I-kappaB-Kinase epsilon - ein neues Zielprotein für die Pharmakotherapie bei Schmerz und Entzündung?
(2010)
Der Transkriptionsfaktor NF-kappaB spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation von Immunantworten, Apoptose und Entzündungen sowie bei der Entstehung und Verarbeitung von Schmerzen. Ein pharmakologischer Eingriff in die NF-kappaB-Aktivierungskaskade könnte daher eine Schmerzhemmung bewirken und so Ansätze für die Entwicklung neuer Therapien für pathophysiologische Schmerzen liefern. Die NF-kappaB-Signalübertragungskaskade bietet verschiedene Angriffspunkte für Pharmaka, wobei zurzeit IkappaB Kinasen (IKK) als hoffnungsvolle Zielmoleküle im Fokus der Untersuchungen stehen. Verschiedene IKKs regulieren die Aktivität von NF-kappaB über die Phosphorylierung des inhibitorischen Proteins IkappaB oder über die direkte Phosphorylierung von NF-kappaB. In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle der neu entdeckten IKK epsilon bei der Schmerzentstehung und -verarbeitung sowie deren Eignung als neues Zielmolekül für die Schmerztherapie näher untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass IKK epsilon konstitutiv in Geweben der Maus, welche an der Entstehung und Verarbeitung von Schmerzen beteiligt sind, exprimiert ist. Im Rückenmark konnte die Lokalisation von IKK epsilon in den schmerzrelevanten Laminae I und II des Dorsalhorns nachgewiesen werden und auch in den Hinterwurzelganglien (Dorsal Root Ganglia (DRG’s)) war IKK epsilon in kleinen, nozizeptiven Neuronen exprimiert. Nach peripherer entzündlich-nozizeptiver Stimulation mit Formalin oder Zymosan kam es im Lumbalmark und den DRG’s zu einem signifikanten Anstieg der IKK epsilon-Expression sowohl auf mRNA- als auch auf Proteinebene. Diese Beobachtungen machten eine Beteiligung von IKK epsilon an der Prozessierung von Schmerz sehr wahrscheinlich. Um die Rolle von IKK epsilon während der Schmerzentstehung und -verarbeitung besser beurteilen zu können wurde das Verhalten von IKK epsilon defizienten Mäusen in akuten und inflammatorischen Schmerzmodellen charakterisiert. Es konnte gezeigt werden, dass der Knockout von IKK epsilon zu einem signifikant verringerten nozizeptiven Verhalten im Formalintest und einer Hemmung der mechanischen Hyperalgesie nach Zymosaninjektion im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen führte. Gleichzeitig konnte kein Unterschied im akut nozizeptiven Verhalten festgestellt werden. Der Knockout von IKK epsilon hatte demnach keine Auswirkung auf den akuten physiologischen Nozizeptorschmerz, zeigte jedoch eine Verbesserung bei pathophysiologischen Schmerzen. Das verringerte nozizeptive Verhalten der IKK epsilon defizienten Mäuse im Formalintest ging mit einer Hemmung der NF-kappaB-Aktivierung im Rückenmark einher. Auch konnte eine verringerte mRNA-Expression der NF-kappaB-abhängigen Gene Cyclooxygenase-2 (COX-2), Matrixmetalloprotease-9 (MMP-9) und induzierbare Stickstoffmonoxid-Synthase (iNOS), die an der Regulation von Entzündungsschmerzen beteiligt sind, im Rückenmark und den DRG’s nachgewiesen werden. Da IKK epsilon bisher hauptsächlich mit der Aktivierung des TypI Interferon-Signalweges in Zusammenhang gebracht wurde, wurde außerdem geprüft, ob es nach Injektion mit Formalin zu einer Aktivierung des Trankriptionsfaktors Interferon-regulierender Faktor (IRF)-3 in Wildtyp-Mäusen kommt, was nicht beobachtet werden konnte. Der Knockout von IKK epsilon scheint demnach seine antinozizeptive Wirkung direkt über eine fehlende Aktivierung von NF-kappaB zu entfalten, wonach IKK epsilon eine bedeutendere Rolle als bisher angenommen bei der Aktivierung von NF-kappaB spielt. Dies konnte durch in vitro Daten untermauert werden. Der Knockdown von IKK epsilon in Makrophagen-Zellkultur mit spezifischer siRNA verhinderte die Phosphorylierung von NF-kappaBp65 am Serinrest 536 nach Stimulation mit LPS. Anhand der vorliegenden Daten lässt sich also schlussfolgern, dass IKK epsilon an der Schmerzentstehung und verarbeitung bei Entzündungen beteiligt zu sein scheint. Eine Hemmung dieser Kinase könnte demnach ein neues, lohnendes Ziel für die Entwicklung neuer Medikamente für die Schmerztherapie sein.
Der G-Protein-gekoppelte Histamin-H3-Rezeptor (H3R) ist einer von vier bekannten Histamin-Rezeptorsubtypen. Die Verbreitung erstreckt sich hauptsächlich auf das ZNS, wo der Rezeptor maßgeblich an der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus, der Kognition, der Aufmerksamkeit und dem Ernährungsverhalten beteiligt ist. Als Autorezeptor reguliert er die Darstellung und Freisetzung von Histamin im Gehirn und moduliert darüberhinaus als Heterorezeptor auch die Konzentration anderer wichtiger Neurotransmitter. Ein Ansatz für die Entwicklung neuer Arzneistoffe bei multifaktoriellen Erkrankungen entspringt der Hybridtheorie. In dieser Arbeit wurde der Hybridansatz durch verschiedene Varianten realisiert, bei denen die jeweiligen Pharmakophore durch Überlappung oder Aneinanderkopplung verknüpft wurden. Als Grundstruktur für das H3-Pharmakophor diente das 4-(3-Piperidin-1-ylpropoxy)-phenyl-Element, als andersartige Pharmakophore dienten neben Arzneistoffen aus der Gruppe der Neuroleptika, Antidepressiva und SSRI auch solche Pharmakophore, die das Wirkprofil von H3R-Liganden durch spezifische Eigenschaften (z. B. neuroprotektiv) ergänzen können. Bei der Kopplung der Pharmakophore lag der Fokus auf der Untersuchung von Aminvariationen. Mit Hilfe des Hybridansatzes wurden in dieser Arbeit zahlreiche neue und potente Histamin-H3-Hybridliganden entwickelt. Es wurden hohe Bindungsaffinitäten im nano- bis subnanomolare Bereich erzielt und wichtige Struktur-Wirkungsbeziehungen abgeleitet. In-vitro zeigte sich eine hohe Toleranz des H3R bezüglich der heterogenen Liganden, darunter solche mit sterisch anspruchsvollen, stark basischen und sauren Gruppen.
Tauopathien sind eine Gruppe von neurodegenerativen Erkrankungen zu denen auch die Alzheimer Demenz zählt, die als gemeinsames pathologisches Merkmal die intrazelluläre Akkumulation von neurofibrillären Bündeln (NFTs) aufweisen. Diese bestehen aus hyperphosphoryliertem Tau-Protein, das hierdurch seine physiologische Funktion, die Assemblierung von Mikrotubuli zu fördern und diese zu stabilisieren, verliert. Der genaue Mechanismus, der bei diesen Erkrankungen zur Neurodegeneration führt und mit Demenz, Parkinsonismus und motorischen Störungen einhergehen kann, ist bisher weitgehend ungeklärt. Da mitochondriale Dysfunktion bei vielen neurodegenerativen Erkrankungen eine entscheidende Rolle spielt, wurde in der vorliegenden Arbeit anhand eines Zellmodells zum Einen der Effekt durch die Überexpression von gesundem Wildtyp-Tau (hTau40) und zum Anderen die Auswirkungen der P301L-Mutation, wie sie auch bei der frontotemporalen Demenz mit Parkinsonismus (FTDP-17) auftritt, auf die mitochondriale Morphologie und Funktion untersucht. Die grundlegende Charakterisierung deckte eine weitreichende Einflussnahme von Tau auf den Energiestoffwechsel der Zellen auf. Die Überexpression von Tau führt zu einer verminderten Expression der Komplexe I, II und IV sowie einer veränderten Aktivität der mitochondrialen Atmungskettenkomplexe I-III. Zudem weist die verminderte Aktivität der Citrat-Synthase auf eine Beeinträchtigung des Citratzyklus hin. Der maßgebliche Unterschied zwischen den Tau überexprimierenden Zellen besteht in dem deutlich erniedrigtem Gehalt (NADH:HAR-Aktivität) und der drastisch erniedrigten Aktivität (NADH:DBQ-Aktivität) von Komplex I in den TauP301L-Zellen, wohingegen die hTau40-Zellen trotz eines vermindertem Gehalts im Vergleich zu den Kontroll-Zellen eine deutlich erhöhte Aktivität (DBQ/HAR-Aktivität) aufweisen. Diese gegensätzliche Aktivität von Komplex I führt zu weitreichenden Veränderungen der Zellphysiologie, was sich am deutlichsten in der daraus resultierenden metabolischen Aktivität (NADH-Spiegeln), den ATP-Spiegeln und dem mitochondrialen Membranpotential zeigt. Diese Parameter sind in den hTau40-Zellen aufgrund der hohen Komplex I-Aktivität erhöht und in den TauP301L-Zellen entsprechend erniedrigt. Ebenso spiegeln sich diese funktionellen Parameter in der veränderten Morphologie, Dynamik sowie der Ultrastruktur der Mitochondrien wieder. Die Cristae-Struktur sowie die Dichte der Matrix lassen eindeutige Rückschlüsse auf die aus den unterschiedlichen Komplex I-Aktivitäten resultierenden ATP-Spiegel zu. Weiterhin gibt es in der Literatur Hinweise, dass zum Einen die Transportrichtung der Mitochondrien von der Affinität der Motormoleküle von dem ATP-Gehalt der Mitochondrien abhängig zu sein scheint und zum Anderen, dass die Hemmung von Komplex I zu einem retrograden Transport und perinukleären Morphologie der Mitochondrien führt. Dies konnte ebenfall in den TauP301L-Zellen gezeigt werden. Zusätzlich sind hier die mitochondriale Bewegung sowie die Dynamik (Fusion und Fission) verringert. Interessanterweise spiegeln viele der funktionellen und strukturellen Veränderungen der TauP301L-Zellen den Alterungsprozess wieder, da es im Alter zu einer erhöhten Rate an oxidativen mtDNA-Schäden, einer verminderten Aktivität von Komplex I sowie zu einer verringerten Effektivität und Kapazität der oxidativen Phosphorylierung kommt, die in niedrigeren ATP-Spiegeln resultiert. Anhaltspunkte aus der Literatur bringen auch die morphologischen und dynamischen Veränderungen der Mitochondrien mit dem Alterungsprozess in Verbindung, wodurch das in dieser Arbeit verwendete Zellmodell anscheinend den Alterungsprozess widerspiegelt, der bei vielen neurodegenerativen Erkrankungen den Hauptrisikofaktor für die Erkrankung darstellt. Die Mutation P301L führt weiterhin dazu, dass die Zellen eine erhöhte Vulnerabilität gegenüber sekundären Insulten aufweisen. Obwohl die Toxizität der einzelnen Stimuli – seien es nun Inhibitoren der einzelnen Atmungskettenkomplexe oder oxidativer sowie nitrosativer Stress – sich unterschiedlich auf die gemessenen physiologischen Parameter der Zellen auswirkte, so zeigt sich durchgängig bei den TauP301L-Zellen ein stärkerer Abfall der metabolischen Aktivität und der ATP-Spiegel. Zudem führte die Überexpression von hTau40 zu einer geringeren Vulnerabilität gegenüber den sekundären Insulten. Trotz der geringen Auswirkungen von oligomerem und fibrillärem Aß1-42 auf die mitochondriale Funktion der SH-SY5Y Zellen kann nicht ausgeschlossen werden, dass in vivo nicht doch ein Teufelskreislauf besteht, sodass sich die Toxizität von Aß und Tau potenziert. Insgesamt machen die Ergebnisse dieser Arbeit deutlich, dass mitochondriale Dysfunktion auch bei Tauopathien eine entscheidende Rolle in der Pathogenese spielt und sich hierdurch neue Aspekte zur therapeutischen Intervention ergeben.
Evaluation der Adhärenz, Compliance und Persistenz bei Patienten unter antihypertensiver Therapie
(2010)
Bei chronischen Erkrankungen ist eine regelmäßige Arzneimitteleinnahme eine der Vo-raussetzungen für den Therapieerfolg. Trotzdem nehmen viele Patienten ihre Arzneimit-tel nicht wie vorgeschrieben ein. Dies kann im Rahmen von kardiovaskulären Erkrankun-gen (z. B. Hypertonie) schwerwiegende Folgen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall haben. Es ist bekannt, dass die Therapietreue (Adhärenz bzw. Compliance und Persistenz) bei Hypertonikern nur bei 30 – 55 % liegt. Daher ist es von größter Wichtigkeit, die Therapie-treue und die Gründe für mangelnde Adhärenz zu erfassen, um danach gezielte Interven-tionen zur Verbesserung dieser entwickeln zu können. Allerdings liegen aus Deutschland zu dieser Thematik nur wenige Untersuchungen aus Feldstudien in Apotheken oder Ana-lysen aus Verordnungsdatenbanken vor.
Um die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Ermittlung der Therapietreue großflä-chig abzudecken, wurden unterschiedliche Erfassungswege genutzt. Zum einen wurde eine Patientenbefragung in öffentlichen Apotheken zur Erfassung der Adhärenz und Ein-nahmegewohnheiten unter medikamentöser Therapie mit Antihypertensiva durchge-führt. Zum anderen diente die Analyse von Verordnungsdaten der DAPI-Datenbank dazu, die Persistenz und Compliance von Patienten unter antihypertensiver Therapie zu be-stimmen. Als Spezialfall wurde weiterhin betrachtet, ob die Umstellung von einem Origi-nal- auf ein generisches Ramipril-Präparat nach dessen Patentauslauf mit einer vermin-derten Compliance einhergeht.
Die Patientenbefragung wurde sowohl von Patienten wie auch von den 24 teilnehmenden Apotheken gut angenommen. Dies zeigen die Rücklaufquoten der ausgegebenen Frage-bögen (46,8 % für die Befragung per zugesandtem Fragebogen (KF; kurze Form des Frage-bogens) und 32,8 % für das Interview in der Apotheke (LF; lange Form des Fragebogens)) Gemessen anhand des eingesetzten Adhärenz-Scores beschrieben sich 71,9 % der Patien-ten im LF und 58,2 % im KF selbst als adhärent. Der Bedarf für strukturierte, einfach durchführbare Adhärenz-Erfassungsinstrumente für die öffentliche Apotheke wurde sehr deutlich, wie u. a. der Abschlussbericht, welcher von den Apotheken nach Abschluss der Befragung ausgefüllt wurde, zeigte. Demnach hielten die Apotheken die Befragung von Umfang und Verständlichkeit für angemessen. Die Patienten waren bereit, detaillierte
Kapitel V Zusammenfassung V
Dissertation Miriam Ude
Evaluation der Adhärenz, Compliance und Persistenz bei Patienten unter antihypertensiver Therapie 160
Auskünfte über ihre Erkrankung zu geben. Dies zeigten auch die vielen in den Bogen ein-getragenen Anmerkungen seitens der Patienten und Apothekern, in denen individuelle Probleme dokumentiert wurden.
Bei der Analyse von Persistenz und Compliance im Substanzklassenvergleich wurde ein-drücklich gezeigt, dass die Therapietreue unter den First-line-Antihypertensiva (AHT) sub-optimal ist. Patienten unter der Therapie mit β-Blockern (77,3 %) weisen den geringsten non-persistenten Anteil auf, gefolgt von Patienten mit Verordnungen über ACE-Hemmer (78,7 %), AT1-Antagonisten (79,0 %), Calcium-Kanal-Blocker (81,4 %) und Diuretika (83,0 %). Hinsichtlich der Compliance findet sich in der Gruppe der mit AT1-Antagonisten be-handelten Patienten der niedrigste Anteil mit Non-Compliance (52,1 %), gefolgt von ACE-Hemmern (54,1 %), β-Blockern (54,7 %), Calcium-Kanal-Blockern (58,5 %) und Diuretika (63,6 %).
Die primäre Hypothese, dass die Compliance nach Umstellung von einem Ramipril-Original-Präparat nach dessen Patentauslauf auf ein Generikum signifikant abnimmt, konnte nicht bestätigt werden. Die Ergebnisse wurden für Patienten ermittelt, welche mit Ramipril-Monopräparaten, nur mit Fixkombinationen aus Ramipril mit einem Diuretikum, oder mit beidem (duale Therapie) behandelt wurden.
Die Ergebnisse der im Rahmen dieser Dissertation untersuchten Projekte zeigen, dass die medikamentöse Therapietreue bei Patienten unter antihypertensiver Therapie in Deutschland verbesserungswürdig ist, und dass die Ermittlung der Adhärenz, Compliance und Persistenz von immenser Wichtigkeit ist. Trotz der unterschiedlichen gewählten An-sätze kongruieren die Ergebnisse sehr gut. Patienten benötigen Unterstützung in der Durchführung ihrer medikamentösen Therapie mit AHT, um gesteckte Therapieziele zu erreichen, welche dazu beitragen können, Morbidität und Mortalität zu verringern bzw. die Lebensqualität zu verbessern. Ein erster Schritt dazu ist das zielgerichtete Erkennen therapiebezogener Probleme. Da es hierfür in Deutschland bisher keine strukturierten Instrumente gibt, welche flächendeckend in den Apothekenalltag implementiert wurden, könnte das neu entwickelte und auf Machbarkeit getestete Befragungsinstrument ein Ansatz sein, die Patienten gezielt und zeitsparend nach ihren Problemen mit der Arznei-mitteleinnahme zu befragen und frühestmöglich intervenieren zu können.
Etablierung eines universellen Testsystems zur funktionellen Analyse neuer MLL-Fusionspartner
(2010)
Leukämische Erkrankungen entstehen häufig aufgrund genetischer Aberrationen. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um reziproke chromosomale Transloka-tionen, die an der Entstehung chimärer Fusionsgene mit intaktem Leserahmen betei-ligt sind und letztendlich zur Expression neuartiger Fusionsproteine führen. Das auf Chromosom 11 Bande q23 lokalisierte MLL-Gen (Mixed Lineage Leukemia) spielt bei einigen dieser chromosomalen Aberrationen eine wichtige Rolle. Es entstehen Fusi-onsproteine, die phänotypisch sowohl mit akuten myeloischen Leukämien (AML) als auch mit akuten lymphatischen Leukämien (ALL) assoziiert sind. Diese hämatopoie-tischen Erkrankungen werden aufgrund ihrer ungünstigen Prognose und schlechter Heilungschance als Hochrisiko-Leukämien klassifiziert. Neben Translokationen des MLL-Gens sind für die Leukämogenese noch weitere genetische Aberrationen von Bedeutung. Ebenso spielen, allerdings in geringerem Maße, Deletionen, Inversionen sowie Insertionen eine Rolle. Allen chromosomalen Translokationen sowie den übrigen chromosomalen Veränderungen geht mindestens ein DNA-Doppelstrangbruch voraus. Dieser findet sowohl beim MLL als auch beim Partnergen in sogenannten Bruchpunktsregionen statt. Inzwischen sind 104 verschiedene Veränderungen des MLL-Gens bekannt, von de-nen 64 auf molekularer Ebene charakterisiert wurden. Allein über 20 Partnergene wurden in den letzten fünf Jahren im Diagnostikzentrum DCAL (Diagnostic Center of Acute Leukemia) des Universitätsklinikums Frankfurt identifiziert. Allerdings sind bis heute noch keine universellen Ansätze zur Etablierung eines Tiermodells zur Unter-suchung neuer Partnergene bekannt. Somit ist es von großem Interesse möglichst schnell und zuverlässig dieses Ziel zu erreichen, um weitere Informationen über das onkogene Potential der beteiligten MLL-Partner zu erhalten. Als neue Kandidaten wurden im Rahmen dieser Arbeit DCPS, MAML2 sowie NRIP3 untersucht, die auf die Positivkontrolle ENL und auf die Negativkontrolle LASP1 bezogen wurden. Zunächst wurde ein universelles retrovirales Vektorsystem entwickelt, welches den MLL-N-Terminus (Exon 1 - Exon 9) trägt. Das zu untersuchende Partnergen kann durch Einklonieren der entsprechenden DNA-Sequenz in diesen Vektor eingefügt werden. Um ein authentisches Fusionsprodukt mit durchgehendem Leserahmen zu erhalten, sind die beiden Gene durch eine intronische Sequenz voneinander separiert. Die korrekte Fusion konnte auf Transkriptebene via RT-PCR nachgewiesen werden. In Vorversuchen wurden die Konstrukte MLL•DCPS, MLL•ENL (Positivkontrolle), MLL•LASP1 (Negativkontrolle), MLL•MAML2 sowie MLL•NRIP3 in murine hämato-poietische Progenitorzellen (Ba/F3 und 32D) transduziert. Die erfolgreiche Infektion konnte sowohl fluoreszenzmikroskopisch als auch auf Transkriptebene nachgewie-sen werden. Des Weiteren zeigten die Konstrukte unterschiedliche Einflüsse auf die Hox-Genexpression der Hox-Gene a5, a7, a9, a10, b3 und b4. Zur Untersuchung wachstumstransformierender und proliferierender Eigenschaften der Fusionsproteine folgten nach Abschluss der Vorversuche erste Transduktionsex-perimente mit murinen Lin-/Sca1+-hämatopoietischen Zellen. Mittels eines Methylcel-lulose-Assays sollten die transformierenden Eigenschaften der MLL-Fusionen über-prüft werden. Lediglich die Positivkontrolle wies wachstumstransformierende Eigen-schaften auf. Somit legen die bisherigen Ergebnisse die Vermutung nahe, dass noch weitere Faktoren für die Leukämogenese relevant sein müssen. Um Aussagen über das Verhalten der zu untersuchenden MLL-Fusionen in vivo tref-fen zu können, wurden retroviral infizierte, Lin-/Sca1+-aufgereinigte hämatopoietische Stammzellen in Empfängermäuse transplantiert. Bis zum jetzigen Zeitpunkt konnten bei den Mäusen noch keinerlei Symptome einer leukämischen Erkrankung diagnosti-ziert werden. Es ist abzuwarten, ob die transplantierten Mäuse in den nächsten Wo-chen leukämische Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. Im Rahmen dieser Arbeit konnte erfolgreich ein Testsystem etabliert werden, das es ermöglicht, neue Partnergene in kürzester Zeit funktionell zu analysieren. So können in Zukunft hoffentlich neue Erkenntnisse zur Leukämogenese gewonnen werden, die eventuell neue Therapieansätze ermöglichen.
Als Teil der Atmungskette des hyperthermophilen Bakteriums Aquifex aeolicus besteht die NADH:Ubichinon-Oxidoreduktase aus 13 Untereinheiten, die durch 24 unterschiedliche Gene codiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde für den massenspektrometrischen Nachweis dieser Untereinheiten nach der Aufreinigung des Komplexes eine SDS-PAGE durchgeführt, an die sich eine tryptische Proteolyse und eine Messung per MALDI MS und MS/MS anschlossen. Mit dieser analytischen Strategie war es möglich, jede nicht-homologe Untereinheit nachzuweisen und 20 von 24 genombasierten Isoformen eindeutig zu identifizieren. Selbst kleine bzw. sehr hydrophobe Untereinheiten mit vielen Transmembranhelices konnten mit Hilfe dieser Methode analysiert werden. Die hohe Anzahl an präsenten, unterschiedlichen Isoformen und die vorherrschenden Verunreinigungen durch Fremdproteine (z.B. ATP-Synthase) könnten Indizien dafür sein, dass bis jetzt keine hinreichend stabile und reproduzierbare Enzympräparation gelungen ist, um eine Kristallstrukturanalyse durchzuführen. Im Allgemeinen kann der Ablauf eines solchen Proteomics-Experiments in drei Teile gegliedert werden: die Auftrennung eines Protein- oder Peptidgemischs zur Verringerung der Probenkomplexität, die Identifikation des Proteins per Massenspektrometrie und die damit verbundene bioinformatische Datenanalyse. Neben chromatographischen Methoden ist die Elektrophorese in Polyacrylamidgelen immer noch das am häufigsten angewandte Trennverfahren im Proteomics-Bereich. Vor der MS-Messung werden die aufgetrennten Proteine in der Regel direkt in der Gelmatrix verdaut. Die Qualität der Ergebnisse wird stark durch Proteinmenge und die auftretenden Probenverluste beeinflusst. Diese werden beispielsweise durch eine unzureichende Peptidextraktion aus dem Gel hervorgerufen. Im Rahmen dieser Dissertation wurde ein neues Gelsystem entwickelt, dass vor allem für die Proteolyseeffizienz, die Peptidextraktion und somit auch für die anschließende massenspektrometrische Messung von Vorteil ist. Das Monomer Acrylamid wird hierzu mit den beiden Quervernetzern N,N-Methylenbisacrylamid (MBA) und Ethylenglykoldiacrylat (EDA) polymerisiert. Es entsteht ein Gel, dessen Poren durch die basische Hydrolyse der Esterbindungen des EDAs vergrößert werden können, ohne die dreidimensionale Grundstruktur des Gels zu zerstören.   Die gemischten Gele mit MBA und EDA als Crosslinkern sind sowohl für Tris-Glycin- als auch Tris-Tricin-Puffersysteme einsetzbar. Die Evaluierung der Daten erfolgte meist gegen ein Standardgel mit T= 14% und C= 2,6%. Durch eine experimentell ermittelte Anpassung der Mischgele auf T+10% und C+45% mit einem MBA/EDA-Verhältnis von 0,5 verhalten sich die beiden Gelsysteme empirisch gleich und zeigen eine übereinstimmende elektrophoretische Trennung und Auflösung. Es gibt keine wesentlichen Nachteile in Bezug auf die Handhabung, die elektrophoretische Trennung und die anschließenden Analysen und Techniken, solange diese in sauren bis leicht basischen pH-Bereichen durchgeführt werden. So wurde das gemischte Gelsystem sowohl bei einer 2D IEF/SDS-PAGE als auch bei einem Western Blot-Experiment angewendet und für vollständig kompatibel befunden. Die gemessenen MS-Daten profitieren im Fall von Trypsin und Elastase erheblich von der besseren Zugänglichkeit des Enzyms zum Substratprotein und der verbesserten Peptidextraktion. Die Gelaufweitung führt zu signifikant besseren Ergebnissen, die größtenteils auf höhere S/N-Werte zurückzuführen sind. Die Signalintensitäten der Peptide sind um den Faktor 5 besser als die des Referenzgels. Der Nachweis von je 1 pmol der Proteine BSA, Serotransferrin und Alkoholdehydrogenase profitiert stark von den zusätzlich erhaltenen Daten, da die Zunahme an identifizierten Peptiden bei der PMF-Suche im Bereich von 40 bis 80% liegt. Auch bei geringen Proteinmengen wie 250 bzw. 50 fmol BSA ist die Anzahl der zugeordneten Signale um den Faktor 2-3 besser. Der in-Gel Verdau von 1 pmol Bacteriorhodopsin mit Elastase zeigt ebenfalls einen Anstieg der Peptidsignale um 60% im Vergleich zum Referenzgel. Da die Proteine im Gel alle mit kolloidalem Coomassie Brilliant Blue angefärbt wurden, kann davon ausgegangen werden, dass sich die guten MS-Ergebnisse auf jede mit diesem Farbstoff visualisierte Probe übertragen lassen. Für den Fluoreszenzfarbstoff RuPBS trifft dies ebenso zu, insgesamt wurden aber weniger Peptide als bei kolloidaler Coomassie Brilliant Blue-Färbung detektiert. Dementsprechend handelt es sich bei Acrylamidgelen mit MBA/EDA-Vernetzung um ein vielversprechendes alternatives Gelsystem, dass auf eine Vielzahl anderer Methoden angewendet werden kann.
In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Stoffe als Photosensibilisatoren evaluiert, deren photodynamische Aktivität gegenüber den Pioniersubstanzen deutlich verbessert werden konnte. Vielen dieser Moleküle blieb jedoch aufgrund ihrer ungünstigen physikochemischen Eigenschaften oder der auftretenden Toxizität die Marktreife versagt. Nanopartikuläre Trägersysteme sind geeignet, Verträglichkeit und Effektivität der Photodynamischen Therapie zu verbessern sowie die Selektivität bei der Behandlung bestimmter Tumorspezies deutlich zu erhöhen. Um dieses Prinzip auf verschiedene Photosensibilisatoren anwenden zu können, wurden in der vorliegenden Arbeit Nanopartikel aus humanem Serumalbumin (HSA) durch Desolvatation hergestellt und die adsorptive, die inkorporative sowie die kovalente Bindung an das Trägersystem untersucht. ...
Survivin wird in einer Vielzahl von Tumoren überexprimiert, während es in normalem Gewebe bis auf einige Ausnahmen kaum detektierbar ist. In den Krebszellen vermittelt Survivin eine erhöhte Resistenz gegenüber der Apoptose-Induktion, was eine Therapie jedoch meist bezweckt. Durch sein differenzielles Expressionsprofil wird Survivin mittlerweile als ein interessanter Angriffspunkt in der Entwicklung einer neuen, zielgerichteten Behandlung von Krebs betrachtet. Aus diesem Grund wurde zu Beginn der vorliegenden Arbeit die Eignung des anti-apoptotischen und Zellzyklus-regulierenden Proteins Survivin als Zielstruktur für eine Krebstherapie im Vergleich zu den veröffentlichten Publikationen verifiziert. Die Analyse der Survivin-Expression in unterschiedlichen Zelllinien ergab, dass sich in Tumorzellen eine charakteristische Überexpression des Survivin-Proteins zeigte im Vergleich zu gesunden, nicht-transformierten Zelllinien. Eine Inhibition der Survivin-Proteinexpression wurde mittels der Methode der RNA-Interferenz erzielt, bei der die Zielzellen mit shRNA-kodierenden Lentiviren infiziert wurden, welche eine gegen die Survivin-mRNA gerichtete Sequenz beinhalteten. Während Survivin-positive Tumorzelllinien und gesunde Endothelzellen eine starke Reduktion in der Lebend-Zellzahl in vitro aufwiesen, waren die Survivin-negativen Kontrollzelllinien von einem Verlust der Survivin-Expression nicht beeinträchtigt. Anschließend erfolgten eine Analyse der Survivin-Abhängigkeit etablierter Tumorzelllinien und die Untersuchung eines Survivin-Verlusts auf die murine Brustdrüsenentwicklung in vivo. Bei einer Inhibition der Survivin-Expression in Krebszellen in einem Transplanationsmodell konnte ein deutlich verzögertes Tumorwachstum beobachtet werden. Dagegen hatte Survivin in der Entwicklung der murinen Brustdrüse keinen Einfluss auf die Rekonstitution des Gewebes und die Proliferation bzw. Differenzierung der Brustepithelzellen. Um einen direkten protein-basierenden Inhibitor des Survivin-Proteins zu entwickeln und das Repertoire an allgemeinen Survivin-Interventionsstrategien zu erweitern, wurde im zweiten Teil der Arbeit mittels des Hefe-Zwei-Hybrid-Systems ein neues Survivin-bindendes Protein isoliert. Nach dem Optimierungsprozess bestehend aus einer Fusion mit einem Trägerprotein zur erleichterten Proteinexpression, der Mutagenese eines Cysteins gegen Serin und der Fusion mit einer Proteintransduktionsdomäne konnte das Protein rekombinant in Bakterien hergestellt und durch Affinitätschromatographie in monomerer Form aufgereinigt werden. Anschließend wurde der Einfluss des artifiziellen, rekombinanten Survivin-inhibierenden Proteins (rSip) auf die Funktionen von Survivin bestimmt. rSip zeigte eine Stabilität von bis zu 14 Stunden im Zellkulturmedium und konnte durch seine C-terminale Proteintransduktionsdomäne in das Zytoplasma der Zielzellen aufgenommen werden. In einer Co-Immunpäzipitation konnte die Bindung von rSip an endogenes Survivin bestätigt werden. In Brustkrebszellen führte rSip in einer Konzentration von 1,5 µM zu einem schnellen Verlust des Survivin-Proteins, was möglicherweise auf eine proteosomale Degradation von Survivin zurückzuführen war. Die Analyse der Konsequenzen einer rSip-Behandlung auf die Funktionen von Survivin in der Apoptose-Inhibition und der Zellzyklus-Progression wurde im letzten Abschnitt der Arbeit durchgeführt. Eine viertägige Inkubation mit 1,5 µM rSip bewirkte eine deutliche Reduktion der Lebend-Zellzahl von bis zu 50% im Falle der Survivin-abhängigen Krebszelllinien. Bei den Survivin-negativen Zelllinien trat dagegen kein veränderter Phänotyp auf. Durch einen TUNEL-Test in Brustkrebszellen konnte gezeigt werden, dass die Ursache für die Abnahme der Zellzahl die Apoptose-Induktion durch rSip ist. In den Zellzyklus-Profilen von rSip-behandelten Krebszellen konnte ebenfalls ein starker Anstieg in der apoptotischen Zell-Population beobachtet werden. Abschließend lässt sich sagen, dass in der vorliegenden Arbeit neben der Methode der lentiviralen Applikation von Survivin-spezifischen shRNA-Sequenzen eine neue Möglichkeit der Interferenz mit der Survivin-Funktion in Krebszellen vorgestellt wurde. Die Entwicklung des Survivin-inhibierenden Proteins rSip steht zugegebenermaßen erst am Anfang. Die ersten hier präsentierten Ergebnisse zeigen jedoch klar ein Potential dieses vielversprechenden direkten Survivin-Inhibitors als ergänzende Wirkstoffklasse auf dem Gebiet der therapeutischen Proteine zu den bereits existierenden niedermolekularen Substanzen bzw. antisense-Oligonukleotiden, die auf Ebene der Transkription bzw. der Translation von Survivin wirken.
Mit der Identifizierung des Histamin-H3-Rezeptorsubtyps im Jahr 1983 begann eine umfangreiche Erforschung seiner Bedeutung und die Suche nach spezifischen Liganden. Die genaue Sequenzaufklärung und Klonierung des humanen Histamin-H3-Rezeptors (hH3R) erst 16 Jahre später ermöglichte eine detaillierte Aufklärung molekularer Vorgänge, deren Auswirkungen auf physiologische und pathophysiologische Prozesse sowie die Entwicklung selektiver hH3R-Liganden. Es zeigte sich, dass der Rezeptor nicht nur die zentrale und periphere Histaminkonzentration im Körper reguliert, sondern auch die Ausschüttung weiterer Neurotransmitter moduliert und damit Einfluss auf zahlreiche neurologische Prozesse nimmt. Diese Erkenntnis macht ihn zu einer wichtigen Zielstruktur bei der Erforschung neuer Therapieansätze verschiedener Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Demenz, Schizophrenie, Narkolepsie, Epilepsie, Adipositas oder neuropatischer Schmerz. Obwohl bereits mehrere Liganden bekannt sind, die diesen Rezeptor adressieren, stellt die Entdeckung alternativer Leitstrukturen und neuer Strukturklassen ein wichtiges Ziel für die Entwicklung potentieller Wirkstoffe dar. Auch das Defizit an bildgebenden Liganden und deren stetig wachsende Nachfrage für eine effiziente Wirkstoffentwicklung und eine detaillierte Rezeptoraufklärung machen den Bedarf an neuen hochselektiven hH3R-Liganden deutlich. Ausgehend von der im eigenen Arbeitskreis etablierten antagonistisch/invers agonistisch selektiv wirkenden 1-(3-Phenoxypropyl)piperidin-hH3R-Leitstruktur wurden zunächst rechtsseitige Strukturerweiterungen in para-Position des zentralen Phenylringes durchgeführt (Abb. 4.1). Hauptbestandteile dieser Substituenten waren basische Strukturelemente oder Heterozyklen mit starker Wasserstoffbrücken-Akzeptorfunktion...
Reziproke chromosomale Translokationen sind häufig mit Leukämien assoziiert und gelten in den meisten Fällen als Erkrankungsursache. Das MLL-Gen auf der Chromosomenbande q23 des Chromosoms 11 ist an einer Vielzahl chromosomaler Translokationen beteiligt, und die dadurch erzeugten reziproken MLL-Fusionsgene sind ausschließlich mit Hochrisikoleukämien assoziiert. Die häufigste Aberration ist eine reziproke Translokation zwischen den beiden Genen MLL und AF4 (4q21), die t(4;11)-Translokation, die in ca. 80% aller Akuten Lymphatischen Leukämien bei Kleinkindern, aber auch bei älteren Patienten mit einer Sekundärleukämie, auftritt. Die leukämischen Blasten dieser Patienten sind meist gegen konventionelle Therapien resistent, so dass t(4;11) Leukämien mit einer ungewöhnlich schlechten Prognose verbunden sind. Welches der beiden Fusionsproteine, MLL-AF4 oder AF4-MLL, die bei der t(4;11)-Translokation entstehen für die Entstehung der Leukämie verantwortlich ist, wird noch kontrovers diskutiert. Bisherige Publikationen zeigen die Onkogenität beider Fusionsproteine, und ihr Potential, Leukämien im Mausmodell hervorzurufen. Frühere Studien dieser Arbeitsgruppe zeigen die onkogene Wirkung des AF4-MLL Fusionsproteins, dessen Expression zur Wachstumstransformation von murinen Zellen und einer Akuten Lymphatischen Leukämie in der Maus führt. Die onkogene Wirkung von AF4-MLL entsteht, sobald das Fusionsprotein nach seiner Prozessierung durch die Endopeptidase Taspase1 heterodimerisiert und dadurch vor SIAH-vermitteltem proteasomalen Abbau geschützt wird. So kann sich das heterodimerisierte Protein - anders als das AF4-Wildtyp Protein - in den Zellen anhäufen und zu unkontrolliertem Wachstum führen. Um die Heterodimerisierung des AF4-MLL Fusionsproteins kompetitiv zu inhibieren, wurden im Rahmen dieser Arbeit kleine Fragmente aus der C-terminalen Interaktionsdomäne FYRC von MLL exprimiert. Dazu wurde die Interaktion kleiner Peptide aus der FYRC-Domäne mit dem N-terminalen Fragment des AF4-MLL Proteins mithilfe eines Biosensorsystems und Co-Immunopräzipitationen getestet. Anschließend wurden die kleinsten Peptide, die noch an das N-terminale Fragment binden können (B1 und B3), ausgewählt, und zusammen mit AF4-MLL co-exprimiert. Mithilfe von Western Blot-Analysen von gereinigtem AF4-MLL·N konnte gezeigt werden, dass die Expression dieser Peptide dazu führt, dass das C-terminale Fragment nicht mehr an das N-terminale Fragment binden kann. Durch diese Inhibition der Heterodimerisierung kann der AF4-MLL Multiproteinkomplex nicht vollständig aufgebaut werden, da auch die C-terminalen Komplexpartner WDR5 und RBBP5 nur noch eingeschränkt binden können. Zusätzlich wurde die Stabilität der prozessierten Fragmente AF4-MLL·N und MLL·C im Falle einer Inhibition der Dimerisierung untersucht. Offensichtlich sind beide Fragmente nur stabil, wenn sie miteinander heterodimerisiert sind. Eine Blockierung der Interaktion durch kompetitive Peptide führt dazu, dass sowohl AF4-MLL·N als auch MLL·C proteasomal degradiert werden. Da auch das MLL-Wildtyp Protein über die Interaktionsdomänen FYRN und FYRC heterodimerisiert, wurde zusätzlich der Effekt der Expression der Peptide auf die Viabilität von MLL-exprimierenden Zellen untersucht. Dazu wurden die Peptide B1 und B3 in sechs unterschiedlichen Zelllinen, von denen zwei die t(4;11)-Translokation tragen, exprimiert. Anschließend wurde nach einer PI-Färbung der Anteil apoptotischer Zellen mithilfe eines Durchflusszytometers ermittelt. Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass keines der beiden Peptide einen starken Einfluss auf Zelllinien hat, die das Wildtyp-MLL Gen besitzen. Die Apoptose der vier untersuchten Zelllinien war kaum erhöht, wenn diese Peptide exprimiert wurden. Interessanterweise scheint das Peptid B1 dagegen einen Apoptosefördernden Effekt auf diejenigen Zellen zu haben, die das AF4-MLL Protein exprimieren. Basierend auf den vorliegenden Daten kann die Aussage getroffen werden, dass es prinzipiell möglich ist, das AF4-MLL Fusionsprotein spezifisch anzugreifen. Eine Blockierung der Heterodimerisierung blockiert die Ausbildung des onkogenen AF4-MLL Multiproteinkomplexes. Dies führt zudem dazu, dass die beiden Taspase1-prozessierten Fragmente AF4-MLL·N und MLL·C proteasomal degradiert werden. Die Inhibition der Heterodimerisierung von AF4-MLL ist mit einer leicht erhöhten Apoptoserate in t(4;11)-positiven Zellen verbunden. Diese Beobachtung könnte in Zukunft von Bedeutung sein, wenn über neue Therapieansätze bei t(4;11) Leukämien nachgedacht werden sollte.