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Das Burkitt Lymphom ist ein aggressives B-Zelllymphom, das in tropischen Regionen Afrikas und in Neu Guinea endemisch auftritt und vor allem bei Kindern vorkommt. Die sporadische Form des Burkitt Lymphoms tritt weltweit in geringerer Häufigkeit auf und betrifft alle Altersschichten. In nahezu allen endemischen Fällen ist das Epstein-Barr Virus in den Tumorzellen nachweisbar, jedoch nur in ca. 20 % der sporadischen Fälle. Der Beitrag von EBV zur Entstehung EBV-positiver Burkitt Lymphome ist seit über 50 Jahren EBV-Forschung ungeklärt. Im Jahr 2004 wurden im Genom des Epstein-Barr Virus eine Reihe von microRNAs entdeckt, die potentiell für die Pathogenese des EBV-positiven Burkitt Lymphoms relevant sein könnten. Da die Expression der viralen microRNAs seither für das Burkitt Lymphom nur unvollständig beschrieben worden sind, wurden sie in dieser Arbeit systematisch analysiert und dadurch ein vollständiges Expressionsprofil erstellt. Es konnte dabei keine Unterscheidung zwischen endemischen und sporadischen Fällen erreicht werden, jedoch wurden hierbei erstmals Fälle identifiziert, die trotz nachgewiesener EBV-Assoziation keine viralen microRNAs enthielten. Neben den viralen microRNAs könnten im Burkitt Lymphom auch die zellulären microRNAs für die Tumorentstehung von Bedeutung sein. Deshalb wurde in dieser Arbeit auch die Expression der zellulären microRNAs aus Burkitt Lymphom-Biopsien charakterisiert. Durch hierarchisches „Clustering“ bildeten sich drei Gruppen, die hauptsächlich durch An- und Abwesenheit von zwei microRNAs (miR21 und miR92a) definiert wurden, denen onkogenes Potential zugeschrieben wird. Die Expressionsmuster der einzelnen Gruppen weisen auf zelluläre Mechanismen der Pathogenese des Burkitt Lymphoms hin.
Die genetische Charakteristik des Burkitt Lymphoms ist eine Chromosomentranslokation, welche das Protoonkogen c MYC unter die Kontrolle von regulatorischen Elementen der Immunglobulingene bringt. Durch die somit erhöhte Transkription von c-MYC entfaltet das Genprodukt sein onkogenes Potential. Mutationen im offenen Leserahmen können dieses Potential zusätzlich verstärken. Da c MYC ein pleiotroper Transkriptionsfaktor ist und somit auf eine ganze Reihe zellulärer Prozesse Einfluss hat, bewirkt die Translokation massive Veränderungen in der Zelle. Vorangegangene Untersuchungen der Arbeitsgruppe zeigten, dass die antivirale Interferonantwort durch hohe c MYC-Expression unterdrückt wird. Diese Beobachtung liefert eine mögliche Erklärung für die Immunevasion von Burkitt Lymphom-Zellen, trotz Anwesenheit des EBV-Genoms. In Zelllinien, die aus Burkitt Lymphom-Biopsien generiert wurden, konnte gezeigt werden, dass EBV eine Interferoninduktion auslöst, die durch c-MYC unterdrückt wird. In dieser Arbeit konnte auch gezeigt werden, dass Epstein-Barr-virale Nukleinsäureprodukte durch den zytosolischen Rezeptor RIG-I Interferon induzieren, dieser aber durch die hohe c-MYC-Expression transkriptionell gehemmt wird. Neben RIG-I wurden weitere Rezeptoren und Mediatoren der Interferoninduktionskaskade identifiziert, die ebenfalls transkriptionell von c-MYC unterdrückt werden. Diese Ergebnisse stützen die Hypothese, dass c-MYC durch Unterdrückung der angeborenen Immunität die Immunevasion von Burkitt Lymphom-Zellen ermöglicht.
Die vorliegende, publikationsbasierte Dissertation, bestehend aus den drei Einzelpublikationen Bayer (2011, 2012) und Bayer und Schönhofer (2012), verfolgte das Ziel, die Spinnenfamilie Psechridae zu revidieren. Weiterhin sollten die phylogenetische Position dieser Familie im System der höheren Webspinnen (Araneomorphae) sowie die phylogenetischen Beziehungen der einzelnen Arten innerhalb der beiden Gattungen der Psechridae untersucht werden. In Form von morphologisch-taxonomischen Bearbeitungen wurden die beiden die Psechridae bildenden Gattungen Psechrus und Fecenia revidiert, wobei sämtliches Typus-Material sowie reichhaltiges, weiteres Material eingehend beschrieben, illustriert und diagnostiziert wurde. Hierbei wurden auch intraspezifische Variabilität sowie die Prä-Epigynen subadulter Weibchen, die in taxonomischen Arbeiten bislang nur eine unwesentliche Rolle gespielt haben, beschrieben, illustriert und taxonomisch ausgewertet. Zudem wurden im Rahmen dieser Untersuchungen bereits Überlegungen über mögliche Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der beiden Gattungen angestellt. ...
Zelluläre Immuntherapien mit hochaufgereinigten allogenen NK-Zellen sind eine mögliche Therapieoption um den GvL/T-Effekt nach haploidenter SZT bei pädiatrischen Hochrisikopatienten mit malignen Erkrankungen zu verstärken. Im Rahmen der in Frankfurt a. M. laufenden klinischen Phase I/II NK-Zell-Studie wurden 16 pädiatrische Patienten sowohl mit unstimulierten (NK-DLI(unstim), 9 Patienten) als auch mit zehn Tage ex vivo IL-2 (1000 U/ml) stimulierten Spender-NK-Zellen (NK DLI(IL-2 stim), 9 Patienten) an den Tagen (+3), +40 und +100 nach haploidenter SZT behandelt. Bisher gibt es kaum Daten über den Verbleib der transfundierten Zellen und den Einfluss der NK-DLI Immuntherapie auf sowohl zelluläre als auch humorale Komponenten des Immunsystems der Patienten. Da die Patienten zudem nach haploidenter SZT zur GvHD-Prophylaxe das immunsuppressive Medikament Mycophenolat-Mofetil (MMF) erhalten, sind Untersuchungen zum Einfluss von MMF auf die Funktionalität der Spender-NK-Zellen von großem Interesse. In der vorliegenden Arbeit wurde mit Hilfe eines studienbegleitenden, nichtinvasiven in vivo Immunmonitorings erstmalig ein unterschiedlicher Einfluss von NK-DLI(unstim) im Vergleich zu NK-DLI(IL-2 stim) auf zelluläre Bestandteile und auf die Zytokin/Chemokin-Spiegel des peripheren Blutes der Patienten vor und 10 min, 1 h, 4 h und 24 h nach der Zelltherapie beschrieben. Mittels durchflusszytometrischen single platform Analysen konnten sowohl Spender-NK-Zellen als auch patienteneigene NK-Zellen phänotypisch und funktionell charakterisiert und unterschieden werden. So wurden neben einer gesteigerten zytotoxischen Aktivität IL-2 stimulierter NK-Zellen auch Unterschiede hinsichtlich der Expression des Oberflächenmoleküls CD56, des Aktivierungsmarkers CD69, des Natürlichen Zytotoxizitäts-Rezeptors (NCR) NKp44 und des Lymphknoten Homing Moleküls CD62L beobachtet. Des Weiteren führte die Applikation von NK-DLI(IL-2 stim) zu einer signifikanten Zellmigration in der peripheren Blutzirkulation der Patienten. Während sich die Zahl der neutrophilen Granulozyten innerhalb von 4 h im peripheren Blut vervierfachte wurde unmittelbar 10 min nach NK-DLI(IL-2 stim) ein massiver Zellverlust von eosinophilen Granulozyten, Monozyten, dendritischen Zellen und vor allem der NK-Zellen beobachtet. Eine ausgeprägtere Reduktion der immunregulatorischen CD56(bright)CD16(dim/-) NK-Zellen hatte zudem eine Verschiebung in der prozentualen Verteilung der NK-Zell-Subpopulationen zur Folge. In den folgenden 24 h normalisierten sich alle Zellzahlen wieder zu den Werten vor NK-DLI. Anhand der beschriebenen phänotypischen Unterscheidungsmerkmale konnte gezeigt werden, dass dabei nur patienteneigene NK-Zellen in die periphere Blutbahn zurückkehrten. Die Zellmigration war zudem in vivo von einem signifikanten Anstieg der proinflammatorisch- und chemotaktisch-wirkenden Zytokine/Chemokine IL-2, IL-6, IL-8, IFN-γ, MCP-1 und MIP-1β im peripheren Blut der Patienten 10 min nach NK-DLI(IL-2 stim) Applikation begleitet. Die Applikationen von NK-DLI(unstim) zeigten im Gegensatz dazu keine vergleichbaren Effekte. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit war herauszufinden, ob eine Therapie mit dem Immunsuppressivum MMF nach haploidenter SZT die Funktionalität dieser hochaktivierten Spender-NK-Zellen beeinträchtigt und somit die Effektivität der Immuntherapie gefährdet. Es konnten Einschränkungen in der ex vivo Funktionalität der NK-Zellen durch therapeutisch relevante Konzentrationen (1 bis 10 µM) des aktiven Metaboliten Mycophenolsäure (MPA) gezeigt werden. Die MPA-Inkubation führte zu einer dosisabhängigen aber reversiblen Inhibition der IL-2 bedingten ex vivo NK-Zell-Proliferation. Auch die während des ex vivo Expansionsprozesses induzierte Zytokin/Chemokin-Sekretion wurde signifikant gehemmt. Eine 24-stündige MPA-Inkubation der IL-2 stimulierten NK-Zellen führte zudem zu einer eingeschränkten Mobilität der NK-Zellen. Dies korrelierte mit einer signifikant reduzierten zytotoxischen Aktivität gegen K-562 Tumorzellen, was jedoch nicht mit einer Oberflächenreduktion der NCRs und des NKG2D Rezeptors assoziiert war. Auch die durch die IL-2 Stimulation verursachte Hochregulierung der in Aktivierung und Migration involvierten Oberflächenmoleküle CD25, LFA-1, ICAM-1, CCR5, CXCR7, DNAM-1 und CD62L wurde durch MPA inhibiert. Im Gegensatz dazu hatte eine 24-stündige oder 4-tägige MPA-Behandlung bereits vorstimulierter NK-Zellen keinen Einfluss. Zudem konnte im Rahmen dieser Arbeit erstmalig gezeigt werden, dass die IL-2 induzierte intrazelluläre Signaltransduktion durch MPA beeinflusst wird. Dies äußerte sich in einer partiell bis vollständig inhibierten Phosphorylierung zentraler Signalmoleküle wie STAT-3, -4 und -5, der MAP-Kinase ERK1/2 und der Proteinkinase AKT. Dadurch wurden die durch IL-2 geförderten Zellprozesse wie das Überleben, die Proliferation und die zytotoxische Aktivität der NK-Zellen drastisch gehemmt. Dies steht vermutlich im Zusammenhang mit einer reduzierten Expression der IL-2R Untereinheit (CD25), wodurch die Ausbildung des hochaffinen IL-2-Rezeptors auf der Zelloberfläche verhindert wurde. Demzufolge scheint die eingeschränkte NK-Zell-Effektorfunktion Ursache einer durch MPA gestörten IL-2 Signaltransduktion zu sein. Zusammenfassend scheinen NK-DLI(IL-2 stim) durch die gesteigerte Zytotoxizität, die geringere Sensitivität gegenüber der MPA-Exposition sowie durch die mutmaßliche Extravasation der stimulierten NK-Zellen aus der peripheren Blutbahn einen Vorteil gegenüber NK-DLI(unstim) zu haben. Ob dies auch in einer Steigerung der Effektivität der Immuntherapie resultiert und damit die Prognose der Patienten verbessert werden kann, werden jedoch erst zukünftige Studien mit größeren Patientenkohorten abschließend zeigen können.
Einfluss des Transkriptionsfaktors Tal1 auf die Osteoklastogenese durch Regulation von DC-STAMP
(2012)
Das menschliche Knochengewebe unterliegt einem ständigen Auf- und Abbau. Der Knochenumbau, die so genannte Knochenremodellierung, findet stetig statt und etwa 10 % des gesamten Knochengewebes werden innerhalb eines Jahres erneuert (Lerner UH, 2006). Während der Knochenremodellierung befindet sich die Zellaktivität der Knochenaufbauenden Osteoblasten und der Knochen-abbauenden Osteoklasten in einem empfindlichen Gleichgewicht (Karsenty G und Wagner EF, 2002; Teitelbaum SL, 2000).
Durch Störung des Gleichgewichts zwischen Osteoblasten und Osteoklasten kann es zu Knochen-assoziierten Krankheiten wie Osteoporose oder Osteopetrose kommen (Helfrich MH, 2003; Sambrook P und Cooper C, 2006). Osteoklasten sind multinukleäre Zellen, die in der Lage sind die Knochenmatrix zu resorbieren (Teitelbaum SL, 2000). Sie entstehen aus pluripotenten, hämatopoetischen Stammzellen durch Differenzierung und Zellfusion von Monozyten/Makrophagen-Vorläuferzellen (Menaa C et al., 2000, Yavropoulou MP und Yovos JG, 2008). Die Osteoklasten-Differenzierung wird hauptsächlich durch die Zytokine M-CSF (macrophage colony stimulating factor) und RANKL (receptor activator of nuclear factor k b ligand) induziert. Sie initiieren ein spezifisches Expressionsmuster Osteoklasten-spezifischer Gene und aktivieren die Zellfusion in Osteoklasten-Vorläuferzellen zur Bildung reifer Osteoklasten (Boyle WJ et al., 2003; Asagiri M und Takayanagi H, 2007). Die RANKL-vermittelte Induktion der Osteoklastogenese beruht auf der Initiierung eines streng regulierten Netzwerks aus Transkriptionsfaktoren (Yang X und Karsenty G, 2002). Einige Transkriptionsfaktoren, die während der Osteoklasten-Differenzierung induziert und exprimiert werden, sind nicht auf Osteoklasten beschränkt. Sie erfüllen auch Aufgaben in anderen hämatopoetischen Differenzierungsprozessen (Engel I und Murre C et al., 1999), so dass vermutlich die Kombination der Transkriptionsfaktoren entscheidend für die Osteoklastogenese ist.
Der basic helix-loop-helix-Transkriptionsfaktor Tal1 (T-cell acute lymphocytic leukemia 1, auch Scl1, stem cell leukemia 1) ist ein entscheidender Faktor in der primitiven und der definitiven Hämatopoese (Bloor AJ et al., 2002; Shivdasani RA et al., 1996). Die Expression von Tal1 konnte bisher in verschiedenen hämatopoetischen Zelllinien gezeigt werden, u.a. in monozytischen Zellen (Elefanty AG et al., 1998; Green AR et al., 1992; Pulford K et al., 1995; Dey S et al., 2010).
In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss des Transkriptionsfaktors Tal1 in Monozyten und reifen Osteoklasten, vor allem in Bezug auf genregulatorische Prozesse während der Osteoklasten-Differenzierung, untersucht. Der Transkriptionsfaktor Tal1 wird in vitro und in vivo in Osteoklasten-Vorläuferzellen und reifen Osteoklasten exprimiert. Die Proteinexpression von Tal1 wird durch die Inkubation der Zellen mit RANKL induziert, jedoch wurde dies in Bezug auf die mRNA-Expression von Tal1 nicht beobachtet, so dass vermutlich eine posttranskriptionelle Regulation von Tal1 vorliegt.
Die Überexpression von Tal1 sorgte für eine Blockade der Differenzierung von Osteoklasten-Vorläuferzellen in reife Osteoklasten. Der Verlust von Tal1 in primären Monozyten/Makrophagen-Zellen führte zur veränderten Expression von über 1200 Genen, wobei jeweils etwa 600 Gene herauf- bzw. herabreguliert waren. Dies verdeutlicht, dass Tal1 sowohl an der Aktivierung als auch an der Reprimierung der Genexpression in Osteoklasten-Vorläuferzellen beteiligt ist. Die Liste der herabregulierten Gene beinhaltete u.a. das Osteoklasten-spezifische Enzym Acp5 (auch TRAP, tartrate resistant acid phosphatase), die Liste der herauf regulierten Gene beinhaltete u.a. DC-STAMP (dendritic cell specific transmembrane protein) und ATP6V0D2 (d2 isoform of vascuolar ATPase V0 domain), beide werden im Zusammenhang mit der Zellfusion während der Osteoklasten-Differenzierung beschrieben (Kim K et al., 2008; Kim T et al., 2010; Yagi M et al., 2005). Der Promotor von DC-STAMP beinhaltet mehrere potentielle Bindestellen für Tal1 und Osteoklastenspezifische Transkriptionsfaktoren. Es konnte gezeigt werden, dass Tal1, PU.1 und MITF im Bereich um 343 bp vor dem Transkriptionsstartpunkt des DC-STAMP-Promotors binden und dass Tal1 mit den Osteoklasten-spezifischen Transkriptionsfaktoren PU.1 und MITF interagiert. Der inhibitorische Effekt von Tal1 auf die Osteoklasten-Differenzierung kommt durch die Reprimierung der Aktivität der Osteoklasten-spezifischen Transkriptionsfaktoren PU.1 und MITF auf dem DC-STAMP-Promotor in Osteoklasten-Vorläuferzellen zustande. Während der Osteoklastogenese kommt es zu einer verringerten Tal1-Bindung auf dem DCSTAMP-Promotor, wodurch die Tal1-vermittelte Inhibierung der Expression aufgehoben wird.
Die Bindung von PU.1 und MITF auf dem Promotor von DC-STAMP nimmt während der Osteoklasten-Differenzierung zu. Die Expression von DC-STAMP wird im Verlauf der Osteoklastogenese induziert, wodurch es zur Zell-Zell-Fusion kommt.
Die Analyse des transkriptionellen Netzwerks, das die Fusion mononukleärer Zellen in reife Osteoklasten reguliert, vertieft das molekulare Verständnis der Osteoklasten-Differenzierung und kann zur Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze beitragen, die in der Behandlung von Osteoporose, Riesenzelltumoren und anderen Osteoklastenassoziierten Krankheiten verwendet werden können.
Sowohl die Gifte der Kegel- (Conidae) als auch die der Schraubenschnecken (Terebridae) enthalten eine Vielzahl pharmakologisch aktiver Peptide. Vor allem die Conopeptide bzw. Conotoxine aus den Giften der Kegelschnecken werden aufgrund ihrer Selektivität für Ionenkanäle und Rezeptoren seit langem als Werkzeuge in der neuropharmakologischen Forschung eingesetzt. Hier rücken gerade neuronale nikotinische Acetylcholinrezeptoren immer mehr in den Fokus der medizinischen Forschung, da sie vermutlich an der Entwicklung neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Demenz, Schizophrenie und Epilepsie beteiligt sind. Ziel dieser Dissertation war es daher, neue Inhibitoren in den Giften Kegelschnecken (Conidae) und der Schraubenschnecken (Terebridae) für nikotinische Acetylcholinrezeptoren, vor allem der neuronalen Subtypen, zu identifizieren. Es erfolgte die:
1. Identifizierung neuer αD-Conotoxine
Aus den Giften von Conus capitaneus und C. mustelinus konnten zwei native αDConotoxine (αD-CAP und αD-MUS) isoliert und charakterisiert werden. Beide Toxine sind Homodimere mit Molekulargewichten von 11 kDa und inhibieren nikotinische ACh-Rezeptoren. Sie blockieren die Subtypen α7>α3β2>α4β2, wobei sich αD-MUS als potenter als αD-CAP erweist (IC50-Werte von αD-MUS: α7 0,12 nM, α3β2 1,08 nM, α4β2 4,5 nM; IC50-Werte von αD-CAP α7 0,25 nM, α3β2 2,8 nM, α4β2 28,6 nM). Hingegen haben die αD-Conotoxine auf die Rezeptorsubtypen α3β4, α4β4 und α1β1γδ keinen hemmenden Einfluss. Zusätzlich konnten drei weitere αD-Conotoxine mit Hilfe der cDNA von C. vexillum und C. betulinus identifiziert werden. Eine Besonderheit hierbei war, dass innerhalb der Familie der αD-Conotoxine zwei unterschiedliche Signalsequenzen vorkommen und somit diese Sequenzen nicht stark konserviert sind.
2. Charakterisierung des α-Conotoxins SI aus dem Gift von C. striatus
Im Gift der Kegelschnecke Conus striatus wurde ein Peptid mit inhibierender Wirkung an α7-Rezeptoren nachgewiesen. Molekulare Masse (1.352,5 Da) und Aminosäuresequenz entsprachen dem α-Conotoxin SI, das als Antagonist muskulärer nACh-Rezeptoren bekannt ist. Da die Ergebnisse mehrere Jahre zurück lagen und bisher keine Analysen im Oozytenexpressions-System durchgeführt wurden, wurdeeine mögliche Aktivität sowohl an neuronalen als auch an muskulären nACh-Rezeptoren vermutet. Voltage Clamp-Messungen bestätigten die spezifische Wirkung am Muskeltyp, wodurch die Aktivität am α7-Rezeptorsubtyp einem anderen Conopeptid, zugewiesen werden muss, das als Beiprodukt isoliert wurde.
3. Identifizierung neuer Conotoxine der A-Superfamilie Mit molekularbiologischen Methoden unter Nutzung von cDNA-Bibliotheken gelang es, 27 Conotoxine (17 neue und 10 bekannte) aus der A-Superfamilie zu identifizieren: drei α- und zwei κA-Conotoxine aus Conus striatus, zwei α-Conotoxine aus C. betulinus, zwei α- und zwei κA-Conotoxine aus C. carinatus, drei α-Conotoxine aus C. catus, drei α- und zwei κA-Conotoxine aus C. circumcisus, ein α-Conotoxin aus. C. geographus, zwei aus C. imperialis, jeweils eines aus C. lividus, C. quercinus, C. sponsalis sowie zwei aus C. terebra Die Vielzahl der identifizierten α-Conotoxine belegt die hohe Diversität dieser Toxine in den Giften der Kegelschecken. Anhand von Vergleichen mit bereits bekannten Toxinen werden die möglichen Wirkungsweisen einiger neuer α-Conotoxine diskutiert. Für einen Teil der α-Conotoxine wurden 3D-Strukturmodelle erstellt, die Einblicke in die Bindung der Toxine an den Rezeptor geben können.
4. Untersuchung der Gifte der Terebridae
Die inhibierende Aktivität einiger Gifte (Terebra consobrina, T. argus, Myurella affinis, Acus felina, A. chlorata, A. maculata und Hastulopsis pertusa) an nACh-Rezeptoren (α7, α3β2, α4β2, α3β4, α4β4 und α1β1γδ) wurde erstmals nachgewiesen. An Kalium- und Natriumkanälen zeigten die Giftextrakte keine Wirkung. Die Giftextrakte von Myurella affinis und Acus maculata waren am potentesten und blockierten alle untersuchten nACh-Rezeptoren. Dies ist besonders ungewöhnlich, da diese Terebriden-Arten nach der Literatur (Puillandre & Holford, 2010) keinen Giftapparat besitzen sollen. Eine weitere Auffälligkeit aller Terebriden-Giftextrakte war neben der Selektivität für a7-Rezeptorsubtypen, eine hohe Aktivität gegenüber α4-enthaltenden Rezeptoren. In den Giften und mit Hilfe von cDNA-Bibliotheken von Kegelschnecken konnte eine Vielzahl neuer Inhibitoren für neuronale nikotinische Acetylcholinrezeptoren identifiziert werden. Sie zeigen ein breites Wirkungsspektrum, das die unterschiedlichsten nAChRSubtypen einschließt, was ihre Verwendung als pharmaklogische Werkzeuge begrenzt. Hingegen zeigen die Gifte der Schraubenschnecken ein Selektivitätsspektrum, das die Analyse ihrer Peptide als vielversprechend erscheinen lässt.