Refine
Document Type
- Review (3)
- Article (1)
- Part of a Book (1)
Language
- German (5) (remove)
Has Fulltext
- yes (5) (remove)
Is part of the Bibliography
- no (5) (remove)
Keywords
- Brentano, Clemens (5) (remove)
Im Folgenden möchte ich durch Einordnung von Brentanos "Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl" in eine Geschichte des Wissens (Medizin, Recht, Mythologie) zeigen, dass die Organisation der Erzählung der Dynamik zweier gegenlaufiger Textbewegungen geschuldet ist: erstens dem Ausbruch einer rechtlichen Krise als Folge einer fehlenden (in einem gewissen Sinne unmöglichen) sozialen Integration von Sexualität, Kriminalität und Psychopathologie, zweitens den Versuchen, mit einer neuen Ordnung auf diese Krise zu reagieren. Auf der einen Seite stehen die Verbrechen von Kasperl und Annerl, Selbstmord und Kindsmord, ihre psychische und (außer-)gesellschaftliche Genese sowie ihre Folgen, auf der anderen Seite die narrative Bewältigung der Ereignisse durch den Erzähler und die rechtliche durch den Fürsten.
Gerhard Lauers Beitrag […] beschreibt den besonderen Fall eines romantischen Dichters, dem die „romantische Kunst selbst […] zum Problem [wird]“ weil sie seiner Meinung nach zu wenig Religion beinhalte, und der sich deshalb entscheide, nicht mehr autonomer Dichter zu sein, sondern als „Schreiber […] nur noch Religion zu betreiben.“ Das Ergebnis dieser Tilgung der Kunst zugunsten der Religion seien dann Brentanos über viele Jahre „in Dülmer Abgeschiedenheit“ angefertigten Aufzeichnungen der „gottseligen Anna Katharina Emmerick über das bittere Leiden unsers Herrn Jesu Christi“. Doch kehre [a]uf der Rückseite des Wunsches kein Autor mehr zu sein, kein Werk mehr zu schreiben und keine Kunst mehr zu betreiben, sondern nur noch der Religion zu dienen, […] die spezifische moderne Ästhetisierung nur wieder. Im Rahmen einer sozialgeschichtlichen und literatursoziologischen Kontextualisierung von Brentanos Text weist Lauer auf die umfassende Ästhetisierung und Verbürgerlichung der Lebenswelt hin, die auch eine Ästhetisierung der Religion umfasse. Doch brauche nicht nur die Religion die Kunst, „um im Staat die vergesellschaftende Wirkung zu entfalten“, ebenso brauche die Kunst auch die Religion, „um gesellschaftlich bedeutsam sein zu können. Das ist das neue Muster des 19. Jahrhunderts und auch das Muster Clemens Brentanos.“
Rezension zu Auf Dornen oder Rosen hingesunken? Eros und Poesie bei Clemens Brentano. Im Auftrag des Freien Deutschen Hochstifts – Frankfurter Goethe-Museum hrsg. von Hartwig Schultz. Berlin: Saint Albin Verlag, 2003 [und] Laura Benzi: Resakralisierung und Allegorie im Spätwerk Clemens Brentanos. Das Märchen von Gockel, Hinkel und Gackeleia (1838) und Das bittere Leiden unsers Herrn Jesu Christi (1833). Bern u.a.: Peter Lang, 2002.