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Unter den Bedingungen neoliberaler Meritokratie sind die Menschen ununterbrochen gefordert, sich selbst zu vermarkten, sich leistungsstark zu zeigen und ihre Position im Wettbewerb zu verbessern. Ins Zentrum des modernen Lebens rückt die Notwendigkeit, sich permanent zu thematisieren, zu optimieren und darzustellen. Die virtuellen sozialen Netzwerke sind in diesem Kontext als bedeutsame Formen der modernen Selbsttechnologie zu verstehen, in denen das kulturelle Begehren nach Authentizität und der Zwang zur Selbstdarstellung und Selbstverwirklichung einen Ausdruck finden. Die Frage nach dem Selbst oder genauer: die Frage, wie man zu diesem Selbst gelangt, stellt sich vor dem skizzierten Hintergrund auf mehrfache Weise. Das neoliberale Subjekt ist um eine ständige Sichtbarmachung des eigenen Selbst bemüht, das depressive Subjekt scheitert an diesem Imperativ und hat den Bezug zum eigenen Selbst verloren und das Subjekt der Psychiatrie versucht mithilfe von Expert*innen das entfremdete Selbst (wieder) zu erlangen. Innerhalb dieses Problemfeldes bewegt sich der vorliegende Beitrag. Am Beispiel des Schriftstellers Benjamin Maack soll der Frage nachgegangen werden, wie die Depression und die Erfahrung von Selbstverlust in einem Werk der Gegenwartsliteratur zur Sprache kommen. Im Gegenzug soll in einem zweiten Schritt untersucht werden, wie die Institution der psychiatrischen Klinik mit ihren Subjektivierungs- und Objektivierungsmechanismen im Text von Benjamin Maack dargestellt wird. Im Anschluss an Michel Foucault werden sowohl das literarische Schreiben als auch die psychiatrische Untersuchung als Geständnistechniken gedeutet. Die Entstehung der Literatur im modernen Sinne des Wortes wird in Beziehung gesetzt zu der Vervielfältigung und Ausbreitung der Geständnistechnologie im modernen abendländischen Staat. In diesem Beziehungsgeflecht, das es an späterer Stelle nachzuzeichnen gilt, nimmt das literarische Geständnis jedoch eine Sonderstellung ein und weicht von anderen Geständnistechniken ab.
"Der Mensch, der sich auslöschte" : philosophische und literarische Perspektiven auf den Suizid
(2017)
Sarah-Christina Henze und Kevin M. Dear beschäftigen sich mit der literarischen Bearbeitung des Themas Suizid anhand von Terézia Moras Roman "Das Ungeheuer". In ihrem Aufsatz "Der Mensch, der sich auslöschte" - Philosophische und literarische Perspektiven auf den Suizid zeigen die Autoren anhand terminologischer Abgrenzungen die ethische Problematik auf, die sich mit der Selbsttötung verbindet. In diesem Kontext könnten Suizide als nachvollziehbar gelten, die das Ende eines physischen oder psychischen Leidens verheißen. Im Falle von Moras Protagonistin, die sich in Folge einer anhaltenden Depression das Leben nimmt, laufe eine solche Legitimation jedoch insoweit fehl, als die Depression an sich ein Nicht-Artikulierbares, ein Unberührbares im Sinne des Tabu-Begriffs darstelle, das im Roman umkreist wird.