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Es ist eine alte Debatte. Auf der einen Seite steht die althergebrachte Maxime, alles, was wert ist, gesagt zu werden, müsse in jeder Sprache gesagt werden können - umso mehr dann, wenn es sich um die Wissenschaft handelt, die den Anspruch erhebt, universelle Wahrheiten zu erfassen. Demgegenüber steht ein immer wieder anzutreffender Gedanke, dessen wohl inspirierteste Formulierung von Wilhelm von Humboldt stammt, nämlich, dass die Verschiedenheit der Sprachen nicht nur eine von „Schällen und Zeichen“, sondern eine der „Weltansichten selbst“ sei. Thema dieses Vortrags ist die Frage, wo die Wahrheit zwischen diesen scheinbaren Gegensätzen liegt.
Dilettantische Konjekturen
(2009)
»Und wer also nicht die Fähigkeit besitzt«, schreibt Max Weber in […] »Wissenschaft als Beruf«, »sich einmal sozusagen Scheuklappen anzuziehen und sich hineinzusteigern in die Vorstellung, daß das Schicksal seiner Seele davon abhängt: ob er diese, gerade diese Konjektur an dieser Stelle dieser Handschrift richtig macht, der bleibe der Wissenschaft nur ja fern.« […] Anstatt zu fragen, wann eine Erkenntnis als »wissenschaftlich qualifiziert« gelten kann […] beschreibt Weber die Einstellung […] des Wissenschaftlers […]: Ein leidenschaftliches Erkenntnisinteresse für seinen Untersuchungsgegenstand haben – ist das nicht genau die Haltung, die den Enthusiasten, den Liebhaber, den Amateur, sprich, den Dilettanten auszeichnet? […] Inwiefern kann Leidenschaft zum Beruf des Wissenschaftlers qualifizieren? […] »Nun ist es aber Tatsache: daß mit noch so viel von solcher Leidenschaft, so echt und tief sie sein mag, das Resultat sich noch lange nicht erzwingen läßt. Freilich ist sie eine Vorbedingung des Entscheidenden: der ›Eingebung‹«. […] Offenbar verwendet Weber die Formulierung ›Eingebung‹ synonym mit dem Begriff ›Einfall‹, dessen Resultat die ›Konjektur‹ ist. Im Anschluss an die beiden Zitate aus Webers Aufsatz stellt sich in meinen Augen nicht nur die Frage, welche Rolle die Leidenschaft für den berufenen Wissenschaftler spielt, sondern auch inwiefern der Umgang mit Konjekturen und Einfällen zugleich den Unterschied zwischen Fachmann und Dilettant markiert. Diese Frage steht im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen.
Architextur
(2003)
Der Wechsel vom mechanischen zum elektronischen Paradigma, von der klassischen zur modernen episteme bedeutet, so geht aus der hier angestellten Untersuchung hervor, eine große Herausforderung für die Architektur. Solange sich das mechanische Paradigma, die klassischen episteme sich selbst als Architektur erkennen konnten, kann das non-fundamentalistische Paradigma seine Identität in der Art von Architektur nicht mehr finden. (Oder: sie erfindet keine mehr dafür.) Im mechanischen Paradigma konnte man, was wirklich ist und was Wirklichkeit ist am Haus, an dessen fest fundierter, zur harmonischen Einheit gefügter hierarchischer Ordnung zum Zweck der Umschließung ablesen. Das Gebäude konnte auch für das Denkgebäude der episteme ohne weiteres zum Vorbild und Leitbild werden. Die Art von Architektur besitzt aber kaum mehr Gültigkeit für ein Weltbild, das aus Zufallsmomenten und Entgleitungen, aus unregelhafter Mehrdimensionalität, Simultaneität und Virtualität besteht. Um die entgleitende Position des Identitätsstifters einigermaßen restaurieren zu können, sollte die Architektur ihre Konventionen der Formgestaltung, ihre Konventionen der Theoriebildung, ja ihre ganze Architeturidentität ändern. Die ver-störenden Gesten der Grenzverschiebungen in Philosophie und Architektur des Dekonstruktivismus optieren vielleicht dafür.