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Gelehrte bedürfen einander. Eine soziale Gruppe, die es nicht als ihre vornehmste Aufgabe ansieht, sich die materiellen Grundlagen des Lebens zu erarbeiten, ist auf Solidarität angewiesen. Nicht immer steht ein reicher Gönner, ein Mäzen, ein Patron zur Verfügung, der gewillt ist, antiquarische, philologische oder sonstige "zweckfreie" Interessen zu fördern. Der vom Schicksal Benachteiligte hofft in dem Fall auf die Unterstützung derer, die seine Interessen teilen und die materielle Bedrängnis aus eigenem Erleben nachvollziehen können. Gelehrte bedürfen ferner auch insoweit einander, als in der Regel nicht alle für die Realisierung eines wissenschaftlichen Vorhabens benötigten Informationen, Schriften und Artefakte vor Ort vorhanden sind. Also begibt man sich auf Reisen, zieht in ferne Länder in der Hoffnung, dort Gleichgesinnte zu treffen, die im Besitz der erstrebten ideellen Güter sind und dazu bereit, andere daran teilhaben zu lassen. ...
Justiz ist nicht allein Sache der staatlichen Gerichtsbarkeit. Gegenwärtig rückt dies immer stärker ins Bewusstsein. Über internationale Wirtschaftsschiedsgerichte, islamische »Friedensrichter«, Sportschiedsgerichte oder justizähnliche Gremien an amerikanischen Universitäten, die über Fälle sexueller Gewalt entscheiden, kann man mittlerweile in den Tageszeitungen lesen. Justizmäßige Entscheidungsinstitutionen, in denen nichtstaatliche Akteure eine – im wahrsten Sinne des Wortes – entscheidende Rolle spielten, sind inzwischen auch in der Rechtsgeschichte ein beliebtes Thema. In der deutschen rechtshistorischen Forschung sind dies vor allem die Schwurgerichte, die Gewerbegerichte (bzw. ihre Vorläufer) und die Schiedsgerichte, bei anderen Spielarten, z.B. den vielfältigen Ausprägungen der Handelsgerichtsbarkeit, fehlt es noch an eingehenderen Untersuchungen – ganz zu schweigen von jenen spezialisierten und teilweise kurzlebigen paritätischen Gremien, in denen die sozialen und ökonomischen Konflikte des Interventions- und Sozialstaats austariert wurden. ...
Debattieren wir in der Rechtsgeschichte zu wenig über Grundsätzliches und über Methodenfragen – oder lässt sich im Gegenteil eine gewisse Ermüdung feststellen, weil die Vielzahl übergreifender Diskussionen nur von der Quellenlektüre und der inhaltlichen Arbeit ablenkt? Die Antwort fällt schwer. Im Anschluss an einige Gespräche auf dem Rechtshistorikertag in Tübingen haben wir uns entschlossen, in Rechtsgeschichte – Legal History den Raum für genau diese Erörterung zur Verfügung zu stellen. Um die Debatte anzustoßen, haben wir den einleitenden Beitrag über Normengeschichte, Wissenschaftsgeschichte und Praxisgeschichte an knapp 30 Kolleginnen und Kollegen versandt und sie eingeladen, ihre Sicht der Dinge knapp und zugespitzt darzulegen. ...
Tamar Herzog arbeitet seit Jahren an einer Rechtsgeschichte der Praxis. In ihren Publikationen zur Strafrechtsgeschichte im frühneuzeitlichen Quito beschrieb sie das Funktionieren der Strafjustiz anhand zahlreicher Fallstudien und strich dabei die nicht-juristischen Faktoren als entscheidende Orientierung für die Entscheidungsfindung heraus (zuletzt in Upholding justice, 2004). In Defining Nations (2003) rekonstruierte sie das System der Bestimmung von Zugehörigkeit und ergo der Zuweisung von materiellen und immateriellen Ressourcen auf ähnliche Weise. Auch dort hat sie die komplexe Interaktion zwischen Normsetzung und -aneignung unterstrichen und damit die Rechtsgeschichten der Staatsangehörigkeit in imperialen Räumen neu akzentuiert. Das Besondere an ihren Arbeiten liegt nicht zuletzt darin, dass sie ihre Beobachtung stets in eine unaufgeregte Theorie des frühneuzeitlichen Rechts einordnet. Recht gibt für sie schlicht einen großen Teil der Regeln vor, in deren Horizont die Akteure handeln. Es sind nicht die einzigen, aber es sind wichtige Teile des normativen Universums. Die Spieler mögen sich – so ein in der Zusammenfassung benutztes Bild (264) – an diese Regeln halten, ihre eigenen Strategien im Umgang mit ihnen entwickeln oder sie schlicht missachten. Doch ganz unabhängig von diesen Regeln wird niemand sein Spiel treiben können. Der Zuschauer, der die Regeln kennt, kann das Ergebnis ebenfalls nicht vorhersagen. Er wird auch ratlos sein, wenn seine Mannschaft verliert. Aber er versteht das Spiel besser. Wer die Regeln nicht kennt, sieht nur Bewegung. In Frontiers of Possession bleibt Herzog dieser Methode treu. Sie schaut ins Archiv, auf den Einzelfall, von dort auf das Recht. Sie blickt von innen nach außen, kommt deswegen zu teilweise anderen Befunden als die Forschung und zeichnet damit ein klares – und zugleich komplexes – Bild. ...
Die Lektüre des Buchs beginnt mit dem Titel. Er ist offenbar bewusst vage gehalten. "Die Juristen", als Gattung oder Stand, als Denktypus, als wissenschaftliche Formation? Geht es um Juristen aller Herren und Länder? Und was bedeutet "kritische Geschichte" – ist eine unkritische denkbar? Handelt es sich um eine soziologische historische Studie zur Ausbreitung der Juristen und eine Analyse ihres Einflusses? "The Jurists" ist also ein anspruchsvolles Portal, hinter dem sich jedenfalls kein Juristenlexikon verbirgt. Treten wir also ein und sehen wir zunächst, welchen Ballast Gordley abwerfen musste, um sein Schiff flott zu bekommen. ...
Aussagen über den "Zustand" der Rechtsgeschichte in verschiedenen Ländern sind schwer zu gewinnen und zu gewichten. Akademische Fächer als reale Verbandspersönlichkeiten sind ohnehin eine luftige Konstruktion. Die Zahlen der Professuren in Relation zur Zahl der Universitäten, die Abschlussexamina der Juristenausbildung (mit oder ohne rechtshistorischen Anteil, mit oder ohne Bologna-Modell), die Zahl der Dissertationen, die Ausstattung der Bibliotheken und viele andere Daten lassen sich natürlich erheben. Aber schon die Ausgangspunkte sind unterschiedlich. In den meisten Ländern widmen sich die Rechtshistoriker nur ihrem Fach, während sie in Deutschland in der Lehre auch geltendes Recht vorzutragen und im Examen zu prüfen haben. ...
Diese Rechtskolumne stellt in Form eines Essays den staatsrechtlichen Diskurs und einige seiner Akteure zur Thematik des realen Wandels der Lebensverhältnisse von Ehe und Familie dar und befasst sich mit den Schwierigkeiten dessen normativer Verarbeitung. Der relevante Verfassungstext wurde nicht geändert, umstritten ist die Auslegung und inwieweit sie sich verändern darf. Das Bundesverfassungsgericht erklärte seit 2009 mehr-fach die Ungleichbehandlungen zwischen Ehe- und Lebenspartnern für verfassungswidrig. Die Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer debattierte auf der Staatsrechtslehrertagung 2013 in Greifswald über Ehe und Familie, wobei es, insbesondere von den Männern, emotiona-le Stellungnahmen gegen die Auflösung der Ehe zu hören gab. Es dreht sich jedoch in diesem Diskurs über Ehe und Familie nicht nur um die Gleichstellung von Lesben und Schwulen. Immer wird auch das Geschlechterverhältnis zwischen Männern und Frauen mitverhandelt. Mit dem oft verteidigten traditionellen Familienbild ist die Ehe als patriarchale Institution gemeint. Bis heute wirkmächtig geblieben ist das spezifisch deutsche Mütterlichkeitsideal: Bleibt Mutti nicht zuhau-se, leidet das Kind. Unsere europäischen Nachbarn teilen diese Einstellung nicht. Das Recht muss akzeptieren und aufnehmen, dass Menschen heute in vielfältigen Familienformen (zu denen unter anderen auch die traditionelle Kleinfamilie gehört) leben.
Das Bundesverfassungsgericht sieht sich wegen seiner Entscheidungen, insbesondere zur europäischen Integration sowie zur rechtlichen Gleichstellung der Ehe mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft, in jüngster Zeit mit zunehmender Kritik aus den Reihen der politischen Akteure konfrontiert. Die Rechtskolumne stellt diese Kritik in einen historischen Kontext und zeigt, dass inhaltliche Konflikte zwischen dem Gericht und der Politik ein wiederkehrendes Phänomen darstellen. Daran anschließend werden in der Diskussion stehende Maßnahmen zur Begrenzung des gerichtlichen Einflusses analysiert, die sich aber im Ergebnis als wenig erfolgversprechend bzw. aufgrund ihrer negativen strukturellen Auswirkungen als nicht tragfähig erweisen.
Der Beitrag ruft die zentralen Überlegungen Hugo Sinzheimers zur sozialen Selbstbestimmung, zur Arbeitsverfassung, zum Arbeitsrecht als ein die Grenzen zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht sprengenden Rechtsgebiet sui generis und zur Rechtssoziologie ins Gedächtnis, um daraus einige Folgerungen für die Arbeitsrechtswissenschaft am Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe Universität abzuleiten.
Zugehörigkeit im Sozialstaat
(2015)
Der Beitrag befasst sich mit der aktuell kontrovers diskutierten Frage des Zugangs von Ausländern – insbesondere von Unionsbürgern – zu staatlichen Sozialleistungen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Grundsicherungsrecht, namentlich auf der Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, wonach arbeitssuchende Unionsbürger von Leistungen zur Grundsicherung ausgeschlossen werden. Unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich der Leistungsausschluss für Unionsbürger und Ausländer in die dem Sozialleistungsrecht zugrundeliegende Konzeption der Territorialität (§ 30 Abs. 1 SGB I) einfügt. Es wird sich zeigen, dass Leistungsausschlüsse für diese Personengruppen im Grundsicherungsrecht als Konkretisierung des Territorialitätsgrundsatzes zu begreifen sind. Von der Annahme ausgehend, dass der "gewöhnliche Aufenthalt" im Sinne des § 30 SGB I also Dreh- und Angelpunkt für die sozialrechtliche Zugehörigkeit ist, soll die grundsätzliche Frage des Verhältnisses von Sozial- und Aufenthaltsrecht beleuchtet werden. Konkret formuliert geht es zum einen um die Frage, ob es für den Zugang zum Sozialleistungssystem eines rechtmäßigen Aufenthalts bedarf. Dass dies – anders als von einigen Sozialgerichten unter Berufung auf einschlägige Rechtsprechung des EuGH teilweise angenommen – zu verneinen ist, gilt zu zeigen. Zum anderen soll untersucht werden, ob und inwieweit gesetzlich geregelte Anforderungen an den Integrationsgrad von Ausländern für die sozialrechtliche Zugehörigkeit zulässig sind.
Im Wirtschaftsregulierungsrecht treten immer häufiger Mehrpersonenverhältnisse auf: Die Regulierungsentscheidung der Regulierungsbehörde betrifft nicht nur den Adressaten, sondern hat mittelbar auch Wirkungen auf die Ausgestaltung der Wettbewerbsfreiheit der Konkurrenten. Materielles und Verfahrensrecht erlauben aber bisher kaum eine Beteiligung der Interessen des Dritten. Verwaltungsrecht und Verwaltungswissenschaft sind aufgefordert, hierfür Problemkonstellationen zu identifizieren und Lösungsvor-schläge zu unterbreiten.
Der Beitrag analysiert zunächst Dreiecksverhältnisse mit besonderem Blick auf das Wirtschaftsverwaltungsrecht und schlägt als einen möglichen Weg zur Bewältigung daraus resultierender Probleme in Instrumenten der Kooperation vor, wie sie etwa im Gesundheitsrecht mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) existieren, auch wenn dieses Rechtsgebiet (zu Unrecht) als wenig als wegweisend wahrgenommen wird.
Ilse Staff ist in mehrfacher Hinsicht eine Pionierin. Sie ist die erste Frau, die am Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt habilitiert wurde, zugleich die erste Professorin an diesem Fachbereich sowie die erste Frau überhaupt, die sich im öffentlichen Recht im deutschsprachigen Raum habilitierte.
Der Beitrag zeichnet zunächst bedeutende private und berufliche Stationen des Lebens von Ilse Staff nach und widmet sich anschließend ihrem juristischen Werk, in dem ihre politischen Wertmaßstäbe sowohl in der Wahl der Themen wie auch in den inhaltlichen Positionen zum Ausdruck kommen: Ilse Staff setzte sich als eine der ersten kritisch mit der Rolle der Justiz im Dritten Reich auseinander und leistete damit einen maßgeblichen Beitrag zur rechtshistorischen Aufarbeitung der NS-Zeit. Darüber hinaus ist ihr oeuvre geprägt von der rechtsphilosophisch-verfassungstheoretischen Beschäftigung mit den Positionen bedeutender Staatsrechtslehrer der Weimarer Republik sowie umfassenden (rechtsvergleichenden) Auseinandersetzungen mit dem italienischen Staatsrecht bzw. der italienischen Staatslehre.
Die Biographie der Staatsrechtslehrerin Ilse Staff ist beeindruckend, offenbart aber auch jene Hindernisse, mit denen sich Frauen auf dem Weg in die Wissenschaft – auch heute noch – konfrontiert sehen. Der Beitrag analysiert deshalb abschließend, inwiefern diese von der Gen-derforschung identifizierten strukturellen Widerstände Einfluss auf die wissenschaftliche Karrie-re von Ilse Staff gehabt haben könnten.
Der Beitrag hat die Keilschriftrechtsgeschichte als rechtshistorische Teildisziplin zum Gegenstand. Bei ihrer wissenschaftsgeschichtlichen Einordnung zeigt sich eine charakteristische Prägung durch den methodischen Ansatz der historischen Rechtsvergleichung wie auch durch eine stark interdisziplinäre Ausrichtung. Stand und Perspektiven der von juristischer Seite betriebenen Keilschriftrechtsgeschichte werden anhand von aktuellen Forschungsvorhaben im Rahmen Frankfurter Verbundprojekte exemplarisch beschrieben. Dabei wird deutlich, dass das Fach, nicht zuletzt aufgrund der vorgenannten Prägung, in hohem Maße anschlussfähig an kulturübergreifende Erkenntnisinteressen ist.
Das allgemeine Bild, sowohl beim materiellen wie auch beim prozessualen EU-Strafrecht, zeigt, dass trotz der positiven Schritte, die in den letzten Jahren zu verzeichnen sind, noch große Anstrengungen notwendig sein werden, damit man von einer zufrieden stellenden Achtung fundamentaler Strafrechtsprinzipien im Rahmen der EU sprechen kann. Der Beitrag versucht darauf aufmerksam zu machen und Wege zu zeigen, damit fundamentale Straf-rechtsprinzipien das zentrale Instrument einer notwendigen Korrektur werden, die die gemeinsame europäische Rechtskultur fördern können.
Untersucht wird aus verfassungsrechtlicher und kriminal-politischer Sicht, ob auch in Deutschland das Tragen einer Vollverschleierung (Burka, Niqab u.ä.) im öffentlichen Raum mit strafrechtlichen Mitteln verboten werden könnte. Obwohl derartige Praktiken mit dem Grundsatz der Geschlechtergleichheit und den Grundlagen einer offenen Bürgergesellschaft kollidieren, spricht sich die Verf. im Ergebnis gegen ein strafrechtliches Verbot aus.
Die Gründung der Universität durch jüdische Frankfurter Bürger ermöglichte es, in Frankfurt auch Juden, Liberale und Linke zu berufen. So entstand an der Juristischen Fakultät ein Lehrkörper, der liberalem Ideen sowie damals modernen Materien wie dem Völkerrecht, dem Arbeitsrecht und dem Wirtschaftsrecht gegenüber aufgeschlossen war. Dazu trug besonders die Einbeziehung kenntnisreicher Frankfurter Praktikerjuristen als Lehrbeauftragte und Honorarprofessoren bei. Diese Fakultät wurde 1933 zerschlagen. Nach 1945 konnte der Wiederaufbau mit wenigen Angehörigen der alten Fakultät unterstützt von einigen Neuberu-fungen beginnen. Dabei gaben prominente Persönlichkeiten wie Franz Böhm und Walter Hallstein der neuen Fakultät sofort wieder ein liberales Profil. Bei der Vergrößerung des Lehrkörpers durch Schaffung neuer Lehrstühle und erneute Einbeziehung von Praktikerjuristen bereicherten auch Vertreter moderner Rechtsmaterien die Fakultät. Die Studentenunruhe der Jahre 1968 ff. traf die Fakultät in der Phase eines Generationenwechels. Mit dem Plan einer einphasigen Juristenausbildung nach eigener Konzeption scheiterte der Fachbereich. Stattessen refor-mierte er das Lehrprogramm nach methodischen Kriterien. Die Studierendenzahlen nahmen ständig zu mit einem parallel dazu stetig wachsenden Anteil von Studierenden ausländischer Herkunft. Am Ende des 20. Jahrhunderts besaß der Frankfurter Fachbereich ein methodisch wie inhaltlich modernes, liberales Profil.
Die These des Beitrags lautet, dass die Ausweitung des Anwendungsbereichs zentraler Materien des Wirtschaftsrechts Ausdruck und weiterer Treiber einer generellen Ökonomisierung der Gesellschaft ist. Hierbei handelt es sich um die Generalisierung ökonomischer, effizienzorientierter Denk- und Handlungsmuster zu einem Analyse- und Bewertungsprinzip für sämtliche sozialen Beziehungen. Zur Überprüfung dieser These sollen die Grenzen des Anwendungsbereichs des Marktverhaltens- und Unternehmens-rechts abgeschritten werden. Die kritisch-normative Pointe geht dahin, vom Wirtschaftsrecht mehr Reflexivität zu verlangen: Es muss die nicht genuin öko-nomischen Gründe für die Begrenztheit seines Regulierungsanspruchs in seine Tatbestandsvoraussetzungen integrieren.
Die Private Krankenversicherung ist explizit seit Einführung der Versicherungspflicht im Jahr 2008 neben der Gesetzlichen Krankenversicherung zweite Säule eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes in Deutschland. Sie ist – auch schon traditionell – umfassend reguliert; Versichertenwettbewerb innerhalb der PKV aber auch zur GKV findet in entsprechend enger rechtlicher Strukturierung statt. In den letzten Jahren wird die PKV zudem auch immer stärker bei der Regulierung der Leistungserbringer berücksichtigt bzw. einbezogen. Der Beitrag gibt einen komprimierten Überblick über die Regulierung der PKV als Teil des Gesundheitssystems.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 28. Januar 2015 entschieden, dass Kinder, die durch künstliche Befruchtung im Wege einer Samenspende gezeugt worden sind, gegen Reproduktionsmediziner und -kliniken einen Anspruch auf Auskunft über die Identität des Samenspenders haben können. Die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs setzte kein bestimmtes Mindestalter der „Spenderkinder“ voraus. Der nachfolgende Beitrag analysiert die Konstruktion dieses Anspruchs vor dem Hintergrund eines durch neue Reproduktionstechnologien und gewandelte gesellschaftliche Vorstellungen veränderten Abstammungsrechts. Nach Methodenkritik und Rekonstruktion aus einer gesellschaftlich-institutionellen Perspektive eröffnen sich weitere Aussichten auf zukünftige Formen von Vaterschaft und ein entsprechend zu verwirklichendes Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung.
Nach vorherrschender Lesart prallen im Internet Exklusivitäts- und Zugangsinteressen aufeinander. Das Urheberrecht soll diesen Konflikt in ein angemessenes Gleichgewicht bringen. Im folgenden Beitrag werden die Auseinandersetzungen um das digitale Urheberrecht anders gedeutet. Demnach ist die Online-Kommunikation von zwei koexistierenden Kulturen geprägt, die sich je verschieden zum Urheberrecht verhalten. Die Ausgestaltung des digitalen Urheberrechts wird mit darüber entscheiden, ob das dynamische Nebeneinander von Exklusivitäts- und Zugangskultur fortdauert oder ob eine der beiden Kulturen verdrängt wird. Das Urheberrecht ist folglich als Teil der Internetregulierung zu betrachten.
Anforderungen an einen wissenschaftlicher Verbrechensbegriff werden im ersten Teil dieses Textes vorgestellt. Die folgende Untersuchung der „Allgemeinen Theorien des Verbrechens“ zeigt, dass diese ihren Anspruch nicht einlösen können, weil sie eines wissenschaftlich tragfähigen Verbrechensbegriffes entbehren. Doch indem sie diesen Mangel nicht erwähnen, sondern diese Leerstelle mit Schweigen oder losen Verbrechensbegriffen verhüllen, täuschen sie darüber hinweg.
Das Verhältnis von Zwangsvollstreckungs- und Verfassungsrecht ist nicht nur in Deutschland ein aktuelles Thema in der zivilprozessualen, verfassungsrechtlichen und (verfahrens-) rechtspolitischen Diskussion, wie die vorliegende Themenwahl der o.g. Jahrestagung der International Association of Procedural Law (IAPL) belegt. Ein Ausschnitt aus dieser Gesamtthematik ist Gegenstand dieses Nationalberichts aus der Perspektive des deutschen (Verfahrens-) Rechts, der unter dem Generalhema „Verfassung, Grundrechte und Vollstreckungsrecht“ insbesondere das „Spannungsverhältnis“ der kollidierenden Grundrechte von Vollstreckungsschuldner und -gläubiger behandelt.