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Der interdisziplinäre Sammelband eröffnet neue Perspektiven auf den Stil als bislang unterkonturierte literaturwissenschaftliche Leitkategorie unter transnationalen, wissens-, gattungs- und sprachgeschichtlichen Gesichtspunkten. Im 18. Jahrhundert zeichnet sich im Nachdenken über Schreibarten eine Neujustierung der Stilkategorie ab, die den Stil zur Reflexionsgröße für ästhetische Diskurse macht. Der Band sondiert die Pluralisierung, Historisierung und Individualisierung der Stilkategorie, die ihr neue literatur- und kulturtheoretische Anwendungsbereiche eröffnet. Die Bewegungen zwischen den Sprachen, Literaturen, Medien und semantischen Feldern erschließt die Publikation, indem sie europäische Vergleichshorizonte eröffnet und literatur- ebenso wie sprachwissenschaftliche Ansätze präsentiert. Damit leistet sie einen Beitrag zum Feld der komparatistisch ausgerichteten Germanistik, insbesondere der Literatur- und Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts und des europäischen Kulturtransfers.
Um 1750 gelangt die ethopoetische Funktion des Stils in den Fokus verschiedener Autoren, welche die Kategorie in Rhetorik, Poetik und Ästhetik neu vermessen. Johann Christoph Gottscheds Rhetorik weiß den Stil als Übung zu nutzen, um Empfinden und Denken der Schüler zu trainieren. Der Charakter der Schüler resultiert somit aus einem Ausbildungsprogramm, das vom Spracherwerb bis zum Verfassen von Reden reicht. Johann Jacob Breitinger erläutert in seiner Poetik, wie die Sprache auf einer semiotischen Ebene auf verschiedene Arten Kraft ausübt, um das Gemüt zu bewegen und damit sinnliche Erkenntnisse zu generieren. Stil als Übung und Stil als Darstellungsverfahren vereint Alexander Gottlieb Baumgarten in seiner Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis, die sowohl eine Vervollkommnung des sinnlichen Erkennens anstrebt als auch die Verfahren beleuchtet, die für die Darstellung der sinnlichen Erkenntnis verantwortlich sind.
Hugh Blairs umfangreiche "Lectures on Rhetoric and Belles Lettres" sind eines der erfolgreichsten Werke der englischsprachigen Rhetoriktradition. Der Stilbegriff bildet das Zentrum von Blairs Ästhetikkonzept. Blair greift einerseits auf die rhetorische Tradition zurück, bezieht sich andererseits aber auch auf wahrnehmungstheoretische Überlegungen aus der zeitgenössischen empiristischen Psychologie. Neben den ästhetischen Qualitäten des Stils rücken dabei Fragen der Verständnissicherung durch stilistische Klarheit in den Fokus. Blairs "Lectures" greifen damit über das Feld der Ästhetik entscheidend hinaus.
Um 1750 zeichnet sich eine grundlegende Verschiebung in der Funktion des Stilbegriffes ab, die sowohl die Theorie als auch die Praxis literarischen Schreibens veränderte. Während sich das an der frühaufklärerischen Erkenntnistheorie orientierte Ideal der ersten Jahrhunderthälfte als analytischer Stil beschreiben lässt, zielt die Dichtungstheorie und -praxis in der zweiten Jahrhunderthälfte auf einen synthetischen Stil, der sich im poetischen Text als "übersummatives Ganzes" (Ulf Abraham) manifestiert; die poetische Absicht wird durch diesen Stil in einem korrelativen Verhältnis von Text und Einbildungskraft verwirklicht. In einer vergleichenden, den historischen Kontext einbeziehenden Analyse zweier Gedichte von Barthold Heinrich Brockes und Friedrich Gottlieb Klopstock wird nachgewiesen, dass sich das Verständnis von Stil von einer Art Verdoppelung des Erkenntnisprozesses (Brockes) zu einer kognitiven Funktion (Klopstock) hin verschiebt.
Im vorliegenden Beitrag geht es um die Frage, wie sich Natürlichkeit als ein zentrales Stilkonzept im 18. Jahrhundert auf die syntaktische Gestaltung von Texten ausgewirkt hat. Grundlage der empirischen Untersuchung sind neunzig Musterbriefe, die aus drei Ausgaben des Schröter'schen Briefstellers (1,1743, 7,1767, 8,1785) stammen und die im Sinne der 'neuen' Stilauffassungen überarbeitet wurden. Die Briefe zeigen unter anderem einen Rückgang in der Satzkomplexität, eine Aufwertung der Selbstreferenz und eine verstärkte Einbindung mündlichkeitsnaher Strukturen.
Der Beitrag sucht Georg Christoph Lichtenbergs Position im Sprachdenken der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu bestimmen. Diese ist durch eine Kombination von anthropologischen und technisch-pragmatischen, sprachhandwerklichen Überlegungen zur "Wörterfertigung" geprägt, bei der Fragen von Lexik und Nomenklatur im Vordergrund stehen. Zu den Leitkriterien des guten Stils gehören Lichtenberg zufolge Wahrheit und Genauigkeit sowie Natürlichkeit und Individualisierung.
Für die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde ein umfassender Wandel im Bereich des Stilverständnisses konstatiert, das ab 1750 von zwei gegensätzlichen Stilbegriffen geprägt ist: einem traditionell rhetorischen einerseits und einem sich neu etablierenden Individualstil andererseits. Der Beitrag versucht, mit einem Schlaglicht auf das Frühwerk Johann Georg Hamanns ("Sokratische Denkwürdigkeiten" und "Wolken") diesen für das Verständnis der stilgeschichtlichen Umbrüche zentralen Autor im skizzierten Diskursfeld zu verorten. Ein näherer Blick auf Hamanns sokratische Schreibart erlaubt es, die geläufige Rollenzuschreibung, die in Hamann vor allem einen Wegbereiter des Individualstils erkennt, zu problematisieren und ein Paradox herauszuarbeiten: Die Entwicklung zum Individualstil beginnt im Falle von Hamanns ironisch verstellter Maskenrede mit einer radikalen Depotenzierung der Autorinstanz.
In seiner "Poétique française" (1763) und seinen "Eléments de littérature" (1787) entwickelt der französische Dichter und Theoretiker Jean-François Marmontel Ansichten zum Stil, die von der traditionellen Regelpoetik geprägt sind, allmählich aber einen Übergang zur Individualstilpoetik andeuten. Während er diese verschiedenen Paradigmen durch den Geschmacksbegriff noch zu vereinen sucht, zeigt die deutsche Rezeption seiner Theorie, insbesondere Gottlob Benedikt von Schirachs Übertragung, wie sich der Kompromiss aufzulösen beginnt und wie sich neben der Durchsetzung der Individualstilpoetik auch eine Trennung zwischen Wissenschaft und Kunst anbahnt.
Beispiel und Regel im 18. Jahrhundert. Ein Blick in Christian Ludwigs zweisprachige Wörterbücher
(2024)
Zweisprachige Wörterbücher des 18. Jahrhunderts sind eine wichtige Quelle für die Analyse impliziter stilistischer Urteile. Sie wurden einerseits, insbesondere in der zweiten Jahrhunderthälfte, von den präskriptiven Regeln der großen monolingualen Wörterbücher und Grammatiken beeinflusst, andererseits hatten sie die Aufgabe, Fremdsprachenlernern deskriptiv Gebrauchsmuster an Beispielen vorzuführen. Der Beitrag zeichnet nach, wie sich die Autoren dieser doppelten Herausforderung stellten und wie das entstehende präskriptive Regelsystem vor dem Hintergrund der Stilpluralisierung im 18. Jahrhundert zu interpretieren ist.
In seinem Frühwerk "Über die neuere deutsche Literatur" arbeitet der junge Johann Gottfried Herder an der Herausbildung einer neuen Prosa. Durch kommentiertes Zitieren aus den "Briefen, die neueste Literatur betreffend" entwirft er das Ideal einer 'biegsamen' und 'behaglichen' ungebundenen Schreibweise, die sich ganz wesentlich in Stilversuchen manifestiert - in beschriebenen, kritisierten und zitierten sowie denjenigen des Verfassers selbst.
Der Begriff des 'körnigen Stils' steht in der Sprach- und Literaturkritik des 18. Jahrhunderts für eine kurze und gehaltvolle, oft auch als 'nachdrücklich' beschriebene Schreibart. Im Literaturstreit zwischen Johann Christoph Gottsched und den 'Schweizern' erlangte er zugleich programmatische und polemische Bedeutung. Im Zentrum des Aufsatzes steht die für das 'Körnige' konstitutive Konstellation von Kürze, Kraft und Konkretion. Ausgehend von Theodor W. Adornos stilsoziologischer Beobachtung, dass der lakonische Stil in Briefen des 18. Jahrhunderts Ausdruck bürgerlicher Notdurft sei, zeige ich an Texten von Johann Christoph Adelung, Johann Jacob Breitinger, Gottfried Wilhelm Leibniz und Johann Gottfried Herder, dass das Stilideal des Körnigen im 18. Jahrhundert mit dem Streben nach einer Erneuerung und Bereicherung der deutschen Schriftsprache einherging. Zum Kapital, aus dem diese neue Sprache sich speisen sollte, gehörte das ausdifferenzierte Vokabular des Handwerks und des Handels. Der zeitgenössischen Theorie zufolge stellte der körnige Stil also weniger die Notdurft als den Reichtum und die Sprachmächtigkeit des Bürgertums zur Schau.
Am Nachdruck, wie er bei Johann Christoph Gottsched, Johann Jacob Bodmer, Johann Jacob Breitinger, Johann Georg Sulzer und Johann Gottfried Herder diskutiert wird, lässt sich exemplarisch beobachten, wie eine Gruppe von rhetorischen Verfahren zur Kennzeichnung von nationalen Kollektivstilen ausgebaut wird. Eine wichtige Voraussetzung für die Ausweitung des Nachdrucks von einer Stilfigur zu einem 'nachdrücklichen Stil', so die hier verfolgte These, ist der über physikalische Leitvorstellungen von Druck, Stoß und Wurf geleistete metaphorische Anschluss an ästhetische Kraftvorstellungen.
Der Beitrag untersucht den Gebrauch des Tonbegriffs im ästhetischen und poetologischen Diskurs des mittleren und späten 18. Jahrhunderts. Ausgangspunkt dafür ist eine Verhältnisbestimmung der Termini Schreibart, Stil und Ton, aus der die gattungspoetologische Bedeutung des Tons hervorgeht. Entgegen dem seit der romantischen Ästhetik dominanten Verständnis verbindet die Dichtungstheorie des 18. Jahrhunderts (Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Joachim Eschenburg, Johann Jakob Engel, Johann Christoph Adelung) mit dem Begriff nicht nur die klangliche Dimension von Literatur, sondern auch eine affektive Grundierung von Gattungsformen und ein Konzept für die Beschreibung von gattungshybriden Texten.
Indizien zu lesen, gehört zu den Plausibilisierungspraktiken in alltäglichen wie wissenschaftlichen Kontexten. Über indexikalische Techniken des Schließens ist Wissen semiologisch wie hermeneutisch dynamisiert. Zentral gilt dies für Disziplinen wie Recht, Medizin, Psychologie, Archäologie, Philologie u.a.m. - sie alle folgen Indizien als eine Art 'Allegorie des Verweisens'. Das Indiz als der Zeichentypus, der sich selbst zeigt und zugleich etwas anderes an-zeigt (indicare), changiert dabei stets zwischen Evidenz und Lektüre - das weiß bereits die Antike, doch epistemologisch und semiologisch prominent diskutiert wird es im 18. Jahrhundert.
Dieser Beitrag befasst sich mit Zeitwahrnehmungen und Zukunftsvorstellungen, die in Romane der 1920er Jahre in Paris und New York transportiert werden. Dabei dienen Paris und New York als zwei paradigmatische Städte der Moderne, in denen Diskurse zur Modernität und Stadtentwicklung literarisch aufgearbeitet werden. Die Textanalyse konzentriert sich hauptsächlich auf drei Aspekte der Stadtdarstellung: Illusionen der Ewigkeit und des Stillstandes, Diskurse zur mechanischen (Selbst-)Zerstörung und Phantasmagorien des Untergangs. Der Vergleich zwischen Paris und New York soll dazu beitragen, kulturell bedingte Unterschiede sowie epochenspezifische Gemeinsamkeiten in den Zukunftsvisionen der jeweiligen Stadt aufzudecken.
Keiner will im Ruhrgebiet leben : Deindustrialisierung und Nachbergbau in der Ruhrgebietsliteratur
(2024)
Seit dem Ende des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet steht die Region durch den Verlust dieser identitätsstiftenden Industrie vor einer unklaren Zukunft. Dies spiegelt sich auch in der Literatur wider, die sich etwa ab 2010 vermehrt mit dem Erbe des Bergbaus und den Aussichten für eine Zukunft der Region befasst. Hierbei beschreiten Autor:innen ganz unterschiedliche Wege. In den Romanen "Wie hoch die Wasser steigen" (Anja Kampmann) und "Marschmusik" (Martin Becker) sind Rückblicke auf das Zeitalter der Montanindustrie zentrale Bestandteile der Erzählung. Die Prognosen für die Zukunft bleiben jedoch andeutungsweise und vage, Kampmanns und Beckers Protagonisten scheinen mit der Bewältigung der Vergangenheit ausgelastet. Anders machen es die Romane "Anarchie in Ruhrstadt" (Jörg Albrecht) und "Am Ende der Welt liegt Duisburg am Meer" (Sascha Pranschke). Beide entwickeln auf Basis der Montanindustriegeschichte des Ruhrgebiets dystopische Erzählungen des Ruhrgebiets der Zukunft.
Im deutschsprachigen Raum ist anschlussfähige Forschung an die international und interdisziplinär ausgelegten 'Energy Humanities' noch unterrepräsentiert. Im folgenden Beitrag werden zunächst das Forschungsfeld, seine Herkunft und Zielperspektiven aufgeschlüsselt. Energie und Energienutzung werden als Teil menschlicher Kultur verstanden. Um aufzuzeigen, wie sich literarische Analysen in den Gesamtkontext der 'Energy Humanities' einfügen, exemplifiziert der Beitrag drei Lektüren von Jane Austens "Emma" (1816), Émile Zolas "Germinal" (1885) und Erik Neutschs "Spur der Steine" (1964). Alle drei Texte erfordern einen individuellen energie-kritischen Fokus, durch den die ihnen eigenen Energiesysteme hervortreten können. Komparatistisch gelesen zeigen sie den Facettenreichtum energie-kritischer literarischer Studien auf: Energienutzung als Statussymbol, Rohstoffextraktion als Kontamination des Menschen, industrielle Energieproduktion als Staatsminiatur.
Von der Annahme ausgehend, dass die Zukunftsthematik neben einzelnen Textanalysen insbes. im Kontext der diachronen Betrachtung einer literarischen Gattung von Interesse ist, konzentriert sich der vorliegende Beitrag auf die Gattung der Robinsonade. Mit dem Fokus auf Daniel Defoes "Robinson Crusoe", Ernst Wiecherts "Das einfache Leben" sowie Andy Weirs "The Martian" - drei Werke, die vom Prototyp der Gattung bis zu dessen Situierung im Science Fiction-Genre reichen - erfährt die Zukunft zwar eine an den historischen und gesellschaftlichen Kontext gebundene Ausformung, ihr grundierendes narratives Schema bleibt in ihrer die Gattung umspannenden Position jedoch bei jeder Robinsonade gleich. Im Zentrum geht es dabei um die Bewältigung individueller und gesellschaftlicher Zukünfte, wobei sich in der Entwicklung verschiedener Zukunftsentwürfe und -vorstellungen, die zudem mit einer verstärkten Vergangenheitsreflexion verfahren, mögliche unsichere und sichere Zukünfte einander gegenüberstehen.
Dieser Beitrag befasst sich mit der mysteriösen Wesenheit des Königs in Gelb in Robert W. Chambers' Kurzgeschichtensammlung "The King in Yellow". Am Beispiel der Erzählung "The Repairer of Reputations" werden unter Zuhilfenahme des Phantastik-Konzeptes von Tzvetan Todorov und einer Minimaldefinition unzuverlässigen Erzählens zwei Lesarten des Königs in Gelb vorgestellt, die sich auf den einander entgegengesetzten Polen des Wunderbaren und des Unheimlichen in Todorovs Modell verorten lassen und den König in Gelb zum einen als Metapher für gesellschaftliche Missstände, zum anderen als real existierendes Wesen der Schauerliteratur deuten.
Das Cassandra-Projekt ist eine Anspielung auf die Geschichte jener Figur in der Ilias, die eine düstere Zukunft prophezeite und der niemand glaubte, wodurch es zur Tragödie kam. Das Projekt hat es sich hingegen zum Ziel gesetzt, auf die Botschaften der Kassandras von heute zu hören, um weitere Katastrophen zu vermeiden, was konkret bedeutet: literarische Texte, die in Krisengebieten entstehen, auf ihr Voraussagenpotenzial hin zu analysieren, um mögliche zukünftige Entwicklungen in der Gesellschaft auszuloten. Die so entstehenden Prognosen können dann als Instrumente für anstehende politische Entscheidungen dienen. Der Beitrag verschafft einen Überblick über die Hintergründe, Methoden, praktischen Anwendungsbeispiele, Probleme und noch offenen Desiderate des Projekts.