Refine
Year of publication
Document Type
- Article (12)
- Review (12)
- Part of a Book (6)
- Book (1)
- Conference Proceeding (1)
- Report (1)
Language
- German (33) (remove)
Has Fulltext
- yes (33)
Keywords
- Schriftsteller (33) (remove)
Institute
- Extern (2)
- Universitätsbibliothek (1)
Die Bibliographie zum Literatursymposium und zur Ausstellung umfaßt 30 Autoren. Sie bilden den Kreis derjenigen, die für die Teilnahme am Symposium vorgesehen waren und eingeladen worden sind. Naturgemäß haben sich im Laufe der Vorbereitungsarbeiten Änderungen ergeben, die nur bis etwa Ende August in dem vorliegenden Katalog haben berücksichtigt werden können. Insofern kann hier in doppelter Hinsicht nur eine Auswahlbibliographie vorgelegt werden, zum einen den Kreis der Autoren betreffend, zum anderen hinsichtlich der biographischen und bibliographischen Daten. Ziel des Kataloges ist es, die Werke und die Wirkung derjenigen afrikanischen Autoren zusammenzustellen, die auf dem Podium des Literaturseminars zu Wort kommen und in der Ausstellung mit ihrer Literatur vorgestellt werden. Die bibliographischen Angaben werden jeweils durch einen kurzen Lebenslauf des Schriftstellers eingeleitet. Diese biographischen Abrisse sind einschlägigen Werken und anderen gedruckten Informationen entnommen und machen am meisten anschaulich, wie unterschiedlich und teilweise gering die Kenntnisse über afrikanische Autoren sind. Der bibliographische Teil des Kataloges verzeichnet zu jedem der benannten Autoren die Primärliteratur - sowohl die selbständig als auch die in Zeitschriften erschienenen Schriften -, die Sekundärliteratur und teilweise auch Rezensionen. Ebenso sind Herausgebenverke berücksichtigt worden. Die nicht selbständig erschienenen Schriften und die Rezensionen wurden vorwiegend aus den Literaturzeitschriften aus und über Afrika ermittelt. Allgemeinere Zeitschriften und Rezensionsorgane wurden kaum berücksichtigt. Grundlage der Verzeichnung ist der Bestand der Stadt- und Universitätsbibliothek. Daher sind allen bibliographischen Angaben die Signaturen beigegeben, so daß dem Interessierten ein direkter Zugang zu der zitierten afrikanischen Literatur ermöglicht wird.
Deutsche Schriftsteller und Künstler in Rom, Paris und London - die Reihenfolge der Städte ist mit Bedacht gewählt. Zu Recht nimmt Paris nämlich eine Stellung zwischen Rom und London ein. Das gilt nicht nur in geographischer, sondern auch in ästhetischer, literarischer und geschichtsphilosophischer Hinsicht. [...]
Hans-Georg Soldat rezensiert für die Eßlinger Zeitung die 1997 in der wissenschaftlichen Reihe des "Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der Ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik" erschiene Studie "Sicherungsbereich Literatur. Schriftsteller und Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik" von Joachim Walther. In drei großen Kapiteln - "Der Auftrag", "Der Apparat", die "Methoden" - legt Joachim Walther das Beziehunggeflecht von Stasi und Literaturszene offen. Vier Jahre hat der Schriftsteller dafür in der Berliner Gauck-Behörde die Ablagen der Stasi durchforscht, hat die Akten der Täter, der "Inoffiziellen Mitarbeiter" (IM) und ihrer Führungsoffiziere geschichtet und (sofern es ihm die Betroffenen erlaubten), auch Einsicht genommen in prominente Opferakten: "Operative Personenkontrollen" (OPK) oder "Operative Vorgänge" (OV). Welch eine tief deprimierende Lektüre. Natürlich wird die Literaturgeschichte der DDR nicht neu geschrieben werden müssen, aber kräftige Korrekturen an den Interpretationen sind wohl nötig. In kühler uns manchmal schon unerträglicher Sachlichkeit referiert das Buch Tatsachen, die zu wissen wichtig sind, um diktatorische Mechanismen zu verstehen.
Wendet man sich der Frage nach dem Selbstverständnis und den Rollen von deutschen Intellektuellen nach 1945 zu, so muß man sich bewußt halten, daß vier, fünf wichtige Jahrzehnte der Geschichte 'des' modernen Intellektuellen - mit fast allen denkbaren diskursiven Zuschreibungen - bereits absolviert und auch realisiert sind. Es gab den Typus des Intellektuellen als Sprecher für universelle Werte (Gerechtigkeit, Wahrheit, Vernunft), der als Moralist die Unabhängigkeit des Geistes gegenüber der Macht behauptete. Es gab inzwischen aber auch zuhauf den 'intellektuellen Verräter', um es pointiert zu sagen, der im Namen einer partikularen National-, Rassen- oder Klassenidentität auftrat und als Ideologe einer säkularisierten Heilslehre mit einem totalitären Regime gemeinsame Sache machte; der also an die Kompatibilität von Geist und Macht glaubte oder sie opportunistisch praktizierte. Nazideutschland hatte genügend Beispiele hervorgebracht. Martin Heidegger, Carl Schmitt und Gottfried Benn (für ein reichliches Jahr) sind nur die berühmtesten. Doch auch linke Intellektuelle, und unter ihnen viele Schriftsteller, die als Parteikommunisten (oder "Kommunisten ohne Parteibuch") agierten, kann ich nicht anders denn als Abtrünnige von der universalen Mission der Intellektuellen sehen - im Licht unseres geschichtlichen Wissens selbst dann, wenn sie an ihre Mission und die Universalität der von ihnen vertretenen Werte glaubten.
Rezension zu Klimpel, Volker: Schriftsteller-Ärzte. Biographisch-bibliographisches Lexikon von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hürtgenwald (Guido PressIer) 1999. 218 Seiten.
Der Verfasser dieses Lexikons, Arzt und Medizinhistoriker, präsentiert über dreihundert Lebensbilder von Ärzten, die auch Schriftsteller waren, mit jeweils einem bibliographischem Anhang, der eine Werkauswahl des Autors sowie Hinweise auf nationale und internationale Nachschlagewerke bringt.
Hans-Georg Soldat rezensiert für NDR 3 / Radio 3 die im Jahr 2001 im Aufbau Taschenbuchverlag Berlin erschiene Aufsatzsammlung feuilletonistischer Arbeit "Ich bin ein Narr und weiß es" von Rolf Schneider. "Liebesaffären deutscher Literaten" ist der Untertitel des schmalen Bandes, hervorgegangen aus einer Serie für eine Berliner Tageszeitung - wobei der Begriff "Literaten" sehr weit gefasst wird. Zwanzig Geschichten um Liebe, erotische Verirrung, Abhängigkeit und oft schmerzhafte Trennung, einige etwas bekannter, manche ziemlich unbekannt, viele jedoch auch nur vergessen, weil die zugehörigen Schriftsteller bzw. Schriftstellerinnen nicht mehr präsent sind. Zur Berechtigung seines Feuilletons meint Rolf Schneider, sie seien "mehr als bloß eine Sammlung biographischer Pikanterien. Sie sind ein Stück Kultur- und Sittengeschichte." Was ebenso wahr wie banal ist, weil es auf jedes Schicksal zutrifft.
Rezension zu Petra Metz/Dirk Naguscheski (Hg.): Französische Literatur der Gegenwart. Ein Autorenlexikon. München (Beck) 2001 (= beck'sche reihe). 225 Seiten.
Das neue Autorenlexikon will, so die Einleitung der Herausgeber, "Tendenzen und Kontinuitäten des aktuellen literarischen Schaffens in französischer Sprache illustrieren" und so dabei helfen, einen "Überblick über die Entwicklung der aktuellen Literatur in Frankreich" zu vermitteln. In der Tat handelt es sich um ein nützliches Hilfsmittel für jeden, der sich im Sinne einer Erstinformation oder eines knappen Werküberblicks über Autoren der frankophonen Gegenwartsliteratur informieren will.
Rezension zu Carola Hilmes: Das inventarische und das inventorische Ich. Grenzfälle des Autobiographischen. Heidelberg (C. Winter) 2000 (= Frankfurter Beiträge zur Germanistik; Bd. 34). 446 Seiten.
Carola Hilmes' einleitenden gattungstheoretischen Reflexionen zur Autobiographie beginnen mit der These: "Die perfekte Biographie ist die einer erfundenen Person". Diese Einleitung faßt zum einen grundlegende gattungstheoretische und gattungspoetologische Erörterungen zusammen. Sie stellt zum anderen auch in der gebotenen Deutlichkeit die Beziehung gerade dieser literarischen Gattung zur Frage des Subjekts nach sich selbst und der Diskurse nach dem Subjekt heraus - und sie führt an die im folgenden vorgestellten und interpretierten Fallbeispiele autobiographischen Schreibens heran, indem Kriterien für deren Auswahl benannt werden.
Die Fragestellung gehört ins Gebiet der literarischen Imagologie, die sich mit der Entstehung von Fremdbildern und von Selbstbildern von Nationen beschäftigt. Was für die Bilder ganzer Nationen und Völker gilt, das besitzt auch seine Geltung für das Bild einzelner, in besonderem Maße öffentlichkeitsrelevanter Personen. Die Verbindung von Rezeptionsforschung und Imagologie kann Ergebnisse über Entstehung, Konstituierung und Entwicklung von Selbstinszenierungs-Strategien erbringen, die über bisher angestellte Untersuchungen hinausgehen. Dabei gehören Fragen nach dem Selbstverständnis des Dichters und nach der Übereinstimmung zwischen Selbstbild und Erscheinungsbild ebenso dazu, wie Fragen nach der Historizität dieser imagotypen Strukturen.
Kafka und die Weltliteratur
(2005)
Tagungsbericht zum internationalen Symposion an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, vom 20. bis 23. September 2004
Die Veranstalter des Saarbrücker Symposions 'Kafka und die Weltliteratur', Manfred Engel (Saarbrücken) und Dieter Lamping (Mainz), wußten, daß sie mit ihrer Tagung die vielfältigen Differenzen innerhalb der Kafka-Forschung nicht würden ausräumen können. Wohl aber hofften sie, die schmale Konsensbasis der Kafka-Forschung durch einen neuen Zugangsweg zu vergrößern: Statt den Autor, wie schon so oft, als (bewunderten) Einzelgänger innerhalb der klassischen literarischen Moderne zu betrachten und alle Anstrengungen auf eine Deutung der Einzeltexte zu konzentrieren, ging es in Saarbrücken erstmals darum, Kafkas Dichtungen in komparatistischer Hinsicht zu kontextualisieren.
Unter den literaturwissenschaftlichen Nachschlagewerken dürften vor allem die Handreichungen Gero von Wilperts, die wohl in jeder Forscherbibliothek zu finden sind, den Status von Klassikern erreicht haben. Nicht nur das 'Sachwörterbuch der Literatur', auch Nachschlagewerke wie die 'Erstausgaben deutscher Dichtung', die 'Schiller-Chronik' und das 'Goethe-Lexikon' oder neuerdings die 'Deutschbaltische Literaturgeschichte' bieten einen kurzen, informativen Überblick, der als Einstieg in das jeweilige Thema häufig grundlegend ist. Ein weiterer Klassiker aus dem Hause von Wilperts liegt nun in seiner vierten und wahrscheinlich letzten Auflage vor: Das 'Lexikon der Weltliteratur', das seit 1963 in zahlreichen Auflagen und Ausgaben zum Teil recht kostspielig, zum Teil aber auch wohlfeil verbreitet wurde, ist durch seinen enormen lexikographischen Umfang und seine Übersichtlichkeit zu einem von vielen Seiten gebrauchten Standardwerk geworden. Die "völlig neu bearbeitete", vierte Auflage präsentiert in drei Bänden 12000 Personeneinträge und dürfte damit eines der umfangreichsten Werke seiner Art sein.
Der Dilettantismus-Begriff um 1800 im Spannungsfeld psychologischer und prozeduraler Argumentationen
(2007)
Der Dilettant ist, so heißt es in den von Schiller und Goethe 1799 gemeinsam verfaßten Fragmenten Über den Dilettantismus, ein „Liebhaber der Künste, der nicht allein betrachten und genießen sondern auch an ihrer Ausübung Teil nehmen will“. Damit ist ein Kernsatz des ‚klassischen Dilettantismus-Konzepts’ angesprochen – ein Konzept, das auf die Differenzierung zwischen ‚Künstler’, ‚Liebhaber’ und ‚Kenner’ abzielt. Auf die Frage, warum die Auseinandersetzung mit dem Dilettanten ausgerechnet um 1800 virulent wird, kann man mit Hans-Rudolf Vaget antworten, weil die Auseinandersetzung mit den Dilettanten immer dann stattfindet, wenn die Kunst Autonomie für sich reklamiert. Dies ist im Klassizismus um 1800 der Fall, aber auch im Ästhetizismus um 1900, wo der fin-de-siècle-Dilettant indes nicht allein durch seine Einstellung zur Kunst, sondern vor allem durch seine Einstellung zum Leben bzw. zur Kultur bestimmt wird. In diesem Sinne bezeichnet Paul Bourget den Dilettantismus als eine bestimmte Geisteshaltung, eine psychologische „disposition de l’esprit“, deren Resultat die Schwächung des Willens sei.
Sieht man von Beispielen strikter Ghettoisierung ab, bleibt der Fremde nicht sein Lehen lang fremd, und auch der interkulturelle Schriftsteller läuft Gefahr, sich der Mehrheitssprache anzupassen, bis er schließlich seinen Sonderstatus verliert und ein "normaler" deutscher Autor wird. Im allgemein-gesellschaftlichen Bereich spricht man hier von Assimilierung. Spätestens seit der massiven Eingliederung westeuropäischer Juden im 19. und frühen 20. Jahrhundert weiß man, daß der Anpassungswille von Außenseitern oftmals den von "Einheimischen" übertrifft, die sich um ihre kulturelle Identität ohnehin keine Gedanken machen. Auch heute kann man dieses Phänomen immer wieder beobachten. Im Bereich der Literatur gibt es Autoren, [...] die sich um ein besonders gutes, besonders literarisches Deutsch bemühen - so als müßte der Zuwanderer erst einmal seine Sprachkompetenz unter Beweis stellen (und im gesellschaftlichen Leben muß er das ja auch). In sprachlicher Hinsicht, nicht in bezug auf den Inhalt seiner Geschichten, gibt er damit seine spezifische Differenz auf, die ihn in die Lage versetzen könnte, etwas Neues, bislang Unerhörtes zu schaffen. Kein Problem - auch gut geschriebene Erzählungen ohne innovative Ansprüche haben ihre Daseinsberechtigung. Sie teilen den Angehörigen der Mehrheitskultur subjektive Erfahrungen aus einer fremden Kultur mit, die in keinem Medium, abgesehen vielleicht vom Kinofilm, so gut mitteilbar sind wie in dem der Literatur. Allerdings gilt das auch für übersetzte Werke, so daß die Bereicherung der deutschen Sprachkultur in erster Linie eben doch von jenen Autoren ausgeht, die zunächst einmal das Risiko eingehen, "schlecht" zu schreiben.
Rezension zu Eberhard Lämmert: Respekt vor den Poeten. Studien zum Status des freien Schriftstellers. Göttingen (Wallstein Verlag) 2009. 360 S.
Eine sozialgeschichtliche Studie zum Status des freien Schriftstellers (in Deutschland) vom Beginn dieses Phänomens bis zur Gegenwart verspricht, vor allem, wenn sie von einem so verdienstvollen Literaturwissenschaftler wie dem 1924 in Bonn geborenen Eberhard Lämmert verfasst ist, eine lohnende Lektüre. Da es sich nicht um eine Monographie, sondern um einen Sammelband von zwanzig Einzelstudien handelt, bekommt man darüber hinaus einen Überblick über die Moden und Methoden der Germanistik der letzten vierzig Jahre geliefert, wie Lämmert im Vorwort versucht, Bedenken gegenüber diese Zusammenstellung zu zerstreuen.
Rezension zu 50 Klassiker Deutsche Schriftsteller. Von Grimmellhausen bis Grass. Dargestellt von Joachim Scholl unter Mitarbeit von Klaus Binder. Hildesheim (Gerstenberg) 2007. 255 S.
Mit dem von Joachim Scholl unter Mitarbeit von Klaus Binder verfaßten Band '50 Klassiker Deutsche Schriftsteller' liegt mittlerweile das fünfte Werk der enzyklopädisch angelegten '50 Klassiker'-Reihe aus dem Hause Gerstenberg zum Thema Literatur vor.
Die zunehmende Unübersichtlichkeit des Buchmarkts, ein in seinem Selbstbewusstsein erstarkendes Bürgertum und eine von politischen und sozialen Umwälzungen geprägte Zeit befördern das Lesen in den Brennpunkt des öffentlichen Interesses. Kontroversen und Debatten entzünden sich daran, und die Obrigkeit reagiert mit Furcht auf etwaige Leser, die, angeregt durch eine bestimmte Lektüre, das Gesellschaftsmodell hinterfragen und ihre Position darin neu bestimmen könnten. Immer schärfer werdende Zensurmaßnahmen in der Zeit des Vormärz erschweren eine ohnehin radikal veränderte Kommunikationssituation zwischen Autor und Leser, die nichts mehr gemein hat mit dem noch im 18. Jahrhundert vorherrschenden "apriorische[n] Vertrauensverhältnis". Textproduzenten und -rezipienten entfernen sich immer weiter voneinander, und die literarische Kommunikation ist als solche infrage gestellt, wie der nun folgende Blick in ausgewählte Werke zeigen soll.
In einem 1936 geschriebenen Beitrag, der in dem Band 'Ausdruckswelt' (1949) erschienen ist, bezeichnet Gottfried Benn die letzte Zeile aus Rilkes 'Requiem' als einen "Vers, den meine Generation nie vergessen wird". Das Gedicht, 1908 entstanden und ein Jahr später gedruckt, schließt mit den Worten: "Wer spricht von Siegen -, Überstehn ist alles!" Der Vers ist durch Benn zum geflügelten Wort geworden. Vorausgegangen waren allerdings zwei Weltkriege mit Millionen von Toten und Verwüstungen großer Teile Europas. Dennoch ist in Benns Bekenntnis von Trauer oder Demut nichts zu spüren. Vielmehr verweist es auf einen Gedanken von Nietzsche, in dessen Schriften das Überleben als Leistung des willensstarken Individuums aufgefasst wird. "Ein wohlgerathner Mensch", so Nietzsche in seiner 1889 verfassten Autobiografie 'Ecce homo', "erräth Heilmittel gegen Schädigungen, er nützt schlimme Zufälle zu seinem Vortheil aus; was ihn nicht umbringt, macht ihn stärker". Die Feststellung ist Teil von Nietzsches Idee eines 'Willens zur Macht', die den Willen zum Leben einschließt. Sie hat neben der physischen und psychischen eine intellektuelle Seite, die man als glückliche Verabschiedung der Vergangenheit bezeichnen kann. Schon Marx hat den Gedanken in der Einleitung seiner 'Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie' (1843/44) mit Blick auf die griechische Literaturgeschichte formuliert. An konkrete Erfahrung gebunden wird er in Elias Canettis Studie 'Masse und Macht' (1960). "Dieses Gefühl der Erhabenheit über die Toten", so heißt es hier, "kennt jeder, der in Kriegen war. Es mag durch Trauer um Kameraden verdeckt sein; aber dieser sind wenige, der Toten immer viele. [...] Wem dieses Überleben oft gelingt, der ist ein 'Held'. Er ist stärker. Er hat mehr Leben in sich. Die höheren Mächte sind ihm gewogen." Ernst Jünger hat das glückliche Überleben von Kriegen im Sinne Nietzsches immer wieder zum Thema seiner Tagebücher gemacht. Während Benn die nihilistische Dimension in den Mittelpunkt stellte, wie sein Rückblick 'Nietzsche nach 50 Jahren' (1950) deutlich werden lässt, nahm Jünger die optimistischen Impulse des Werkes auf. Dabei hat er, vor allem in seinen späteren Schriften, die Idee des Überlebens vom Ausnahmezustand auf den Alltag und zugleich auf die Zukunft übertragen. Wie Nietzsche wollte Jünger nicht nur glücklich in der Zeit überleben, sondern plante auch ein immaterielles Fortleben im Gedächtnis der Nachwelt. Voraussetzung dieser doppelten Überlebensidee ist ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft.
Logik der Streichung
(2011)
Was meinen wir eigentlich, wenn wir sagen: Ein Wort, ein Satz, ein Abschnitt, eine Seite wurde gestrichen. Was ist, mit anderen Worten, das Synonym dessen, was wir als Streichen bezeichnen? Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Man kann das Streichen als ein Löschen, als ein Tilgen begreifen. Oder aber als Spur eines korrigierenden Überarbeitens: eines Umschreibens im Sinne des Ersetzens und Kürzens, aber auch im Sinne eines Überschreibens.
Schreiben hat den Charakter eines intentionalen Aktes – es setzt die willentliche Entscheidung zur Produktion und zur Positionierung einer Buchstabenfolge voraus. Auch das Streichen hat den Charakter eines intentionalen Aktes – nämlich die bereits produzierten Buchstabenfolgen willentlich zu verneinen, sie zu verwerfen. Almuth Gresillon spricht im Kapitel "La rature " ihres Buchs "La mise en ceuvre" von der "existence double", die der graphischen Materialitat der Streichung einen ambivalenten Charakter verleiht.
Diese doppelte Existenz der Streichung - worin besteht sie?
Erstens: Streichungen hinterlassen sichtbare Spuren auf dem Papier.
Zweitens: Schreibspuren werden durch eine Streichung nicht annulliert.
Das Pathos, mit dem die Intellektuellen seit 200 Jahren als moralische Autoritäten angerufen oder als 'Verräter' oder 'Volksfeinde' mißachtet wurden, ist einer generellen Ernüchterung gewichen. "Ich möchte nicht, daß Männer für mich denken", schrieb Sibylle Berg 2009 in Literaturen. Mit Habermas, Luhmann und Adorno weiß sie nichts mehr anzufangen. Vorstellen kann sie sich als Intellektuelle allenfalls "Susan Sontag, Hannah Arendt oder Oriana Fallaci [... ] Alle nicht deutsch. Alle eine Mischung aus Publizistinnen und Philosophinnen. Und Frauen." Immerhin gesteht sie auch den in ihrer Sicht langweiligen und wirkungslosen männlichen Intellektuellen eines zu: Zwar sei es "möglicherweise egal, ob es sie gibt oder nicht, die Intellektuellen. Nur so langweilig ist es ohne sie. So grau und reduziert auf unsere Grundbedürfnisse: Fernsehen schauen, essen und meckern." Was hier eher leichtgewichtig als Kultur- und Patriarchatskritik daherkommt, findet sein positives Pendant im Konzept des 'nomadischen Intellektuellen', wie es Toni Tholen Enzensberger zuschreibt. Dessen Unterhaltungswert bleibt auch hier im Zentrum: Von besonderem Interesse sei "das Verfahren des Sich-Aussetzens", das das Ich zum Schauplatz innerer Erfahrung, nicht notwendigerweise aber prinzipienfester Selbstbehauptung mache. Damit aber ist jenes Moment des Posierens, Inszenierens und Skandalisierens ausgesprochen, das die intellektuelle Intervention von allem Anfang an begleitet hat - und vielleicht ihr zentrales Charakteristikum bildet. Zwischen Arbeitszimmer und Literatencafé, punktuellem Engagement und "Distanz gegenüber allen festen Positionen und ihren Inhabern", zwischen Bekenntnis und Verrat profiliert sich der/die Intellektuelle als "Paria und Privilegierter" gleichermaßen.