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Wer den Ehrgeiz hat, sein Fach zu revolutionieren, der sollte sich zu seiner Liebe bekennen und keine Arbeitsvorhaben formulieren, schon gar nicht sollte er wie ein Kassenwart erst einmal "Bilanz ziehen". Fernand Braudel wusste das. "Ich habe das Mittelmeer leidenschaftlich geliebt", schrieb er 1946 im berühmten Vorwort zur ersten Auflage von "La Méditerranée et le monde méditerranéen à l’époque de Philippe II", "der beste Leser dieses Buches wird vielleicht der sein, der mit eigenen Erinnerungen, eigenen Bildern des Mittelmeeres an meinen Text herangeht, ihm eigene Farbe verleiht und mir dabei hilft, worum ich mich mit aller Kraft bemüht habe: die gewaltige Präsenz dieses Meeres erfahrbar zu machen". Aus dem missionarischen Eifer, anderen die narkotisch-erotische Ausstrahlung des mare nostrum zu vermitteln, der er selbst erlegen war, schöpfte er die Kraft für ein gewaltiges Œuvre, das in der Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts seinesgleichen sucht. ...
Dieser Sammelband widmet sich sehr verschiedenen Aspekten der Konzilien von Pisa, Konstanz und Basel und des Konziliarismus des 15. Jahrhunderts. In seiner Zusammenfassung am Ende muss Werner Maleczek gestehen, dass eine thematische Gliederung der Aufsätze kaum möglich ist. Der "vielgestaltige Reichtum" der Beiträge lässt diese Gliederung nicht zu. In ihrer thematischen Unterschiedlichkeit ist ihnen aber doch eine gemeinsame Spannung eigen. Es ist schon erstaunlich, einen Sammelband zu Themen zu erhalten, über die eine nahezu unüberschaubare Fülle an Literatur erschienen ist, und bei der Lektüre gewissermaßen den Eindruck zu gewinnen, dass es sich um ein neues Forschungsfeld handelt. Es wird immer wieder nach Grundsätzlichem gefragt. Fast könnte man sagen, dass die Fragen "Was ist ein Konzil?" und "Was ist Konziliarismus?" die Hauptthemen des Buches sind. Auf diese Weise enthält der Band, aus meiner Sicht, sehr viele Gedanken, die das Potential haben, die Forschung zu alten Themen zu erneuern. Auf diesen Aspekt möchte ich mich konzentrieren, auch, wenn das heißt, dass Einiges oder sogar Vieles Erwähnenswertes übergangen werden muss. ...
Wer sich auf die Suche nach "starken Frauen" des Mittelalters begibt, wird sogleich auf die berühmteste von allen treffen, auf Eleonore, die schöne und selbstbewusste Erbtochter Herzog Wilhelms X. von Aquitanien, Gemahlin erst Ludwigs VII. von Frankreich, danach Heinrichs II. von England. Er wird ihre Gestalt freilich nur undeutlich wahrnehmen, verhüllt von einem dichten Schleier aus Legenden und konventionellen Urteilen, die Eleonore bis in die Gegenwart populär gemacht und sich erstaunlicherweise seit dem Mittelalter kaum geändert haben, immer noch persönliche Motive unterstellend, wo nach politischen Intentionen gefragt werden muss. Obwohl die Herzogin von Aquitanien ihren beiden Ehemännern das Fundament für erweiterte Herrschaft gelegt hatte, wurde ihr Anspruch auf Teilhabe mit diffamierenden Gerüchten abgewehrt, die noch immer reichlich Stoff für moderne psychohistorische Spekulationen liefern. Ein solcher Sumpf lässt sich nur mit Spezialkenntnissen trockenlegen, und diese vermittelt der Autor in seinem sympathisch klar geschriebenen Buch, fundiert durch souveräne Kenntnis der Quellen (darunter das Material für die in Cambridge vorbereitete Edition der Urkunden Eleonores) und der Forschung. ...
Da es bisher keine kritische Edition der Urkunden Philipps des Schönen gibt und in Frankeich auch keine den "Regesta Imperii" vergleichbare Institution, ist das hier zu besprechende Werk ein Meilenstein der Forschung, denn es erfüllt mehrere Aufgaben zugleich: Erschließung und Analyse eines gewaltigen Quellencorpus, Rekonstruktion des königlichen Itinerars und Auswertung der Befunde hinsichtlich Logistik, Reisetechnik, Gastungsrecht, Gefolge und Regierungspraxis des reisenden Hofes, schließlich eine Bewertung der Rolle von Paris als Hauptstadt und Behördensitz. ...
Völlig zu Recht ist diese bei Jean-Bernard Marquette an der Universität Bordeaux 3 gearbeitete Dissertation mit dem "Prix de la fondation Charles-Higounet" der Académie nationale des sciences, belles-lettres et arts de Bordeaux ausgezeichnet worden, steht sie doch würdig in der guten regionalgeschichtlichen Tradition dieses großen Gelehrten, dessen Arbeiten und Methoden sich immer wieder mit der deutschen landesgeschichtlichen Forschung auseinandergesetzt haben. ...
Von 9.–13. November 2009 kamen die 141 Vertragsstaaten der Anti-Korruptionskonvention der Vereinten Nationen in Doha (Katar) zusammen und nahmen die wichtigste Resolution seit Inkrafttreten der Konvention an. In Zukunft wird die Umsetzung der Konvention in jedem Vertragsstaat von jeweils zwei anderen Vertragsstaaten überprüft, die einen Bericht mit Empfehlungen abgeben. Dies soll nicht nur die Umsetzung des ersten globalen Abkommens gegen Korruption garantieren, sondern auch den internationalen Dialog und die Leistung technischer Hilfe fördern. Viele Delegierte wiesen darauf hin, dass Bestechung nur im Zusammenwirken von aktivem und passivem Part möglich sei und dass Korruption in ihren vielfältigen Formen nur in der geteilten Verantwortung von Industrie- und Entwicklungsländern effektiv bekämpft werden könne. Dies entspricht dem Geist der Konvention, die die internationale Zusammenarbeit erleichtert und durch umfassende Bestimmungen über die Strafbarkeit unter anderem von Bestechung gleiche Bedingungen unter den Staaten schafft. ...
Die vormoderne "gute Policey" theoretisch zu durchdringen, die Vielfalt ihrer Normen zu systematisieren und die Policeypraxis zu analysieren – damit hatte bereits die vormoderne Policeywissenschaft Schwierigkeiten. Die neuere "Policeyforschung" hat dann auch meist exemplarische Fallstudien bevorzugt und einzelne Städte, Territorien und Regelungsbereiche untersucht oder die Policeydiskurse unter spezifischen Fragestellungen analysiert. Andrea Iseli will dagegen einen kompakten Überblick – "handbuchartig" (Umschlagtext) – über die gute Policey im vormodernen Europa geben. ...