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"Kalkgeprägte Trockenlebensräume im Kreis Höxter" – ein LIFE+ - Projekt für den Kreis Höxter (NRW)
(2012)
Lebensräume auf Kalk zeichnen sich häufig durch eine besonders vielfältige Flora und Fauna aus. Für den Erhalt der Biodiversität sind sie daher von großer Bedeutung. Während Kalklebensräume im Süden Deutschlands recht weit verbreitet sind, beschränken sie sich in Nordwest- Deutschland im Wesentlichen auf das Weserbergland und die Eifel. Im Kreis Höxter haben im trockenen Standortbereich vor allem die Kalk- Halbtrockenrasen und Orchideen-Kalkbuchenwälder, auf nassen Standorten die Kalk-Flachmoore eine herausragende Bedeutung. Der Bedeutung dieser Lebensräume für den Erhalt der Biodiversität in Europa und als Bestandteil des europäischen Naturerbes Rechnung tragend, genießen sie den Schutz der Fauna-Flora- Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie), die 1992 durch die Europäische Kommission erlassen wurde und für die Mitgliedsländer der EU bindend ist. Die FFH-Richtlinie sieht vor, dass für den Erhalt der im Anhang I der Richtlinie benannten Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse besondere Schutzgebiete, die sogenannten FFH-Gebiete oder Natura 2000-Gebiete, auszuweisen sind. Nach nationalem Recht werden diese in Deutschland zumeist als Naturschutzgebiete rechtlich gesichert. Das so entstandene europaweite Netz von Schutzgebieten repräsentiert im Wesentlichen unser europäisches Naturerbe. Gemäß FFH-Richtlinie sind aber nicht nur Lebensraumtypen zu schützen: Neben dem Netz der Natura 2000-Schutzgebiete ist der direkte Artenschutz die zweite wichtige Säule im europäischen Naturschutz. Da die Vorkommen von Arten des gemeinschaftlichen Interesses aber häufig nicht auf Schutzgebiete beschränkt sind, genießen ihre Vorkommen auch außerhalb derselben den Schutz der Richtlinie. In Deutschland wurde diesem Umstand im § 42 Bundesnaturschutzgesetz Rechnung getragen, wonach den Arten des Anhang IV der FFH-Richtlinie als sogenannte „streng geschützte Arten“ ein besonderer Schutzstatus verliehen wurde. Einen anderen Weg hat man bei den Arten des Anhanges II der FFH-Richtlinie gewählt: Für ihren Erhalt sind besondere Schutzgebiete auszuweisen. Dies ist im Kreis Höxter z. B. für den Kammmolch (Triturus cristatus) geschehen, für den insgesamt drei Schutzgebiete ausgewiesen wurden. Um den Zielsetzungen der Richtlinie gerecht zu werden, ist der sogenannte „günstige Erhaltungszustand“ der Natura 2000-Gebiete und der Arten des gemeinschaftlichen Interesses zu gewährleisten. Dies bedeutet häufig, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen durchführen zu müssen, was mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sein kann. Die EU fördert die Umsetzung ihrer Richtlinie deshalb im Rahmen des sogenannten LIFE+ -Programmes (= L’ Instrument Financier pour l’ Environnement), welches EU-weit für die laufende Förderperiode von 2007 bis 2013 z. B. 2,143 Mrd. € bereitstellt. 2010 hat sich der Kreis Höxter dazu entschieden, zusammen mit der Landschaftsstation im Kreis Höxter einen LIFE+- Antrag zu stellen. Im Rahmen einer von der Bezirksregierung in Detmold finanzierten Studie zum Pflege- und Entwicklungsbedarf in den FFH-Gebieten des Kreises konnte gezeigt werden, dass der größte Handlungsbedarf im Bereich der Kalk-Halbtrockenrasen (LRT (= Lebensraumtyp) 6210), der Wacholderstände auf Kalkrasen (LRT 5130), der Flachland-Mähwiesen (LRT 6510) und der Kalk-Orchideen-Buchenwälder (LRT 9150) besteht. Der Antrag zielte daher insbesondere auf diese und weitere nah verwandte Lebensraumtypen ab. Allen Lebensraumtypen ist gemeinsam, dass sie im Weserbergland an Kalk als Ausgangsgestein gebunden sind und dem trockenen Standortbereich zuzuordnen sind. Als Projekttitel wurde daher „Kalkgeprägte Trockenlebensräume im Kulturland Kreis Höxter“ gewählt, oder abgekürzt und „griffiger“: „Vielfalt auf Kalk“.
Die Landschaftsstation im Kreis Höxter wird zumeist über ihre Beteiligung an verschiedenen, im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Projekten wahrgenommen. Dazu zählt das Projekt „Erlesene Natur“, in dessen Rahmen viel beachtete Erlebnisgebiete wie der Weser-Skywalk im NSG „Hannoversche Klippen“, der neu gestaltete Wanderweg im NSG „Desenberg“ oder das Weidenpalais, ein gewaltiges Lebendbauwerk im Schlosspark Rheder, entstanden. Dazu zählen auch die naturnahe Gestaltung mittelwaldähnlicher Waldränder, Forschungsarbeiten zum Klimawandel sowie das 2011 begonnene Naturschutzprojekt „Vielfalt auf Kalk“ zur Optimierung von insgesamt 11 Trockenlebensräumen im Kreis Höxter. Gerne nutzen wir die „Beiträge zur Naturkunde zwischen Egge und Weser“, um Sie, liebe Leserinnen und Leser, über die Ziele und den Fortgang unserer Projekte zu informieren. Der nachfolgende Tätigkeitsbericht bezieht sich auf die originären Aufgaben unserer Station, die von der Bevölkerung zwar nicht so intensiv wahrgenommen werden wie die oben beschriebenen Projekte, denen wir aber den Großteil unserer Arbeitszeit widmen. Bevor wir die fachlichen Aspekte unserer Arbeit darlegen, möchten wir die Einführung nutzen, um Sie über aktuelle Entwicklungen in unserer Geschäftsstelle zu informieren. Über 10 Jahre lang haben Zivildienstleistende die praktische Landschaftspflege in der Station entscheidend mit geprägt. Am 31. August 2011 endete diese Ära mit dem letzten Arbeitstag von Jannis IFFLAND, dem letzten „Zivi“ der Landschaftsstation. Ihm und all seinen Vorgängern gilt unser Dank für Ihren engagierten Einsatz zum Wohle der Natur im Kreis Höxter. Das bisherige Niveau der Landschaftspflegearbeiten wurde auch im Jahr 2011 durch die Stammbesetzung im Pflegetrupp mit Vorarbeiter Ralf SCHAPERDOT und Mitarbeiter Lars MASSMANN abgesichert. Die notwendigen personellen Verstärkungen zur Umsetzung der vielfältigen Aufgaben erfolgten einen Monat nach dem Weggang des letzten Zivis. Im Oktober 2011 leitete Pablo MENN aus Warburg als erster Bundesfreiwilliger der Landschaftsstation eine neue Ära ein. Der Bundesfreiwilligendienst (BFD) wird als Nachfolgemodell zum bisherigen Zivildienst über den Bund finanziert. Die Einsatzzeit beträgt in der Regel 12 Monate. Im Vergleich zum Zivildienst besitzt der BFD einen deutlich höheren Bildungscharakter, der allein schon durch die vorgeschriebene Mindestzahl von 25 Bildungstagen/ Jahr für Teilnehmer/innen unter 27 Jahren deutlich wird. Die Landschaftsstation möchte Bundesfreiwilligen einen interessanten Mix aus dem breiten Aufgabenspektrum des Naturschutzes anbieten, der sich nicht nur auf die Landschaftspflege beschränkt, und freut sich auf weitere Bewerberinnen und Bewerber. Als weitere Verstärkung wurde ebenfalls im Oktober Werner HEINEMEIER aus Höxter eingestellt. Er wird als Teilnehmer des bundesweiten Modellprojektes „Bürgerarbeit“ über die ARGE Höxter kofinanziert und hat sich bemerkenswert schnell in die Arbeitsabläufe der Station integriert. Personelle Änderungen ergaben sich im Projektteam „Erlesene Natur“ durch das freiwillige Ausscheiden von Birte BRAND, die mit großem Engagement jeweils eine halbe Stelle beim Kreis Höxter und bei der Landschaftsstation ausfüllte. Sie betreibt inzwischen in ihrem Heimatdorf Hagedorn die „Futterkrippe“, einen kleinen Regionalladen. Die freigewordene halbe Stelle in der Station konnte im Anschluss mit Eike SPELLERBERG aus Höxter neu besetzt werden. Ihre Aufgabenschwerpunkte liegen im Bereich der Umsetzung von Maßnahmen und umfassen neben den Ausschreibungen auch die Bauüberwachung und die Abnahme der Gewerke. Weitere Verstärkung erhielt die Geschäftsstelle durch die Einstellung von Michael TILLY, der bereits über Praktika und Werkverträge für die Landschaftsstation tätig war und sich als „Allrounder“ in der Landschaftspflege sowie der Bearbeitung wissenschaftlicher Aufgabenstellungen bewährt hatte. Wie in den vergangenen Jahren waren auch 2011 wieder eine Reihe von Praktikantinnen und Praktikanten an der erfolgreichen Bearbeitung diverser Aufgaben in der Station beteiligt. So kümmerte sich Benjamin GERECKE im Rahmen eines über die ARGE finanzierten Praktikums und einer darauf folgenden halbjährigen Festeinstellung erfolgreich um den Aufbau einer GIS-gestützten Access-Datenbank und die Entwicklung einer praktikablen Eingabemaske. Britta LIEBE aus Höxter unterstützte im Rahmen ihres fünfmonatigen Praxissemesters insbesondere eine Vielzahl von Artenschutzmaßnahmen. Ihnen und allen an dieser Stelle namentlich nicht aufgeführten Helfern und ehrenamtlichen Unterstützern gebührt unser Dank. Sie alle haben dazu beigetragen, dass unser Verein den Naturschutz im Kreis Höxter weiter etablieren konnte. Unser Dank gilt weiterhin den Fachbehörden und Naturschutzverbänden/- vereinen für die gute Zusammenarbeit. Unser Dank gilt auch dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV) für die hohe Wertschätzung der Arbeit der Biologischen Stationen in NRW. Nach vielen aus finanzieller Sicht schwierigen Jahren wurde 2011 der Gesamtetat zur Finanzierung der Biologischen Stationen in NRW angehoben und bis 2015 gesichert. Ein Erfolg für den Naturschutz in NRW, maßgeblich beeinflusst vom rührigen Vorstand des Dachverbandes der Biologischen Stationen. Das nachfolgend dokumentierte, vielfältige Aufgabenspektrum der Station führt dazu, dass die hauptamtlichen Mitarbeiter Umweltbildung in Form von Exkursionen und Vorträgen nicht in der eigentlich gewünschten Quantität anbieten können. Diese vermeintliche Lücke wird inzwischen hervorragend von den auch über die Landschaftsstation ausgebildeten „KulturLand- Führern“ geschlossen, deren Angebote jeweils in einem ansprechenden Jahresprogramm zusammengefasst werden (s. www.kulturland.org). Dennoch können Sie Exkursionswünsche weiterhin gerne an unsere Geschäftsstelle richten. Bei Interesse nehmen wir vorzugsweise im Winterhalbjahr auch gerne Einladungen zu Versammlungen wahr, um unsere Lebensräume und Naturschätze im Kreis Höxter, sowie die Arbeit der Landschaftsstation zu präsentieren.
Seit 2005 nutzt die Landschaftsstation die Schriftenreihe, um den interessierten Leserinnen und Lesern einen Einblick in die Arbeit unserer Einrichtung zu gewähren. Aufgrund der späten Drucklegung dieses Heftes ist es möglich, den Bericht für die Jahre 2009 und 2010 zusammenzufassen. Dies haben wir getan, denn so können wir Sie zeitnah über unsere Arbeiten auf dem Laufenden halten.
Die Grundlage der meisten in diesem Jahresbericht dargestellten Aktivitäten (Gliederungspunkte 2.-7., ohne 4.2) bildet ein mit den zuständigen Fachbehörden abgestimmter Arbeits- und Maßnahmenplan, in dem die Aufgaben der Landschaftsstation für das Jahr 2008 festgelegt wurden und dessen gebietsbezogene Erledigung den Fachbehörden in Form von umfangreichen „Fachdatenblättern“ übermittelt wurde. Der hier vorliegende Bericht ist daher nicht nur für die Aufsichtsbehörden gedacht. Allen anderen interessierten Leserinnen und Lesern soll er einen knappen Einblick in die Arbeit der Landschaftsstation des Jahres 2008 geben. Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeiten lag 2008 im Monitoring verschiedener „Natura 2000“(Fauna-Flora-Habitat – FFH)-Arten, so des Kammmolchs im FFH-Gebiet „Steinheimer Holz“ (2.1), des Laubfroschs im FFH-Gebiet „Nieheimer Tongrube“ (2.2) oder der Schlingnatter im FFH-Gebiet „Kalkmagerrasen bei Willebadessen“ (2.3), sowie in der Optimierung der Betreuung der Gebiete und der Landnutzer (3.). Da das Jahr 2008 aber für alle Mitarbeiter auch durch die angelaufenen, v. a. wissenschaftlichen und touristisch orientierten Projekte des sog. „projektfinanzierten“ Stationsbereichs geprägt war, wollen wir am Ende dieses Jahresberichtes kurz aus diesen Vorhaben referieren (vgl. 8.). Auf ein Angebot unserer Öffentlichkeitsarbeit möchten wir an dieser Stelle besonders hinweisen: Als beliebt bei Volkshochschul-Kunden, Vereinen und Bürgern erwiesen sich unsere Vorträge und Powerpoint-Präsentationen über einzelne Gebiete, Lebensräume, Arten und Projekte im Kreis Höxter. Gerne können Sie uns betreffs einer solchen Veranstaltung ansprechen, die z. B. bei Ihnen, vor-Ort oder im dafür bestens geeigneten Steinernen Haus in Borgentreich stattfinden könnte - hier sowohl mit Führung und Besuch der Ausstellung als auch mit Ihrem Vereinsabend oder Ihrer Jahreshauptversammlung kombinierbar.
Das Vorkommen von Kalk-Halbtrockenrasen oder Kalkmagerrasen ist im Wesentlichen auf diejenigen Regionen beschränkt, die basenreiche Ausgangsgesteine aufweisen. Es handelt sich hierbei vorrangig um die aus Sedimentgesteinen des Muschelkalks bzw. des Juras und der Kreide aufgebauten Kalkgebirge, die sich in Mitteleuropa v. a. in der Frankenalb, der Schwäbischen Alb, an den Muschelkalkhängen von Kocher, Jagst, Tauber und Main mit Nebenflüssen, in der thüringischen und bayerischen Rhön, an den Hängen des Mittleren Saaletales in Thüringen und im Dreiländereck Ostwestfalen, Südniedersachsen und Nordhessen finden. In Nordrhein-Westfalen befinden sich die größten Vorkommen der Kalkmagerrasen in den Kreisen Euskirchen (Eifel) und Höxter sowie im Raum
Marsberg (Hochsauerlandkreis).
Lässt man heute den Blick über die nördlich von Willebadessen gelegene Hügellandschaft – die „Kalktriften“ – schweifen, kann man erahnen, wie es vor über 100 Jahren hier gewesen sein mag: Ein Hirte steht mit seiner Herde genüsslich wiederkäuender Ziegen im aufsteigenden Nebel des frühen Morgens. Die Sonne taucht alles in ein warmes Licht und erweckt die karge, fast strauch- und baumfreie Landschaft zu einem wahren Blütenmeer. Neben dem dunklen Blau des Kreuz-Enzians und dem satten Violett des Acker-Wachtelweizens blühen verschiedenste Orchideen, hier das Stattliche Knabenkraut und dort die Fliegen-Ragwurz, deren Blüten wie kleine Kunstwerke ein kleines Männchen nachbilden wollen. Leuchtend gelb recken sich die Sonnenröschen gen Himmel und leiten den Blick auf diesen sonst leicht zu übersehenen Zwergstrauch. Später an diesem strahlenden Junitag stutzt das Auge. Unter den vielen verschiedenen Schmetterlingen, die Blüte für Blüte besuchen, flattern scheinbar ziellos blaue Farbtupfer, der Kreuz-Enzian-Ameisenbläuling und der Himmelblaue Bläuling, während im Hintergrund der freundliche Gesang der Grasmücken ertönt. Hier findet der Neuntöter im überschaubaren Wechsel von offenen, kargen Landschaftsabschnitten und versprengten Gebüschen so manch ertragreiche Sitzwarte, an manchen Dorn nebenan hat er Insekten aufgespießt – für später. Im Frühjahr 2009 weiden nach jahrzehntelanger Brachephase wieder Tiere auf den inzwischen unter Naturschutz gestellten Kalktriften (vgl. Abb. 1 und 2). Es sind nicht mehr Ziegen, sondern Schafe. Und sie werden auch nicht mehr gehütet, sondern gekoppelt, d. h. ein mobiler Elektrozaun und nicht der Hirte oder die Hunde halten die Tiere auf der vorgesehenen Fläche. Die Zeit ist nicht stehen geblieben. Schaut man sich den Gerlan oder den Schleusenberg genauer an, fallen größere frisch entbuschte Bereiche und ausgedehnte Rohbodenflächen auf (vgl. Abb. 3). Deutlich sind Spuren schwerer Geräte zu erkennen, die andeuten, dass hier vor kurzem noch ein anderes Bild der Landschaft vorherrschend war und dass es viel Kraft und Zeit gekostet hat, den heutigen Zustand wieder herzustellen.
Zusammen mit dem Ackerbau gelangte eine Vielzahl von Ackerwildkräutern nach Mitteleuropa. Genau wie unsere Getreidearten stammen die meisten von ihnen aus den Steppen Südosteuropas und Kleinasiens, wo sie bis heute ihre Hauptverbreitung haben. Bei den meisten Ackerwildkräutern, insbesondere die Begleitarten des Wintergetreides, handelt es sich um einjährige Therophyten, welche die Fähigkeit haben, ungünstige Zeiten als Samen im Boden zu überdauern und dann schnell zum Blühen und Fruchten zu kommen. Hierdurch sind sie perfekt an die kurze Vegetationsperiode des Steppenklimas (extreme Winterkälte sowie Sommerhitze bei großer Trockenheit) angepasst und ebenso an den regelmäßigen Wechsel von Winterruhe, Vegetationsperiode und Umbruch auf dem bewirtschafteten Acker (ELLENBERG 1996). Durch die Notwendigkeit, in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit eine Bestäubung durch fliegende Insekten zu gewährleisten, hat in die Evolution oftmals prächtige Schauapparate hervorgebracht. Die Vielfalt der bunten Blüten übt auch auf den Menschen eine hohe Anziehungskraft aus.
Die Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum) ist mit einer Größe von bis zu 60 cm – in Ausnahmefällen gar bis zu 100 cm (ROTHMALER 1995) – eine der stattlichsten Orchideen der mitteleuropäischen Flora (Abb. 1). Ihren Gattungsnamen verdankt die Pflanze dem mehrere Zentimeter lang ausgezogenen Mittellappen des Labellums (der „Lippe“, Abb. 4). Ihr Artname verweist auf den der Pflanze entströmenden intensiven Geruch nach Ziegenbock.
Die Bundesrepublik hat sich 1992 wie viele andere Staaten zum Erhalt der biologischen Vielfalt verpflichtet (Biodiversitätskonvention). Zur Erreichung dieses Zieles fördert das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) u. a. Vorhaben zur Erhaltung und innovativen nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt. Grundlage der Förderung ist eine Richtlinie von 2005. Träger entsprechender Projekte ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Bereits 2006 hatte die Landschaftsstation zusammen mit dem damaligen Forstamt Bad Driburg einen Projektantrag eingereicht, bei dem es um die Wiederbelebung der Nieder- und Mittelwaldnutzung im Bereich der im Kreis Höxter ehemals zahlreichen Nieder- und Mittelwälder ging (vgl. GRAWE & BÖLKE 2005). Da zunächst nur recht kleine Waldareale in das Vorhaben einbezogen werden sollten, wurde der Antrag abgelehnt. Anfang 2007 fragte die BLE bei der Landschaftsstation an, ob es nicht möglich sei, die Gebietskulisse zu erweitern, da der Projektantrag grundsätzlich als förderfähig angesehen werde. Aufgrund dieser Anfrage erarbeiteten das heutige Regionalforstamt Hochstift und die Landschaftsstation einen neuen Projektantrag mit dem Titel "Mittelwaldähnliche Waldrandgestaltung und -nutzung zur Förderung der Nutzholzarten Stiel-Eiche, Trauben-Eiche und Hainbuche sowie seltener Edellaub- und Nadelgehölze wie Elsbeere, Wacholder oder Eibe", der dann im Herbst des gleichen Jahres durch die BLE bewilligt wurde, so dass bereits im Oktober 2007 mit der Umsetzung des Vorhabens begonnen werden konnte. Vorrangiges naturschutzfachliches Ziel des Vorhabens ist die Förderung der in ihren Beständen im Rückgang befindlichen lichtliebenden Nutzholzarten Trauben-Eiche (Quercus petraea), Stiel-Eiche (Quercus robur), Hainbuche (Carpinus betulus), Feld-Ahorn (Acer campestre), Winter-Linde (Tilia cordata), Elsbeere (Sorbus torminalis), Wacholder (Juniperus communis) und Eibe (Taxus baccata). Die Förderung dieser Baumarten soll im Rahmen einer mittelwaldähnlichen Nutzung von Waldrändern geschehen. Eine ökonomische Inwertsetzung erfolgt im Rahmen einer einmaligen Erstinstandsetzung sowie des nachfolgenden regelmäßigen Einschlages des nachwachsenden Holzes (alle 15-30 Jahre). Das dann eingeschlagene Holz wird zur Energiegewinnung (Hackschnitzel) genutzt.
Wilde Weiden im Kreis Höxter
(2008)
Seit gut zwei Jahrzehnten wird die Eignung robuster Haustierrassen auf großen Weideflächen als Landschaftsgestalter diskutiert und im Rahmen zahlreicher Vorhaben in Deutschland und dem benachbarten Ausland erprobt. Eine Vorreiterrolle haben die Niederlande übernommen, die seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts "Naturentwicklung" mit großen Weidetieren betreiben. Die mit 6.000 ha größte zusammenhängende Weidefläche dieser Art liegt direkt vor den Toren Amsterdams im Oostvaadersplassen bei Lelystad in Flevoland. Dort wurden 1983/84 32 Heckrinder und 20 Konikpferde "ausgewildert". Die Bestände sind auf heute etwa je 700 Rinder und Pferde angewachsen. Zusammen mit rund 1.000 Rothirschen haben diese Großsäuger eine Feuchtgebietslandschaft geschaffen, die einzigartig in Europa ist (Abb. 1) und insbesondere für Wasservögel internationale Bedeutung erlangt hat.