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Menschliches Leben vollzieht sich notwendigerweise mit Hilfe des Gebrauchs von Dingen. Versteht man unter Dingen - in bewusster Umgehung aller definitorischen und philosophischen Abgrenzungsprobleme - alle natürlichen und artifiziellen Entitäten, die unbelebt, sprachlos und mobil sind, dann kann man insgesamt vier Bereiche von Dingen identifizieren, die für menschliche Handlungen zentral sind: 1. der Bereich des Körpers (hierher gehören die Unterbereiche von Wohnen, Kleiden, Essen und Sport mit Dingen wie Möbeln, Essgeschirr und etwa Schlägern und Bällen), 2. Kommunikation und Verkehr (hierher gehören neben Autos, Telefonen und Büchern auch Spiele, Musikinstrumente, Bilder und Kunst), 3. Krieg (Waffen) und 4. schließlich die Arbeit (mit der ganzen Fülle von Instrumenten und Werkzeugen). Selbstverständlich gibt es Mischformen, Steine etwa können zum Wohnen gehören, wenn aus ihnen die Wände der Häuser gebaut werden, zum Krieg, wenn eine Steinschleuder zum Einsatz kommt, oder zur Arbeit, wenn Mauern oder Pyramiden gebaut werden oder einfach alle Werkzeuge aus Stein sind, wie in der Steinzeit.
[Der] Status des Rechts [ist] in der Odyssee grundsätzlich ambivalent [...]: Auf der einen Seite grenzt sich Odysseus unter Berufung auf eine allgemeine "rechtliche Ordnung" (thémis) und die öffentliche Versammlung (agorá) von der rechtlosen Welt der Kyklopen ab, auf der anderen liegt Interpretation und Durchsetzung von Recht im Konfliktfall beim Einzelnen: Was "Recht" ist, wird zu einem großen Teil von Macht, Einfluss und Ansehen der Parteien bestimmt. Dennoch hieße es die Komplexität der in der Odyssee beschriebenen Ordnung zu vereinfachen, wollte man sie auf ein rohes Recht des Stärkeren zurückführen – Odysseus wird in seinem Epos schließlich gerade nicht durch Verbindlichkeit durchsetzende Stärke, sondern durch wendige, ja unverbindliche Listigkeit charakterisiert. Doch wie ließe sich dann die zuguterletzt wiederhergestellte rechtliche Ordnung differenziert beschreiben? Um diese Frage zu beantworten, ist zunächst eine Reflexion auf das grundsätzliche Verhältnis zwischen Recht und Epos vorzunehmen. Sie soll in den folgenden Abschnitten in der Diskussion einiger maßgeblicher rechtshistorischer Ansätze am Beispiel der Ilias geleistet werden. Im zweiten Hauptteil dieses Textes wird dann eine Lektüre der Odyssee unter dem Aspekt epischer Verbindlichkeit im Vordergrund stehen; sie wird in die Frage münden, in welchem Verhältnis die formale Geschlossenheit des Epos zur Herstellung von Ordnung steht. Die Problematik der epischen Form wird ihrerseits abschließend zum Verhältnis von Epos und Recht zurückführen, wobei nun allerdings das Epos als Gegenstand von mündlicher Überlieferung und (mythischer) Gesetzgebung im Zuge der pólis-Werdung Athens im Mittelpunkt steht.
Die Begegnung zwischen Odysseus und den Sirenen lässt sich als allegorisches Szenario einer poetischen Kommunikation lesen. Darauf verweist die Etymologie, die den Namen der Sirenen auf die semitische Wurzel für ‚Gesang‘ (sir) und das griechische Wort für ‚Strick‘(σειρτί) zurückführt. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die bestrickende Lieder zu Gehör bringen, auf der anderen Seite diejenigen, die sich von den Liedern fesseln lassen. Die Kommunikationssituation ist als Geschlechterverhältnis kodiert. Der Gesang wird von verführerischen Frauen produziert und von verführbaren Männern rezipiert. Diese vermögen der Versuchung nur mithilfe einer spiegelnden Vorsichtsmaßnahme, der Bindung an den herkömmlichen Standpunkt, zu trotzen. Odysseus muss sich an den Mast fesseln lassen, um dem verderblichen Zauber der weiblichen Stimme nicht zu erliegen. Die Pointe des Geschlechterverhältnisses, das im Sirenenmythos modelliert ist, liegt in der Vertauschung der Rollen von Penetration und Rezeption. Es ist die Frau, deren Lied in den Mann eindringt, und der Mann, der das Lied der Frau empfängt. Das Medium, in dem sich die ästhetische Kommunikation vollzieht, ist signifikant. Am Hören, nicht am Sehen entscheidet sich das fatale Geschlechterverhältnis. Die Attraktion der Sirenen vermittelt sich auf dem Wege der Akustik, was auch als Hinweis auf die Oralität der für den mündlichen Vortrag bestimmten Dichtung lesbar ist. Im Folgenden soll die literaturgeschichtliche Reichweite dieser Konstellation exemplarisch skizziert werden. Drei Texte stehen im Mittelpunkt: Homers Odyssee als antiker Basistext und zwei mittelalterliche Quellen, die sich in gegensätzlicher Weise auf ihn beziehen: einerseits - als Fallbeispiel einer literarischen Rezeption - der Tristan Gottfrieds von Straßburg und andererseits - als Fallbeispiel einer hermeneutischen Rezeption - das Buch der Natur Konrads von Megenberg.
Wolfram, Klopstock und Homer
(2009)
Jede Zeit führt ihren je eigenen Dialog mit dem Mittelalter; (...) je nach ihren Voraussetzungen und Bedingungen stellt sie ihre Fragen an die mittelalterlichen Relikte und findet eigene Antworten. Mein Beitrag geht der Frage nach, wie in der Mitte des 18. Jahrhunderts Wolframs „Parzival“ aufgenommen werden konnte und welche Dimensionen besonders faszinierten und irritierten. (...)