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Es kommt wieder vermehrt zu Tragödien durch das Kentern von Flüchtlingsbooten. Mindestens 1.500 Menschen starben so 2021 allein im Mittelmeer. Angesichts dieser bestürzenden Realität sprach der Papst in seiner Ansprache, wie schon fünf Jahre zuvor, von einem "Schiffbruch der Zivilisation". Das Mittelmeer als Wiege verschiedener Zivilisationen dürfe sich nicht in einen "Spiegel des Todes", das "Mare Nostrum" dürfe sich nicht in ein "trostloses Mare Mortuum" verwandeln. Die Verwendung von Seefahrtmetaphern hat in der Geschichte des europäischen Denkens Tradition und mag daher nicht besonders originell erscheinen. Im Zusammenhang mit den im Mittelmeer und im Ärmelkanal ertrinkenden Menschen entfaltet sie dennoch große Wirkung. Dem physischen Untergang der Flüchtlingsboote durch unterlassene Hilfeleistung wird der moralisch-zivilisatorische Untergang Europas, ja, der ganzen Menschheit an die Seite gestellt - denn wie der Papst betont, ist Migration nicht nur ein regionales, sondern ein globales Thema. Aufgrund ihrer Prägnanz wurde deshalb wohl auch genau diese Metapher aus der Rede des Papstes weltweit in die Titel der Zeitungsberichte gehievt. Aber was soll durch die Verwendung der Schiffbruchmetapher ausgedrückt werden? Welche Funktion erfüllt sie? Und was ist überhaupt mit Zivilisation gemeint?
Mit dem Kommen der ersten „Gastarbeiter“ Ende der 1950er Jahre hat sich die BRD zu einem Einwanderungsland entwickelt. Die im Zuge der Anwerbevereinbarungen nach Deutschland übersiedelnden Migranten und ihre Familien bilden seither die größte Gruppe der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund. Einst als Ersatzheere für den Arbeitsmarkt angeworben, sind bis in die Gegenwart hinein neue Bevölkerungsgruppen und subkulturelle Milieus in der BRD entstanden. Bis heute jedoch fehlt es in Deutschland noch immer an einer allgemein akzeptierten Einstellung, wie das zukünftige Zusammenleben von Deutschen und Einwanderern aussehen könnte. Medien verleihen der Lebenswelt von Migranten und der Einwanderungsrealität – indem sie Möglichkeiten und Grenzen zukünftiger sozialer Veränderungen ausloten und (implizit oder explizit) an die politischen und sozialen Debatten des Problems anknüpfen – nicht nur Ausdruck, sondern stellen darüber hinaus auch Realität ordnende und deutende Instanzen dar, aus denen ein Wissen über Migration erst hervorgeht.