Filtern
Dokumenttyp
- Teil eines Buches (Kapitel) (1)
- Rezension (1)
Sprache
- Deutsch (2) (entfernen)
Volltext vorhanden
- ja (2)
Gehört zur Bibliographie
- nein (2) (entfernen)
Schlagworte
- Medea (2) (entfernen)
Mit der Veröffentlichung des Romans Medea. Stimmen im Jahr 1996 nahm Christa Wolf eine radikale Umdeutung der mythischen Figur der Medea vor. Die Schriftstellerin korrigierte das eindimensionale Bild der wilden, fremden und blutrünstigen Kindsmörderin, wie sie in den Schriften von Euripides konstruiert wurde, indem sie die älteren Versionen des Mythos aufgriff und Medea als vielschichtige Figur wieder- und neubelebte: eine Göttin, die später zur Heilerin, zur „Guten-Rat-Wissenden”, Königstochter und (letztendlich) Rebellin gegen patriarchalische Herrschaftssysteme wurde. Mit dieser Neudeutung von Christa Wolf erscheint die Figur heute auch wieder aktuell, zumal die Schriftstellerin ihre persönlichen und politischen Erfahrungen der Entfremdung im geteilten Deutschland sowie der Wendezeit miteinfließen ließ.
Mit diesem Roman stellt sich Christa Wolf als starke "Intellektuelle" unter Beweis, dazu fähig, auf der Suche nach einer existenziell berührenden und das Bewußtsein formenden Wahrheit die Geschichte neu zu schreiben. Auf die Transparenz ihres Namens zurückgeführt, bringt diese Medea guten Rat, indem sie die archetypischen Prinzipien einer moralischen Klarheit wiederentdeckt, die sich - in Anlehnung an Rousseau - mit einer Rückkehr zum Natürlichen verbindet. Wie in "Kassandra" liegt der Akzent nicht auf der Praxis der Differenz, sondern auf der Humanisierung der menschlichen Beziehungen. Daraus entsteht eine dem theoretischen Feminismus gut bekannte Poetik binokularer Optik.