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Viele Gruppen der Lebewesen, insbesondere Insekten breiten sich durch steigende Temperaturen zunehmend in Gebieten aus, in denen sie ursprünglich nicht vorkommen(Novikov und Vaulin 2014; Bebber 2015). Hierbei ist die steigende Temperatur in
verschiedenen Gebieten der Hauptfaktor für Expansionen dieser Arten in Richtung des nördlichen Polarkreises. Einige dieser Arten sind sehr tolerant für verschiedene Variablen und können damit ihr Verbreitungsgebiet deutlich nach Norden hin ausdehnen. Aufgrund steigender Temperaturen werden jedoch andere Arten in ihrem Verbreitungsgebiet eingeschränkt oder ihre Verbreitung verschiebt sich in nördliche Richtung (Ogden und Lindsay 2016; Lawler et al. 2009). Auch für die Verbreitung von Krankheiten spielen Temperaturen, Ausbreitungen oder Verbreitungsverschiebungen eine wichtige Rolle (Mordecai et al. 2019).
So können, durch die Etablierung der passenden Vektoren, bisher nur in wärmeren Gebieten auftretende Krankheiten zukünftig auch in unseren Breitengraden eingeschleppt und
verbreitet werden. Bremsen, invasive Stechmücken aber auch einheimische Mücken tragen alle ein Potential,verschiedenste Krankheitserreger zu verbreiten, auch wenn die Eignung als
Vektor für jede Art unterschiedlich groß ausfällt und manche Arten daher kaum beobachtet und untersucht werden. Mit dem Augenmerk auf sich ändernde Verbreitungsgebiete hinsichtlich zukünftigen klimatischen Veränderungen und sich wandelnden anthropogenen Einflüssen sollten jedoch auch Arten mit bisher geringem Vektorpotential mit in Beobachtungsprogramme aufgenommen werden.
Wir untersuchten in Projekt I auf kontinentaler Skala die Verbreitung von sechs verschiedenen Bremsenarten und konnten sowohl Rückschlüsse auf eine mangelhafte Beobachtung der
Arten ziehen als auch Artpräferenzen hinsichtlich der Landschaftsnutzung, Auswirkungen des Klimas auf die Verbreitung der Art und bisher unbekannte Toleranzen hinsichtlich tiefen Temperaturen und äußerst verkürzten Wärmeperioden aufdecken. Eine Größenordnung niedriger wurde in Projekt II, basierend auf aktuellen und Vergangenen Klimadaten, die zukünftige und aktuelle Verbreitung einer invasiven, sich zukünftig ausbreitenden Stechmückenart innerhalb Deutschlands modelliert. Durch bisherig im Untersuchungsgebiet nur begrenztes Auftreten konnten noch keine Rückschlüsse auf die unterschiedlichen Präferenzen für das Habitat gezogen werden, es können jedoch für zukünftige Berechnungen Habitatpräferenzen aus anderen Gebieten hinzugezogen werden um die Art und ihre fortschreitende Ausbreitung genauer zu beobachten. Auf der kleinsten untersuchten Ebene konnten in Projekt III innerhalb eines Mikrohabitates verschiedenste Rückschlüsse auf limitierende oder förderliche abiotische Faktoren, die teilweise bisherig nicht oder nur geringfügig beobachtet wurden, gezogen werden. Ebenfalls konnten Auswirkungen der umgebenden Landschaft auf die Abundanzen der Tiere beobachtet werden. Mithilfe von verschiedenen Modellen und in Abhängigkeit von Klimakarten, Landbedeckungsdaten und Landnutzung sowie Eigenschaften und Toleranzen der untersuchten Arten lassen sich in verschiedenen Größenordnungen geeignete Habitate von einheimischen sowie invasiven Arten identifizieren und zukünftige Verbreitungen effizient vorhersagen.
Insgesamt können, basierend auf all diesen Daten, dadurch für alle untersuchten Faktoren Modelle auf andere Gebiete übertragen werden um somit potentielle Verbreitungen dort
vorherzusagen. Auf unseren Daten basierend können so zum Beispiel Modellierungen für die potentielle Ausbreitung der untersuchten Tabaniden innerhalb anderer Kontinente berechnet werden und Monitoringprogramme können die Ergebnisse unserer Studie als Startpunkt aufgreifen, um durch Beprobung an modellierten Standorten die Korrektheit unserer Modelle zu überprüfen und sowohl Landschaftstypen als auch Artzusammensetzung aufzunehmen um das Modell zu bestätigen oder zu verbessern. Die Modellierung der invasiven Art Aedes albopictus bietet die Möglichkeit, diese Art in Zukunft innerhalb der möglichen Ausbreitungskorridore genauer zu beobachten um ihre fortschreitende Verbreitung zu
verifizieren oder eventuelle Änderungen des klimatischen Verlaufes mit einzubinden und das Modell anzupassen. Die Untersuchung des Mikrohabitats von Culex pipiens pipiens und Culex torrentium bietet, auch hinsichtlich anderer Arten in diesem Habitat, eine potente Methode, Vorhersagen für Artvorkommen innerhalb anderer Unterirdischen Objekte zu berechnen. Hier können, bei ausreichend großer Datenlage, eine Vielzahl von Faktoren in die Auswertung mit einfließen.
Die durchgeführten Studien bestätigen die Notwendigkeit für verbesserte Monitoringkonzepte für alle vektorkompetenten Tiergruppen hinsichtlich der sich ändernden klimatischen Bedingungen, des globalen Handels und die sich wandelnde Nutzung der Landschaften durch den Menschen und darin begründete Veränderungen der Artenzusammensetzung eines Habitates, zeigen Möglichkeiten, diese Konzepte mit bisher
ungenutzten Daten aufzubauen und zu verbessern und können gleichzeitig zu deren Verbesserung herangezogen werden.
Mit dem Verschwinden der Malaria aus Deutschland in der Mitte des letzten Jahrhunderts sank auch das wissenschaftliche Interesse an Stechmücken. Seit Jahrzehnten sind keine großflächigen systematischen Studien zum Vorkommen und zur Verbreitung der einheimischen Culicidenarten mehr durchgeführt worden, da diese scheinbar keine Vektorfunktion mehr hatten. Lediglich saisonal bedingte Massenvermehrungen waren und sind Anlass zu gezielten Bekämpfungsaktionen, die auch aktuell regionale Daten zur Stechmückenfauna liefern (BECKER & KAISER 1995). Diese und weitere sporadische Studien aus den letzten Jahren (BASTIAN 2000; HERRMANN 2000; KAMPEN unveröffentl.) zeigen, dass potenzielle Malariaüberträger nach wie vor bei uns heimisch sind. Gerade die anhaltende Diskussion über ‚emerging and resurging infectious diseases’ in Verbindung mit möglichen Klima- und Umweltveränderungen (GRATZ 1999, 2004) sollte aber das allgemeine Interesse an den einheimischen (potenziellen) Vektoren wecken, um für Eventualitäten gewappnet zu sein. Der weltweite Massentourismus und Tierhandel sorgt nicht nur für ein permanentes Angebot an Infektionsquellen für einheimische hämatophage Arthropoden, sondern erleichtert auch die Einschleppung und Ausbreitung von allochthonen Vektoren. So gelangte etwa die Tigermücke Aedes albopictus, ein effizienter Gelbfieber- und Dengue-Vektor, zu Beginn der 1990er Jahre mit dem Gebrauchtreifenhandel nach Südeuropa (KNUDSEN et al. 1996) und wandert seitdem ständig weiter nach Norden (SCHAFFNER 2001; FLACIO et al. 2004; SCHOLTE et al. 2006). Doch auch Zugvögel bringen seit jeher Viren aus afrikanischen Ländern nach Europa undkönnen einheimische Vektoren infizieren (MALKINSON & BANET 2002). Bis auf wenige Ausnahmen blieben große Epidemien bisher aus. Nicht so in Nordamerika, wo 1999 auf bislang unbekanntem Wege das West Nil-Virus eingeschleppt wurde und sich bis 2003 über die gesamten Vereinigten Staaten ausbreitete (GOULD & FIKRIG 2004). Zahlreiche Todesfälle bei Menschen, Pferden und Vögeln, insbesondere auf eine Virusübertragung durch Culex pipiens zurückzuführen, waren die Folge. Mit dem Tahyna-, Sindbis- und West Nil-Virus kursieren mindestens drei pathogene Stechmückenassoziierte Viren auch in Europa (ASPÖCK 1996; LUNDSTRÖM 1999). Erst kürzlich wurde in toten Vögeln in Österreich erstmals das Usutu-Virus außerhalb Afrikas nachgewiesen (WEISSENBÖCK et al. 2002). Ob es humanpathogenes Potenzial hat, ist unbekannt. Schließlich sind Stechmücken als Überträger der caninen Filariose von Bedeutung, die gelegentlich auch den Menschen befallen kann und sich offenbar ebenfalls vom Mittelmeerraum nach Norden ausbreitet (MURO 1999; PAMPIGLIONE & RIVASI 2000). Die vorgestellte Studie soll einen Beitrag zur Aktualisierung unserer Kenntnisse zum Vorkommen, zur Verbreitung und zur Biologie einheimischer Culiciden liefern, die erforderlich sind, um auf autochthone Erregerübertragung in geeigneter Weise reagieren zu können.
Nach HIRSCH (1883) war die Malariasituation im 19. Jahrhundert in Norddeutschland am schlimmsten in Schleswig-Holstein, an der Küste westlich der Elbe sowie in den Moorgebieten von Hannover und Oldenburg. Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts nahm dort die Zahl der Infektionen ab. Dieser Rückgang wurde vielfach auf die Trockenlegung von Marsch-, Sumpf- und Moorgebieten zurückgeführt (MAIER 2004). Aktuell wird deshalb in Teilen der Bevölkerung ein Wiederaufflackern der Malaria bzw. anderer Mückenassoziierter Krankheiten als indirekte Folge von Wiedervernässungsmaßnahmen befürchtet. Hinzu kommen Klima- und weitere Umweltveränderungen, welche nach MAIER et al. (2003) Ursache für neu auftretende oder wiederkehrende Krankheiten sein können. Mit dem Verschwinden der Malaria wurde in Deutschland kaum weitere Forschung zur Verbreitung und Ökologie der Culiciden betrieben. Das Fehlen von fundierten Daten zur Ökologie und Populationsentwicklung der präimaginalen Culicidenstadien in den heute vorhandenen Lebensräumen (z.B. Gräben, Polder, Wiedervernässungsflächen, Mooren) erschwert Aussagen und Prognosen zur Verbreitung potenzieller Vektoren. Die aktuellen Untersuchungen konzentrierten sich zunächst auf die Untersuchung der aquatischen Entwicklungsstadien von Anopheles-Arten (Diptera: Culicidae) in Entwässerungsgräben. Diese Biotope sind für die heutige Landschaftsstruktur der Marschengebiete im Nordwesten Niedersachsens typisch, stellen dort einen hohen Anteil der Wasserflächen dar und sind grundsätzlich als Brutgewässer geeignet (CRANSTON et al. 1987, MOHRIG 1969). Wesentliches Ziel der Untersuchung war zunächst die Darstellung historischer Fundgebiete, der abgesicherte Nachweis aktueller Brutgebiete verschiedener Anopheles-Arten und die Entwicklung einer standardisierten Methode zur Charakterisierung der betreffenden Biotope. Darauf aufbauend sollen mit GISTechniken, Classification and Regression Trees (CART) und Geostatistik zukünftig Möglichkeiten der Übertragung dieser Resultate auf ähnlich ausgestattete Landschaftsräume geprüft werden.