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Die in der Forschung bislang übersehene eigenständige Rezeption der urbanen in Paris entstandenen Persiflage durch die Frühromantiker*innen bietet eine Möglichkeit, die duale Konstellation zwischen Büchner und der Romantik um eine dritte komparatistische Perspektive zu erweitern. Es wird im Folgenden also nicht das allgemeine Phänomen der Verwendung von satirischen Mitteln in der Romantik und in Büchners Werk diskutiert, sondern eine spezifischer ausgelegte dreigliedrige Fragestellung: Der Nachweis der Attraktivität der französischen Persiflage als moderne Form boshafter Satire in der Frühromantik wird ergänzt durch die Analyse der Romantisierung der Persiflage. Erst danach kann das virtuose ausdifferenzierte Widerspiel von Persiflage und Karnevaleske in Büchners Werk vorgestellt und analysiert werden.
Als methodisches Rüstzeug bieten sich im Falle des hier verfolgten Themas vier Zugänge an: Erstens eine ideengeschichtliche Rekonstruktion der jüdischen Neuromantik, gegliedert nach verschiedenen Phasen (Vorgeschichte, zionistische Auslegung, ästhetische Kontroversen). Zweitens ein kulturwissenschaftlich ausgerichteter Konstellationsforschungsansatz. [...] Drittens bietet sich das Thema jüdische Neuromantik geradezu dafür an, die jüngst im englisch-amerikanischen Theoriefeld wieder aufgegriffenen methodischen Überlegungen zu kulturwissenschaftlich ausgerichteten "translation studies" einzubeziehen; [...] Und schließlich erscheint eine begriffliche Differenzierung nützlich. Im Blick auf die kulturpolitisch ausgerichtete zionistische Bewegung dürfte es angemessen sein, von einer "Wiederaufnahme" romantischer Vorgaben aus der Zeit um 1800 zu sprechen. Der zeitgenössische kulturpoetisch-ästhetische Versuch einer genaueren Charakterisierung neuromantischer Gattungen und Schreibweisen dürfte allerdings treffsicherer mit dem Begriff "gesteigerte Wiederkehr" umschrieben werden können.
Die Romantiker lieben es, programmatisch aufzutreten. Daher ist es bemerkenswert, dass in ihren Manifesten die Nennung und Konzeptualisierung von Ironie, Arabeske, Humor, Phantastik und Groteske dominiert. Die Erwähnung der Satire hingegen findet sich selten, sie bleibt randständig. Und doch ist auffällig, dass zum Beispiel in den nicht zur Veröffentlichung bestimmten poetologischen Notizen Friedrich Schlegels die Satire nicht nur gleichwertig mit Ironie, Burleske, Parodie, Groteske behandelt, sondern zugleich um ihren literaturtheoretischen systematischen Ort und ihre literaturpolitische Stellung geradezu gerungen wird.
Sucht man in den als "Kompendium der romantischen Schule" apostrophierten 'Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst', die August Wilhelm Schlegel in Berlin 1801 gehalten hat, nach der Einschätzung und systematischen Einordnung der Tanzkunst in die Kunstlehre der Romantik, so findet man eine zwiespältige Konstellation vor. Auf der einen Seite gehört die Tanzkunst durch ihre exzeptionelle Verbindung von Wort, Ton und Gebärde zur "Ur-Kunst", ist also somit zugleich durch ihr Bündnis mit Poesie und Musik "der Kern der sämtlichen Künste"; auf der anderen Seite ist die Tanzkunst genau durch diesen "unheilbaren Akt" der "untrennbaren" Anbindung an Poesie und Musik zu der Rolle einer "untergeordneten Kunst" verdammt. Denn, so die Argumentation Schlegels, die Tanzkunst hat "die Wortsprache nötig", genauso wie sie "nie der Musik entraten kann". Kurz: aus der Sicht August Wilhelm Schlegels ist die Tanzkunst als Einzelkunst nicht autonomiefähig, sodass sie trotz ihrer Ursprungsaura nicht zu den höchstfavorisierten Künsten um 1800 zählt.
Nicht jeder Innenraum ist ein Interieur. Das Interieur ist ein unter spezifischen historischen, gesellschaftlichen und kulturpoetischen Bedingungen entstandenes komplexes Gebilde. Es lässt sich durch die Bündelung von drei Aspekten rekonstruieren: 1. einer Kultur- und Komfortgeschichte de Wohnens; 2. einer Beschreibung des Widerspiels von Draußen und Drinnen und 3. der interieurspezifischen Bestimmung einer Raumästhetik, bestehend aus einer Poetik der Atmosphäre und der Dinge und konstituiert aus Erwartung, Erinnerung und Koketterie.
Andenken
(2009)
Jüngst wurde die These vertreten, was in den 60er und 70er Jahren der Begriff der Entfremdung und Utopie bedeutet habe, sei heute der der Erinnerung und des Gedächtnisses. Mit dem Rückgang einer ausschließlich futuristisch ausgerichteten Utopieforschung und einer die Vergangenheit häufig instrumentalisierenden Rezeptions-und Erbeforschung hat sich im Gegenzug Erinnerung als ein Schlüsselbegriff der Kulturwissenschaften etablieren können. In drei Kürzeln lässt sich diese Konjunktur skizzenhaft plausibilisieren. Erinnerung ist erstens theoriefähig und empirisch, zweitens aktuell und tief in die Geschichte oder die Geschichten zurückreichend und drittens interdisziplinärfähig und die einzelnen Disziplinen neben den Literaturwissenschaften die Soziologie, Philosophie, Kunstgeschichte herausfordernd. Erinnerung avancierte zum Faszinationstyp, weil sie - um auch hier wiederum die Dreizahl beizubehalten - in drei Arbeitsfeldern besondere Schwerpunkte zu setzen erlaubt: ersten im Bereich komplexer Modalisierung von Zeiten, zweitens im Bereich der Kulturalität und drittens in der Komparatistik länderspezifischer Erinnerungsmodi.