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Das literarische Werk des Novalis umkreist mit nahezu einzigartiger Intensität das Wesen der romantischen Dichtung. Nicht nur der Heinrich von Ofterdingen läßt sich als komplexes und kunstvolles autopoetisches Manifest interpretieren. Auch die Lehrlinge zu Sais sowie verschiedene Gedichte thematisieren wiederholt poetologische Fragen, die nicht selten mit geschichtsphilosophischen Spe-kulationen korrelieren. Da der Poesie eine weltverwandelnde und zeitaufhebende Dimension zugeschrieben wird, rückt die Reflexion über ihr Wesen häufig in einen eschatologischen Horizont. Der Dichter trägt im Werk des Novalis die Züge des antiken Sängers Orpheus. Wie dieser tritt er als mächtiger Magier auf, der die Gesetze von Raum und Zeit außer Kraft setzt, entlegenste Wirklichkeitsbereiche miteinander verbindet und alle Geschöpfe in einen umfassenden Dialog eintreten läßt. Das poetologische Gedicht Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren gehört in den Kontext des Heinrich von Ofterdingen und ist vermutlich in den Sommermonaten des Jahres 1800 entstanden. Wie ein Brennglas bündelt es die unterschiedlichen Überlegungen des Novalis zum Wesen sowie zur Funktion der Dichtkunst. Da es poetologische und geschichtsphilosophische Aspekte eng miteinander verknüpft, muß zunächst das triadische Geschichtsmodell des Novalis sowie seine Auffassung vom historisch-eschatologischen Auftrag des Dichters skizziert werden.
Die Resurrektion des Dichterkönigs : zur Novalis-Rezeption in Botho Strauß´ Roman Der junge Mann
(2005)
Auf welche Weise vollzieht sich der Prozeß einer Rechtswendung im Werk von Botho Strauß´? Wie ist die problematische Poetik des Essays Anschwellender Bocksgesang entstanden und wo sind die Wurzeln dieses Programms zu finden? Über diese Fragen gibt der große Roman der 80er Jahre, Der junge Mann, Aufschluß. In dem dichten intertextuellen Gefüge wird vor allem über die Anspielungen auf Novalis eine Poetik entworfen, die den desavouierten Begriff des Bodens im Namen einer unzugänglichen dichterischen "Pflanzstätte" und eines königlichen Dichters wiederzugewinnen sucht, einer "Pflanzstätte", in der auch das Zwiegespräch und die Liebe ihren Schutzraum finden sollen.