Refine
Year of publication
- 2006 (1) (remove)
Document Type
- Article (1)
Language
- German (1)
Has Fulltext
- yes (1) (remove)
Is part of the Bibliography
- no (1)
Keywords
- Schlink, Bernhard (1) (remove)
Der sensationelle internationale Erfolg von Bernhard Schlinks Roman 'Der Vorleser', der im fünften Jahr der deutschen Einheit erschien, wird in der kritischen Rezeption des Werks selten nachdrücklich der skandalösen und leicht schlüpfrigen Liebesgeschichte zugeschrieben, die im Mittelpunkt des Buchs steht. Dennoch scheinen, wie William Donohue bemerkt hat, Leser die pubertäre Liebesaffäre zwischen dem fünfzehnjährigen Jungen Michael Berg und der sechsunddreißigjährigen Hanna "einfach zu lieben". Wenige haben sich in der Folge mit der eng damit verbundenen Frage auseinandergesetzt, was eine Liebesgeschichte dieser Art in einem durchaus ernst zu nehmenden Werk der Holocaustliteratur zu suchen hat. War die Rezeption der ersten Jahre sowohl im englisch- wie deutschsprachigen Raum durch eine seriöse Behandlung der Thematik der Schuld, beziehungsweise der entschuldigenden Darstellung von Hannas Schuld und des Problems des Analphabetismus gekennzeichnet, so haben sich bislang die Liebeserzählung und ihre Verbindung zum restlichen Geschehen einer nachhaltigen kritischen Behandlung entzogen. Die beißende Kritik etwa von Jeremy Adler, der in der Ausgabe vom 22. März 2002 des 'Times Literary Supplement' den Roman als Beispiel für "Kulturpornographie" abgetan hat, und in Deutschland das verdammende Urteil von Willi Winkler in der 'Süddeutschen Zeitung', der den Roman als "Holo-Kitsch" bezeichnet hat, haben an der positiven Resonanz des Werks erstaunlich wenig ändern können.