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Einleitung Da allseits bekannt ist, dass die Zufuhr von exzessiven Jodmengen zur Induktion einer Hashimoto Thyreoiditis führen kann, war das Ziel unserer Studie die Beziehung zwischen der Jodurinkonzentration und der Anti-TPO-Antikörperkonzentration aufzuzeigen um einen Cut-off point für eine sichere Joddosis festzulegen. Des weiteren untersuchte die Studie, ob unter diätisch zugeführtem Jod, im Sinne einer freiwilligen Jodmangelprophylaxe, bereits die empfohlene Tagesdosis überschritten wird und daher Risiko besteht, eine Hashimoto-Thyreoititis zu entwickeln. Methodik Zwischen 2001 und 2002 wurden 475 Kinder, Jugendliche und Erwachsene untersucht, die in der Universitätskinderklinik Frankfurt a.M. vorstellig wurden. Das Patientenkollektiv wurde nach Geschlecht und Altersgruppen unterteilt. Es wurden sowohl morgendlicher Spontanurin zur Jod- und Kreatininanalyse als auch Serum für die Bestimmung der anti-TPO-Ak gesammelt. Ergebnisse Daten von 302 Patienten gingen in die Auswertung ein. Die Prävalenz von positiven anti-TPO-Ak betrug 3,7% mit einer Geschlechterverteilung weiblich zu männlich von 2,7:1. Insgesamt konnte keine Korrelation zwischen Jodurinkonzentration und anti-TPO-Ak Konzentration festgestellt werden (r= 0,0544, p>0,05). Analysen nach Alter und Geschlecht ergaben jedoch bei weiblichen Erwachsenen eine leichte, aber signifikante Korrelation der beiden Parameter (r= 0,3939, p< 0,05). Eine Jodkonzentration über 300 µg J/g Kreatinin stellte sich als unabhängiger Risikofaktor heraus (p<0,05). Vergleicht man Jodkonzentrationen kleiner 300 µg/ g Kreatinin und Jodkonzentrationen größer 300 µg/ g Kreatinin von jugendlichen und erwachsenen weiblichen Probanden, waren positive anti-TPO-Ak wesentlich häufiger mit Jodkonzentrationen über 300 µg/g Kreatinin assoziiert (x 2=9,2238; p<0,005). Adäquate Jodkonzentrationen wurden bei 69,5%, überschiessende Jodkonzentrationen bei 16,9% des Studienkollektivs gefunden. Unter leichtem Jodmangel litten 9,9%, unter moderatem 0,7% und unter schwerem Jodmangel 3,0% der Probanden. Schlussfolgerung Die Prävalenz positiver anti-TPO-Ak unter nutritiver Jodzufuhr beträgt 3,7%. Frauen neigen eher dazu, anti-TPO-Ak zu entwickeln, besonders mit steigendem Alter und Jodkonzentrationen im Urin von über 300 µg/ g Kreatinin. Insgesamt konnte keine Korrelation zwischen Jodkonzentrationen im Urin und anti-TPO-Ak Konzentrationen im Blut festgestellt werden. Daher war es auch nicht möglich, einen Cut-off-point für eine sichere Dosis an diätisch zugeführtem Jod zu determinieren. Es sei darauf hingewiesen, dass 16,9% des Studienkollektivs Jodkonzentrationen von über 300 µg/ g Kreatinin im Urin aufwiesen, was sich als unabhängiger Risikofaktor zur Entwicklung positiver anti-TPO-Ak herausstellte (p<0,05). Betrachtet man die durch die Jodkampagnen in den letzten 10 Jahren stetig steigenden Jodkonzentrationen der deutschen Bevölkerung, so schein es zukünftig nötig zu sein Konzepte zu entwickeln, um Überdosierungen von Jod in deutschen Haushalten zu vermeiden.
Klinische 8-Jahres-Studie der indivuell angepassten, nicht zementierten Hüft-TP : Typ LANDOS EGOFORM
(2006)
Fragestellung: Seit 1988 wird das Konzept des individuellen Hüftprothesenschaftes Landos „Egoform“ an der Universitätsklinik Frankfurt / Main angewendet und weiterentwickelt. Die anatomische Prothesenform mit ihrer lateralen Schulter und dem medialen Kragen, sowie der proximalen Hydroxylapatitbeschichtung wurde auf Basis von Finite Elemente Studien entwickelt. Als Basis für die computerassistierte individuelle Anpassung dienen Röntgenbilder in zwei Ebenen mit vorher am Oberschenkel angelegtem, röntgendichtem Referenzband. Ziel der vorliegenden Studie war die retrospektive Erhebung der mittel- bis langfristigen klinischen Ergebnisse dieses zementfreien Schaftes. Methode: Von 1988 bis 1996 wurden in der Universitätsklinik Frankfurt 370 Patienten mit einer Egoform-Individualprothese in zementfreier Technik operiert. Davon konnten 267 Hüften nachuntersucht werden (72,2%; mittlerer Nachuntersuchungszeitraum: 80 Monate). Die Erhebung der postoperativen Daten erfolgte anhand des Harris-Hip-Scores. Ergebnisse: Der durchschnittliche Harris-Hip-Score beträgt 90 von 100 Punkten. Die Ergebnisse für Schmerzfreiheit betragen 39,9 von 44 Punkten, für das Gangbild 29 von 33 und für die Mobilität 4,9 von 5 Punkten. 11 Patienten mussten revidiert werden, 5 (1,35%) wegen aseptischer Lockerung und 6 (1,62%) wegen septischer Lockerung. Schlussfolgerung: Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass durch die zementfreie Individualprothese mit lateraler Schulter einige der typischen Probleme zementfreier Schaftprothesen, wie z.B. der Oberschenkelschmerz oder die Nachsinterung, gelöst werden können. Die funktionellen Ergebnisse entsprechen zusammenfassend denen der zementierten Schäfte aus der Schweden-Studie.
In der vorliegenden Studie wurden fünf Dentinadhäsive (Prime & Bond, Optibond Solo, Scotchbond, Syntac Single Component und Syntac Sprint) sowie ein Gemisch aus Phosphor- und Flusssäure bezüglich ihrer Zytotoxizität anhand des Agar-Diffusionstests mit humanen Gingivafibroblasten untersucht. In den Vorversuchen wurden die zu testenden Haftvermittler auf sterilen Deckgläsern angesetzt, den gezüchteten Zellen ausgesetzt und deren Reaktion mittels Mikroskop beurteilt. Mittels dieser Vorversuche sollte untersucht werden, inwieweit überhaupt eine Zytotoxizität unter den zu testenden Mitteln vorlag oder ob es auch Mittel gab, die gar nicht toxisch auf die Zellen wirkten. In den ersten drei Hauptversuchen wurden die Dentinscheiben der Größe 500 mikro m, 400 mikro m, 300 mikro m, 200 mikro m und 100 mikro m zur Konditionierung mit dem Gemisch aus Phosphor- und Flusssäure vorbehandelt, mit dem jeweiligen Haftvermittler nach Vorschrift bedeckt und nachfolgend auf die gezüchteten Zellen aufgelegt. Der vierte Versuch diente dem direkten Vergleich zwischen dem in dieser Studie verwendeten Ätzgemisch und dem in einer vergleichbaren Studie verwendeten Ätzmittel Conditioner 36. In der vorliegenden Studie konnte eine Zytotoxizität aller untersuchten Dentinadhäsive und auch des untersuchten Gemischs aus Phosphor- und Flusssäure beobachtet werden. In der Gruppe der Dentinadhäsive schnitt das Material Optibond Solo am besten ab, gefolgt von Scotchbond, Prime & Bond und Syntac Single Component. Die stärkste Zytotoxizität wies das Material Syntac Sprint auf. Auch das Ätzmittelgemisch aus Phosphor- und Flusssäure war im Vergleich zu dem Testpartner Conditioner 36 gleich schädlich für die Gingivafibroblastenzellen.
This thesis is concerned with the derivation of new methods for the analysis of nonstationary, cross correlated panels. The suggested procedures are carefully quantified by means of Monte Carlo experiments. Typical applications of the developed methods consist in multi-country studies, with several countries observed over a couple of decades. The empirical applications implemented here are the testing for trends in the investment share in European GDPs and the examination of OECD interest rates. In the first chapter, a panel test for the presence of a linear time trend is proposed. The test is applicable in cross-correlated, heterogeneous panels and it can also be used when the integration order of innovations is unknown, by means of subsampling. In the next chapter a cointegration test having asymptotic standard normal distributiun and not requiring exogeneity assumptions is derived. In panels exhibiting cross-correlation or cointegration, individual test statistics are asymptotically independent, which leads to a panel test statistic robust to dependence across units. The third chapter examines in an econometric context the simple idea of combining p-values from a series of statistical tests and improves its applicability in the presence of cross-correlation. The last chapter applies recent panel techniques to OECD long-term interest rates and differentials thereof, finding only rather week evidence in favor of stationarity when allowing for cross-correlation.
Schon zu Beginn der Schizophrenieforschung ist man immer wieder auf Fälle gestoßen, die sich nicht oder nur schwer kategorisieren ließen. So erkannte bereits Kraepelin (1920) das Problem von Symptomkonstellationen, die sich nicht eindeutig in sein dichotomes Modell von „Dementia praecox“ und „manisch-depressivem Irresein“ (1896) einfügten. Es handelte sich um Patienten, die schizophrene Symptome und affektive Störungen im Wechsel oder aber auch gleichzeitig aufwiesen. In den folgenden Jahren gab es viele Bezeichnungen für derlei Phänomene. Es wurde von „Mischpsychosen“, einem „intermediären Bereich“ oder von „atypischen Psychoseformen“ gesprochen. Kurt Schneider (1980) bezeichnete sie als „Zwischenfälle“, Kasanin (1933) prägte den heute verwandten Begriff der „schizoaffektiven Psychosen“. Betrachtet man nun Langzeitverläufe über viele Jahre, so können in einigen Fällen Übergänge von der einen in die andere nosologische Entität beobachtet werden. Häufiger und besser belegt handelt es sich um Syndromwechsel von einer primär affektiven Störung hin zu einer schizophrenen Psychose. Wobei Marneros (1991) im Rahmen seiner großen Langzeitstudie, die den Verlauf affektiver, schizoaffektiver und schizophrener Psychosen miteinander vergleicht, deutlich darauf hinweist, dass sich keine typische Richtung eines Syndromwechsels oder Bevorzugung eines bestimmten Verlaufs belegen lässt. In unserer katamnestisch Studie beschäftigen wir uns ausführlich mit fünf Langzeitverläufen, die einen Übergang einer eindeutig diagnostizierten Schizophrenie mit mehreren Schüben und Exarcerbationen in eine bipolare Störung zeigen. Es handelt sich um eine explorative Arbeit, die bei allen Patienten eine mehr als 20-jährige Krankheitsgeschichte beleuchtet. Im Mittelpunkt stand die Untersuchung vieler sorgfältig geführter Krankenakten, die sowohl Aufzeichnungen der behandelnder Psychiater und Pflegekräfte enthielten, als auch Zusatzmaterialien wie Briefe, Postkarten und Bilder umfassten. Als wesentliches Mittel zum Herausstellen des Syndrom wechsels bzw. des Strukturwandels diente uns die genaue Betrachtung der erlaufspsychopathologie. Ergänzt wurden unsere Beobachtungen bezüglich der Krankheitsverläufe durch eigene Einschätzungen und Beurteilungen der Patienten, die in einem freien Interview in den Jahren 2002 und 2003 erhoben wurden. In allen fünf Fällen war ein eindeutiger Wandel der Symptomatik zu erkennen, welcher als solcher auch von den untersuchten Patienten empfunden und in den Interviews eindrücklich beschrieben wurde. Es zeigte sich bei allen fünf männlichen Patienten mit einem durchschnittlichen Ersterkrankungsalter von 22,6 Jahren, dass die erste Manie im Durchschnitt nach 10,4 Jahren und eine erste Depression im Durchschnitt nach folgenden 8,2 Jahren auftrat. Da nach dem Syndromwechsel Symptome aus dem schizophrenen Formenkreis bis heute fehlen, lässt sich in unseren Fällen die Bezeichnung als schizoaffektive Psychose nicht halten. Es handelt sich also um einen Syndromwechsel im Sinne eines Entitätenwechsels, der über Jahre hinweg stabil bleibt. Auch der Ausgang der Erkrankung unterstreicht unsere Beobachtung. Bei allen Patienten ist sowohl subjektiv als auch objektiv ein positiver Ausgang festzustellen. Dieses Phänomen deckt sich mit den Ergebnissen der vielfältig durchgeführten Studien zum besseren Ausgang von affektiven als von schizophrenen Erkrankungen. Konsequenterweise führte eine Phasenprophylaxe mit Lithium in allen Fällen zu einem Behandlungserfolg. In der Literatur fehlen bisher sorgfältig recherchierte und über viele Jahre belegte Krankheitsverläufe mit dem beschriebenen Strukturwandel der Erkrankung. Die Frage, womit ein solcher Übergang zusammenhängen könnte, kann derzeit nicht beantwortet werden. Diskutiert wird die Wirkung von Neuroleptika, hier vor allem deren depressiogene Potenz. Wenn man diese depressiogene Wirkung verantwortlich machen wollte, wäre nach dem Übergang in eine affektive Störung zunächst eine depressive Phase zu erwarten. Das Gegenteil ist bei unseren Patienten der Fall: alle unsere Patienten entwickelten nach einem durchschnittlichen Intervall von 10,4 Jahren zuerst eine Manie und dann im weiteren Verlauf eine Depression. Mit Hilfe eines psychodynamischen Erklärungsversuches könnte der Strukturwandel als ein Prozess verstanden werden, der dazu diente, der drohenden Ich-Destruktion und – Fragmentierung entgegenzuwirken und über Jahre zur Entwicklung eines höheren psychischen Strukturniveaus der Patienten geführt hat. Es bleibt in jedem Fall festzuhalten, dass weitere Studien auf dem Forschungsgebiet des Syndromwechsels wünschenswert wären, um dem Wesen des Wandels und auch der damit verbundenen klinisch relevanten therapeutischen Konsequenzen näherzukommen.
Die technische Entwicklung kleiner, mobiler Ultraschallgeräte erlaubt den Einsatz der Sonographie auch außerhalb der Klinik. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, ob die präklinische Sonographie mit einem mobilen Ultraschallgerät eine praktikable Methode darstellt, um am Unfallort abdominelle Blutungen zu diagnostizieren und inwieweit dies Einfluß auf die Therapie und das Management schwerverletzter Patienten hat. Die präklinische Sonographie wurde an 61 Patienten durchgeführt, bei denen eine intraabdominelle Verletzung nicht auszuschließen war. Unmittelbar nach Klinikaufnahme wurde der präklinisch festgestellte Ultraschallbefund mittels erneuter Ultraschalluntersuchung bzw. Computertomographie des Abdomens im Rahmen der Schockraumdiagnostik kontrolliert. Bei einer Untersuchungsdauer von durchschnittlich 2.8 ± 1.2 min wurde bei 16 Patienten (26.2 %) freie Flüssigkeit gefunden, 7 mit massivem, 9 mit diskretem pathologischen Befund. 4 der Patienten mit ausgeprägtem Befund wurden unmittelbar nach Klinikaufnahme laparotomiert und 3 aufgrund einer Milzruptur splenektomiert. Drei Patienten verstarben am Unfallort u.a. aufgrund ihrer abdominellen Verletzungen. Die präklinische Sonographie ergab schließlich ein falsch positives Ergebnis, jedoch kein falsch negatives Ergebnis, welches eine Spezifität von 97,9% und eine Sensitivität von 100% ergibt. In 36% der Einsätze wurde das präklinische Management modifiziert und in 21 % aufgrund der sonographischen Diagnose die Wahl der Zielklinik beeinflußt. Die präklinische Sonographie hat sich als sichere und fehlerarme Methode zur präklinischen Diagnostik abdomineller Blutung bewährt und stellt für den Einsatz im Notarztdienst eine sinnvolle Erweiterung der Diagnostik dar. Die Pilotstudie war Grundlage für eine Multicenterstudie der Deutschen Rettungsflugwacht, die klären soll, ob die präklinische Sonographie generell für den Einsatz im Rettungsdienst empfohlen werden kann.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die kognitiven und neurophysiologischen Grundlagen des visuellen Arbeitsgedächtnisses (AG) zu untersuchen. Es wurden zwei Studien durchgeführt. In der ersten wurden per Verhaltensdaten die Ressourcen von Manipulationsprozessen im visuellen AG nach Materialart erfasst. Dazu wurden insgesamt sechs Experimente konstruiert. In der zweiten Studie wurden mit zwei Experimenten die neurophysiologischen Grundlagen des visuellen AG per funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) dargestellt. Im Folgenden wird kurz das Modell des Arbeitsgedächtnisses nach Baddeley (1992) erläutert, gefolgt von einer Beschreibung der visuellen Pfade, welche für die Struktur des visuellen AG grundlegend sind. Danach werden die kortikalen Korrelate des visuellen AG skizziert. Anschließend werden aus den dargestellten Befunden die Methoden für die beiden Studien dargestellt und deren Ergebnisse diskutiert. Baddeley (1992) definiert das Arbeitsgedächtnis als ein System für das kurzfristige Halten und Manipulieren von Information, welche für weitere komplexe kognitive Prozesse wie Verstehen, Lernen und Schlussfolgern benötigt wird (Baddeley, 1992). Baddeley und Hitch (1974) entwickelten ein Modell des Arbeitsgedächtnisses, das aus drei getrennten Subsystemen besteht: Einer zentralen Exekutive (ZE), welche als übergeordnetes Aufmerksamkeits-Kontrollsystem arbeitet und die in das aktive Manipulieren von Material involviert ist, wie z.B. die mentale Rotation von Objekten. Dazu wurden zwei Sklavensysteme postuliert, die phonologischen Schleife und der visuell-räumlichen Notizblock (im folgenden visuelles AG genannt). Die phonologische Schleife hält phonologisch basierte Information und der visuell-räumliche Notizblock visuelles Material. Resultate aus psychologischen Experimenten und bildgebenden Studien dokumentieren, dass sowohl die kognitiven wie die neurophysiologischen Grundlagen des visuellen AG auf Basis der Materialart („Was vs. Wo“) und den operierenden kognitiven Prozessen („Halten vs. Manipulieren“) organisiert sind. Das Verhältnis zwischen den beiden Faktoren Material und Prozess ist bisher sowohl für die kognitive als auch für die neurophysiologische Ebene trotz einer Vielzahl an Untersuchungen umstritten. Im folgenden Abschnitt werden knapp die für die Struktur des visuellen AG wichtigen parallelen perzeptuellen Bahnen beschrieben. Eine funktionelle Trennung der visuellen Wahrnehmung erfolgt bereits in der Retina. Magnozelluläre Ganglienzellen sprechen vor allem auf Luminanzunterschiede an, parvozelluläre auf Wellenlängenunterschiede (Livingstone und Hubel, 1987). Kortikal wird die visuelle Information weiter in parallelen Bahnen verarbeitet. Eine ventrale Bahn analysiert vor allem Form und Farbe („Was“), eine dorsale die räumliche Position von Objekten und Bewegungen („Wo“, Ungerleider und Mishkin, 1982). Es konnte demonstriert werden, dass die Aufteilung der visuellen Wahrnehmung in eine ventrale und dorsale Bahn auch für höhere kognitive Prozesse wie das Halten von Information im visuellen AG erhalten ist (Della Sala et al., 1999). Die Autoren fanden bei neuropsychologischen Patienten Doppel-Dissoziationen in der Bearbeitungsleistung von Arbeitsgedächtnistests, welche sensitiv für das Halten von ventraler und dorsaler perzeptuelle Information sein sollten. Zusätzlich validierten die Autoren die Tests mit Interferenzaufgaben an Gesunden. Die Leistungen beider Tests wurden jeweils durch verschiedene Arten von Interferenz (räumliche vs. visuelle) beeinträchtigt. Somit konnte demonstriert werden, dass das Halten im visuellen AG nach Materialart getrennte Ressourcen aufweist. Ungeklärt ist, ob diese Trennung auch für aktive Prozesse wie das Manipulieren bestehen bleibt. Auch in den kognitiven Neurowissenschaften ist die Organisation der neurophysiologischen Grundlagen des Arbeitsgedächtnisses umstritten. Es fanden sich in einer Reihe von Studien deutliche Hinweise, dass der frontale Kortex (FK) eine zentrale Rolle für das visuelle AG einnimmt (Bauer und Fuster, 1976). Eine Vielzahl an Studien erbrachte allerdings widersprüchliche Ergebnisse hinsichtlich der funktionalen Organisation des FK nach Material („Was vs. Wo“, domänspezifische Theorie, Goldman-Rakic, 1987) und Prozessart („Halten vs. Manipulieren“, prozessspezifische Theorie, Petrides, 1994). Studien, die demonstrierten, dass der ventrolaterale FK für das Halten von Objekten und der dorsolaterale für das Halten von räumlichen Relationen spezialisiert ist (Courtney et al., 1998), konnten nicht immer bestätigt werden (DEsposito et al., 1998). Es konnte allerdings gezeigt werden, dass das verwendete Stimulusmaterial in den Experimenten großen Einfluss auf die Ergebnisse hatte und dass vor allem ein Defizit in der Konstruktion von ventralen Stimuli bestand, welche nur wenige räumliche Bestandteile beinhalteten (Sala, Rämä und Courtney, 2003). Somit ist diese unklare Befundlage unter anderem auf den Mangel an geeigneten Paradigmen zur Untersuchung vom Halten und Manipulieren ventraler Information zurückzuführen. Mit Studie 1 sollte per Verhaltensdaten untersucht werden, ob Prozesse der Manipulation auf materialspezifisch getrennten, kognitiven Ressourcen basieren. Die Studie bestand aus sechs Experimenten. Die ersten drei bestanden aus einer Dual-Aufgabe, in der ventrale und dorsale Information einzeln oder synchron manipuliert werden mussten. Die Manipulation ventraler Information wurde über das Mischen von Farben erfasst, die Manipulation dorsalen Materials über das mentale Rotieren von Halbkreisen. Zur Kontrolle von perzeptuellen und seriellen Lösungsstrategien wurden drei Varianten des Experimentes konstruiert, welche sich in der zeitlichen Darbietung der Stimuli unterschieden. In den Dual-Bedingungen der Experimente 1-3 trat keine Interferenz auf. Dieses Resultat unterstützt die Annahme getrennter, materialspezifischer kognitiver Ressourcen für das Manipulieren visuellen Materials. Im vierten Experiment mussten die Probanden eine räumlich-räumliche Dual-Aufgabe bearbeiten. In der Dual-Bedingung von Experiment 4 entstand Interferenz, da beide Aufgaben das gleiche dorsale System im visuellen AG beanspruchen. Zwei zusätzliche Experimente wurden zur Kontrolle der untersuchten Prozesse konstruiert (Experimente 5 und 6). Mit ihnen sollte überprüft werden, in welchen Umfang Prozesse des Manipulierens und des Haltens der visuellen Stimuli (Farbe und Rotation) auf Ressourcen der phonologischen Schleife und der zentralen Exekutive basieren. Es wurde dokumentiert, dass weder das Halten noch das Manipulieren des Materials die phonologische Schleife in Anspruch nimmt. Die Manipulation des visuellen Materials beruhte im Gegensatz zu deren Halten auf zentral-exekutive Ressourcen. Die Resultate zeigen, dass die materialspezifische Aufteilung der visuellen Verarbeitung auch für höhere kognitive Prozesse des Manipulierens erhalten ist und dass sich das Manipulieren im Ausmaß der benötigten zentral-exekutiven Ressourcen vom Halten unterscheidet. Studie 2 beschäftigte sich mit der funktionellen Organisation der neurophysiologischen Grundlagen des visuellen AG. Auf Basis des für Studie 1 entwickelten ventralen und dorsalen Halten- und Manipulationsparadigmas wurden zwei Experimente für das fMRT konstruiert. Im ersten Experiment mussten die Probanden Farben und räumliche Orientierungen halten, im zweiten Experiment mussten sie beide Materialarten manipulieren. Es konnte aufgezeigt werden, dass die Aufteilung des FK materialspezifisch erfolgt. Das Halten und Manipulieren der Farbinformation aktivierte Regionen um den Sulcus frontalis inferior, das Halten und Manipulieren des räumlichen Materials beanspruchte Regionen in der Nähe des Frontalen Augenfeldes (Kreuzung des Sulcus praecentralis / Sulcus frontalis superior). Der Kontrast zwischen Halten und Manipulieren erbrachte keine solche dorso-ventrale Dissoziation des FK. Die Ergebnisse der Verhaltens- und fMRT-Daten beider Studien verdeutlichen die Organisation der kognitiven und neurophysiologischen Ressourcen des FK nach Materialart, aufbauend auf dem ventralen und dorsalen perzeptuellen Pfad. Das Ergebnis der vorliegenden Studie bestätigt frühere Untersuchungen zur Organisation des FK (Courtney et al., 1998) und erweitert die bisherigen Resultate dahingehend, dass der FK auch für Manipulationsprozesse materialspezifisch organisiert ist.
Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurde eine wirksame synthetische und spektroskopische Methode entwickelt, um Abstände in DNA- und RNA-Duplexen mittels Elektronen-Paramagnetische-Resonanz (EPR) zu messen und um in Zukunft die dreidimensionale Struktur biologisch relevanter RNAs bestimmen zu können. Die Synthese von iodierten Nukleotid-Bausteinen für die Oligonukleotidsynthese, an denen mit Hilfe der Palladium katalysierten Sonogashira-Kreuzkupplung sich EPR-aktive Nitroxid-Acetylene einführen lassen, wurde erfolgreich durchgeführt. Diese Phosphoramidite sollten die folgenden Kriterien erfüllen: Alle vier Basen (A, C, G und U) sollten modifiziert werden und das eingeführte Spinlabel 2,2,5,5- Tetramethyl-3-ethinyl-pyrrolin-N-oxyl (TPA) sollte entweder in die minor oder die major groove hineinragen. Im Falle der Pyrimidine (U und C) war nur die Orientierung in die major groove möglich, da das Iodid nur am C5 eingeführt werden kann. Obwohl 5-Iodo-desoxyuridin- und 5-Iodo-uridin-phosphoramidit käuflich sind, wurden diese Bausteine selber hergestellt, wobei die iodierten Bausteine mit hohen Ausbeuten erhalten wurden. Die Synthese von 5-Iodo-cytidin erfolgte aus Cytidin, insbesondere durch die Iodierung mit Iod, Iodsäure in Essigsäure und Tetrachlorkohlenstoff. Die einzige Möglichkeit, dass das Nitroxid eine Orientierung innerhalb der minor groove annimmt, war die Derivatisierung am C2 der Purine. Der Austausch von Iodo gegen eine Aminofunktion für Guanosin war wegen des Verschwindens einer potentiellen Wasserstoffbrücke ungünstig, im Gegensatz zu Adenosin. Die Synthese von 2-Iodo-adenosin-phosphoramidit wurde durchgeführt, wobei die Amino-Gruppe am C2 eines modifizierten Guanosins durch Iod mittels einer radikalischen Reaktion mit Iod, Iodmethan und Kupferiodid substituiert wurde. Die Synthese von 7-Deaza-adenosin (7-Iodo-tubercidin) und von 7-Deaza-guanosin wurde durch eine Lewissäure katalysierte Vorbrüggen-Glykosylierung zwischen der geschützen Nukleobase und der acetylierten Ribofuranose erzielt. Die Iodierung erfolgte für das geschützte Tubercidin mit N-Iodsuccinimid, während sie für Guanosin trotz zahlreicher Versuche leider scheiterte. Da natürlich vorkommende DNA und RNA nicht paramagnetisch sind, müssen sie durch die Einführung eines Spinlabels EPR-fähig gemacht werden. Dafür wurde das Spinlabel TPA ausgewählt, da es sich mit einer hohen Stabilität und Starrheit auszeichnet. Dafür wurde zuerst die Palladium(II) katalysierte Sonogashira-Kupplung in DNA-Strängen wärend der Oligonukleotidsynthese für 5-Iodo-desoxy-uridin optimiert: Sehr reine Proben mit einem oder zwei Spinlabels in einem Strang konnten hergestellt werden. Diese Methode wurde anschließend erfolgreich auf RNA mit geringfügigen Änderungen für U, C und A übertragen, um die Ausbeute der Kupplung zu verbessern. Die benutzte Chemie hat sich als entscheidend erwiesen, da es zu berücksichtigen gilt, wie sich die Reagenzien, die bei der RNA-Festphasensynthese eingesetzt werden, auf das Spinlabel auswirken. Es wurde festgestellt, dass die Oxidationsstufe des klassischen TBDMS-Festphasenzyklus mit Iod, Pyridin und Wasser für die Reduktion eines beträchtlichen Teils des Nitroxids verantwortlich ist, insbesondere im Falle von 2-Iodo-adenosin. Deshalb wurde beschlossen, die patentierte ACE-Chemie zu verwenden, in der das Phosphor-Atom während des Festphasenzyklus mit tert-Butylperoxid in Toluol oxidiert wird. Die Synthese der geeigneten Bausteine wurde hierfür durchgeführt, 5-Iodo-uridin-phosphoramidit ist bei Dharmacon kommerziell erhältlich. Leider scheiterte die Synthese von 7-Iodo-tubercidin-phosphoramidit auf der Stufe der Einführung des Orthoesters. Auf diese Weise wurden sehr reine doppelgelabelte DNA und RNA Duplexe erhalten, deren Stabilität durch UV-Spektroskopie überprüft wurde. Der Unterschied in den Tm-Werten überstieg nicht 3,2°C für DNA und 5,1°C für RNA im Vergleich zu den unmodifizierten Duplexen. CD-Spektren wurden ebenso aufgenommen und zeigten, dass die B- bzw. A-Form erhalten blieb. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Prisner wurden die Abstände zwischen den zwei Nitroxiden in den synthetisierten fünf DNA- und sechs RNA-Duplexen mit Puls-Elektron-Doppel-Resonanz (PELDOR) gemessen. Diese experimentellen Werte wurden mit den theoretischen Werten verglichen, die mit Molecular Dynamics Simulationen erhalten wurden (Arbeitskreis Stock). Die mit beiden Methoden erhaltenen Ergebnisse stimmen überein. Erfolgreich wurde auch die Synthese von reinen spingelabelten biologisch relevanten RNAs wie TAR-RNA, der vier-Wege Kreuzung IIIa,b,c des Hepatitis C Virus und dem U4-U6 Komplex des Spleißosoms im Rahmen dieser Arbeit durchgeführt. Die größte synthetisierte RNA betrug 65 Nukleobasen. Leider konnten wegen zu hoher Flexibilität oder nicht richtiger Faltung der RNA keine definierten Abstände gefunden werden.