Refine
Year of publication
- 2011 (7) (remove)
Document Type
- Article (5)
- Part of a Book (2)
Has Fulltext
- yes (7)
Keywords
- Sprache (7) (remove)
Die vielberufene Zitierbarkeit der Benjamin'schen Wendungen gehört ins Register jener '-abilities', die Samuel Weber entdeckt hat. Sie berührt sich, sozusagen als 'quotability', mit der Brauchbarkeit, Erkennbarkeit, Kontrollierbarkeit, Kritisierbarkeit, Lesbarkeit, Mitteilbarkeit, Reproduzierbarkeit, Übersetzbarkeit, Vererbbarkeit, jenen Qualitäten, die einer Sache, durchweg einer Sache sprachlich-textlicher Faktur, virtuelle Kraft zusprechen. Diese Kraft bezeichnet nicht nur einen Charakter der passiven Eignung oder aktiven Befähigung, sondern dem Vorbild des lateinischen Gerundiums einen impliziten Imperativ. Was zitierbar ist, kann nicht nur, sondern muss zitiert werden, und es wirkt als ein Zu-Zitierendes. Benjaministische Benjamin-Forschung befolgt diesen Imperativ allzu wörtlich. Sie setzt autoritative Zitate an die Stelle sowohl des Kontextes, wo sie zuerst erschienen waren, wie auch der Technik des Denkens und Schreibens, denen sie ihre Spezifik verdanken. Für den autoritativen Gestus des Benjamin'schen Schreibens stehen viele Termini parat, und ein nicht abwegiger Terminus ist der des Aphorismus. Man wird auch vom Fragmentarismus des Benjamin'schen Schreibens sprechen dürfen, von seinem Hang zu Sentenzen (eben zitierbaren Sätzen), zur physiognomischen Zuschreibung, zum gnomischen, einprägsamen, inschrifthaften und monumentalen Wort. Die vieldebattierte Frage, ob Benjamins Stil aphoristische oder fragmentaristische Züge habe, kann in dieser Allgemeinheit etwas akademisch anmuten. Ein Anderes sieht, wer Aphorismus und Fragment zusammendenkt - wie etwa Gerhard Neumann in seiner monumentalen Studie 'Ideenparadiese'-, ein Anderes, wer sie unterscheidet.
Was ist „deutschmährische Literatur“? Versuch der Definition eines unselbstverständlichen Objektes
(2011)
Trotz geringem gesellschaftlichem Auftrag beschäftigt sich die „Olmützer Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur “ seit 1998 mit dieser Literatur und ist seit ihrer Gründung einem Rechtfertigungszwang ausgesetzt, der durch bloßes heuristisches Forschen nicht befriedigt werden kann. Alle in der Arbeitsstelle entstandenen Aufsätze, Studien, Dissertationen, Sammelbände gehen – mehr oder weniger dezidiert, mehr oder weniger polemisch – auf den Legitimierungszwang ein und versuchen ihr Objekt zu definieren, dem etwaigen Publikum plausibel zu machen und die Beschäftigung mit ihm zu rechtfertigen. Abhängig vom Thema einzelner Studien werden verschiedene Akzente gesetzt, doch manche Punkte wiederholen sich leitmotivisch. Diese neuralgischen Stellen müssen erst bedacht und beschrieben werden, bevor ein definitionstüchtiges Fazit formuliert werden kann.
The article deals with the analysis of linguistic structures which are used in the language of contemporary drama to intensify the expression of emotion. A corpus of four postmodern dramas was compiled for this purpose: 'Tätowierung' by Dea Loher (1992), 'Herr Kolpert' by David Gieselmann (2000), 'Schwimmen wie Hunde' by Reto Finger (2004), and 'Ein Teil der Gans' by Martin Heckmanns (2007). The article is based on the hypothesis that the emotional level of a text can be expressed via linguistic means displaying strong intensity. A theoretical justification of this hypothesis is followed by the analysis of the corpus texts.
Das Findenkönnen ist dem Seindürfen verwandt; wo die kulturelle Überformung das Einzelphänomen nur als Bejahung seiner strukturgebenden Funktionen zuläßt, schließt sich das persönliche Detail von den Ausdrucksmitteln ab, in denen es zu sich kommen könnte. Daß Detailerkenntnis nicht mehr Naherkenntnis ist, sondern das Detail den Betrachter gleichsam blind anschaut, läßt sich auf die Möglichkeit übertragen, den Lebensentwurf der Dichterin des Vormärz zu beschreiben: Fanny Lewalds Roman "Jenny" (1843/1872) kann von seiner Protagonistin nicht bruchlos reden, weil die sprachliche Ausdrucksform ihre Brüche dem Verständigungszweck unter ordnet. Sprachliche Kommunikation, die erscheint, hängt dem Störungsfreien an; die unvermeidlichen Mißverständnisse und Fehldeutungen der Sprachbenutzer scheinen zu den gelingenden Kommunikationssituationen nur als Ausnahmen zugelassen zu sein. In diese Situation hinein versucht die Vormärz-Autorin zu sprechen. Ihre Worte suchen einen Ort, den es nicht gibt, den sie schreibend konstituieren muß und doch in dem Wissen, daß keine Reaktionen des etablierten Gefüges ihr freundlich antworten werden. In doppelter Außenseiterposition, als Frau und Jüdin, hängen an ihrer Sprache Wünsche: nach Festigkeit des Ausdrucks, dem Gehörtwerden, dem Blick, der versteht.
Das Buchstabieren Benjamins
(2011)
Im Brief vom 28. Februar 1933 an Gershom Scholem spricht Walter Benjamin von einer "neuen - vier kleine Handschriftenseiten umfassenden - Sprachtheorie", die "[d]rucken" zu lassen er nicht beabsichtige, ja von der er nicht einmal wisse, "ob sie auch nur einer Maschinenübertragung fähig" sei. Der brieflich geäußerte Hinweis auf die Medialität der heute unter dem Titel "Lehre vom Ähnlichen" (GS II, 204–210)2 gedruckt vorliegenden 'Seiten' führt ins Zentrum des Textes: Benjamin entwickelt sein berühmtes Konzept einer "unsinnlichen Ähnlichkeit" der Sprache über "Verspannung[en]", und zwar "Verspannung[en]" nicht nur "zwischen dem Gesprochnen und Gemeinten sondern auch zwischen dem Geschriebnen und Gemeinten und gleichfalls zwischen dem Gesprochnen und Geschriebnen". Damit antwortet der Text auf die Frage, inwiefern man "Sprache", verstanden als "Kanon" der "Merkwelt des modernen Menschen", als Transformation alter Traditionen "magischer" "Fassungen" von "Ähnlichkeitserfahrungen" begreifen könne.
Although Dante’s influence on modernism has been widely explored and examined from different points of view, the aspects of Virginia Woolf's relationship with the Florentine author have not yet been extensively considered. Woolf's use of Dante is certainly less evident and ponderous than that of authors such as T.S. Eliot and James Joyce; nonetheless, this connection should not be disregarded, since Woolf's reading of Dante and her meditations on his work are inextricably fused with her creative process. As Teresa Prudente shows in this essay, Woolf's appreciation of Dante is closely connected to major features of her narrative experimentation, ranging from her conception of the structure and design of the literary work to her reflections concerning the meaning and function of literary language.
The poetic language of the Nobel Prize winner Nelly Sachs has already been examined from several points of view. Nelly Sachs has often been mentioned in connection with Klopstock and Hölderlin owing to her 'high tone' (cf. e.g. Paul Hoffmann's article 'On Nelly Sachs' Pathos' from 1994).
However, even earlier than the style which Hoffmann characterized as the "seed of the concise, hermetic late style with a more moderate pathos", literary techniques other than pathetic speech can be found in the work of Nelly Sachs. In the poems 'WE ARE SO sore', 'SOMEONE COMES', 'A PUNCH' behind a hedge, there is a laconic style, far removed from all hermeticism, which is able precisely to depict the impact of the Shoah on its survivors. This style seems to be cognate with Kaschnitz's late elliptical works, Celan's "greyer language", and Bachmann's laconic poems, all from the 1960s. It is this particular style that is examined in this article.