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Schon vor Mitte des 19. Jahrhunderts war mit der Romantik auch der frühromantische, von Friedrich Schlegel vorgebrachte Grundsatz, Poesie kann nur durch Poesie kritisiert werden, zusamt der ihn begleitenden Konzentration auf Dichtungskritik obsolet geworden. Heine prägte 1831 die berühmte - Romantik und Klassik umgreifende - Formel vom Ende der Kunstperiode. Der konstatierte Paradigmenwechsel von einer autonomen, alltagsabgehobenen Dichtung hin zu einer politisch lebensbezogenen Literatur bedeutete aber nicht, dass poetische Ansprüche aufgegeben worden wären. Dies war, was keines neuerlichen Nachweises bedarf, weder bei Heine selbst der Fall, noch bei einer Vielzahl seiner gleichfalls innovativen literarischen Zeitgenossen im Vor- und Nachmärz. Es ist ferner geläufig, dass sie zumeist darin übereinkamen, eine neue Poesie, eine mehr oder weniger zukünftige Poesie des Lebens zu fordern und zu suchen - im einzelnen freilich auf unterschiedlichen Wegen. Vernachlässigt hingegen hat man die Rolle der Literaturkritik bei diesen Bemühungen. Zu fragen ist nicht nur nach dem Verhältnis von politischen und poetologischen Schriftstellerkonzepten, sondern insbesondere nach der ästhetischen Fundierung politisierter literaturkritischer Feststellungen, Wertungen und Forderungen der Zeit um 1850. Es geht um die Praxis damaliger Literaturkritik, die bisher hinter einem Forschungsinteresse an der Theorie und an programmatischen Selbstbekundungen der Kritiker zurückstand. Versucht wird deshalb zunächst ein Umriss am Beispiel dreier exponierter Autoren: Ludolf Wienbarg, Friedrich Theodor Vischer und Julian Schmidt - Literaturkritiker alle drei, die beiden erstgenannten zudem Schriftsteller und Ästhetiker.
Was beabsichtigt oder was bewirkt ein Autor, der 1880 auf dem deutschen Buchmarkt eine Novelle mit dem Titel "Der Heilige" erscheinen lässt? - Conrad Ferdinand Meyer, von dem hier die Rede ist, konzipierte seinen Text als historische Novelle: Handlungsschauplatz ist das hochmittelalterliche England, Stoff die Auseinandersetzung zwischen König Heinrich II. und Thomas Becket, dem Erzbischof von Canterbury. Der Text gipfelt in der skandalösen Ermordung des Kirchenmannes durch die Schergen des Königs und thematisiert insgesamt die Validität von Beckets Heiligkeit. Weshalb diese Stoffwahl? - Der Blick auf Meyers erzählerisches Gesamtwerk zeigt, dass Kirche und Geistlichkeit bei ihm generell eine tragende Rolle spielen. Es scheint dabei allerdings weniger um Religion oder Religiosität zu gehen als vielmehr um Machtfragen. So benutzt Meyer in "Huttens letzte Tage", im "Amulett", in "Jürg Jenatsch" oder in "Gustav Adolfs Page" die konfessionellen Spannungen zur Zeit von Reformation und Gegenreformation, um Kampf, Krieg, Tücke und Verbrechen in Szene zu setzen. Ähnlich ist es auch mit den andern Texten Meyers, die sich - bekanntlich alle in historischem Erzählen - mit der Kirche oder vielmehr mit einzelnen ihrer Repräsentanten befassen. In "Engelberg", "Plautus im Nonnenkloster", den "Leiden eines Knaben" oder in der "Hochzeit des Mönchs" verkörpert die Kirche jeweils eine sehr fragwürdige Machtinstanz, die ihre meist egoistischen Ziele in raffinierter Rücksichtslosigkeit verfolgt. In historischem Kontext stellt sich bei all dem natürlich die Frage, ob man Meyer als Kulturkampfagitator verstehen muss, als Parteigänger mithin in jener machtpolitischen Auseinandersetzung zwischen Kirche und Staat, die das 19. Jahrhundert über längere Zeit geprägt hatte. Meyer würde dann zu jener damals recht großen Gruppe liberal gesinnter Autoren zählen, die in ihren Werken polemisch gegen Konservativismus und Kirche opponiert hatten. Ich möchte dieser Frage im ersten Teil meines Beitrags nachgehen und dazu einige Thesen entwickeln. In einem zweiten Teil werde ich auf die erwähnte Novelle "Der Heilige" zurückkommen und an ihr Meyers Position textbezogen verdeutlichen.
Wir haben[...] Heines literaturhistorische Kompetenz herauszuarbeiten und insbesondere auf seine Prägung durch die Hegelsche Philosophie und ihre Derivate zurückzuführen versucht. Ausgangspunkt unserer Überlegungen war Heines handschriftliche Notiz über Gervinus [...]. Gervinus‘ Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen (1835/42) und Heines thematisch und entstehungsgeschichtlich zusammengehörige DeutschlandSchriften weisen eine beträchtliche Anzahl struktureller und inhaltlicher Übereinstimmungen auf. Diese Übereinstimmungen sind insofern um so beachtenswerter, als Gervinus’ Werk als geradezu paradigmatische Literaturgeschichte einzuschätzen ist, die schon von ihren Zeitgenossen als solche anerkannt wurde und noch während ihrer Entstehungszeit zum Bezugspunkt der seit den 1820er Jahren geführten Reformdiskussion über die Zielsetzungen einer neuen, litterärhistorische Darbietungsformen hinter sich lassenden Literaturgeschichtsschreibung avancierte. Mit seinen Deutschland-Schriften hat Heine also den Nerv der damaligen Reformdiskussion getroffen und eine nicht zu unterschätzende Zahl der in ihr erhobenen Anforderungen an das neue literaturhistorische Projekt bereits historiographisch umgesetzt.
Seine Ansätze zu einer Ästhetik der Oberfläche entwickelte Semper – gleichzeitig wie Marx seine Theorie des Fetischcharakters der Ware – angesichts der unabsehbaren Auslagen der Kunstindustrie, in denen sich das fortschrittsgläubige Bürgertum des technischen Zeitalters auf den nationalen und internationalen Gewerbeausstellungen feierte und aus denen es seine vitalsten Energien schöpfte. Semper verfasste seine epochemachende Schrift „Wissenschaft, Industrie und Kunst“ als Reaktion auf die Londoner Weltausstellung von 1851, wo Joseph Paxtons berühmter Crystal Palace der neuen Warenherrlichkeit nicht nur reichlich Raum zur Ausbreitung bot, sondern die neuen Materialien Eisen und Glas auch gleich selbst eindrücklich zur Schau stellte. Die Schrift nimmt frühere Überlegungen zur Bemalung antiker Tempel und Statuen auf und mündet später in Sempers Hauptwerk „Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten“ (1860–1863). Das Prinzip, unter das Semper seine »praktische Ästhetik« (so lautet der Untertitel des Werks) stellt, ist jenes der Bekleidung. Damit wären wir bei der im Titel angekündigten Mode angelangt. Am Leitfaden der Mode möchte ich im Folgenden die Anfänge einer modernen Ästhetik der Oberfläche bei Semper exemplarisch für die deutschsprachige Kunsttheorie verfolgen. […] Ihre Produktivität ist nicht nur in der von industriell-technischen Entwicklungen inspirierten ›praktischen‹ Ästhetik zu beobachten, für die Semper ein Beispiel ist. Sie schlägt sich ebenso in der von den schönen Künsten und der Kunstphilosophie herkommenden ›idealistischen‹ Ästhetik nieder, wie sie etwa Friedrich Theodor Vischer (1807–1887) vertritt. Hier scheint die Mode ihre für die Reflexion über Kunst innovative Funktion gerade ihrer Randständigkeit, ihrem provokativen Außenseitertum im Verhältnis zum ästhetischen Kanon zu verdanken. Dieser Umstand verbindet sie mit der Karikatur und dem Hässlichen.
Dass Arbeit und Produktion seit einigen Jahrzehnten einem rasanten Wandel in Form und Inhalt unterliegen, ist mittlerweile schon ein Allgemeinplatz. Doch die Reaktionen der Linken auf diese Veränderungen sind nach wie vor erschreckend. Die alte staatsfixierte Linke, also alle Kinder der Sozialdemokratie, von den Gewerkschaften bis hin zu den Parteikommunisten jeglicher Couleur, hat sich im Groben auf zwei Positionen verteilt: auf der einen Seite die "besseren Modernisierer", die Sozialdemokraten, mit denen wir es in fast allen Staaten der EU zu tun haben und deren "Neoliberalismus" sich vom us-amerikanischen Modell nur darin unterscheidet, dass diese den Sozialstaat (noch stärker als bisher) in eine Zwangsgemeinschaft verwandeln, um so das wegfallende Disziplinierungsmoment "Lohnarbeit" durch andere zu ersetzen und gleichzeitig Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse zu deregulieren. So wird das Bild des "aktivierenden Staates" propagiert, d.h. eine Abkehr vom früheren Wohlfahrtsstaat im Rahmen dessen - mal ganz abgesehen von seiner Disziplinierungs- und Kontrollfunktion - die Unterstützung ein Recht darstellte und die EmpfängerInnen in erster Linie alimentiert wurden. Das führt zu einem Modell staatlicher Förderung, in dem für Unterstützung eine Gegenleistung erwartet wird und die EmpfängerInnen von Unterstützung "animiert" (besser gesagt: gezwungen) werden sollen, die Leistungen nicht mehr in Anspruch zu nehmen und sich "Arbeit zu suchen". Da dies auf dem regulären Arbeitsmarkt kaum noch möglich ist, wird die "Selbstständigkeit" als Allheilmittel und Chance propagiert. So zahlt etwa das Arbeitsamt an "Arbeitslose", die eine selbstständige Aktivität in die Wege leiten, die Unterstützung sechs Monate weiter - danach erlöschen aber jegliche Ansprüche. Dass es sich hierbei um die Durchsetzung von Maßnahmen handelt, die darauf abzielen, Arbeitsverhältnissse weiter zu deregulieren und die in einen ideolgogischen Rahmen eingebettet sind, ist offensichtlich. Die hierin propagierten Anforderungen stehen aber im Widerspruch zur Selbstwahrnehmung vieler selbstständig Beschäftigter. ...
Der Zensur, und nicht zuletzt der österreichischen, war von ihren Kritikern oft Willkür vorgeworfen worden. Selbstverständlich blieb den Zensoren stets ein Rest von Spielraum bei ihren Entscheidungen erhalten, aber zumindest im hier behandelten Zeitraum, d. h. in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, waren die Zensurvorgänge straff organisiert. Sie wurden von der Wiener Polizeihofstelle aus zentral gelenkt, und seit 1810 bestanden auch genaue Richtlinien für den Umgang der Zensoren mit den verschiedenen Arten von Druckwerken. Die Zensurverordnung vom 14. Sept. 1810 (genauer Titel: Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a.h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen blieb bis zur Abschaffung des Systems der Präventivzensur im Jahr 1848 gültig. Für uns ist sie von Bedeutung, weil wir ihre Auswirkungen an einem Corpus von zeitlich unmittelbar auf sie folgenden Zensurentscheiden überprüfen, also gewissermaßen die Theorie mit der Praxis der Zensur korrelieren können. Zuvor müssen wir aber die Vorschriften der Verordnung von 1810 etwas näher betrachten.
Die beiden Verfasser kennen die Kalkmagerrasen bei Willebadessen seit Ende der 70er Jahre und veröffentlichten 1986 einen Überblick über die Großschmetterlinge dieses interessanten Bereichs (BADTKE u. BIERMANN, 1986). Seither suchten sie das Gebiet mehrmals im Jahr auf und können mit den erhobenen Daten die Entwicklung des Bestands dokumentieren. Der Beginn der Pflege dieser Kalkmagerrasen ab Ende 2000 (NEW-Info 2001) und die damit zu erwartenden Verbesserungen in diesem Lebensraum geben Anlass zu einem Rückblick auf Artenzahl und Bestandsentwicklung der Tagfalter und Zygaenen bis zum Jahr 2000. Zugleich mag diese Zusammenstellung auch die Ausgangssituation zu Beginn der Pflege dieser Kalkmagerrasen darstellen.
Sangspruchtradition. Textualität - Aufführung - Traditionsbildung : Münster, 31.08. - 01.09.2000
(2001)
Vom 31. August bis 1. September 2000 fand in Münster, veranstaltet von Michael Baldzuhn (Hamburg), Margreth Egidi (Münster) und Nine Miedema (Münster), ein Kolloquium zur Sangspruchtradition statt. Ziel der Tagung war es, aktuelle literatur- und kulturwissenschaftliche Impulse, die die mediävistische Germanistik für die spezifische Eigenart mittelalterlicher Texte aufs Neue sensibilisiert haben, exemplarisch mit der Konzentration auf diese Gattung produktiv zu machen: Insofern im Zentrum eines weiterreichenden Problemhorizonts die Frage nach den Voraussetzungen steht, die - trotz fragiler Rahmenbedingungen - literarische Kommunikation gleichwohl zu stabilisieren vermochten, ziehen Untersuchungsfelder, die größere Zeiträume abdecken und damit übergreifende Entwicklungen im homogenen Beschreibungsrahmen zu betrachten erlauben, neue Aufmerksamkeit auf sich.
Das Grüne Koboldmoos ist ein winziges, knospenförmiges, sehr verkürztes, aufrecht wachsendes Laubmoos, welches auf einem bleibenden chlorophyllreichen Vorkeim aufsitzt. Die männliche Pflanze besteht nur aus einem kugeligen, lang gestielten Antheridium; sie wird von einem einzigen muschelförmigen chlorophyllfreien Blatt verhüllt. Die weibliche Pflanze, ein etwas größeres Archegonium, wird von wenigen chlorophyllarmen rippenlosen Blättern eingeschlossen. Seta und Kapsel sind gelbgrün gefärbt, der Deckel löst sich leicht ab. Die Peristomzähne sind mehrreihig ausgebildet (nach ROTHMALER 1983).
The "Death of Literature" will be doubted as an affirmation, but, on the other hand, it will be analysed as an effective and dynamic theme in the history of literature. Considering the "Advent of new Medias" (J. Hörisch) and with reference to J. Derrida it will be demonstrated that literature since antiguity is orientated on an not only phonetical, but also optical 'Imaginary', and it is always playing with the auto-transgressing of itself- and that consequently the audio-visual medias represent a very special challenge as they are a kind of 'fulfilling' of these intraliterary tendencies. Modern German-speaking authors react upon this new "anxiety of influence" (H. Bloom) in at least five ways: by retreating in the 'essence' of literature (askesis), by adopting various technical elements (adaptio), by historizing and 'outstripping' the medias (reductio), by pretending an anticipation of the innovations of the medias by the literature (anticipatio) and last but not least with a fight under equals, using all means (agon).
Hausschweine wurden bis in die jüngere Vergangenheit im Freiland gehalten. Bis in die Neuzeit war dabei die Waldweide mit Waldmast von großer Bedeutung für diesen Wirtschaftszweig. Mit fortschreitender Waldvernichtung im Mittelalter und der Neuzeit wurden die Tiere dann zunehmend im Offenland gehalten. Vor allem im nassen und feuchten Grünland haben sie aufgrund ihrer Wühlaktivitäten für eine hohe Morpho- und Vegetationsdynamik gesorgt und so für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten der natürlichen dynamischen Lebensräume (z.B. Auen) geeigneten Lebensraum bereitgestellt. Dies wird durch Studien in den Save-Auen, Kroatien, und den Elb-Auen, Brandenburg, darlegt. Dass Schweine auch zur Regeneration verbrachter Trockenrasen oder zum Erhalt der Ackerwildkrautflora auf brachgefallenen Äckern beitragen können, zeigen Untersuchungen aus dem Elsass, dem Weserbergland und der Schwäbischen Alb.
Nach der Spaltung Europas infolge des Zweiten Weltkrieges und der NS-Kapitulation 1945 erreichte die Bundesrepublik eine militärische, ökonomische und kulturelle Integration in die westeuropäische Staatengemeinschaft, was eine rasche Angleichung ihrer Lebenswelten an bürgerlich-demokratische wie marktwirtschaftliche Prinzipien bedeutete. Die DDR hingegen suchte ihre Anbindung an die "sozialistischen Bruderländer", die mit einer stärker formierten gesellschaftlichen Neuorientierung verknüpft war.
Die Produktion historischer Romane wurde von den Versuchen der Zeitgenossen begleitet, sich über die Neuerung - da sie einmal als solche empfunden wurde - zu verständigen und über ihren Wert Gewißheit zu erlangen. Von diesen Versuchen wird der vorliegende Beitrag handeln. In ihm geht es also weder um allgemeine Überlegungen zur Literaturtheorie, die Romantheorie eingeschlossen, noch speziell um die Theorie des historischen Romans überhaupt. Größtenteils muss zudem außer Betracht bleiben, was die Forschung der letzten Jahrzehnte an empirischem Wissen über die Verfasser historischer Romane im Vormärz und diese selber zu Tage gefördert hat, auch an Abhandlungen zur Interpretation. Der vorliegende Beitrag zielt lediglich auf einen einzigen Punkt: die Theorie des historischen Romans in Autor-Reflexionen aus dem Vormärz (unter gelegentlichem Einschluss von Äßuerungen aus dem Nachmärz). Sie stammen von einigen der wichtigsten Schriftsteller der Epoche, ob sie nun selber Beispiele der Gattung schufen oder nicht, und lauten in der Regel entweder ablehnend, manchmal sogar krass ablehnend, oder befürwortend, von milder bis zu enthusiastischer Zustimmung.
Heines Naturästhetik
(2001)
1828 verkündet Heinrich Heine das Ende der Kunstperiode, die er durch Goethes Klassizismus formal und inhaltlich geprägt sieht. Die autonome Kunstauffassung des Weimarers schürt den von Heine erkannten Konflikt zwischen Kunst und Lebenswirklichkeit, der nur gelöst werden kann, wenn sich ein Dichter mit den politischen und sozialen Problemen seiner Gegenwart auseinandersetzt und sich einem harmonischen, ganzheitlichen Weltbild verweigert. Mit seiner Naturästhetik zielt er auf eine Überwindung der traditionellen ästhetischen Normen der Klassik und Romantik, die er als formalistischen Zwang empfindet, verlangt Anschaulichkeit und Natürlichkeit der Sprache, einer Sprache, die sich am Menschen orientiert und nicht an Poetiken, einer Sprache, die Subjektivität und Erfahrungen zuläßt und die auch im sozialen Interesse die Kunst dem Leben, der Wirklichkeit öffnet. Diese Natürlichkeitsideale tiefergehend zu untersuchen - so Heines Auseinandersetzung mit der Naturphilosophie, seine kulturkritischen Reflexionen im Rahmen einer Kulturgeschichte der Natur und im Rahmen der Natürlichkeitsvorstellungen anderer Schriftsteller, z.B. die der Aufklärer wie Albrecht von Haller -, vielleicht kann dazu die vorliegende Skizze einladen.
Es [hatte]keineswegs nur ökonomische Gründe, daß Goethe in "Ueber Kunst und Alterthum" fast völlig auf eine bildliche Wiedergabe der behandelten Kunstwerke, damit er sie so „dem Anschaun sinnlich oder auch nur symbolisch näher brächte“, Verzicht leistete, sondern daß er statt solcher (wie auch immer vermittelten) Unmittelbarkeit der ästhetischen Anschauung supplementär auf „Reflexion und Wort“ als (wie George Steiner sagen würde) ‘sekundäres, parasitäres’ Medium der Kunstkritik setzte.
Selten dürfte ein Roman während seiner Entstehung von so kompetenten Werkstattgesprächen begleitet gewesen sein, wie sie der Briefwechsel zwischen Goethe und Schiller zu "Wilhelm Meisters Lehrjahren" in den Jahren 1794-96 bezeugt. Dieser so kritische wie beflügelnde Dialog wurde jedoch gleich nach Erscheinen des ersten Bands im Januar 1795 durch einen Widerstreit der öffentlichen wie der privaten Reaktionen zu diesem Roman überlagert. In dieser durch den Xenien-Streit zusätzlich aufgeheizten Situation publizierte der damals fünfundzwanzigjährige Friedrich Schlegel, der soeben nach der Entzweiung mit Schiller und Woltmann von Jena nach Berlin übersiedelt war, im September 1797 im dortigen Lyceum der schönen Künste das selbstbewußte "Kritische Fragment.