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Queertheorie bestimmt sich über Vorläufigkeit, die sich nicht als fixiertes System versteht, sondern als eines, das lediglich ein Instrumentarium zur Verfügung stellt, um die Logik der Spezifität von Machtbeziehungen und Machtkämpfen, etwa in literarischen Texten, zu analysieren. Insofern jeder kritischen Theorie die Verpflichtung aufgegeben ist, kritisch gegen sich selbst gewendet, auch die Möglichkeit zu denken, dass sie nicht immer da sein wird, gilt es, sich nicht im eigenen Moment einzurichten. So möchte ich im Sinne einer vorläufigen und zugleich einer strategischen Kanonisierung vorschlagen: Die germanistische Literaturwissenschaft sowohl mit postkolonialen Theorien als auch mit Gender- und Queertheorien momenthaft und gleichsam verschränkt zu perspektivieren, um dadurch neue Realisationen von Texten zum Entstehen zu bringen.
Der etwas pompöse Begriff "Wiener Moderne" könnte ohne weiteres durch den etwas bescheideneren Begriff "Junges Wien" ersetzt werden. Um diese relativ homogene, Anfang der neunziger Jahre formierte Gruppe, ihre Werke und im Besonderen um ihr Verhältnis zu französischen Vorbildern wird es hier in erster Linie gehen. Dabei wird die Aufmerksamkeit anfänglich auf Hermann Bahr als zentraler Vermittlerfigur französischer Literatur gerichtet sein, dann werden einige Werke von Hofmannsthal, Schnitzler, Dörmann, Andrian, Altenberg und Beer-Hofmann in Beziehung zur französischen Literatur gesetzt.
In unserem Lesealltag stoßen wir auf Schritt und Tritt auf Übersetzungen. Ca. 15 % aller auf dem deutschen Buchmarkt produzierten Titel sind Übersetzungen, wobei - wenig überraschend - zwei Drittel aus dem Englischen stammen. Wir haben uns derartig daran gewöhnt, Übersetzungen zu benützen, dass wir sie kaum noch als besondere, höchst problematische Textsorte wahrnehmen. Auch Literaturwissenschaftler sind nicht dagegen gefeit, beim Lesen zu "vergessen", dass sie eine Übersetzung vor sich haben. Nicht oft genug kann man daher darauf hinweisen, dass Übersetzungen oft erheblich von ihren Vorlagen abweichen und dass bei der Entstehung von Übersetzungen nicht nur Kalkül, sondern auch der Zufall eine große Rolle spielt.
Rückkehr des Autors? : Literatur und kulturelle Autorität in der interkulturellen Kommunikation
(2008)
Während ihrer Feldforschung in Nigeria erzählt die Ethnologin Laura Bohannan den Stammesmitgliedern der Tiv die Geschichte von Hamlet […] Ihre eigene sowie die europäische Interpretationsautorität überhaupt werden ihr von den Stammesältesten aus der Hand genommen. […] Mit ihrem kulturellen Wissen behaupten sie, den Schlüssel für die „wahre“ Bedeutung von Shakespeares „Hamlet“ zu besitzen. […] Aber auch die Tiv gehen von der kurzschlüssigen Voraussetzung aus, dass kulturelles Wissen anthropologisch zu begründen und daher universalisierbar sei. […] Dieses interkulturelle Szenarium, in dem Deutungsautoritäten aufeinanderprallen, ist aufschlussreich für die Frage der literarischen Autorität überhaupt. Muss die Darstellungs- wie Auslegungsautorität von literarischen Texten nicht gerade die Grenzen kultureller Zugehörigkeit überschreiten, um in einer entstehenden Weltgesellschaft zu einem nicht nur westlichen „Vorhaben interkultureller Repräsentation“ beitragen zu können? Diese Frage sprengt das traditionelle Dreiecksverhältnis von Autor-Text-Leser. Denn die Grenzüberschreitungen der interkulturellen Kommunikation aktivieren bewusst oder unbewusst auch die jeweiligen kulturellen Bezugsrahmen, welche die literarische Darstellung und Deutung ihrerseits erst „autorisieren“. Gerade wenn Texte zwischen verschiedenen Kulturen zirkulieren – sei es durch Mehrsprachigkeit des Autors (wie z.B. bei Joseph Conrad, Elias Canetti, Yoko Tawada usw.), durch Übersetzung oder durch interkulturelle Intertextualität –, kommt nicht mehr nur literarisch-narrative, sondern auch kulturelle Autorität unübersehbar ins Spiel.
Bereits im Selbstverständnis seiner Vertreter tritt der Humanismus als eine epochale Bildungsbewegung auf, der die Ausbildung richtigen Lateins als Ausbildung auch des richtigen Denkens und letztlich des richtigen Lebens gilt. Das Thema »Humanismus in der deutschen Literatur« vom […] auf das Lateinische ausgerichteten Grammatikunterricht anzugehen, liegt damit zunächst nicht nahe. Setzt man freilich statt am übergreifenden Selbstbild der Humanisten konkreter an den Hilfsmitteln ihres Lateinunterrichts an […], in denen lateinische Texte ins Deutsche übersetzt werden, relativieren sich solche Bedenken. Wenn sich der nachstehende Beitrag mit den zwischen circa 1450 bis 1600 in über 150 Handschriften und Druckausgaben im zweisprachigen Verbund verbreiteten ›Disticha Catonis‹ einem Korpus solcher zweisprachigen Unterrichtsmaterialien zuwendet, dann geschieht das zum einen, um an einem tendenziell repräsentativen, in seiner quantitativen Breite aber noch einigermaßen überschaubaren Bestand erste Voraussetzungen dafür zu schaffen, den emphatischen Bildungsanspruch der Humanisten in größerer Nähe zu seinem praktischen Niederschlag im Lateinunterricht untersuchen zu können […]. Das Hauptinteresse des nachstehenden Beitrags richtet sich freilich auf das im Umfeld des Humanismus sich wandelnde Verhältnis der bei den Sprachen Latein und Deutsch. Dieses verschiebt sich im Untersuchungszeitraum bekanntlich auf eine entscheidende Weise […] in bezug auf den Status des Deutschen als Sprache überhaupt.
Deutschsprachige und bilinguale Studiengänge : eine Chance für Deutsch als Fremdsprache in Russland
(2008)
Der Bericht der Ständigen Arbeitsgruppe Deutsch als Fremdsprache (2006) für das Jahr 2005 zeigt, dass Russland, trotz eines Rückgangs der Lernerzahlen, immer noch das Land mit den meisten Deutschlernern (mehr als 3,3 Millionen) und mit dem größten Deutschlernangebot an den Schulen und den Universitäten (ca. 1000 Hochschulen) ist. Bei einer Umfrage unter 1025 Personen in den Städten Jakutsk, Kaliningrad, Moskau, Saratov und St. Petersburg waren 100 % der Befragten der Meinung, dass Englisch für die beruflichen Aussichten die wichtigste Sprache sei, aber 89 % schätzten die Kenntnis des Deutschen für ebenso wichtig ein und 95 % waren sogar der Meinung, dass durch ein sehr gutes Erlernen der deutschen Sprache im bilingualen Unterricht an Schulen sich die Berufschancen der Lerner erheblich verbessern (vgl. Baur 2005).
Von den Veranstaltern unserer Konferenz wurde ich gebeten, über das wissenschaftliche Profil von Herrn Prof. Dr. Dirk Kemper, Leiter des vor wenigen Wochen gegründeten DAAD-RGGU-Kooperationslehrstuhls, zu sprechen, d. h. eine Außenansicht meines deutschen Kollegen zu umreißen, sein wissenschaftliches Porträt aus der Außenperspektive eines russischen Germanisten zu skizzieren.
Samen-Genbanken dienen zum Erhalt der Genressourcen und stellen daher einen bedeutenden Beitrag zum Artenschutz dar. In dieser Arbeit wird eine Übersicht über die Situation in Österreich gegeben. Während die Sicherung von landwirtschaftlichen und forstlichen Genressourcen durch die AGES betrieben wird, ist eine dezentralisierte ex situ Samen-Genbank für Wildpflanzen-Arten in Zusammenarbeit der Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Botanischer Gärten Österreich in Aufbau, wobei die Mitarbeit im von der EU geförderten Netzwerk ENSCONET eine wichtige Rolle spielt. Die geplante ex situ-Samenbank ist auch ein wesentlicher Beitrag der Botanischen Gärten Österreichs zur Global Strategy for Plant Conservation der Biodiversitätskonvention.
Von den Evidenzen der Kunst
(2008)
Vom Enden der Kunst heute spreche ich unvermeidlich im Anschluss an Dieter Henrich. In seinem Zugriff schlägt das Fragen nach dem Enden von Kunst und Subjektivität in hochreflexiver Weise selbstwiderlegend aus. Henrich bindet die Kunst an das Subjekt. Damit entsteht sie in einer Dynamik zwischen beschränkter, endlicher Suche und der Möglichkeit des Erfahrbarmachens eines kleinen oder, logisch und erfahrungsmäßig, auch unverhältnismäßig großen Abschnitts des unendlichen Unausgeschöpften. Subjektivität bestätigt Henrich als Modus des (endlichen) Lebensvollzugs, der ›in einem Wissen von sich selbst steht‹ und dessen ›Aktionen unter der Voraussetzung eines solchen Wissens von sich‹ organisiert sind. Der Grund des Selbstbewusstseins bleibt jedoch dunkel und das Subjekt somit der Selbstdeutung bedürftig. Als ein Modus der Selbstverständigung mit bestimmten Eigenschaften wird die Kunst verankert.
Die Verlandungsvegetation des Dümmers wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts mehrfach untersucht. 2006 erfolgte erstmals eine flächendeckende Kartierung der gesamten Verlandungszone. Seit der 1953 abgeschlossenen Eindeichung war diese massiven Veränderungen unterworfen. Bereits kurz nach Deichschluss kam es zu einer massiven Reduktion der seeseitigen, durchfluteten Schilfbestände (Phragmites australis). Weite Röhrichtpartien entwickelten sich zunächst zu Wasserschwaden-Beständen (Glyceria maxima), dann wieder zu Schilfröhrichten. Nach einer zwischenzeitlichen Stagnation der Röhrichtabbrüche in den 1980er Jahren kam es in den letzten 15-20 Jahren zu erneuten erheblichen Flächenverlusten. Die ehemals typischen Teichbinseninseln (Schoenoplectus spp.) sind inzwischen weitestgehend verschwunden. Die Wasserrosenfelder (Nuphar lutea, Nymphaea alba) verloren seit den 1990er Jahren erheblich an Fläche. Alle Verluste an der Verlandungsvegetation dürften zunächst durch die Gewässerbelastung, in neuerer Zeit vor allem durch zu hoch gehaltene Sommerwasserstände verursacht sein. Die ehemals üppige und artenreiche submerse Vegetation starb nach der Eindeichung vollständig ab. Nach einer unerwartet eingetretenen Klarwasserphase wurde 2001 erstmals wieder Potamogeton pectinatus nachgewiesen, seitdem wurden weitere Laichkraut-Arten, zwei Arten der Armleuchteralgen (Chara fragilis, Nitella mucronata) und weitere Tauch- und Schwimmblattpflanzen nachgewiesen. Die voraussichtlich 2009 erfolgende Umleitung des Bornbaches, über den ein Großteil der heutigen Nährstofffracht in den Dümmer gelangt, dürfte die Bedingungen für die submerse Vegetation entscheidend verbessern.
Zur Erhaltung genetischer Ressourcen, wissenschaftlicher Forschung und im Rahmen zentraler Informationsdatenbanken sind Ex situ-Sammlungen in Form von Genbanken notwendig. Die Botanischen Gärten sollten Saatgutgenbanken von Wildpflanzen zukünftig aufbauen bzw. etablieren, um die Erhaltungsmaßnahmen und den Schutz der natürlichen pflanzengenetischen Ressourcen weiter voranzubringen. Am Botanischen Garten der Universität Osnabrück ist eine Genbank für Wildpflanzen eingerichtet worden, die insbesondere Saatgut gefährdeter Gefäßpflanzenarten Nordwestdeutschlands beherbergt und unter trockenen Bedingungen bei minus 20°C in speziellen Alu-Polyethylenfolien aufbewahrt. Gegenwärtig befinden sich 1800 Saatgutproben von 620 Wildpflanzenarten aus 65 Pflanzenfamilien in der Genbank. In einer Access basierten Datenbank ist jeder Beleg auch online abrufbar (www.wildpflanzen-genbank.de) und im Herbarium “OSBU“ der AG Botanik als Belegexemplar hinterlegt. Wir planen die Integration der Loki Schmidt-Genbank und das dezentrale Netzwerk von regionalen Saatgut-Genbanken für Wildpflanzen in die Organisation „Nationales Inventar Pflanzengenetischer Ressourcen Deutschlands“ (PGRDEU) und hier in das untergeordnete Netzwerk „Deutsche Genbank für Crop Wild Relatives” (CWR), dessen Koordination dem Botanischen Garten Osnabrück obliegen würde. Botanische Gärten können als Institutionen die Nachhaltigkeit der Einrichtung solcher Systeme gewährleisten und sind deshalb die richtigen Ansprechpartner für diese Kooperation.
Fußball ist ohne Zweifel das weltweit populärste Mannschaftsspiel. Nicht zu Unrecht wird es daher seit Jahrzehnten als „König“ metaphorisiert. Nach allem, was heute bekannt ist, wurde eine Urform in China schon vor 5000 Jahren gespielt. In Europa soll seit dem 12. Jahrhundert vor allem im nördlichen Frankreich und in England ein fußballähnliches Spiel betrieben worden sein, und in Florenz und anderen norditalienischen Städten war seit dem 15. Jahrhundert das noch recht urwüchsige calcio sehr beliebt, bei dem je 27 Spieler darum kämpften, den Ball mit Faust oder Fuß über die Begrenzung der gegnerischen Schmalseite des Spielfeldes zu schlagen und so ein „Mal“ zu erzielen.
Dass ich Franz Hessel und Walter Benjamin hier als Flaneure in einen Zusammenhang bringe, mag nicht weiter verwundern. Beide verfolgten ein gemeinsames literarisches Projekt, dessen Titel für sich selbst spricht: „Passagen“. Beide haben nicht nur diese Miniatur über Paris verfasst, sie haben auch ihr je eigenes Bild von Berlin gezeichnet. Aber auch ihre Lebensläufe kreuzen sich in Berlin und Paris als den Orten hauptstädtischer Weltläufigkeit, in die Flaneure gehören. Hessel und Benjamin verbindet nicht nur, dass der bürgerliche Alte Westen Berlins zwischen Landwehrkanal und Tiergarten Ort der Kindheit ist, beide zieht es auch in die Wahlheimat Paris, die sich allerdings nach 1933 in einen Fluchtort wandelt.
"Herakleitos sagt, dass die Wachenden ein und dieselbe gemeinsame Welt (éna kai koinòn kosmon) haben, während von den Schlafenden ein jeder sich zu seiner eigenen (Welt; eis ídion apostréphesthai) abwende." (DK 22 B 89) Diese "eigene" Welt des Schlafenden heißt ídios kósmos, die Welt der Träume. "In der Nacht entzündet der Mensch ein Licht für sich selbst, sterbend, seine Sehkraft ist erloschen." (DK 22 B 26). – Heraklit (535 - ca. 475 v. u.Z.) trifft die Überzeugung der gesamten antiken Kultur, dass der Wachzustand eine Welt des Zugänglichen, des Lichterfüllten, die Welt also des Öffentlichen, des Gemeinsamen und des Logos darstelle: koinos kósmos. ...
Ein Spaziergang im Wald: Die Baumkronen wiegen sich im Sommerwind, unser Weg ist in ein animierendes Wechselspiel von Licht und Schatten getaucht, dazu zwitschern die Vögel. Hier und dort treffen wir auf andere Spaziergänger, die ebenfalls der Stadt entflohen sind – zum Familien-Picknick in Waldlichtungen, zum verliebten Zwiegespräch, zum einsamen Grübeln. Auf unseren Gruß reagieren manche freundlich und offen, andere unwirsch. Hier werden wir zum Wein geladen und zum Versteckspiel mit den Kindern, dort fühlt man sich gestört, ja einmal werden wir sogar bedroht, weil man unsere Kontaktaufnahme als Einmischung in fremde Angelegenheiten mißversteht. ...
Die vorliegende Veröffentlichung umfasst zwei Grundbausteine. Zum einen die offizielle Rote Liste mit Nennung der Gefährdungskategorien, zum anderen ein revidiertes systematisches Gesamtartenverzeichnis der Mollusken Baden-Württembergs. Die Rote Liste dient zum schnellen Feststellen der jeweiligen Gefährdungskategorien der einzelnen Arten in Baden-Württemberg und ist wie üblich alphabetisch nach Gattungen geordnet. Sehr großer Wert wurde auf die sorgfältige Analyse der Ergebnisse gelegt (Kapitel 7). Das Gesamtartenverzeichnis dient der aktuellen systematischen Einordnung aller Arten, weshalb hier die Taxa im Kontext des wissenschaftlichen Systems der Mollusken aufgeführt werden. Im systematischen Artenverzeichnis soll der momentane Kenntnisstand über die Mollusken Baden-Württembergs in knapper Darstellung zum Ausdruck kommen. Hier sind auch die bekannten Unterarten aufgeführt und es werden zusätzliche Informationen zum Verbreitungstyp, zur Verbreitung (Vorkommen in den Naturräumen 3. Ordnung) sowie zur Ökologie (Zuordnung einzelner Arten zu bestimmten Biotoptypen) gegeben. Mit diesen Zusatzinformationen werden Rote Listen und Artenverzeichnisse zu Gradmessern der Biodiversitätsforschung. In über 130 ‚Anmerkungen‘ werden die entsprechenden Angaben zur Systematik, Verbreitung und Ökologie präzisiert und es wird auf die hierfür zu Grunde liegende Literatur verwiesen. Alle Angaben der Roten Liste sind auch im ausführlichen systematischen Artenverzeichnis enthalten. In beiden Listen sind die Arten mit ihrer laufenden Nummer aufgeführt. Damit ist ein problemloser Wechsel von der Roten Liste zu den Angaben im systematischen Artenverzeichnis gewährleistet. Der Forschungsstand findet sich vielfach in der historischen Literatur, die deshalb eine sorgfältige und kritische Berücksichtigung erfuhr (siehe Anmerkungen und Literaturverzeichnis). Einen unschätzbaren Wert haben in diesem Zusammenhang die zahlreichen Veröffentlichungen David Geyer‘s, die den Beginn der modernen Regionalfaunisik in Baden-Württemberg kennzeichnen. Ein eigenes Kapitel zur Forschungsgeschichte hätte jedoch den vorgegebenen Rahmen dieser Arbeit gesprengt.
Die tschetschenische und die deutsche Sprache gehören bekanntlich zu unterschiedlichen Sprachfamilien. Die traditionelle morphologische Klassifikation zählt das Tschetschenische zu den agglutinierenden Sprachen. Dennoch zeigt das Tschetschenische viele gemeinsame Züge mit den Sprachen anderer genealogischer Strukturen, so zum Beispiel – unserer These nach – mit dem Deutschen auf dem Gebiet der Phonetik. Hinsichtlich der Morphologie und der Syntax gib es Ähnlichkeiten mit den slawischen Sprachen, vornehmlich dem Russischen. Die tschetschenischen Sprachforscher betonen aber, dass ihre Sprache unter den anderen kaukasischen, agglutinierenden Sprachen einen besonderen Platz einnimmt, weil man in ihr viele Merkmale der Flektierbarkeit beobachten kann, besonders bei der Deklination von Gattungsnamen, Adjektiven und Partizipien.
Kritik, Polemik und Ästhetik beim frühen Nicolai: "Milton" und die "Briefe über den itzigen Zustand"
(2008)
Nicolais „Briefe über den itzigen Zustand der schönen Wissenschaften“ […] erklären den bislang herrschenden kritischen Parteien, Leipzig und der Schweiz, selbstbewußt den Krieg. Sie ergreifen einen neuen Ton in der kunsttheoretischen Diskussion, sie entwickeln teilweise neue kritische Positionen und eine neue, kämpferische Theorie der Kritik. […] Grundpositionen seiner Kritik entwickelt er dabei bereits in der meist stiefmütterlich behandelten Abhandlung zu Milton von 1753, was auch für eine relative konzeptionelle Unabhängigkeit der in den „Briefen“ entwickelten Positionen von Lessing spricht. Auf der anderen Seite aber spricht manches dafür, daß Nicolai und Lessing sich zur Zeit der Abfassung der Briefe bereits kannten. Nicolai, so die These des folgenden Beitrags, entwickelt im „Milton“ und in den „Briefen“ ein eigenes kritisches Profil. Aber der Gestus der „Briefe“, ihr beachtliches Selbstbewußtsein, wird durch die Bekanntschaft mit Lessing plausibler. Nicolai mußte sich nicht als alleinigen Streiter gegen die etablierten Parteien des deutschen kritischen Feldes begreifen. Die Briefe sind von dem Bewußtsein getragen, mit anderen eine gemeinsame ›Berliner‹ Sache gegen die Leipziger und die Schweizer Kritik führen zu können. Insofern bilden sie den Beginn der publizistischen Offensive dieser Berliner Aufklärung.