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Forschungsarbeiten sowohl zum IT-Zweig als Leitbranche der Digitalisierung als auch zur gesundheitsfördernden Gestaltung neuer Arbeitswelten haben eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Die von der Digitalisierung ausgehenden Veränderungen sind in der Arbeitswelt allgegenwärtig. Trotz einer anfänglichen Humanisierungsvermutung mit Blick auf hoch qualifizierte Wissensarbeit in flexiblen Arbeitsstrukturen zeigen neue Forschungsergebnisse eine Zunahme gesundheitlicher Belastungen in der IT-Branche. Diese Belastungskonstellation erfordert neue Gestaltungsansätze zur Gesundheitsbildung, weil flexibel arbeitende Beschäftigte mit bestehenden klassischen Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung schwer oder gar nicht zu erreichen sind.
Ziel der Arbeit ist die lösungsorientierte Erstellung eines branchen- und online-basierten Präventionskonzepts für alle IT-Beschäftigte. Basierend auf dem Modell der Salutogenese wird ein Training entwickelt, das sich auf die Stärkung von personalen, organisationalen und sozialen Gesundheitsressourcen fokussiert.
Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit, die der Kategorie der didaktischen Entwicklungsforschung (Johannes Weinberg) zuzuordnen ist, steht die Konzeption und Entwicklung eines Lernprogramms. Als Rahmenmodell dient die gestaltungsorientierte Mediendidaktik unter Berücksichtigung didaktischer Eckpunkte. Das Online-Lernangebot ist in acht Lerneinheiten aufgeteilt. Es werden Lerninhalte zum Arbeits- und Gesundheitsschutz mediendidaktisch aufbereitet und den IT-Beschäftigten und Führungskräften auf der Lernplattform Moodle zur Verfügung gestellt. (Eine ursprünglich angedachte Wirkungsmessung der Implementierung des Lernprogramms im Betrieb konnte pandemiebedingt nicht durchgeführt werden.)
Die weiterbildungsbezogene, betriebs- sowie organisationspädagogische Überlegungen aufgreifende Konzeption ist ein wichtiger Baustein im Rahmen einer Gesamtstrategie des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Die präsentierten Handlungshilfen und elektronische Unterweisungen sind auf andere Branchen übertragbar.
Die erstellte Lernumgebung ist kein finales „Produkt“, sondern ein kontinuierlich zu optimierendes Entwicklungsvorhaben, was neben einer noch durchzuführenden Evaluation weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesundheit in der digital vernetzten Arbeitswelt eröffnet, um das Thema Gesundheitsbildung verstärkt in den betrieblichen Alltag zu integrieren.
Einführung: Eitrige und abszedierende Infektionen sind ein häufiges Problem in der zahnärztlichen, oral- und kieferchirurgischen Praxis. Bei entsprechender Indikation finden Antibiotika zur Therapie von odontogenen Infektionen oder Weichteilinfektionen im Bereich des Kopfes Einsatz. Auch prophylaktische Gaben von Antibiotika sind in diesem Fachgebiet nicht selten. Deswegen sollte die kalkulierte antiinfektive Chemotherapie auf soliden pharmakologischen Daten beruhen.
Material und Methoden: Von 520 Patienten der mund-kiefer-gesichtschirurgischen Praxisklinik Kaufbeuren wurden die 1.182 antibiotischen in vitro Testungen aus dem Zeitraum 22.11.2010 bis 31.12.2016 ausgewertet. Das Durchschnittsalter der 51% weiblichen und 49% männlichen Patienten betrug 49,1 Jahre. Die Patienten wurden stratifiziert nach Diagnosen, Gesundheitszustand und Alter. Es wurden die Ergebnisse der Suszeptibilitätstestungen folgender gängiger Antibiotika ausgewertet: Amoxicillin/Clavulansäure, Ampicillin, Oxacillin, Penicillin G/V, Cefazolin, Cefuroxim, Cefpodoxim, Azithromycin, Clarithromycin, Erythromycin, Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Ofloxacin, Clindamycin, Gentamycin, Cotrimoxazol, Doxycyclin und Metronidazol.
Ergebnisse: Im Mittel (alle getesteten Keime) liefern Amoxicillin/Clavulansäure (96,6%), Cefpodoxim (95,7%), Cefuroxim (90,1%) und Moxifloxacin (91,0%) durchgängig sehr gute Sensibilitätswerte bei hoher statistischer Signifikanz (p<0,001).
Für Ampicillin (86,3%), Cefazolin (85,5%), Levofloxacin (82,5%), Cotrimoxazol (77,5%), Doxycyclin (75,0%), Penicillin G/V (72,5%), Clindamycin (61,8%), Azithromycin (59,9%), Clarithromycin (59,6%), Oxacillin (54,0%), Erythromycin (51,7%) und Ciprofloxacin (36,2%) lagen die getesteten durchschnittlichen Sensibilitäten deutlich niedriger mit je nach Untergruppe deutlichen Unterschieden.
Konklusion: Die von uns ermittelten in vitro Suszeptibilitäten von Amoxicillin/ Clavulansäure, Cefpodoxim, Cefuroxim und Moxifloxacin unterstützen die Empfehlung zum therapeutischen Einsatz bei odontogenen Infektionen oder Weichteilinfektionen im Kopf-Hals-Bereich sowie deren prophylaktische Verwendung zum Beispiel bei Endokarditis-Risiken in der Zahnmedizin oder Mund-/Kiefer-/Gesichtschirurgie.
Über zwei Drittel aller Menschen erleben in ihrem Leben mindestens ein traumatisches Ereignis (Kessler et al., 2017). Gerade nach interpersonellen Traumatisierungen ist die Rate der Betroffenen, welche eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln, sehr hoch (z. B. ca. 50% nach sexuellem Missbrauch; Hauffa et al., 2011). In der Vergangenheit wurden Angst- und Ohnmachtsgefühle als zentrale der PTBS zu Grunde liegende Emotionen aufgefasst (Foa & Kozak, 1986). Neuere Forschungsbefunde legen jedoch nahe, dass traumabezogene Schuld- und Schamgefühle auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der PTBS spielen (z. B. Badour et al., 2017). Dabei leiden besonders Betroffene von interpersonellen Gewalterfahrungen unter diesen Gefühlen (z. B. Badour et al., 2017).
Im Hinblick auf die psychotherapeutische Behandlung der PTBS haben sich traumafokussierte Verfahren als wirksam erwiesen (z. B. Lewis et al., 2020). Hohe Drop-out (z. B. Swift & Greenberg, 2014) und Nonresponse Raten (Fonzo et al., 2020) geben jedoch Hinweise darauf, dass nicht allen PTBS Patient*innen mit diesen Verfahren ausreichend geholfen werden kann, wobei insbesondere Patient*innen mit interpersonellen Traumatisierungen weniger gut davon zu profitieren scheinen (z. B. Karatzias et al., 2019). Zudem hat sich gezeigt, dass Schuldgefühle auch nach einer erfolgreichen PTBS Behandlung weiter persistieren (Larsen et al., 2019). Demnach besteht ein Bedarf an alternativen Therapieverfahren für Patient*innen mit interpersonellen Traumatisierungen und/oder Schuld- und Schamgefühlen.
Besonders vielversprechend sind hierbei achtsamkeitsbasierte Interventionen, die bereits in der PTBS Behandlung eine zunehmend bedeutsame Rolle spielen (Hopwood & Schutte, 2017). Eine wichtige Voraussetzung für die weitere Erforschung dieser Interventionen sind valide und reliable Verfahren zur Veränderungsmessung von Achtsamkeit (Isbel et al., 2020). So scheinen bisherige Studien jedoch hauptsächlich fragebogenbasierte Maße zur Erfassung von Veränderungen in Trait-Achtsamkeit eingesetzt zu haben, obwohl diese Interventionen eher auf die Steigerung von State-Achtsamkeit abzielen (Goodman et al., 2017). Darüber hinaus kristallisierten sich methodische Kritikpunkte in Bezug auf die Validität von Fragebögen zur Erfassung von Trait-Achtsamkeit heraus (van Dam et al., 2018). Demgegenüber erfassen Experience-Sampling Ansätze (z. B. Mindful-Breathing Exercise, MBE; Burg & Michalak, 2011) eher Aspekte der State-Achtsamkeit, sind jedoch in klinischen Untersuchungsstichproben bisher kaum untersucht worden. Darauf aufbauend fokussierte die erste Forschungsfrage der Dissertation die Untersuchung der MBE im klinischen Kontext. Ein Hauptbefund der Studie zeigte, dass die MBE bei PTBS Patient*innen hinsichtlich ihres Prädiktionswertes für die PTBS Symptome Übererregung und Intrusionen gegenüber fragebogenbasierter Trait-Achtsamkeit überlegen war. Mögliche Wirkmechanismen achtsamkeitsbasierter Interventionen könnten demnach durch den Einsatz der MBE besonders gut abgebildet werden.
Innerhalb der achtsamkeitsbasierten Interventionen kommt in der Behandlung der PTBS am häufigsten die Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR; Kabat-Zinn, 2013) als standardisierte Gruppenintervention zum Einsatz (Boyd et al., 2018). Jedoch scheint die MBSR insbesondere für PTBS Patient*innen mit interpersonellen Traumatisierungen nicht eins-zu-eins anwendbar zu sein (Müller-Engelmann et al., 2017). Buddhistische Metta-Meditationen (dt.: Liebende Güte; Salzberg, 2002) sind vor diesem Hintergrund eine vielversprechende Ergänzung zu achtsamkeitsbasierten Interventionen. Metta-Meditationen zielen darauf ab, sich selbst sowie allen anderen Lebewesen bedingungsloses Wohlwollen und Freundlichkeit entgegen zu bringen (Bodhi, 2010). Metta-Meditationen sind noch weniger gut in der klinischen Forschung etabliert. Erste Befunde deuten jedoch darauf hin, dass sie bei PTBS Patient*innen zu einer Reduktion der PTBS Symptomatik führen können (z. B. Kearney et al., 2021). Folglich wurde im Rahmen der zweiten Forschungsfrage eine neue Intervention entwickelt und evaluiert, welche sich an den Bedürfnissen von PTBS Patient*innen mit interpersonellen Traumatisierungen orientiert. Sie kombiniert kürzere, PTBS spezifische Achtsamkeitsübungen mit angepassten Übungen aus MBSR sowie Metta-Meditationen (= Trauma-MILOKI). Trauma-MILOKI zeigte sich in einer multiplen Baseline Studie wirksam zur Reduktion der PTBS Symptome sowie zur Steigerung des Wohlbefindens.
Ein Wirkmechanismus von Metta-Meditationen ist die Förderung positiver Emotionen sowie des Gefühls sozialer Verbundenheit (Salzberg, 2002), weswegen sie auch besonders gut geeignet scheinen, traumabezogene Schuld- und Schamgefühle zu reduzieren. Darüber hinaus haben sich unter den etablierten Therapieverfahren v. a. kognitive Ansätze zur Reduktion von Schuldgefühlen als wirksam erwiesen (Resick et al., 2008)...
Die digitale Revolution stellt viele traditionelle Industrien vor große Herausforderungen. Auf dem Finanzmarkt werden innovative Geschäftsmodelle geschaffen, die die Rahmenbedingungen, unter denen Finanzprodukte und -dienste angeboten werden, drastisch verändern. Infolgedessen entstehen rechtliche Unsicherheiten sowohl für die Marktakteure als auch für die Aufsicht. Diese Unsicherheiten weisen auf die Notwendigkeit hin, den Rechtsrahmen an die technologische und ökonomische Entwicklung anzupassen. Im Rahmen dieser Dissertation werden die Herausforderungen für das Aufsichts- und Wettbewerbsrecht untersucht, die die digitale Transformation des Finanzmarktes verursacht. Der Finanzmarkt wird vor allem durch die Entstehung von FinTechs, durch das Eintreten von BigTechs in den Finanzbereich und durch die Veränderung der Produkte und Dienstleistungen traditioneller Anbieter auf der Grundlage moderner Technologien transformiert. Die Arbeit gibt einen Überblick über die zentralen innovativen Geschäftsmodelle, der mit den zahlreichen praxisrelevanten Beispielen begleitet wird. Anschließend folgt eine Beurteilung des Umfanges und der Effizienz der vorhandenen und vorgeschlagenen aufsichtsrechtlichen Vorschriften. Diese Erkenntnisse dienen als Grundlage für die wettbewerbsrechtliche Analyse des Finanzmarktes mit dem Fokus auf die plattform- und algorithmenbasierten Geschäftsmodelle im zweiten Teil der Dissertation. Da werden wettbewerbsrechtliche Konstellationen betrachtet, die zwischen konkurrierenden innovativen Geschäftsmodellen entstehen. Die Verfasserin befasst sich mit der Problematik der Definition des relevanten Marktes bei den algorithmen- und plattformbasierten Geschäftsmodellen, der Beurteilung ihrer Marktmacht, den möglichen Auswirkungen der Netzwerkeffekte auf die mehrseitigen Plattformen. Ferner werden solche Aspekte wie Datenzugriff als wettbewerbsrechtlicher Faktor und die Rolle der Algorithmen für die Durchführung wettbewerbswidrigen Praktiken analysiert. Infolgedessen wird ein Überblick über mögliche kartellrechtliche Probleme gegeben, die im Rahmen der Digitalisierung im Finanzmarkt auftreten können, sowie die Vorstellungen darüber, wie sich Wettbewerbsfaktoren verändern sollten, wenn die Anwendung der traditionellen Konzepte des Wettbewerbsrechts nicht immer möglich oder sinnvoll ist. Es werden die Bereiche identifiziert, in denen das europäische und deutsche Wettbewerbsrecht derzeit nicht in der Lage ist, die von den innovativen Geschäftsmodellen stammenden Herausforderungen effektiv zu bewältigen. Im dritten Teil der Dissertation wird erörtert, wie sich das Aufsichts- und das Wettbewerbsrecht ergänzen und zusammen ein System der Ex-ante- und Ex-post-Regulierung bilden. Es wird dargestellt, wie die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Finanzinstitute, FinTechs und BigTechs mit den ausgewählten Wettbewerbsergebnissen im Finanzsektor zusammenhängen. Darüber hinaus erklärt die Verfasserin, inwiefern einige aufsichtsrechtliche Vorschriften wettbewerbsnachteilig oder wettbewerbsfreundlich auswirken können und warum die Koordination zwischen den aufsichts- und wettbewerbsrechtlichen Instrumenten und Ansätzen essenziell ist. Schließlich werden die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Optionen zur Regulierung innovativer Geschäftsmodelle auf dem Finanzmarkt auf einer abstrakteren Ebene erwogen.
Die Dissertation befasste sich mit der Ausprägung physiologischer Parameter bei Patienten mit Bipolarer Störung in Assoziation mit kognitiver Leistungsfähigkeit. Ziel der Arbeit war es zu überprüfen, ob Symptome einer akuten bipolaren Episode, wie kognitive Störungen und eine reduzierte HRV, sich auch in der Remissionsphase zeigen und miteinander assoziiert sind. Des Weiteren wurde überprüft, ob remittierte bipolare Patienten eine höhere Erregung im ANS, abgeleitet durch physiologische Parameter und der Angst als aktueller Zustand, während der Bearbeitung von kognitiven Aufgaben aufweisen und ob diese Merkmale miteinander und mit residualen manischen oder depressiven Symptomen assoziiert sind. So wurden 26 bipolare Patienten in Remission zu 25 Gesunden rekrutiert und überprüft, ob signifikante Beeinträchtigungen in der HRV und anderen physiologischen Parametern auftreten, ob bipolare Patienten in Remission im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant in den Tests zur kognitiven Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sind und ob es Unterschiede zwischen psychopathologischen Auffälligkeiten in den zwei Gruppen gibt. Des Weiteren wurde überprüft, ob die abgeleiteten Parameter miteinander zusammenhängen. Zur Erhebung der kognitiven Fähigkeiten wurden verschiedene testpsychologische Verfahren durchgeführt, wie z. B. der Trail Making Test sowie ein eigens entwickeltes Gedächtnisparadigma mit Lern- und Wiedergabeaufgaben am Computer. Während Letzterem wurden die physiologischen Parameter Fingertemperatur, Hautleitwert, Atem- und Herzfrequenz abgeleitet. Die Parameter der HRV wurden in einer 5-Minuten-Ruhemessung erhoben. Die individuelle Psychopathologie wurde u. a. durch das Beck-Depressions-Inventar und die BechRafaelsen Mania Scale ermittelt. Zur Auswertung der Ergebnisse wurden statistische Analysen berechnet, für die Gruppenvergleiche nichtparametrische Tests und für die Zusammenhangshypothesen Spearman Korrelationen. Die Dissertation konnte zeigen, dass bipolare Patienten in Remission, im Vergleich zu Gesunden, eine reduzierte HRV haben, in exekutiven Funktionen und dem verbalen episodischen Gedächtnis beeinträchtigt sind, höhere depressive Werte und eine höhere durchschnittliche psychische Belastung aufweisen. Die reduzierte HRV in Ruhe spricht dabei für eine anhaltende Dysbalance des ANS in Remission. Kognitive Defizite scheinen die Episoden ebenfalls zu überdauern und nicht nur mit klinischen Zuständen assoziiert zu sein. Die abgeleiteten Parameter waren nicht miteinander assoziiert. Eine Limitation der Dissertation ist, dass zwar viele (z. B. Alter, Geschlecht, Nikotinkonsum), aber nicht alle auf die HRV einflussnehmenden Kovariablen erhoben wurden (wie z.B. der BMI) und die Patienten sich nach DSM-IV Kriterien zwar in Remission befanden, aber nicht symptomfrei waren. Alles in allem können die Ergebnisse helfen, die Ätiologie und Folgen der Bipolaren Störung besser zu verstehen. Bipolare Patienten scheinen auch in Remission eine Dysbalance des ANS und kognitive Defizite zu haben. Eine reduzierte HRV als mögliches Zeichen für eine maladaptive Reaktion auf Stress scheint bei remittierten bipolaren Patienten eine schlechtere Lernleistung nicht weiter zu verschärfen. Remittiere bipolare Patienten zeigen außerdem keine höhere Erregung im ANS während der Bearbeitung von kognitiven Aufgaben als Gesunde.
Kognitive Defizite bestehen über die Episoden hinaus auch bei den remittierten Patienten und stehen nicht mit unterschwelligen depressiven Symptomen oder einer höheren Erregung im ANS in Zusammenhang. In Bezug auf die Behandlung und Rehabilitation sind die reduzierte HRV und die anhaltenden kognitiven Defizite bei remittierten bipolaren Patienten zu berücksichtigen und einzubeziehen. Für zukünftige Studien wäre es sinnvoll die HRV, einhergehend mit neuropsychologischen Beeinträchtigungen, in verschiedenen Episoden (manisch, depressiv, remittiert) zu untersuchen, um etwaige krankheitsübergreifende Veränderungen und Unterschiede zwischen den Episoden und der Remission zu überprüfen.
Das Neuroblastom ist der am häufigsten vorkommende extrakranielle solide Tumor im Kindesalter. Der klinische Verlauf ist sehr heterogen und reicht von spontaner Regression der Erkrankung bis zum Tod trotz intensiver multimodaler Therapie. Vor allem die Prognose des Hochrisiko-Neuroblastoms hat sich in den letzten 20 Jahren kaum verbessert. Nach wie vor versterben 50% der Patient*innen mit Hochrisiko-Neuroblastom trotz intensiver Therapie. Chemoresistenz zählt zu den größten Problemen der heutigen Krebstherapie. In der AG Cinatl am Institut für Medizinische Virologie des Universitätsklinikum Frankfurt existiert eine Sammlung von adaptierten chemoresistenten Tumorzelllinien (Resistant Cancer Cell Line Collection).
Die humane Neuroblastomzelllinie IMR5 und ihre chemoresistenten Sublinien (adaptiert gegen Cisplatin, Gemcitabin, Vincristin und Doxorubicin) wurden in der vorliegenden Arbeit zunächst hinsichtlich der Resistenzmechanismen charakterisiert. In IMR5 wurde durch die Adaption an Vincristin und Doxorubicin eine MDR1-Expression induziert, nicht jedoch durch Adaption an Gemcitabin und Cisplatin. MDR1 vermittelt in IMR5 die Kreuzresistenz zwischen Vincristin und Doxorubicin. Anhand der Daten kann von einer Kreuzresistenz der Vincristin und Doxorubicin adaptierten Sublinien zu anderen MDR1-abhängigen Substraten ausgegangen werden. Verapamil wurde zur Revertierung der MDR1-vermittelten Resistenz verwendet. In der Sequenzierung des TP53-Gens konnte bei allen IMR5-Sublinien Wildtyp-TP53 mit dem Polymorphismus P72R bestätigt und somit TP53-Mutationen als Resistenzmechanismus ausgeschlossen werden. Auch gegen den MDM2-Inhibitor und p53-Aktivator Nutlin-3 zeigen die resistenten Sublinien keine signifikanten Unterschiede. Die Adaptierung hat in keiner Sublinie zu TP53-Mutationen geführt.
Des Weiteren wurde die Wirksamkeit von vier PARP-Inhibitoren (Olaparib, Rucaparib, Niraparib, Talazoparib) in den resistenten IMR5-Sublinien getestet. Talazoparib zeigt sich dabei als der wirksamste PARP-Inhibitor mit IC50-Werten im nM-Bereich. Eine Kreuzresistenz der MDR1-exprimierenden Sublinien IMR5rVCR10 und IMR5rDOXO20 zu den als MDR1-Substraten bekannten PARP-Inhibitoren Olaparib, Rucaparib und Talazoparib konnte ebenfalls nachgewiesen und auf die MDR1-Expression zurückgeführt werden. Auffällig ist die gleich starke Wirksamkeit von Niraparib in allen Sublinien, unabhängig von der Adaption und des MDR1-Status der jeweiligen IMR5-Sublinie. Niraparib ist somit sehr interessant für die klinische Anwendung.
IMR5rCDDP1000 zeigt trotz nur geringer MDR1-Expression eine signifikante Kreuzresistenz gegen Rucaparib und Talazoparib. Verapamil zeigt an IMR5rCDDP1000 keine Veränderung der Wirksamkeit der PARP-Inhibitoren. In IMR5rCDDP1000 ist die Kreuzresistenz gegen PARP-Inhibitoren also MDR1-unabhängig. IMR5rGEMCI20 zeigt dagegen gegen alle PARP-Inhibitoren die gleiche Sensitivität wie IMR5 PAR, gegen Olaparib sogar eine Hypersensitivität.
Die Trinukleotidreduktase SAMHD1 ist als Resistenzmechanismus gegenüber Cytarabin und möglicher Biomarker der AML bekannt. Auch in der Neuroblastomzelllinie IMR5 konnte durch den Abbau von SAMHD1 mit VPX-VLPs die Wirksamkeit des Nukleosidanalogons Cytarabin erhöht werden. Die Wirksamkeit des Nukleosidanalogons Gemcitabin konnte durch den Abbau von SAMHD1 in den IMR5-Sublinien nicht erhöht werden. Eine Beteiligung von SAMHD1 an der Hydrolyse von Gemcitabin konnte somit nicht nachgewiesen werden. Außerdem konnte eine Beteiligung von SAMHD1 an der DNA-Reparatur nicht bestätigt werden: Durch den Abbau von SAMHD1 wurde die Wirksamkeit von DNA-schädigenden Cytostatika wie Topotecan und PARP-Inhibitoren nicht erhöht.
Im Verlauf der Arbeit wurde zusätzlich die Olaparib-resistente Sublinie IMR5rOLAPARIB20 etabliert. Die erworbene Resistenz gegen Olaparib wurde bestätigt, die Zelle zeigt zusätzlich eine MDR1-unabhängige Kreuzresistenz zu Niraparib, Rucaparib und Talazoparib. Die Resistenz beruht wahrscheinlich auf der verminderten Expression von PARP. In IMR5rOLAPARIB20 erhöht der Abbau von SAMHD1 mit VPX-VLPs wie erwartet die Wirksamkeit von Cytarabin, zeigt aber keinen Einfluss auf die Toxizität von PARP-Inhibitoren. Erstaunlicherweise konnte eine erhöhte Wirksamkeit von PARP-Inhibitoren in Kombination mit VPR-VLPs in IMR5 PAR und IMR5rOLAPARIB20 gezeigt werden. PARP-Inhibitoren werden bereits bei soliden Tumoren wie Eierstock- und Brustkrebs eingesetzt und könnten in Kombination mit VPR-VLPs eine weitere Therapiemöglichkeit des Neuroblastoms sein.
Die Behandlung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) mittels transarterieller Chemoembolisation (TACE) hat einen hohen Stellenwert in einem multimodalen Therapiekonzept. Diese komplikationsarme, interventionelle Therapie wird stets kontrolliert durchgeführt. Im Rahmen dieser Studie sollte die postinterventionelle Sonografie mit der regelhaft durchgeführten CT-Abdomen verglichen werden. Hierbei wurde die kontrastmittelverstärkte Sonografie (contrast enhanced ultrasound, CEUS) in Verbindung mit einer quantitativen Auswertung der Signalintensitäten des Kontrastmittels über die Zeit (time intensity curve analysis, TICA) verwendet.
Das primäre Ziel der Studie war der Vergleich der Kontrastmittelsonografie und TICA mit dem Grad der Lipiodol-Einlagerung im CT-Abdomen. Hierbei wurde jeweils die größte mittels TACE behandelte Läsion untersucht. Es wurde hierzu die Hypothese aufgestellt, dass die Bewertung der Restperfusion des Tumors in der CEUS mit der Lipiodol-Einlagerung - als Surrogatparameter der Restperfusion - korreliert. Als sekundäres Ziel wurde die Untersuchung auf Nicht-Unterlegenheit der Sonografie gegenüber der CT-Abdomen in Bezug auf mögliche unerwünschte Wirkungen der TACE definiert. So sollte insgesamt geklärt werden, ob eine Ablösung des CTs postinterventionell nach TACE realisierbar ist.
In vorliegender Arbeit wurden insgesamt 175 Interventionen bei 89 Patienten mit HCC und TACE-Behandlung prospektiv eingeschlossen. Am Tag nach TACE wurde jeweils eine Sonografie mit CEUS und TICA sowie eine CT-Abdomen durchgeführt. Im Anschluss wurde das perfundierte Areal der Läsion in der CEUS und die Lipiodol-Einlagerung in der CT-Abdomen verglichen und jeweils in vier Kategorien (nach mRECIST) eingeteilt. Bei der Auswertung waren die Untersucher für das jeweils andere Ergebnis verblindet und zusätzlich wurde eine TICA durchgeführt. Des Weiteren wurde die Detektion von potenziellen Nebenwirkungen der TACE in der Sonografie mit der CT-Abdomen verglichen.
In Bezug auf das primäre Prüfziel konnte mittels Cohen’s Kappa zur Übereinstimmung der Bewertungen in CEUS und CT-Abdomen (Interraterreliabilität) keine statistisch signifikante Vergleichbarkeit gezeigt werden (κ=0,028, p=0,288). Mittels linear bzw. quadratisch gewichtetem Cohen’s Kappa zeigte sich ebenso keine Korrelation zwischen den Bewertungen in CEUS und CT-Abdomen (κ=0,016 bzw. κ=0,012). Bei der Auswertung der quantitativen, mittels TICA ermittelten, Signalintensitäten des Kontrastmittels konnte eine schwache Korrelation mit der Lipiodol-Einlagerung im CT-Abdomen gefunden werden (p=0,032, r=0,180). Ein signifikanter Unterschied zwischen den TICA-Messwerten im Zentrum und der Peripherie des Tumors konnte gezeigt werden (p=0,013). Die Beurteilung von unerwünschten Wirkungen einer TACE ist in vorliegender Arbeit nur bedingt möglich, da in diesem Patientenkollektiv klinisch nur sehr wenige Nebenwirkungen auftraten. Der Nachweis von Korrelaten möglicher Komplikationen, wie einer Dreischichtung der Gallenblasenwand, gelang zwar zuverlässig sowohl in der B-Bild Sonografie als auch in der CT-Abdomen, die Vergleichbarkeit ist jedoch wie oben genannt eingeschränkt.
Es konnte mit ausreichender statistischer Power gezeigt werden, dass die CEUS und die CT-Abdomen in Bezug auf das primäre Prüfziel abweichende Ergebnisse liefern. Weitere Studien mit verändertem Design zur Evaluation der Vorhersagekraft für das Outcome bzgl. des Gesamtüberlebens der Patienten nach TACE sind somit erforderlich, um eine belastbare Bewertung vornehmen zu können. Die bisher veröffentlichte Literatur legt eine gute Aussagekraft der Sonografie nahe. Für die TICA konnte in vorliegender Arbeit in Bezug auf die Lipiodol-Einlagerung im CT-Abdomen keine relevante Korrelation gezeigt werden. Die TICA muss zudem technisch weiterentwickelt werden, um die Implementierung in den klinischen Alltag zu erleichtern. Bisher erscheint der Einsatz aufgrund einer zeitintensiven Auswertung der generierten Daten im klinischen Alltag wenig praktikabel. Eine Ablösung des CTs bezüglich der Detektion von Komplikationen nach TACE erscheint jedoch möglich und vor dem Hintergrund der Strahlenbelastung des Patienten und der Kosten sinnvoll.
Es kann abschließend festgehalten werden, dass die CEUS mit TICA postinterventionell nach TACE eine sichere, kosteneffektive und aussichtsreiche Untersuchungsmodalität darstellt. Mit ggf. weiteren Studien scheint somit die Ablösung des CTs im klinischen Alltag mittelfristig realisierbar.
Die vorliegende Arbeit thematisiert den Vergleich der Bildqualität von Liegend-Röntgen-Thorax-Aufnahmen von Patienten auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Frankfurt unter Verwendung einerseits eines parallelen und andererseits eines virtuellen Streustrahlenrasters (=Bildverarbeitungssoftware). Es wurde untersucht, ob mit dem virtuellen Raster eine mindestens gleichwertige Bildqualität wie mit dem parallelen Raster erreicht und gleichzeitig Strahlendosis eingespart werden kann.
Insgesamt wurden 378 Röntgen-Thorax-Aufnahmen von 126 Patienten, die jeweils einmal mit parallelem Raster, mit virtuellem Raster und mit dem gleichen virtuellen Raster mit Dosisreduktion durchgeführt wurden, in die Studie eingeschlossen. Das virtuelle Raster ahmt das parallele Raster in der Streustrahlenreduktion nach. Das Übergewicht der Patienten als Einschlusskriterium der Studie rechtfertigte den Einsatz des parallelen Rasters. Jeder Patient wurde nur nach klinischer Indikationsstellung geröntgt, sodass der zeitliche Abstand zwischen zwei Röntgen-Thorax-Aufnahmen unterschiedlicher Aufnahmetechniken desselben Patienten variierte. Für alle Röntgen-Thorax-Aufnahmen wurde derselbe indirekte Flachdetektor verwendet. Die Röhrenspannung betrug konstant 125 kV, das Strom-Zeit-Produkt 1,4 mAs (für das parallele und virtuelle Raster) bzw. 1,0 mAs (für das virtuelle Raster mit Dosisreduktion). Für jeden Röntgen-Thorax wurde das Dosisflächenprodukt bestimmt. Vier Radiologen evaluierten die Bildqualität hinsichtlich sechs Kriterien (Lungenparenchym, Weichteile, thorakale Wirbelsäule, Fremdkörper, Pathologien und Gesamtqualität) anhand einer 9-Punkte-Skala. Der Friedman-Test (p < 0,05: signifikant) wurde angewendet. Die Übereinstimmung der Radiologen wurde über Intraklassenkorrelationskoeffizienten berechnet.
Das virtuelle Raster ohne/mit Dosisreduktion wurde insgesamt von allen vier Radiologen für die Weichteile, die thorakale Wirbelsäule, die Fremdkörper und die Gesamtbildqualität signifikant besser bewertet als das parallele Streustrahlenraster (p ≤ 0,018).
Für das Lungenparenchym und die Pathologien resultierten sowohl signifikante als auch nicht-signifikante Ergebnisse, wobei bei signifikanten Ergebnissen ebenfalls das virtuelle Raster ohne/mit Dosisreduktion besser bewertet wurde als das parallele Streustrahlenraster (p ≤ 0,002). Einzige Ausnahme stellten die Evaluationen der Bildqualität bez. des Lungenparenchyms eines Radiologen dar, der das virtuelle Raster ohne/mit Dosisreduktion signifikant schlechter bewertete als das parallele Raster (p < 0,0001). Insgesamt wurde das virtuelle Raster mit Dosisreduktion für die folgenden Kriterien am besten in absteigender Reihenfolge im Vergleich zum parallelen Raster bewertet: Fremdkörper, thorakale Wirbelsäule, Weichteile, Gesamtbildqualität, Pathologien und Lungenparenchym. Die Übereinstimmung der vier Radiologen in ihren Bildqualitätsbewertungen war maximal gering. Mit dem virtuellen Raster wurde im Durchschnitt etwa 28,7% des Dosisflächenprodukts im Vergleich zum parallelen Streustrahlenraster eingespart (p < 0,0001).
Bisher haben nur vier Studien Streustrahlenreduktionssoftwares an Liegend-Röntgen-Thorax-Aufnahmen untersucht, davon zwei an lebenden Menschen. Limitationen der vorliegenden Studie sind die Subjektivität der Bewertungen der Radiologen, die mögliche Identifizierung der Röntgen-Thorax-Aufnahmen, die mit dem parallelen Streustrahlenraster als gängige Aufnahmetechnik in der Radiologie des Universitätsklinikums Frankfurt durchgeführt wurden, die Konstanz der Expositionsparameter unabhängig des BMI der Patienten und die eingeschränkte Vergleichbarkeit der Röntgen-Thorax-Aufnahmen desselben Patienten aufgrund von Veränderungen der Pathologien, Fremdkörper, etc. bei (großem) zeitlichem Abstand zwischen den Röntgen-Thorax-Aufnahmen.
Das virtuelle Raster erzielte teils eine gleichwertige, teils eine bessere Bildqualität wie/als das parallele Raster bei gleichzeitiger Dosisreduktion von 28,7% und kann es somit bei Liegend-Röntgen-Thorax-Aufnahmen ersetzen. Weitere Studien sollten den Einsatz des virtuellen Rasters bei Röntgenaufnahmen des Thorax (stehend und liegend) und anderer Körperpartien im Hinblick auf die Bildqualität, (höhere) Dosiseinsparungen und den Workflow untersuchen.
mRNS ist einer der wichtigsten Informationsträger in lebenden Zellen. Mit ihr wird die in der DNS gespeicherte Information zu aktiven Zellprozessen umgesetzt. Dabei finden erste regulatorische Prozesse, die den Phänotyp eines Organismus bestimmen können, bereits über Strukturelemente auf der mRNS statt. Diese, als Riboschalter bezeichneten Strukturen, können spezifisch, kleine Moleküle binden und dadurch ihre Struktur ändern. Durch diese dynamische Änderung der Struktur, in An- oder Abwesenheit des Liganden, wird reguliert, ob nachfolgende Gene vom Ribosom abgelesen werden können. Der Cd1-Riboschalter aus Clostridium Difficile ist schon während der Transkription aktiv und ein Teil des regulatorischen Netzwerkes, das bestimmt, ob das Bakterium einen mobilen oder stationären Lebensstil einnimmt. Das zentrale Signalmolekül in diesem Netzwerk ist der sekundäre Botenstoff c-di-GMP, der gleichzeitig auch der Ligand des Cd1-Riboschalters ist. In der folgenden Arbeit wurde der zeitliche und strukturelle Ablauf des Cd1 Regulationsmechanismus und die Bindung von c-di-GMP untersucht. Auch ohne einen Riboschalter in der Sequenz ist strukturierte mRNS ein interessanter Forschungsgegenstand. Wie die Covid-19 Pandemie und die Forschungen, mRNS Abschnitte als Krebsmedikamente zu gebrauchen, zeigen, gewinnt RNS immer mehr an Bedeutung für die medizinische Forschung und Anwendung. Mit dieser Motivation im Hintergrund wurden drei weitere RNS Projekte bearbeitet. Im ersten wurde ein 19F-Screening für die Erkennung von RNS bindenden Fragmenten etabliert. Im zweiten wurde ein RNS Doppelstrang untersucht, der mit Hilfe verschiedener, kovalent gebundener Spiropyrane reversibel gefaltet und entfaltet werden sollte. Im abschließenden Projekt wurden im Rahmen der COVID-19-NMR Initiative zwei Sekundärstrukturelemente der Covid-19 RNS untersucht.
Bei der Untersuchung des Cd1-Riboschalters konnten folgende Ergebnisse erzielt werden. Es wird gezeigt, dass die Bindung von c-di-GMP an das Cd1-Aptamer ein konzentrationsabhängiges Magnesiumverhältnis braucht. Dieses Verhältnis wurde ausgehend von initialen Messungen als 1/40 (RNS/Ligand) bestimmt. Spätere ITC Messungen geben aber Hinweise darauf, dass dieses Verhältnis bei niedrigen RNS Konzentrationen höher liegt und bei größeren RNS Konzentrationen niedriger. Die Bestimmung des Start- und Endpunktes der c-di-GMP Bindung wird in Unterkapitel 3.1.2 behandelt. Es wurde ermittelt, dass Cd1 bei 83 Nukleotiden eine alternative schwach Ligand bindende Konformation einnimmt, die wahrscheinlich durch eine P1 Helix bis zum Erreichen von Cd1-87 stabilisiert wird. Ab Cd1-87 bildet sich die reguläre von der Literatur vorhergesagte Bindetasche. Das Ende der c-di-GMP Bindung wird mit Cd1-148 erreicht, auch wenn hier noch Reste der Reportersignale für Bindung zu sehen sind. Diese Reste werden aber aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine Cd1-83 entsprechende Konformation der Bindetasche erzeugt. In Kapitel 3.2 wird gezeigt, wie durch NMR Messungen die Zuordnung der Sekundärstruktur des Cd1-Riboschalters vollzogen wurde. Durch diese Messungen konnte bestätigt werden, dass in allen Längen eine P2 und P3 Helix vorhanden ist. Im Aptamer wird die Ligandbindung durch zwei Interaktionen zwischen P2 und P3 stark stabilisiert und der untere Abschnitt der P3 erst dann nicht mehr dynamisch, wenn c-di-GMP gebunden wird. Durch x-filter Experimente und Mutationen konnte nachgewiesen werden, dass C87 das basenpaarende Nukleotid an einem G des Liganden ist. Die Anwesenheit des HP1 Stamms konnte in den Längen 147, 148 und 160 nachgewiesen werden, wobei besonders der Vergleich der NOESY Spektren von Cd1-147 und Cd1-148 die Änderung der Sekundärstruktur hin zum Antiterminator zeigen. Der Verlauf der Bindungsaffinitäten wurde auch durch ITC Messungen an Cd1-83, 86, 87, 88, 135 und 146 bestätigt. Für die volle Länge (Cd1-160) des Riboschalters konnte gezeigt werden, dass der Terminatorstamm ausgeformt ist. Die erreichten Ergebnisse wurden in einem Modell zusammengefasst und der zeitliche Verlauf der Cd1 Regulation simuliert. Aus der Simulation ist zu erkennen, dass Cd1, wie erwartet, Ligand abhängig schaltet. Dabei ist der Aus-Zustand bei hoher Ligandkonzentration zu 90% populiert und der An-Zustand zu 100% bei niedriger Konzentration. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Transkriptionsgeschwindigkeit bei hohen Ligandkonzentrationen einen starken Einfluss auf die Regulationseffizienz des Riboschalters hat. So ist bei einer Transkriptionsgeschwindigkeit von 100 nt/s nach 1 s eine Gleichverteilung von An- und Aus-Zustand zu erkennen. Dieses Verhalten kann durch einen Stopp der Transkription an der potentiellen Pausierstelle U141-145 aufgehoben werden. Unter den Rahmenbedingungen des Modells erwiesen sich Transkriptionsgeschwindkeiten von um die 20 nt/s als optimal und bei niedrigen Ligandkonzentrationen hatte die Transkriptionsgeschwindigkeit faktisch keine Auswirkungen auf die Regulation. Ein interessantes Ergebniss der Modellierung ergab sich aus der Notwendigkeit der Verwendung einer Rate für konkurrenzlose Basenpaarschließungen. Hier konnte gezeigt werden, dass eine Rate von 400 nt/s ausreicht um einen voll funktionsfähigen Riboschalter zu beschreiben.
Beim 19F Bindungsscreenings von 101 Fragmenten, die alle ein oder mehrere 19F Atome besaßen, an Cd1-98 wurden 9 Fragmente gefunden die an Cd1-98 binden. Diese sind größtenteils planar mit Ausnahme von 2 Fragmenten bei denen die eine Hälfte des Moleküls nicht aromatisch ist. Des Weiteren besitzen alle Fragmente, außer einem, mindestens eine Aminogruppe im Molekül. Die daraus resultierende Vermutung, dass die Fragmente in die RNS interkalieren, konnte durch RNS beobachtende NMR Messungen nicht überprüft werden, da keine Signaländerung im Imino-Bereich zu erkennen war. Durch Verdrängungsexperimente konnte gezeigt werden, dass die Fragmente, nicht wie c-di-GMP, die RNS Faltung homogenisieren und auch nicht in der Bindetasche gebunden werden.
Das Capillary-Leak-Syndrom (CLS) präsentiert sich als plötzlicher Verlust von intravasaler Flüssigkeit ins Interstitium und kann als Komplikation nach einer Stammzelltransplantation (SZT) auftreten. Das Ziel der vorliegenden Studie war es, die CLS-Inzidenz, Risikofaktoren für das Auftreten und den Einfluss auf das Überleben nach SZT in einer pädiatrischen Kohorte allogener SZT-Empfänger zu bestimmen. Wir untersuchten die klinischen Berichte aller Patienten unter 18 Jahren, die in der Abteilung für Stammzelltransplantation der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt am Main zwischen Januar 2002 und Mai 2012 allogen stammzelltransplantiert wurden. 234 Patienten erhielten 275 SZT im oben genannten Zeitraum. In 15 Fällen (5,5 %) entwickelten Patienten ein CLS.
Bedingung für die Vergabe der CLS-Diagnose war das Vorhandensein dieser drei Kriterien: Gewichtszunahme von über 3 % des Körpergewichts in 24 Stunden, positive Ein-/Ausfuhrbilanz trotz Diuretikagabe und Ödeme.
Die Wahrscheinlichkeit, ein CLS zu entwickeln war signifikant höher bei Patienten, die auch unter einer Sepsis litten (p < 0,001). Patienten mit CLS hatten zudem ein höheres Risiko innerhalb der ersten 30 Tage nach SZT an einer GvHD zu erkranken (p = 0,005).
10 der 15 CLS-Patienten mussten intensivmedizinisch behandelt werden.
CLS hängt signifikant mit dem Gesamtüberleben an Tag + 100 und Tag + 365 nach SZT zusammen (p < 0,001), indem es einen starken prädiktiven Faktor für die TRM an Tag + 100 und Tag + 365 nach SZT darstellt (p < 0,001).
CLS ist eine schwere Komplikation bei pädiatrischen SZT-Empfängern. Der biologische Zusammenhang zwischen Sepsis, GvHD und CLS-Entwicklung im Hinblick auf Zytokinfreisetzung und Endothelschaden sollte in weiteren Studien untersucht werden, um neue zielgerichtete Therapien zu unterstützen.
In dieser Arbeit wurden zur Funktionsanalyse gelagerter ThZ zwei ex vivo Messverfahren verwendet, die unterschiedliche Qualitäten der ThZ-Funktion quantifizieren. Die in vitro Aggregationsfunktion der ThZ wurde mittels Multiplate® Analyzer untersucht, die Mitochondrienfunktion mittels Oxyraph-2k.
Der Multiplate® Analyzer ist eine wohl etablierte und gut zugängliche POC-Methode, die zeitnah verlässliche Daten zur ThZ-Aggregationsfähigkeit in Vollblutproben liefert. Von Interesse war zunächst die Frage nach der Durchführbarkeit valider Multiplate®-Messungen an POOL-TK. Das für Vollblutproben konzipierte Multiplate® kann unseren Ergebnissen zufolge zur in vitro Testung von POOL-TK herangezogen werden. Die Kombination der verwendeten Mischungsverhältnisse, Suspensionsmedien und Reagenzien eignen sich zur ThZ-Stimulation außerhalb der physiologischen Umgebung des Vollbluts. In zukünftigen Studien mit höheren Fallzahlen sollte jedoch die Messgenauigkeit des Multiplate® an TK durch Anpassungen der Suspensionsmedien, sowie der ThZ- und Reagenzienkonzentration überprüft und optimiert werden. Die Entwicklung der ThZ-Funktion im Verlauf der viertägigen TK-Haltbarkeit wurde hinsichtlich der thrombozytären Aggregations- und Mitochondrienfunktion beurteilt. Weiterhin wurde der Einfluss einer kontinuierlichen Agitation durch Vergleich mit der TK-Lagerung ohne Agitation untersucht. Während die Aggregationsfähigkeit der ThZ über den viertägigen Beobachtungszeitraum überwiegend erhalten blieb, verzeichnet die mitochondriale Funktion einen signifikanten Rückgang. Unter kontinuierlicher Agitation der TK verzeichnete sich keine signifikante Abnahme der thrombozytären Aggregationsfähigkeit im Laufe der TK-Haltbarkeit. Wurden die TK ohne Agitation gelagert zeigte das Aggregationsausmaß in den ersten Tagen gegenüber den richtlinienkonform gelagerten TK keine signifikante Verschlechterung. Am vierten Tag resultierte lediglich die ThZ-Stimulation mit TRAP in einer signifikant verminderten Plättchenaggregation in der Gruppe der nicht agitierten TK. Eine Toleranz der TK bezüglich temporären Agitationspausen von ein bis zwei Tagen ist demnach anzunehmen. Nach längeren Agitationspausen ist mit signifikanten Beeinträchtigungen der Aggregationsfunktion zu rechnen.
Der Oxygraph-2k ist ein anerkanntes Messgerät zur Analyse der mitochondrialen Leistungsfähigkeit mittels hochauflösender Respirometrie. Die Daten dieser Arbeit demonstrieren eine signifikante Abnahme der mitochondrialen Leistungsfähigkeit mit - 116 -zunehmendem Alter der TK. Es zeigten sich keine Unterschiede zwischen kontinuierlich agitierten und ruhenden TK am Ende der Lagerungsperiode. Auch an den restlichen Lagerungstagen waren ruhende TK nicht verstärkt in ihrer mitochondrialen Leistung eingeschränkt, als stetig agitierte TK. Dies impliziert, dass sich die mitochondriale Leistungsfähigkeit im Laufe der TK-Alterung reduziert, ungeachtet dessen, ob die Lagerung unter der empfohlenen kontinuierlichen oder unterlassenen Agitation erfolgt. Aus den Multiplate®- und Oxygraph-Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass ein TK den für die Transfusion erforderlichen Qualitätsanspruch nicht durch kurzzeitige Agitationspausen verliert. Im Klinikalltag kann es, irrtümlich sowie durch Organisationsversagen bedingt, zu unterbrochener oder gar unterlassener Agitation vor TK-Transfusion kommen. Gemäß den Ergebnissen dieser Arbeit zufolge, wird darunter jedoch die TKQualität nicht nennenswert negativ beeinflusst.
Ein weiterer Teil dieser Arbeit befasste sich mit der Untersuchung des Einflusses von Extrembedingungen, wie Kälte von 4°C oder Be- und Entschleunigungen sowie Turbulenzen beim Transport durch Rohrpostsysteme. Die Mehrzahl der Testergebnisse verzeichnete keine signifikante Beeinträchtigung der ThZ-Aggregationsfunktion. Die vorübergehende, fehlerhafte Deposition eines TK im Kühlschrank und der Rohrpostversand können somit als unbedenklich für die mittels Multiplate® und Oxygraph gemessenen TK-Qualitätsparameter angesehen werden.
Die Gesamtheit der Ergebnisse zeigt, dass kurzfristige Abweichungen von der richtlinienkonformen TK-Lagerung keine negativen Auswirkungen auf die thrombozytäre Aggregationsfähigkeit und Mitochondrienfunktion ausüben. Die Berücksichtigung dieser Erkenntnisse könnte verhindern, dass kurzzeitig fehlgelagerte TK verworfen werden, was sich positiv auf die Nutzung dieser begrenzten Ressource auswirken würde. Als Einschränkung ist zu erwähnen, dass die dargebotenen Veränderungen lediglich ex vivo ermittelt wurden. Aufgrund der Nutzung etablierter Verfahren kann angenommen werden, dass sich unsere Ergebnisse gleichsinnig auf die tatsächliche in vivo ThZ-Funktion auswirken. Der Effekt auf die in vivo ThZ-Funktion muss in zukünftigen Studien verifiziert werden. Insbesondere bleibt die Frage offen, inwiefern ein Zusammenhang zwischen einer eingeschränkten mitochondrialen Respirationsleistung und der Aggregationsfunktion besteht.
Die oxygene Photosynthese bildet den Grundpfeiler des heutigen Ökosystems unseres Planeten. Neben den gut untersuchten Landpflanzen bilden Mikroalgen eine äußerst bedeutende Organismengruppe der phototrophen Lebewesen. Zu den Mikroalgen zählen die Diatomeen, welche sich beispielsweise durch eine Silikatschale und spezielle Lichtsammelkomplexe auszeichnen und für einen Großteil der marinen Primärproduktion verantwortlich sind. Die stoffwechselphysiologischen Grundlagen des ökologischen Erfolgs der Kieselalgen sind bislang noch unzureichend erforscht. Ein Vertreter der zentrischen Diatomeen, Cyclotella, wurde bereits zur Jahrtausendwende zur biochemischen Charakterisierung der Diatomeen Photosynthese verwendet (Eppard und Rhiel, 1998; Eppard und Rhiel, 2000), das Genom des Organismus aber erst vor kurzem sequenziert (Traller et al., 2016). Die Sequenzierung des Genoms konnte einige Gene für Lichtsammelproteine identifizieren, die Homologie zu den LhcSR-Proteinen aus C. reinhardtii aufweisen, welche nachweislich eine photoprotektive Funktion besitzen (Peers et al., 2009). Diese sogenannten Lhcx-Proteine der Diatomeen sind in den zwei Gruppen der Kieselalgen, den zentrischen und pennaten Diatomeen zu finden, unterscheiden sich aber in ihren jeweiligen Lhcx-Kandidaten. So können in der pennaten Diatomee P. tricornutum vier lhcx-Gene ausgemacht werden, während die zentrische Kieselalge T. pseudonana sechs lhcx-Gene besitzt und C. cryptica vier verschiedene lhcx-Kandidaten genomisch aufweist (Armbrust et al., 2004; Bowler et al., 2008; Traller et al., 2016). Die beschriebenen Diatomeen weisen alle eine Homologie im Lhcx1 auf, während sich die übrigen Lhcx-Kandidaten zwischen pennaten und zentrischen Diatomeen unterscheiden. Ein zwischen T. pseudonana und C. cryptica konserviertes Lhcx ist das Lhcx6_1, welches 2011 das erste Mal massenspektrometrisch an Photosystemen von T. pseudonana nachgewiesen wurde (Grouneva et al., 2011) und in weiteren Massenspektrometrie-gestützten Untersuchungen in beiden zentrischen Diatomeen an Photosynthese-Komplexen gefunden werden konnte (Gundermann et al., 2019; Calvaruso et al., 2020). Die Funktion des Lhcx6_1 ist bislang unklar.
Diese Arbeit konnte das Lhcx6_1 aus C. meneghiniana charakterisieren und Antikörper-gestützt genauer lokalisieren, eine nicht dynamische Phosphorylierung der Thylakoidmembran-Proteine der zentrischen Diatomee nachweisen und die molekularbiologische Zugänglichkeit des Organismus optimieren. qRT-PCR gestützte Expressions-Analysen konnten eine unerwartete Expression des lhcx6_1-Gens aufdecken. Dieses weist, im Vergleich zum Lhcx1, keine Starklicht induzierte Expression auf. Die Expression des Gens konnte nach wenigen Stunden Schwachlicht als maximal bestimmt werden, während sie im Starklicht abnimmt. Das Muster der Genexpression glich im Schwachlicht eher der des lhcf1-Gens. Die Sequenzierung des lhcx6_1 aus C. meneghiniana identifizierte eine verlängerte N-terminale Sequenz des Proteins, welche Homologie zu den minoren Antennen aus A. thaliana besitzt und Teil des reifen Proteins ist. Mittels eines C-terminalen Epitops wurde ein Antikörper gegen das Lhcx6_1 entworfen, welcher das Protein in C. meneghiniana spezifisch nachweisen kann. Die Isolation von Thylakoidmembranen der zentrischen Diatomee und weitergehende Aufreinigung mittels Saccharosedichtegradienten und lpBN-PAGE konnten die Lokalisation des Lhcx6_1 eingrenzen. Das Protein zeigt dabei keine Unterschiede in seiner Lokalisation nach Inkubation in Schwach-, Stark- und Fernrot-Licht und ist vorrangig mit Photosystem I assoziiert. In geringerer Menge konnte es zudem an Photosystem II nachgewiesen werden, während der immunologische Nachweis in Lichtsammelkomplexen (FCPs) minimale Mengen erbrachte. Ferner konnte eine Phosphorylierung des Lhcx6_1 an Threonin-Resten nachgewiesen werden, während die meisten anderen Thylakoidmembran-Proteine mittels Phospho-Serin Antikörper detektiert werden konnten. Weder die Phosphorylierung des Lhcx6_1, noch der anderen Thylakoidmembran-Proteine, zeigt eine dynamische Regulation, im Stile einer state-transition ähnlichen Kinase auf. Die Qualität des Umgebungslichts führte zu keinerlei Unterschieden in Phosphorylierungsmustern. Weiterführende Untersuchungen der Lhcx6_1-Phosphorylierung mittels Phos-tag PAGE identifizieren eine unphosphorylierte und eine einfach phosphorylierte Form des Proteins. Dabei kann an PSI ausschließlich die phosphorylierte Version des Lhcx6_1 gefunden werden. Im Zuge der Arbeit konnte zudem erstmalig die Elektroporation und Konjugation für C. meneghiniana als Transformations-Methoden etabliert werden, während das Protokoll für die biolistische Transformation optimiert wurde. Die Elektroporation erbrachte die höchste Transformationseffizienz. Molekularbiologische Unterfangen eines Lhcx6_1-Knockdowns mittels Antisense-RNA erzielten zunächst, aufgrund der starken Gegenregulation der Diatomee, keinen Erfolg...
Einleitung: Knochenersatzmaterialien gewinnen in der regenerativen Medizin immer weiter an Bedeutung. Polylactid-co-Glycolid (PLGA) wird als etabliertes synthetisches Biomaterial bereits vielseitig in der medizinischen Versorgung eingesetzt, häufig in Form von Mikropartikeln oder Platzhaltern beladen mit Antibiotika oder immunaktiven Zellen zur topischen Antibiotikatherapie und Freisetzung von regenerativen Zellen in einer Defektzone. Ziel dieser Studie war die Charakterisierung einer neuen Darbietungsform von PLGA auf ihre physikalischen Eigenschaften, ihre immunologische Signatur und Zytokompatibilität. Dieses Material soll den Einsatz von PLGA in Form einer porösen Membran zur Abdeckung von großen Knochendefekten ermöglichen.
Material und Methoden: Das PLGA-Gemisch wurde in Form von scheibenförmigen Prüfkörpern und Membranen aufbereitet. Es wurde eine biomechanische Analyse des Materials auf Bruchfestigkeit, Biegesteifigkeit und seine Diffusionskapazität durchgeführt. Die Scaffolds wurden mit Knochenmarkstammzellen (BMC und MSC) besiedelt. Mittels MTT-Tests wurde die Lebensdauer und die Viabilität der Zellen auf der Prüfkörperoberfläche ermittelt. Die Zellen wurden durch PCR-Analyse auf osteogene Differenzierung untersucht. Zur Erfassung der immunologischen Signatur erfolgte ein Vollblutstimulationstest mit anschließender umfassender Auswertung des Sekretoms mittels Proteom Profiler-Analyse.
Ergebnisse: Das Material wies eine geringe mechanische Stabilität auf. Die PLGA-Membran zeigte sich für Proteine bis 11,4 kDa durchlässig. Es konnte eine stetige Degeneration des Materials in wässrigem Milieu festgestellt werden. In der Sekretom-Analyse des Vollblutstimulationstests zeigte sich eine für die PLGAMembran charakteristische immunologische Signatur mit Aktivierung von proinflammatorischen Faktoren. Das Zellüberleben auf der Prüfkörperoberfläche nahm während des Erfassungszeitraums konstant ab, während die Zellviabiliät auf dem Wellboden stieg. Es konnte keine signifikante osteogene Differenzierung der Stammzellen festgestellt werden.
Diskussion: Die schnelle Degeneration des Materials in wässriger Umgebung beeinflusste sowohl die Stabilität der Membran als auch die Zelladhäsion auf den Scaffolds negativ. Das Material wirkte dabei weder toxisch auf die Zellen, noch induzierte es eine osteogene Differenzierung. Die Analyse der Immunsignatur ließ eine frühe und starke Entzündungsreaktion nach Implantation des Materials vermuten.
Schlussfolgerung und Ausblick: Während das vorgelegte PLGA-Gemisch nicht die mechanischen Eigenschaften eines gewichttragenden Knochenersatzstoffes aufweist, so lässt es sich dennoch erfolgreich mit Stammzellen beladen, die nach Implantation gezielt in der Defektzone freigesetzt werden können. Die Anregung einer starken Immunantwort kann gerade in der frühen Heilungsphase hilfreich sein. Weitere in vivo-Untersuchungen am Tiermodell sind notwendig zur Optimierung möglicher therapeutischer Anwendungen.
Das wachsende Verständnis für das fein abgestimmte Zusammenspiel aus Struktur und Funktion von Nukleinsäuren resultiert aus unzähligen Forschungsprojekten. Forschende stehen dabei vor der Herausforderung, dass die zu untersuchenden Oligonukleotide sowohl modifiziert als auch in ausreichender Menge und Reinheit dargestellt werden müssen. Die chemische Festphasensynthese ist ein bewährtes Mittel zur Synthese hochmodifizierter DNA und RNA. Allerdings werden Oligonukleotide mit zunehmender Länge unzugänglicher, da die einzelnen Kupplungsreaktionen nicht quantitativ ablaufen, was zu schwer abtrennbaren Abbruchsequenzen führt. Hinzu kommt, dass während der chemischen Synthese harsche Reaktionsbedingungen nötig sind, denen die gewünschten Modifikationen standhalten müssen. (Chemo-) enzymatische Methoden können diese Hürden überwinden und somit den Zugang zu biologisch interessanten, längeren modifizierten Sequenzen ermöglichen. Jedoch erfolgt der enzymatische Einbau von Modifikationen ohne aufwendige Optimierung lediglich statistisch verteilt. Um weitere Erfolge im Bereich der Strukturaufklärung zu erzielen, werden somit Synthesemethoden benötigt, die sich zum positionsspezifischen Einbau von Modifikationen eignen und gleichzeitig den Zugang zu längeren Oligonukleotiden ermöglichen. Zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion haben sich in den letzten Jahren lichtadressierbare Verbindungen als gefragte Modifikationen erwiesen. Der Einsatz von Licht als mildes, nicht-invasives Auslösesignal stellt besonders im biologischen Kontext eine interessante Herangehensweise dar. Um hochwertige Aussagen über das Verhalten von Oligonukleotiden in komplexer biologischer Umgebung machen zu können, muss durch die gezielte Platzierung lichtaktivierbarer Verbindungen ein effizientes AN/AUS-Verhältnis geschaffen werden. Der Einbau photolabiler Schutzgruppen erlaubt eine vorübergehende Beeinflussung der Oligonukleotidstruktur, die durch Abspaltung der Schutzgruppe irreversibel (re-) aktiviert werden kann. Im Gegensatz dazu ermöglicht der Einbau von Photoschaltern eine reversible Adressierbarkeit durch Isomerisierungsprozesse. Die Synthese komplexer gezielt-markierter Oligonukleotide erfolgt zumeist chemisch und ist daher längenlimitiert.
Ziel dieser Doktorarbeit war es, beide Fragestellungen zu vereinen und eine chemo-enzymatische Methode zur RNA-Synthese zu untersuchen, die zum einen die positionsspezifische Modifizierung mit lichtaktivierbaren Einheiten erlaubt und darüber hinaus die Längenlimitierung der chemischen Festphasensynthese überkommt. Im Zentrum der Methode stehen drei enzymatische Reaktionsschritte zum Einbau von photolabil- und photoschaltbar-modifizierten Nukleosid-3‘,5‘-Bisphosphaten: I) eine 3‘-Verlängerung, in der die modifizierten Bisphosphate mit T4 RNA Ligase 1 mit dem 3‘-Ende einer RNA verknüpft werden; II) die Dephosphorylierung des 3‘-Phosphats mit Shrimp Alkaline Phophatase und III) die Verknüpfung der 3‘-terminal modifizierten RNA mit einem zweiten 5‘-phosphorylierten RNA-Fragment, wodurch eine Gesamtsequenz mit gezielt platzierter Modifikation entsteht (Abb. I).
Im ersten Teilprojekt wurden in kollaborativer Arbeit zunächst benötigte photolabile NPE- und photoschaltbare Azobenzol-C-Nukleosid-3‘,5‘-Bisphosphate synthetisiert und grundlegende Bedingungen der enzymatischen Reaktionen erarbeitet. Hierbei konnte der enzymatische Syntheseansatz erfolgreich in Lösung umgesetzt und der chemo-enzymatische Einbau aller synthetisierten Bausteine nachgewiesen werden. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurde die Methode in eigenständigen Arbeiten weiterverfolgt, um den multiplen Einbau NPE-modifizierter Nukleosid-3‘,5‘-Bisphosphate in direkter Nachbarschaft sowie deren Einbau in DNA/RNA-Mixmere mit Phosphodiester- oder Phosphorthioatrückgrat zu untersuchen. Es konnte gezeigt werden, dass die verwendeten Enzyme neben lichtaktivierbaren Modifikationen zusätzliche Anpassungen der Phosphateinheit sowie unterschiedliche Ribosebausteine in Kombination tolerieren. Da exogene RNA schnell von Exonukleasen abgebaut und somit unwirksam wird, werden zahlreiche stabilisierende Anpassungen an synthetischen RNAs vorgenommen. Zu den häufigsten zählen Phosphorthioate und Modifikationen der Ribose. Mit der erfolgreichen Modifikation der chimären Oligonukleotide eröffnet die erarbeitete Methode einen wichtigen Zugang zu therapeutisch interessanten Oligonukleotiden. Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung biologisch relevanter Anwendungsmöglichkeiten konnte mit der Synthese, Charakterisierung und Umsetzung eines DEACM-geschützten Uridin-3‘,5‘-Bisphosphates (pUDEACMp) errungen werden. Im Vergleich zur verwendeten NPE-Schutzgruppe ist das Absorptionsspektrum der DEACM-Schutzgruppe bathochrom-verschoben, was eine Abspaltung mit Wellenlängen > 400 nm erlaubt. Dadurch können Zellschäden vermieden und Oligonukleotide mit NPE- und DEACM-Modifikation wellenlängenselektiv angesprochen werden...
Damit in der Schule die Vermittlung eines adäquaten Energieverständnisses gelingen kann, benötigt es eine Lehrkräfteausbildung, die dessen Herausforderungen in den Blick nimmt und die angehenden (Chemie-) Lehrerinnen und Lehrer aus fachwissenschaftlicher und didaktischer Perspektive vorbereitet. Denn in die Unterrichtsvorbereitung fließen neben bildungspolitischen und curricularen Vorgaben auch die Vorstellungen und Überzeugungen der Lehrkräfte mit ein. Zu den Herausforderungen, mit denen Lernende wie Lehrende konfrontiert sind, zählen die verschiedenen mentalen Repräsentationen zum Wort Energie aus Alltag und Naturwissenschaft, die zahlreichen chemischen Fachkontexte, in denen Energie bzw. Energiephänomene eine Rolle spielen, die unterschiedlichen Wissensnetze, die mit dem Begriff in den verschiedenen Naturwissenschaften verknüpft sind und der Einfluss der Fach- bzw. Alltagssprache.
Die (angehenden) Lehrkräfte fühlen sich auf diese Aufgabe oftmals fachlich nicht ausreichend vorbereitet. Um die Lehrkräfteausbildung in ihrem ersten Ausbildungsabschnitt auf die genannten Herausforderungen anzupassen und Lehrformate zu erweitern, benötigt es umfangreiche Kenntnisse über die mentalen Repräsentationen der Studierenden zur Energie sowie die damit verbundenen alternativen Konzepte zu schulrelevanten und lehrplanorientierten Themenschwerpunkten und die sprachlichen Besonderheiten. Die Vielschichtigkeit des Begriffs Energie erfordert eine ganzheitliche Betrachtung aller Aspekte, die es so bislang nicht gibt.
Aus diesem Grund ist es Ziel dieser Studie, die mentalen Repräsentationen der Studierenden, wie auch deren alternative Konzepte zu ausgewählten energiebezogenen Fachbegriffen aus den Bereichen chemische Bindungen, Thermodynamik und chemische Reaktionen zu erheben, in einen gemeinsamen fachlichen und sprachlichen Kontext zu setzen und daraus Rückschlüsse auf das Energieverständnis zu ziehen.
Im Sinne des Modells der didaktischen Rekonstruktion wird eine fachliche Klärung zum Untersuchungsgegenstand Energie durchgeführt. Für die Erhebung der empirischen Daten findet ein Rückgriff auf halbstandardisierte Leitfadeninterviews statt. Zielgruppe sind angehende Chemielehrkräfte, die mindestens im 5. Fachsemester Chemie für das Lehramt an Gymnasien studierten. Die Auswertung der Interviews erfolgt unter Rückgriff auf die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring und wird mit quantifizierenden Elementen trianguliert.
Die Studie zeigt die Erklärungsvielfalt des Begriffs Energie auf, denen sich die Studierenden bedienen. Dabei werden vor allem Beispiele einzelner Energiephänomene oder Energieformen herangezogen. In den verschiedenen Fachkontexten konnten diverse alternative Konzepte detektiert werden. Darüber hinaus konnten übergreifende Herausforderungen detektiert werden. Erkennen die Studierenden Widersprüche in ihrem Energieverständnis, wird Energie als abstrakt und schwer fassbar beschrieben. Zudem wird eine anthropozentrische Sicht eingenommen. Die angehenden Lehrkräfte neigen zu einer starken Kompartmentalisierung und begründen Wissenslücken mit der Zugehörigkeit zu anderen Fachwissenschaften. Eine weitere wichtige Erkenntnis aus der Studie ist, dass in den Fachwissenschaftlichen Veranstaltung die qualitativen Diskussionen angeregt werden müssen. Die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer bewegen sich in einem Spannungsverhältnis zwischen Fachwissenschaft und Didaktik und sind sich dessen sehr deutlich bewusst, indem sie bei Begriffsdefinitionen und Erklärungen die Anschaulichkeit der Exaktheit vorziehen. Es besteht die Notwendigkeit, Fachbegriffe in einem größeren Zusammenhang zu erläutern und die Studierenden zur Kommunikation darüber anzuregen.
Patienten mit akuter Dekompensation einer Leberzirrhose (AD) oder einem akut-auf-chronischen-Leberversagen (ACLF) stellen ein vulnerables Kollektiv für den Erhalt eines Erythrozytenkonzentrates (EK) dar. Zu den Ursachen zählen das häufige Auftreten einer gastrointestinalen Blutung, die Koagulopathie oder das Vorliegen einer chronischen Anämie. Während für viele andere Patientenkollektive das richtige Transfusionsmanagement bereits erforscht worden ist, fehlen diese Studien für Patienten mit Leberzirrhose, insbesondere für die neue Entität ACLF. Die vorliegende Studie soll die Auswirkung einer EK-Transfusion auf Morbidität und Mortalität dieser Patienten untersuchen.
Insgesamt wurden 498 Patienten mit der Diagnose einer Leberzirrhose, die zwischen den Jahren 2015 und 2019 auf eine Intensivstation der Universitätsklinik Frankfurt aufgenommen worden sind, retrospektiv analysiert. Für die statistische Auswertung wurde ein Prospensity-Score-Matching nach EK-Transfusion mit Adjustierung für mögliche Konfundierungseffekte durchgeführt. Der Einfluss der Transfusion auf die Mortalität wurde mithilfe von Kaplan-Meier-Kurven und multivariater Cox-Regression untersucht. Für die ACLF-Kohorte wurden ROC-Kurven zum Versuch der Identifizierung eines Transfusionstriggers und eines Zielhämoglobinwertes nach Transfusion angefertigt.
In der Gesamtkohorte wiesen transfundierte Patienten eine signifikant höhere Mortalitätsrate als Nicht-Transfundierte auf (28-Tages-Mortalität: 39,6% vs. 19,5%, p<0,001). Dabei wirkte sich die Transfusion primär bei Patienten mit ACLF negativ auf das Überleben aus. Nach Matching der Patienten nach Erhalt eines EKs und Adjustierung für potentielle Konfundierungseffekte blieb die Kurzzeitmortalität bei transfundierten Patienten mit ACLF weiterhin signifikant erhöht (28-Tages-Mortalität: 72,7% vs. 45,5%, p=0,03). Bei AD Patienten zeigte die Transfusion keinen signifikanten Einfluss auf das Überleben. Die multivariate Cox-Regression identifizierte die EK-Transfusion als unabhängigen Risikofaktor der Kurzzeitmortalität im ACLF (HR: 2,55; 95% KI 1,26 – 5,15, p=0,009). Die Identifizierung eines Transfusionstriggers oder eines Zielhämoglobinwertes war nicht möglich.
Die vorliegende Studie konnte zeigen, dass die EK-Transfusion einen Risikofaktor der Kurzzeitmortalität im ACLF, aber nicht für AD Patienten darstellt. Dieses Ergebnis macht fortführende Untersuchungen zur Ursachenforschung und zur Evaluierung des richtigen Transfusionsmanagements für Patienten mit ACLF notwendig.
Der Konflikt von Tradition und Moderne in der Avantgarde. Dargestellt in den Romanen La vie secrète und Visages cachés von Salvador Dalí, Hebdemeros und Monsieur Dudron von Giorgio de Chirico sowie Caravansérail von Francis Picabia
Die Arbeit setzt sich anhand der Frage des Konfliktes von Tradition und Moderne mit den Prosawerken Dalís, Chiricos und Picabias auseinander. Zusätzlich wird der Medienwechsel der ursprünglich bildenden Avantgardekünstler hin zur Sprache als Ausdrucksform thematisiert: die Frage nach veränderten literarischen Möglichkeiten durch die bildlich geprägte Perspektive der Künstler, verbunden mit der Frage nach Traditionen und Mythologien. Darüber hinaus wird erörtert, inwieweit die als „Ego-Dokumente“ konzipierten Texte Rückschlüsse auf die Biographien der Verfasser zulassen.
Caravansérail, Picabias fragmentarischer Roman präsentiert sich dem Titel entsprechend als Umschlagplatz eines Spektrums literarischer Konzepte, vergegenwärtigt durch die literarische Prominenz der Avantgarde. Ein Roman, der den technischen Fortschritt von Bewegung und Medien thematisiert, in der der Titel lediglich als vorübergehender Ruhepol dient.
Narratologisch gesehen entspricht der Text der Definition der „deambulatorischen“ Erzählweise (Wolfzettel). Die überwiegende Dialogform deutet auf Picabias Orientierung an Romanen des 18. Jahrhunderts hin.
Chiricos surrealistischer Roman Hebdomeros zeigt sich noch „deambulatorisch“, doch schon strukturiert durch die Wiederaufnahme der „navigatio mystica“ verknüpft mit dem Weg der Selbstfindung. Im Kontrast zu Picabia thematisiert Chirico Tagträume und Gedanken des Protagonisten, wodurch sich bereits die Wende zu traditionellen Formen andeutet. Statt surrealistischer Welthaltigkeit wird die Mythologie der Antike, Elemente des Christentums sowie die Seefahrt in Verbindung mit einer idealisierten Frauengestalt angeknüpft.
Monsieur Dudron zeigt Chiricos endgültige Abkehr von avantgardistischer Textproduktion, die parallel zu den Entwicklungen im faschistischen Italien verläuft. Mittels des „Schneckenfarm-Besuchs“ wird Dudrons/Chiricos Ablehnung zeitgenössischer Kunst exprimiert. Durch integrierte essayartige Teile, die sich an Traditionellem, Antike und Renaissance, orientieren, entspricht er noch dem „deambulatorischen“ Konzept.
Dalís Pseudo-Biographie La vie secrète orientiert sich an hagiographischen Texten, um sich zum Heiligen und Retter der Kunst vor der Avantgarde zu stilisieren. So konzipiert er auch seine Beziehung zu Gala entsprechend der Tristan-Mythologie.
Die Rückkehr zu traditioneller Textproduktion vollendet Dalí mit dem epischen Werk Visages cachés. Die Charaktere des Romans verweisen auf Literatur des ausgehenden 18. Jhs, der Protagonist zeigt jedoch Analogien zu Huysmans oder Wildes Romanfiguren. Surreale Elemente sind nur noch als Splitter in die Roman-Realität integriert. Mittels Sprache sowie der geschlossenen Form des Romans opponiert Dalí gegen avantgardistische Textproduktionen.
Das Buch nimmt die Beobachtung zum Ausgangspunkt, dass wahrnehmende Lebewesen immer auch sich bewegende Lebewesen sind. Der Zusammenhang zwischen den Vermögen der Wahrnehmung und der Selbstbewegung wird hier als ein konstitutiver gefasst, der insofern Auswirkungen für das Verständnis und die philosophische Analyse des jeweiligen Vermögens hat. Im Fokus steht das wechselseitige Verhältnis zwischen Wahrnehmung und Handeln beim Menschen und damit auch die Frage, in welcher Beziehung das begriffliche Denken zu den genannten Vermögen steht. Die Arbeit diskutiert Schriften von Wittgenstein, Anscombe, Merleau-Ponty, Dreyfus, McDowell, sowie neuere Beiträge aus der enaktivistischen und phänomenologischen Tradition.
Im ersten Kapitel wird der Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und Handlung in der Erkenntnistheorie untersucht. Hier stehen enaktivistische Theorien, die auf den grundsätzlichen Handlungscharakter der Wahrnehmung verweisen, im Mittelpunkt. Anhand einer Kritik der Kamerametaphorik des menschlichen Blicks wird dafür argumentiert, dass die (visuelle) Wahrnehmung als aktiver Prozess verstanden werden muss. Das Sehen ist weder punktförmig noch bildhaft aufzufassen, vielmehr ist es eine stets prekäre Errungenschaft eines leiblichen Wesens im Austausch mit der es umgebenden Welt. Die Ergebnisse aus dem ersten Kapitel werden im zweiten Kapitel mit Ludwig Wittgensteins Überlegungen zum Aspektsehen in Kontakt gebracht. Wittgensteins Bemerkungen zum Sehen und Aspektsehen lassen sich als Anstoß zu einem pluralistischen Verständnis der Wahrnehmung verstehen. In Anbetracht der vielfältigen Diskussionen, für die Wittgensteins Bemerkungen über das Aspektsehen relevant sind, wird hier herausgearbeitet, inwieweit sie als eine Kritik an jeder Form des Gegebenseins in der Wahrnehmung verstanden werden können. Eine Diskussion des ebenso ungewöhnlichen wie wenig beachteten Beitrags Anscombes zur Theorie der Wahrnehmung, den sie hauptsächlich in »The Intentionality of Sensation« ausarbeitet, beschließt das zweite Kapitel.
Im dritten Kapitel geht es um den zweiten Teil der These, Wahrnehmung und Handeln seien wechselseitig voneinander abhängig. In diesem Kapitel geht es um Theorien, für die die Wahrnehmung nicht einfach Informationen über die Umwelt bereitstellt, sondern selbst Bestandteil des Handelns ist. Eine besondere Herausforderung besteht darin, die Rolle der Wahrnehmung sowohl für das geistesabwesende Tun als auch für das überlegte Handeln und auch für mentale Handlungen, wie etwa Entscheidungen, zu bestimmen. Besonders offensichtlich wird die Rolle der Wahrnehmung im Handeln immer dort, wo das Überlegen zurücktritt und das gekonnte Handeln auf die Wahrnehmung von Gelegenheiten angewiesen ist – also insbesondere dort, wo das Handeln Ausdruck spezialisierter Fähigkeiten ist.
Der Wahrnehmungsbegriff, der in der Arbeit im Mittelpunkt steht, ist gerade kein allgemeiner oder übergreifenden – und erst recht kein »zugrundliegender« Begriff der Wahrnehmung. Vielmehr soll Wahrnehmung plural verstanden werden: die Wahrnehmung im Alltag, die beobachtenden Wahrnehmung, die Wahrnehmung des Profis, die begriffliche Wahrnehmung. Diese Herangehensweise läuft zwangsläufig auch auf die Frage hinaus, inwiefern sich die menschliche Wahrnehmung und die Wahrnehmung der Tiere unterscheiden. Zwar gilt für Tiere wie für Menschen, dass sie wahrnehmen und sich bewegen – aber bestimmte Formen der Wahrnehmung sind klarerweise dem Menschen vorbehalten, etwa die ästhetische, die moralische und die begriffliche Wahrnehmung. Das vierte Kapitel diskutiert – ausgehend von der Frage nach der Begrifflichkeit der menschlichen Vermögen des Wahrnehmens und Handelns –, in welchem Verhältnis diese zu denen der Tiere stehen.
Ein auffälliger Unterschied zwischen den Vermögen des Menschen und denen der Tiere – so wird sich herausstellen – ist die Flexibilität und Pluralität der menschlichen Vermögen. Doch diese Pluralität ist kein natürliches Faktum, sondern Produkt bestimmter Tätigkeiten und Praktiken. Erst im tätigen Umgang mit der Welt, durch den Erwerb bestimmter Techniken und innerhalb bestimmter Praktiken verwirklicht sich die grundsätzliche Offenheit der menschlichen Vermögen. Diese Idee, dass unsere natürlichen Vermögen in Kontakt und Auseinandersetzung mit unserer Lebenswelt sich allererst entwickeln, ist Gegenstand des fünften Kapitels.
Die konstitutiven Beziehungen zwischen Wahrnehmung und Handeln in den Mittelpunkt dieser Untersuchung zu rücken, ist dabei Ausdruck eines bestimmten Philosophieverständnisses, nämlich eines, das das wahrnehmende, denkende und handelnde Lebewesen in den Fokus seiner Untersuchung stellt – nicht das einzelne Vermögen, sondern der ganze Organismus sind der point of interest.
Der Zusammenhang zwischen kognitiver Emotionsregulation, positivem Aufmerksamkeitsbias und Resilienz
(2022)
Das Verständnis von Faktoren, die die Widerstandsfähigkeit gegen Stress fördern, ist entscheidend für die Entwicklung von Stresspräventionsprogrammen und für die Verbesserung der Behandlung stressbedingter Störungen. Zum einen war es Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit, den Einfluss der kognitiven Emotionsregulation (ER) auf die psychische Gesundheit zu untersuchen und bereits vorhandene Ergebnisse zum Einfluss der Emotionsregulation auf die Resilienz zu replizieren. Es wird zunehmend anerkannt, dass die meisten psychiatrischen Erkrankungen mit Emotionsdysregulation einhergehen und dass klinische Interventionen davon profitieren, wenn sie auf einem empirischen Verständnis der Emotionsprozesse beruhen.
Der Hauptfokus lag zudem darauf, zu untersuchen, ob es einen Zusammenhang zwischen Resilienz und einem Aufmerksamkeitsbias auf positive Informationen, einen Positivitätsbias, gibt.
In der vorliegenden Studie wurde eine Stichprobe psychisch gesunder Teilnehmer (n=229) im Alter von 18 bis 55 Jahren herangezogen, denen Bilder aus dem „International Affective Picture System“ präsentiert wurden. Dabei bekamen sie die Anweisung, negative Emotionen zu Fotos durch kognitives Umbewerten oder Distanzieren herunterzuregulieren. Die Reaktionszeiten sowie die Erregungsbewertungen wurden für die Bedingungen Neubewertung, Distanzieren, negatives passives Betrachten sowie neutrales passives Betrachten erhoben. Zudem wurde die Aufmerksamkeitsverzerrung gegenüber positiven und negativen Reizen mithilfe einer Visual Dot-Probe Aufgabe untersucht. Gemessen wurden die Reaktionszeiten der Studienteilnehmer bei Reaktionen auf einen Stimulus, der auf die Präsentation emotionaler Gesichter folgt, im Vergleich zu Reaktionen auf einen Stimulus, der an die Stelle von neutralen Gesichtern rückt. Hieraus wurden Aufmerksamkeitsverzerrungen abgeleitet.
Die anschließende Datenanalyse und statistische Auswertung konnten zeigen, dass die Neubewertung im Vergleich zum passiven Betrachten der negativen Bilder eine längere Reaktionszeit aufweist, was darauf hinweist, dass die kognitive Emotionsregulation möglicherweise anstrengendere kognitive Kontrollprozesse aktiviert. Hinsichtlich des Zusammenhangs mit der Resilienz konnte eine signifikante positive Korrelation der Reaktionszeitdifferenzen der Emotionsregulationsstrategien Distanzieren und Neubewerten mit dem Resilienz-Score beobachtet werden.
Bei den Erregungsbewertungen der Emotionsregulation zeigte sich weder ein signifikanter Effekt der Bedingung noch ein Zusammenhang mit dem Resilienz-Score.
Die Ergebnisse der Visual Dot-Probe zeigten, dass es keine Unterschiede in den Reaktionszeiten nach der Präsentation des neutralen sowie des emotionalen Stimulus gab. Auch zeigten sich keine Zusammenhänge mit der Resilienz.
Der erwartete Zusammenhang zwischen Resilienz und einem Aufmerksamkeitsbias auf positive Informationen konnte in den Ergebnissen nicht gefunden werden. In den vorliegenden Daten zeigte sich hingegen eine signifikante negative Korrelation der Fähigkeit der kognitiven Neubewertung mit der Höhe des negativen Aufmerksamkeits Bias-Scores.
Somit liefert die vorliegende Arbeit einen Hinweis darauf, dass Personen mit einem hohen Maß an Emotionsregulationskapazitäten eine höhere Aufmerksamkeitslenkung weg von emotional negativen Stimuli aufweisen.
Bezüglich der Anwendung auf klinische Stichproben besteht noch Raum zu
analysieren, ob es sich um ein stabiles Phänomen handelt, das auf diese übertragen werden kann.
Mitglieder der ubiquitär verbreiteten Cryptochrom-Photolyase-Familie sind Blaulicht-absorbierende Flavoproteine mit hoher Sequenzhomologie aber diversen Funktionen. Photolyasen katalysieren die Reparatur UV-Licht-induzierter DNA-Schäden. Cryptochrome (CRYs) wirken als lichtunabhängige Transkriptionsrepressoren innerhalb des Kern-Oszillators der circadianen Uhr oder als primäre Photorezeptoren zur Synchronisation dieser mit dem äußeren Tag-Nacht-Rhythmus und steuern durch Regulation der Genexpression Wachstum und Entwicklung. Gemeinsames Strukturmerkmal aller CPF-Vertreter ist die Photolyase- homologe Region (PHR), die das Chromophor Flavinadenindinukleotid (FAD) bindet, das lichtabhängig zwischen den Redoxformen oxidiert (FADox), semireduziert (FAD●- bzw. FADH●) und vollreduziert (FADH-) wechseln kann und damit die CRY-Konformation und -Aktivität beeinflusst. Unterscheidungsmerkmale sind die spezifische C-terminale Erweiterung (CTE) sowie die Komposition der FAD-Bindetasche, die unterschiedliche FAD-Redoxformen stabilisiert. Die Mechanismen der CRY-Photosignaltransduktion sind nicht völlig erforscht.
CryP ist eines von vier CRYs in der Diatomee Phaeodactylum tricornutum und gehört zur bislang nicht charakterisierten Gruppe pflanzenähnlicher CRYs. In vorhergehenden Untersuchungen wurde für CryP eine nukleare Lokalisation und damit verbunden eine blaulicht- sowie dunkelabhängige Regulation der Transkription unterschiedlichster Gene gezeigt. Zudem reguliert CryP das Proteinlevel photosynthetischer Lichtsammelkomplexe. CryP interagiert mit bisher nicht charakterisierten Proteinen aus dem Bereich DNA und Regulation sowie Ribosomen und Translation. Heterolog exprimiertes und isoliertes CryP stabilisiert das Neutralradikal FADH● und das Antennenchromophor Methenyltetrahydrofolat (MTHF).
In vorliegender Dissertation wurde die Bedeutung des FAD-Redoxzustands und der C-terminalen Proteindomäne für Strukturänderungen hinsichtlich der Oligomerisierung und Konformation sowie für das CryP-Interaktionsverhalten untersucht. Hierzu wurden rekombinante CryP-Varianten heterolog isoliert, die Mutationen in für die FAD-Reduzierbarkeit entscheidenden Aminosäuren oder eine Deletion der CTE tragen.
Die Analyse der CryP-Oligomerisierungsstufe und Konformation erfolgte mittels Ko-Präzipitation, nativen und zweidimensionalen PAGEs sowie partieller Proteolyse. Dabei wurde heterolog isoliertes CryP in seinen drei Redoxformen oxidiert (mit FADox), semireduziert (mit FADH●) und vollreduziert (mit FADH-) sowie das um die CTE-verkürzte CryP-PHR verglichen. Für CryP wurde eine redoxunabhängige, PHR-vermittelte Di- und Tetramerisierung über elektrostatische Wechselwirkung der Monomere beobachtet. Die CTE bindet spezifisch und redoxunabhängig an die PHR in einem Bereich um die FAD-Bindetasche. Dies schließt eine großräumige Konformationsänderung zwischen PHR und CTE infolge einer FAD-Photoreduktion wie für pflanzliche und viele tierische CRYs als Aktivierungsmechanismus für CryP aus.
Interaktionsstudien mittels zweidimensionaler PAGE gaben Aufschluss über unterschiedliche Bindeverhalten der beiden betrachteten Interaktionspartner an CryP. Sowohl BolA, ein potentieller redoxregulierter Transkriptionsfaktor, als auch ID42612 mit unbekannter Funktion interagieren mit CryP unabhängig von der FAD-Redoxform. Dabei bindet BolA an die CTE des CryP-Dimers und -Monomers, während ID42612 einen Komplex mit dem CryP-Dimer bildet.
Mittels in vitro Absorptions- und Fluoreszenzspektroskopie wurde die FAD-Redoxchemie von CryP und CryP-PHR verglichen. Die beiden Varianten unterscheiden sich in der FAD-Photoreduzierbarkeit und -Oxidationskinetik. Das Volllängenprotein CryP kann ohne externes Reduktionsmittel zum semireduzierten FADH● phototreduziert werden, das im Gegensatz zu bekannten CRYs über Tage im Dunkeln stabil gegen aerobe Oxidation ist. Eine Belichtung mit Reduktionsmittel führt zur Bildung des vollreduzierten FADH-, das innerhalb von Minuten zu FADH● rückoxidiert. Das um die CTE verkürzte CryP-PHR kann nur mit externem Reduktionsmittel zu FADH● photoreduziert werden, der vollreduzierte Zustand wird nie erreicht. Die Stabilisierung von FADH● gegen aerobe Oxidation im CryP-Holoprotein ist vergleichbar zur FAD-Redoxchemie von Photolyasen. Verglichen mit sonstigen charakterisierten CRYs ist die Wichtigkeit der CTE für eine effiziente FAD-Photoreduktion und FADH●-Stabilisierung eine CryP-spezifische Charakteristik.
Neben der CTE trägt die zu FAD-N5 proximal gelegene Position zur FADH●-Stabilisierung bei, wie Absorptionsmessungen an CryP_N417C zeigten. CryP weist mit Asparagin die gleiche Konservierung an dieser Position wie Photolyasen auf und unterscheidet sich damit ebenfalls von klassischen CRYs.
Analysen zur cryp-Transkription mittels qRT-PCR zeigten eine rhythmische Expression mit maximalen Transkriptmengen in der Nacht und eine rasche photoinduzierte Herunterregulation der Transkription...
Aus Sicht der Pädagogischen Psychologie ist Lernen ein Prozess, bei dem es zu überdauernden Änderungen im Verhaltenspotenzial als Folge von Erfahrungen kommt. Aus konstruktivistischer Perspektive lässt sich Lernen am besten als eine individuelle Konstruktion von Wissen infolge des Entdeckens, Transformierens und Interpretierens komplexer Informationen durch den Lernenden selbst beschreiben. Erkennt der Lernende den Sinn und übernimmt, erweitert oder verändert ihn für sich selbst, so ist der Grundstein für nachhaltiges Lernen gelegt.
Lernen ist ein sehr individueller Prozess. Schule muss also individuelles Lernen auch im Klassenverband ermöglichen und der Lehrende muss zum Lerncoach werden, da sonst kein individuelles und eigenaktives Lernen möglich ist. Das Unterrichtskonzept des forschend-entdeckenden Lernens bietet genau diese Möglichkeit. Es erlaubt die Erfüllung der drei Grundbedürfnisse eines Menschen nach Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit und ermöglicht damit Motivation, Leistung und Wohlbefinden (Ryan & Deci, 2004).
Forschend-entdeckendes Lernen im Mathematikunterricht ist schrittweise geprägt von folgenden Merkmalen:
- eine problemorientierte Organisation
- selbstständiges, eigenaktives und eigenverantwortliches Lernen der Schülerinnen und Schüler
- individuelle Lernwege und Lernprozesse
- Entwicklung eigener Fragestellungen und Vorgehensweisen der Lernenden
- eigenes Aufstellen von Hypothesen und Vermutungen; Überprüfung der Vermutungen; Dokumentation, Interpretation und Präsentation der Ergebnisse
- eine fördernde Atmosphäre, in der die Lernenden nach und nach forschende Arbeitstechniken vermitteln bekommen
- kooperative Lernformen und damit Förderung von Team- und Kommunikationsfähigkeit
- Unterrichtsinhalte mit hohem Realitäts- und Sinnbezug, gesellschaftlicher Relevanz, Möglichkeiten der Interdisziplinarität
- Stetige Angebote der Unterstützung
Das entdeckende Lernen kann als Vorstufe des forschenden Lernens gesehen werden, da hier der wissenschaftliche Fokus noch nicht so stark ausgeprägt ist. Um alle Phasen auf dem Weg zu annähernd wissenschaftlichen forschenden Lernens anzusprechen, verwenden wir den Begriff des forschend-entdeckenden Lernens.
Voraussetzung ist, dass die Lehrkräfte das forschende Lernen als aktiven, produktiven und selbstbestimmten Lernprozess selbst zuvor erlebt haben müssen. Unter anderem können die Lehrkräfte Unterrichtsprozesse danach besser planen und währenddessen unterstützen, da sie selbst forschend-entdeckendem Lernen „ausgesetzt“ waren und vergleichbare Prozesse durchlebt haben.
Hiermit wird deutlich, dass forschendes Lernen nicht bedeuten kann, dass die Schülerinnen und Schüler auf sich gestellt sind. Die gezielte Unterstützung der Lernenden beim Entdecken und Forschen durch die Lehrkraft ist für einen ertragreichen Lernerfolg unverzichtbar und muss Teil der Vorbereitung und des Prozesses sein.
Internationale Studien zeigen, dass forschend-entdeckende Unterrichtsansätze (inquiry-based learning IBL) im Mathematikunterricht bei geeigneter Umsetzung Lernen verbessern, Lernerfolg und Lernleistung steigern und Freude gegenüber Mathematikunterricht erhöhen können. Die Implementierung dieses Unterrichtsansatzes ist trotz der positiven Ergebnisse nicht alltäglich.
Um neue Unterrichtskonzepte in den Schulalltag zu bringen beziehungsweise um bestehende Unterrichtskonzepte neu in den Schulalltag zu bringen bedarf es Fortbildungen zur Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern.
Hintergrund: Das Vestibularisschwannom ist der dritthäufigste gutartige intrakranielle Tumor. Besonders die Entität des KOOS Grad IV Vestibularisschwannoms stellt auch in der heutigen Zeit eine große Herausforderung für die behandelnden Chirurgen dar. Hierbei gilt es, die Problematik zwischen hochgradiger Tumorresektion und gleichzeitig optimalem Funktionserhalt der beeinträchtigten Nerven zu erkennen und zu bewältigen. Unter diesen Aspekten haben wir in dieser Arbeit versucht, die aktuellen operativen Prinzipien zu bewerten, einzuordnen und eine ideale Grenze für das Resektionsausmaß zu definieren, bei dem sowohl das funktionelle Ergebnis als auch das residuale Tumorwachstum berücksichtigt werden und in einer guten Balance zueinanderstehen.
Methodik: Alle Patienten, die zwischen 2000 und 2019 in der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Frankfurt mit einem KOOS Grad IV Vestibularisschwannom operativ behandelt wurden, sind in die Studie eingeschlossen worden. Alle Patienten wurden über einen retrosigmoidalen Zugang und unter intraoperativem Neuromonitoring, mit dem Ziel der sub- bis annähernd totalen Tumorresektion und Funktionserhalt des N. facialis, operiert. Die zu untersuchenden Parameter umfassten, neben standardmäßigen Patienten- und Tumormerkmalen, das Resektionsausmaß, das funktionelle Ergebnis des N. facialis, N. trigeminus und der kaudalen Hirnnerven sowie die Hörfunktion. Weiterhin wurden Daten zum operativen Verlauf und zu Komplikationen erhoben und in der Nachsorge wurde regelmäßig das funktionelle Ergebnis anhand klinischer Untersuchungen, sowie das residuale Tumorwachstum durch eine Bildgebung mittels MRT bewertet.
Ergebnisse: In die finale Analyse konnten 58 Patienten eingeschlossen werden. Das mittlere Tumorvolumen betrug 17,1 ± 9,2cm3 und es konnte ein durchschnittliches Resektionsausmaß von 81,6 ± 16,8 % erreicht werden. In die Analyse der Nachsorge konnten aufgrund von fehlenden Daten nur noch 51 Patienten eingeschlossen werden. Die durchschnittliche Nachsorgezeit betrug circa 3 Jahre. In Bezug auf das residuale Tumorwachstum konnte bei 11 Patienten (21,6 %) eine Progression und bei 12 Patienten (23,5 %) eine Regression festgestellt werden. Bei 15 Patienten (29,4 %) wurde postoperativ eine adjuvante Behandlung durchgeführt, entweder durch stereotaktische Bestrahlung oder erneute Operation. Die funktionellen Ergebnisse bei Entlassung zeigten bei 38 Patienten (74,5 %) einen Erhalt der Hörfunktion und bei 34 Patienten (66,7 %) eine gute Funktion des N. facialis. Im Verlauf der Nachsorge verbesserte sich das funktionelle Ergebnis signifikant und stieg bezüglich einer guten Funktion des N. facialis auf 82,4 % an. Außerdem konnte ein ideales Resektionsausmaß von ≤ 87 % (OR 11,1) als unabhängiger Prädiktor für ein residuales Tumorwachstum definiert werden. Dagegen zeigte sich bei einem Resektionsausmaß von > 87 % nur in 7,1 % der Fälle eine Resttumorprogression in der Nachsorge (p = 0,008).
Schlussfolgerung: Die sub- bis annähernd totale Resektion stellt ein angemessenes therapeutisches Verfahren für das KOOS Grad IV Vestibularisschwannom dar und ist besonders bei jeglicher Art von Hirnstammkompressionen die Methode der Wahl. Dieses Verfahren zeigt gute Ergebnisse, vor allem in Bezug auf den Erhalt der Hörfunktion und den Funktionserhalt des N. facialis bei gleichzeitig geringen Raten an Progression des Resttumors. Bei der operativen Versorgung sollte auf ein Resektionsausmaß von > 87 % geachtet werden, um die Wahrscheinlichkeit für einen Tumorprogress möglichst zu reduzieren.
Die diskursanalytische Dissertation beschäftigt sich mit der Frage, wie das amerikanische Kino von seinen Anfängen bis in die Gegenewart das Thema des Scheiterns und Versagens dargestellt hat.
Ausgangspunkt der Arbeit ist dabei zunächst eine Einordnung und Differenzierung des Begriffspaares aus etymologischer Perspektive. Es wird bereits an dieser Stelle auf semantische Unterschiede verwiesen, denen sich divergierende Plotstrukturen anschließen: Die Geschichte des Versagens ist eine andere als die des Scheiterns. Außerdem werden anthropologische Erkenntnisse der Aufklärung benannt, die ein eigenständiges Scheitern und Versagen überhaupt erst ermöglichen.
Im Anschluss an diese sprachtheoretische Untersuchung widmet sich die Arbeit den Besonderheiten des amerikanischen Narrativs des Scheiterns und Versagens und damit einer historischen Perspektivierung, die von der Analyse ausgewählter literarischer Texte abgeschlossen wird.
Die Ergebnisse der sprachtheoretischen Untersuchung, der historischen Perspektivierung und der Literaturanalyse bilden schließlich das Fundament für die sich anschließende Filmanalyse, die die Frage stellt, wie tradierte Erzählformen des Scheiterns und Versagens ab dem 20. Jahrhundert in filmischer Form bestätigt, subvertiert oder gänzlich neu etabliert werden.
Im Vordergrund steht hier zunächst das klassische Hollywood-Kino. Dabei wird grundsätzlich zwischen zwei unterschiedlichen Narrativen unterschieden: Dem Versagen und dem Scheitern. Im ersten Teil stehen die Versager, bewusste Aussteiger, die auf der Suche nach alternativen Lebensentwürfen sind. Bespiele hierfür sind der tramp Chaplins, der singende Obdachlose Bumper in Halleluja, I'm a Bum oder der glückliche Tunichtgut Thadeus Winship Page in The Magnificent Dope. Demgegenüber stehen die Figuren, die an äußeren Umständen scheitern und meist an diesen zerbrechen, wie die lost woman in Blonde Venus oder der forgotten man in I Am a Fugitive from a Chain Gang. Ziel der Analyse ist es, iterative Semantiken und syntaktische Strukturen zu benennen, die die Grundlage eigener Erzählgenres bilden, wie das des „Glücklichen Versagers“ oder der lost woman.
Im letzten Kapitel werden die bisherigen Ergebnisse um Erkenntnisse erweitert, die sich dem modernen amerikanischen Kino entnehmen lassen. Ausgangspunkt ist das New Hollywood-Kino der 60er und 70er Jahre mit Filmen wie Easy Rider, The Graduate, oder The Swimmer.
Auf der Reflexion über die eigene Tätigkeit liegt vor allem im letzten Teil dieses Kapitels der Schwerpunkt. Hier sind es vorwiegend Künstler des 21. Jahrhunderts, wie Drehbuchschreiber, Theaterregisseure oder Comicautoren, die ihre eigenen Handlungen in Frage stellen. Neu ist, dass sich das künstlerische Versagen der Protagonisten nicht nur innerhalb der Diegese auf den Film auswirkt, bzw. dessen Form modifiziert, sondern diese geradezu dekonstruiert und aufbricht.
In dieser Arbeit wurde untersucht, ob die Sprachentwicklungsdiagnostik in den pädiatrischen Früherkennungsuntersuchungen U7a (mit 3 Jahren), U8 (4 J.) und U9 (5 J.) wissenschaftliche Qualitätsanforderungen an eine zuverlässige Identifikation von Kindern mit Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen (SSES) erfüllt. Im Fokus der Untersuchung stehen mehrsprachige Kinder, da es insbesondere bei dieser Zielgruppe zu Fehleinschätzungen kommt.
In Studie I, einer Fragebogenerhebung mit 36 Kinderärzt/innen, wurde erstens der Frage nachgegangen, welche Informationen zur Sprachbiografie und Indikatoren einer SSES anamnestisch erhoben werden. Den Ergebnisse zufolge werden die relevanten sprachbiografischen Informationen (Alter und Sprachen des Kindes, Sprachgebrauch in der Familie, Alter bei Beginn des Deutscherwerbs, Kontaktdauer) und Risikoindikatoren (späte Produktion erster Wörter und Wortverbindungen, familiäre Sprachauffälligkeiten) von nahezu allen Kinderärzt/innen erfasst. Den Stand der Erstsprache als zentrales differentialdiagnostisches Kriterium erheben 75% der Pädiater/innen. Zweitens wurde untersucht, welche sprachdiagnostischen Methoden und Verfahren zur Untersuchung des Kindes zum Repertoire der Ärzt/innen gehören. Den Ergebnisse zufolge verfügen sie über verschiedenste Verfahren. Sie präferieren Elternfragebögen und nicht standardisierte Verfahren. Diese erfüllen die testtheoretischen Gütekriterien nicht und sind für mehrsprachige Kinder nicht geeignet.
In Studie II wurde mittels teilnehmender Beobachtungen in 21 Vorsorgeuntersuchungen bei 11 Ärzt/innen untersucht, unter welchen Rahmenbedingungen und wie Kinderärzt/innen die Sprachentwicklung mehrsprachiger Kinder überprüfen. Als Methode zur Beurteilung der sprachlichen Fähigkeiten bevorzugen die Ärzt/innen das informelle Gespräch mit dem Kind. Ein Schwerpunkt der Arbeit lag deshalb auf der Analyse ihrer diagnostischen Fragen für die Erfassung sprachlicher Fähigkeiten im Gespräch. Dafür wurden Fragetypen des Deutschen danach klassifiziert, welche sprachlichen Strukturen in den Antworten erwartet werden können und welchen Beitrag sie somit zur Diagnostik einer SSES leisten können. Eine linguistische Analyse aller Fragen und Impulse (n = 801), die die Ärzt/innen an die Kinder richteten, um sie zum Sprechen anzuregen, ergab, dass ihr Potenzial für die Sprachentwicklungsdiagnostik nur unzureichend genutzt wird. 18% der ärztlichen Fragen waren nicht auswertbar, weil sie im Gespräch keine Antwort des Kindes zuließen. Im Mittel waren je Untersuchung lediglich 8,5% aller auswertbaren Fragen (n = 578) dazu geeignet, verbhaltige und v.a. satzwertige Äußerungen zu elizitieren. Diese sind für die SSES-Diagnostik besonders relevant, da sie frühe Symptome einer SSES enthalten können. 43% der Fragen ließen als Antwort verblose Konstituenten erwarten, die jedoch für die Diagnostik von untergeordneter Bedeutung sind. Die übrigen Fragen waren für die Diagnostik nicht relevant.
Den Ergebnisse beider Studien zufolge ist eine flächendeckend zuverlässige Sprachentwicklungsdiagnostik unter Einhaltung wissenschaftlicher Qualitätsanforderungen in den Früherkennungsuntersuchungen nicht gewährleistet.
Mit der Arbeit wird ein Beitrag zur Erforschung der pädiatrischen Sprachentwicklungsdiagnostik geleistet. Mögliche Ursachen für Fehldiagnosen werden offengelegt. Die Ergebnisse zeigen die Bedingungen und Probleme auf, unter denen Sprachentwicklungsdiagnostik in institutionellen Kontexten stattfindet, und weisen damit über das Feld der pädiatrischen Diagnostik hinaus. Die linguistisch fundierte Analyse diagnostischer Fragen ist auch bspw. für die Sprachtherapie und die Sprachförderung in pädagogischen Kontexten bedeutsam. Die Ergebnisse lassen sich folglich nicht nur für die Weiterqualifizierung von Kinderärzt/innen, sondern auch für andere Berufsgruppen fruchtbar machen.
Hintergrund: Ein adäquates Gerinnungsmanagement ist für antikoagulierte Patient*innen von zentraler Bedeutung. Gleichzeitig stellt dies sowohl für die Hausarztpraxis als auch für die Patient*innen eine große Herausforderung dar. Orale Antikoagulantien (OAK) werden zur Primär- und Sekundärprophylaxe von thromboembolischen Erkrankungen eingesetzt. Häufigste Nebenwirkungen sind Blutungskomplikationen, von einer harmlosen Bagatellblutung bis hin zur gefürchteten vital bedrohlichen intrazerebralen Blutung reichend. Zur Optimierung des Gerinnungsmanagements in der hausärztlichen Versorgung und Reduktion gerinnungsassoziierter Komplikationen bei Betroffenen wurde im Rahmen der PICANT-Studie (Primary Care Management for Optimized Antithrombotic Treatment) ein hausarztpraxisbasiertes Case Management mit einem engmaschigen Monitoring von Patient*innen durch das Praxisteam – bestehend aus Medizinischer Fachangestellten (MFA) und Hausärzt*innen – untersucht. Die stärke Einbindung der MFA in die Betreuung von Patient*innen mit einer Langzeitindikation für eine gerinnungshemmende Medikation stellt eine Weiterentwicklung des Gerinnungsmanagements in der hausärztlichen Versorgung dar. Diese Arbeit beschreibt die Sichtweise und Erfahrungen von MFA in ihrer neuen Rolle als Case Manager*innen (CM) für ein hausärztliches Gerinnungsmanagement. Zudem soll durch die zusätzliche Befragung beteiligter Hausärzt*innen und Patient*innen die Rolle der MFA aus den drei unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und miteinander verglichen werden. Durch die Erfahrungsberichte von MFA, Hausärzt*innen und Patient*innen zum hausarztpraxisbasiertem Case Management soll diese Arbeit einen wertvollen Beitrag zu den Diskussionen um neue Versorgungs- und Delegationskonzepte im Gerinnungsmanagement leisten.
Methoden: Im Anschluss an die cluster-randomisierte PICANT-Studie wurden leitfadengestützte Telefoninterviews mit 15 MFA, 15 Hausärzt*innen und 25 Patient*innen der Interventionsgruppe geführt. Nach Datenerhebung und wörtlicher Transkription erfolgte die Auswertung nach der Methode der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz mithilfe der Auswertungssoftware MAXQDA 12.
Ergebnisse: Die Mehrheit der MFA empfand die Erweiterung ihres Verantwortungsbereiches und die damit einhergehende stärkere Einbindung in die Patientenbetreuung als persönliche Bereicherung. Sie gaben an, dass sie neben vertieften Kenntnissen zum Gerinnungsmanagement v.a. auch an Selbstsicherheit im Umgang mit antikoagulierten Patient*innen dazugewinnen konnten. In der Rolle der CM betrachteten sie sich als federführende Studienorganisatorinnen, Vertrauenspersonen für Erkrankte, kompetente Ansprechpartnerinnen und Vermittlerinnen zwischen Hausärzt*innen und Patient*innen. Auch die beteiligten Hausärzt*innen sahen die MFA als treibende Kräfte der Studienorganisation und erkannten, dass sie einen Wissenszuwachs erzielen und damit die Rolle einer kompetenten Ansprechpartnerin für Patient*innen einnehmen konnten. Demgegenüber waren die MFA aus Patientensicht vorwiegend für die Studienorganisation verantwortlich und wurden eher weniger als kompetente Ansprechpartnerinnen bei Fragen zum Gerinnungsmanagement gesehen.
Schlussfolgerung: Unter den Befragten zeigte sich ein unterschiedliches Rollenverständnis. Während MFA bereit waren, ihren Kompetenzbereich zu erweitern und eine Aufwertung ihrer beruflichen Funktion beschrieben, wurden die neuen Rollen von der Ärzteschaft und den Patient*innen nur bedingt wahrgenommen. Insbesondere für den Großteil der Erkrankten blieb der Hausarzt / die Hausärztin die einzige Anlaufstelle bei wichtigen medizinischen Themen. Damit besteht weiterer Forschungsbedarf hinsichtlich teambasierter Interventionen, einschließlich der Frage, wie der Kompetenzgewinn der MFA und die damit verbundene Aufwertung ihrer beruflichen Rolle noch stärker ins Bewusstsein der Ärzteschaft und Patient*innen gelangen kann. Schließlich erfordert die erfolgreiche Implementierung eines Case Managements mit stärkerem Einbezug von MFA die Umgestaltung vorhandener Handlungs- und Rollenmuster und die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Acne inversa ist eine chronisch entzündliche Hauterkrankung der Terminalhaarfollikel und Talgdrüsen, die sich zu schmerzhaften tiefsitzenden Knoten entwickelt, welche in Abszessen und Fistelgängen resultieren können und mit starken Schmerzen und psychischen Belastungen für die Patienten einhergehen. Die Pathophysiologie der AI ist bisher nur unzureichend verstanden. Es wird angenommen, dass die IL-23-TH17-IL-17-Achse eine wichtige Rolle in der Pathogenese der AI spielt. Neben der Hyperkeratose im Bereich des Terminalhaarfollikels scheinen die entzündlichen Infiltrate im Bereich der Epidermis eine psoriasiforme Hyperplasie zu induzieren. In vorangegangenen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass der mTORC1-Signalweg (mammalian target of rapamycin complex 1), welcher durch Zytokine wie IL-1β, TNF-α und IL-17A aktiviert wird, in der Pathogenese der Psoriasis vulgaris von großer Bedeutung ist. Aufgrund immunologischer und histologischer Gemeinsamkeiten beider Erkrankungen ist es denkbar, dass der mTORC1-Signalweg ebenfalls bei der Pathogenese und Progression der AI eine Rolle spielt, was im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden sollte. Immunhistochemische Färbungen für phosphorylierte Komponenten des Signalwegs zeigten eine stark erhöhte mTORC1-Aktivität in den AI-Läsionen. Diese war abhängig vom Schweregrad der AI-Läsion sogar teilweise höher als in der Psoriasis vulgaris. Die starke Aktivierung der mTORC1-Kaskade korrelierte mit Stellen, die eine aberrante Expression von Differenzierungs-, Proliferations- und Entzündungsmarkern aufwiesen. Auffällig war ebenfalls die starke STAT3-Aktivierung, welche durch erhöhte Phosphorylierung an Y705 und S727 gemessen werden konnte und auch auf eine Beteiligung dieses Signalwegs an der Pathogenese hindeutet. Da es Hinweise auf Überschneidungen zwischen dem mTORC1-Signalweg und der ebenfalls in der Psoriasispathogenese involvierten STAT3- Kaskade gibt, wurde dieser Zusammenhang untersucht. Es konnte in vitro gezeigt werden, dass psoriasis-typische Zytokine eine Phosphorylierung von STAT3 an S727 induzieren, was durch die Behandlung mit dem mTOR-Inhibitor Rapamycin gehemmt werden konnte.
Zusammenfassend deuten die hier gewonnenen Daten darauf hin, dass der PI3-K/Akt/mTOR-Signalweg, aber auch die JAK/STAT3-Kaskade eine entscheidende Rolle in der Acne inversa-Pathogenese spielen und damit potenziell neue Angriffspunkte für die Entwicklung neuer Therapien darstellen können. Damit geben die gezeigten Ergebnisse vielversprechende Ansatzpunkte um pharmakologisch gut etablierte Medikamente wie z.B. Sirolimus oder Tofacitinib als neue Ansätze für die AI-Therapie weiter zu untersuchen.
Die MicroRNA-193b (miR-193b) fungiert in Akuter Myeloischer Leukämie (AML) als Tumorsuppressor und als Biomarker zur Prädiktion der Überlebenswahrscheinlichkeit bei erwachsenen sowie kindlichen AML-Patienten. Die Expression der miR-193b ist in allen AML-Entitäten reduziert, mit Ausnahme der Akuten Promyelozyten Leukämie (APL), bei der das Level an miR-193b erhöht ist. APL ist auch die einzige Form der AML, bei der All-Trans-Retinoinsäure (ATRA) leit-liniengerecht und effektiv zur Therapie angewendet wird.
In Vorarbeiten konnte gezeigt werden, dass der antileukämische irreversible Inhibitor der Lysin-spezifischen Histon Demethylase 1 (LSD1) GSK-LSD1 die Expression von miR-193b induziert. Dadurch wird in murinen Homebox protein A9 (Hoxa9)/Meis Homebox Protein 1 (Meis1) AML-Zellen zumindest ein Teil der tumorsuppressiven Wirkung von GSK-LSD1 über die Hochregulation von miR-193b vermittelt.
Das Ziel dieser Arbeit bestand darin, die Gültigkeit des potenziellen GSK-LSD1-Wirkmechanismus über die Induktion von miR-193b in humanen Zellen zu untersuchen. Weitere Ziele waren die Erforschung der Rolle der miR-193b bei dem Behandlungseffekt von ATRA in humaner AML und APL sowie die Untersuchung einer potenziell protoonkogenen Eigenschaft der miR-193b in APL. Der methodische Ansatz dieser Arbeit basierte auf einer Senkung bzw. Erhöhung des intrazellulären miR-193b-Levels mittels Locked nucleic acids (LNA) bzw. lentiviraler miR-193b-Überexpression und anschließender Behandlung der Zellen mit den Wirkstoffen. Es wurden Proliferationskurven erstellt und der Differenzierungsgrad durchflusszytometrisch bestimmt. Eine hohe Aufnahmeeffizienz und Effektivität der LNA und des lentiviralen Überexpressionsvektors wurde durchflusszytometrisch und per quantitativer Polymerase-Kettenreaktion (qPCR) bestätigt.
Zur Untersuchung der Rolle der miR-193b bei dem Behandlungseffekt von GSK-LSD1 wurden die AML-Linien ML-2 und MOLM-13 sowie die APL-Zelllinie NB-4 mit LNA transfiziert bzw. mit dem Überexpressionsvektor transduziert und mit GSK-LSD1 behandelt. Die Populationen mit reduziertem miR-193b-Level wiesen nach 96 Stunden eine unverändert reduzierte Proliferation und Differenzierung auf. Hingegen zeigten miR-193b-überexprimierende Zellen nach GSK-LSD1-Behandlung einen signifikant stärkeren antiproliferativen Effekt. ML-2 Zellen wiesen zudem eine signifikant gesteigerte Differenzierung auf, gemessen an der Expression des Differenzierungsmarkers CD11b.
Die erhöhten miR-193b-Level in APL-Patienten konnten in der APL-Zelllinie NB-4 mittels qPCR bestätigt werden. NB-4 weist eine über 60-fach höhere miR-193b Expression als ML-2 (AML) auf. Zur Überprüfung einer onkogenen Eigenschaft der miR-193b in APL wurde das zelluläre miR-193b-Level in NB-4-Zellen durch LNA reduziert und anschließend die Proliferationskurve über 12 Tage bestimmt und die Differenzierungsmarker CD11b und CD13 gemessen. Proliferation und Differenzierungsgrad blieben nach Reduktion der miR-193b in NB-4-Zellen unverändert.
Die gleichzeitige Behandlung von NB-4 mit ATRA und miR-193b-LNA zeigte nach 96 Stunden den gleichen antiproliferativen und differenzierungsinduzierenden Effekt wie bei ATRA allein. Auch bei den AML-Zelllinien ML-2 und MOLM-13 wirkte die ATRA-Behandlung bei reduziertem miR-193b-Level unverändert differenzierungsinduzierend und antiproliferativ. Hingegen führte eine ATRA-Behandlung der AML-Zelllinien bei erhöhtem miR-193b-Level zu einer Verstärkung des antiproliferativen Effekts. Bei beiden AML-Zelllinien wurde die Proliferation mehr als doppelt so stark reduziert als bei alleiniger ATRA-Behandlung.
Diese Arbeit konnte zeigen, dass miR-193b kein Protoonkogen in der APL-Zelllinie NB-4 ist. Außerdem weisen die Ergebnisse dieser Arbeit darauf hin, dass die Wirkungseffekte von sowohl GSK-LSD1 als auch von ATRA, weder in APL noch in AML, über die Induktion der miR-193b vermittelt werden. Hingegen zeigt sich bei beiden Wirkstoffen in AML-Zellen ein additiver antileukämischer Effekt bei Behandlung mit gleichzeitiger Erhöhung des miR-193b-Levels. Die molekulare Begründung hierfür ist möglicherweise eine gemeinsame Modulation der Mitogen-aktivierten Protein Kinase (MAPK)-Signaltransduktionskaskade und bedarf weiterer Experimente zur Überprüfung dieser Hypothese. Ausblickend stellen die Ergebnisse dieser Arbeit die miR-193b als einen interessanten Kombinationspartner für die Therapie mit GSK-LSD1 oder ATRA, bzw. generell für den MAPK Signalweg beeinflussende Medikamente, dar, sobald eine sichere und effiziente Einschleusung von MicroRNAs in Patienten möglich ist.
In der vorliegenden randomisiert-kontrollierten Cross-Over-Studie wurde erstmals die Wirksamkeit einer Manuellen Lymphdrainage (MLD) bei 14 männlichen Hämophilie A/B-Patienten (Durchschnittsalter 37,2 Jahre) untersucht.
Die Patienten erhielten im achtwöchigen Behandlungszeitraum zweimal pro Woche eine 30-minütige Lymphdrainagebehandlung (Periode 1). Nach vierwöchiger Wash-Out-Phase folgte ein weiterer achtwöchiger Nicht- Behandlungszeitraum (Periode 2). Je nach Gruppenzuweisung starteten die Patienten mit Periode 1/Wash-Out/Periode 2 oder in umgekehrter Reihenfolge Periode 2/Wash-Out/Periode 1.
Folgende Untersuchungsparameter wurden an vier zeitlichen Messpunkten erhoben: Schmerz (VAS), Gelenkbeweglichkeit (ROM), Hemophilia Joint Health Score 2.1 (HJHS) und Oberflächentemperatur (Infrarotthermografie).
In der Cross-Over-Analyse zeigte der Parameter „Schmerz“ eine signifikante Wirksamkeit der MLD (p=0,003): 66,7% der Patienten gaben eine deutliche Schmerzreduktion an, 33,3% der Patienten gaben eine leichte Schmerzreduktion an. Im HJHS reduzierte sich im Median die Punktzahl um 2,8 Punkte (p= 0,017). Insbesondere im Item „Gelenkschmerzen“ zeigte sich eine Reduktion des Scores um mindestens einen Punktwert bei 58,3 % der Patienten. Der erhobene HJHS- Score weist eine hohe interne Validität auf, da der Test ausschließlich von einem Expertentherapeuten durchgeführt wurde.
Die MLD hatte keinen klinisch relevanten Einfluss auf die Gelenkbeweglichkeit bei Extensions-/Flexionsbewegungen (p=0,3025/p=0,1082).
Die Infrarotthermografie (IRT) zeigte durchschnittliche Änderungen der Oberflächentemperatur eines Zielgelenks um insgesamt + 0,38°C (p=0,639). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die MLD einen signifikanten schmerzlindernden Effekt bei Patienten mit hämophiler Arthropathie besitzt. Dies geht mit einem insgesamt verbesserten HJHS-Score einher. Im Kontext der Gelenkbeweglichkeit zeigte die MLD keine klinisch relevante Verbesserung des artikulären Bewegungsausmaßes. Die veränderte Oberflächentemperatur im
Bereich der behandelten Target Joints lässt am ehesten eine lokale Stoffwechselanregung durch MLD vermuten. Ein Placebo-Effekt kann nicht ausgeschlossen werden, da durch die körperliche Zuwendung im Rahmen der MLD eine positive Auswirkung auf das subjektive Schmerzempfinden eine Rolle spielen könnte.
Für eine weitere Objektivierung und eine Empfehlung für eine klinische Anwendung der MLD bei Patienten mit hämophiler Arthropathie sind multizentrische, randomisierte Kontrollstudien mit höheren Fallzahlen erforderlich.
Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung der Kurzzeitdynamik zirkulierender Tumorzellen bei hepatozellulären Karzinompatienten, die erstmalig eine radiologische Intervention in Form einer transarteriellen Chemoembolisation oder einer Mikrowellenablation als Therapie erhielten. Dafür wurde in Vorversuchen eine neuartige Methode zur Isolation und Detektion von zirkulierenden Tumorzellen entwickelt.
Zugleich sollte ein potenzieller Einsatz dieser Methode als Screeningverfahren für hepatozelluläre Karzinompatienten mithilfe der Sensitivität und Spezifität überprüft werden. Darüber hinaus wurde eine mögliche Korrelation der Kurzzeitdynamik zirkulierender Tumorzellen sowohl mit der Kurzzeitdynamik des AFP-Wertes als anerkannten HCC-Tumormarker, als auch des IL-6-Wertes als aktuell diskutierten Tumormarker analysiert. Ferner wurde die Kurzzeitdynamik zirkulierender Tumorzellen mit dem klinischen Verlauf der Patienten verglichen.
Im Zeitraum von September 2017 bis Juni 2018 konnten Blutproben von 18 Patienten mit einem hepatozellulären Karzinom untersucht werden. Davon wurden zehn Patienten mittels Mikrowellenablation und acht Patienten mittels transarterieller Chemoembolisation behandelt. Daneben wurden Blutproben von 13 gesunden Probanden ausgewertet.
Methodisch wurden jeweils im Anschluss an die Gewinnung des Patientenblutes, vor und unmittelbar nach jeweiliger radiologischer Intervention, die zirkulierenden Tumorzellen aus dem Blut isoliert und die gewonnenen Zellen durch die Durchflusszytometrie nachgewiesen und quantifiziert. Als zirkulierende Tumorzellen wurden dabei jene Zellen betrachtet, die eine Negativität auf den Marker CD45 sowie eine Positivität auf die Marker ASGPR-1, CD146, CD274 und CD90 zeigten.
Durch den Vergleich der Proben vor und nach radiologischer Intervention konnte gezeigt werden, dass die Anzahlen zirkulierender Tumorzellen nach der radiologischen Intervention im Mittel niedriger sind als vor der Therapie. Die Anzahl zirkulierender Tumorzellen sank dabei im Schnitt bei den mit Mikrowellenablation behandelten Patienten stärker im Vergleich zu denen, die eine transarterielle Chemoembolisation erhielten. Dies bestätigte den klinischen Verlauf der Patientengruppen, da die Mortalität der Gruppe, die eine transarterielle Chemoembolisation erhielten deutlich höher war als bei den übrigen Patienten.
Als klinisch einsetzbare Screening-Methode im Sinne einer „Liquid Biopsy“ für das HCC müssen die Sensitivität und Spezifität weitergehend optimiert werden. Eine signifikante Korrelation zwischen der Kurzzeitdynamik der Anzahlen zirkulierender Tumorzellen und der Kurzzeitdynamik der AFP-Werte und der IL-6-Werte konnte nicht festgestellt werden. Entgegen des erwarteten Trends, legte die angewendete Methode, durch das Absinken der zirkulierenden Tumorzellen, die positive Wirkung der transarteriellen Chemoembolisation und der Mikrowellenablation in hepatozellulären Karzinompatienten dar.
Diabetes mellitus Typ 2 (T2D) ist eine der häufigsten Stoffwechselerkrankungen mit weltweit steigender Inzidenz. Zur Vermeidung von Folgeerkrankungen und Senkung des enormen ökonomischen Drucks steht die Suche nach wirksamen Therapiekonzepten im Fokus aktueller Forschung.
Die Vitamin D (VD) Konzentration (25(OH)D3 und 1,25(OH)2D3) hat Einfluss auf Bodymaßindex (BMI), Glukosestoffwechsel, Insulinsekretion und -resistenz sowie die β-Zellfunktion. Niedrige VD Konzentrationen wirken sich ungünstig auf den Blutzucker oder den BMI aus und ein VD Mangel (25(OH)D3 < 20 ng/ml) ist mit einem erhöhten Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 assoziiert. Während eine VD Einnahme das Risiko für einen VD Mangel reduziert, zeigen sich kaum Einflüsse auf die Glucosehomöostase. Die berichteten Effekte einer VD Einnahme in der Prävention oder Behandlung eines T2D rangieren von einer verbesserten Stoffwechseleinstellung bis zur Verschlechterung der Erkrankung.
Bezüglich des Ansprechens auf eine VD Einnahme zeigt sich eine große individuelle Varianz. In welchem Ausmaß der genetische Hintergrund das individuelle Ansprechen auf eine VD Einnahme bei Patienten mit T2D beeinflusst wurde bislang jedoch kaum erforscht.
In dieser Arbeit wurde der Einfluss genetischer Varianten (SNPs - Single nucleotide polymorphisms) des VD Stoffwechsels auf (1) Anfälligkeit für T2D, (2) 25(OH)D3 und 1,25(OH)2D3 Plasma Konzentrationen sowie (3) Änderungen in der Stoffwechseleinstellung nicht insulinabhängiger Typ 2 Diabetiker unter VD3 Substitution untersucht. Dafür wurden zwölf SNPs in fünf Genen des VD Stoffwechsels (CYP2R1 (Cytochrom P450 2R1), CYP27B1, DBP (VD Bindeprotein), VDR (VD Rezeptor), CYP24A1 analysiert. 553 Patienten mit T2D und 916 gesunde Kontrollen aus Frankfurt am Main und Umgebung wurden mittels restriction fragment length polymorphism (RFLP) und realtime polymerase chain reaction (rtPCR) genotypisiert. Die VD Plasma-Konzentrationen (25(OH)D3 und 1,25(OH)2D3) wurden per 125Iod-Radioimmunoassay gemessen.
Ein erhöhtes Risiko an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken ergab sich für die Allele VDR rs7975232 „G“, rs1544410 „G“ und CYP2R1 rs10741657 „A“.
Diabetiker wiesen im Vergleich zu gesunden Kontrollen erniedrigte 25(OH)D3 und 1,25(OH)2D3 auf. Das Risiko eines T2D bei Vorliegen eines VD Mangels war in unserer Kohorte um das 13,9 fache erhöht.
Eine genotypenabhängige Reduktion der 25(OH)D3 Plasma-Konzentrationen bei Patienten ergab sich für die Genotypen CYP27B1 rs10877012 „CC“, DBP rs4588 „CC“, rs7041 „GG“, CYP24A1 rs2585426 „CG“ und rs2248137 „CG“. Eine verringerte 1,25(OH)2D3 Plasma-Konzentration ergab sich für den Genotyp DBP rs4588 „CC“.
Der genetisch Einfluss auf Änderungen in der Stoffwechseleinstellung nicht insulinabhängiger Typ 2 Diabetiker unter VD3 Substitution wurde im Rahmen einer doppelt-verblindeten randomisierten Studie untersucht. 65 Patienten erhielten über 6 Monate entweder 1904 IU Vitamin D Öl (25(OH)D3) oder ein Placebo-Öl. Alle drei Monate wurden die Vitamin D Konzentrationen, der HbA1c, die Parathormonkonzentration (PTH) und das C-Peptid bis zu einem 6 monatigen Follow-up bestimmt.
Während bei Trägern des Genotyps CPY24A1 rs2296241 „GG“ trotz VD Einnahme keine Änderung der Plasma 25(OH)D3 Werte zu verzeichnen waren, ergaben sich für die Genotypen DBP 4588 „CC“ and VDR rs1544410 „GG“ höhere 25(OH)D3 Konzentrationen bis zum Ende des Nachbeobachtungszeitraums. Eine signifikante Suppression des PTH konnte bei den Genotypen CYP2R1 rs10741657 „AG“, DBP rs4588 „CC“, VDR rs2228570 „TC“ und CYP24A1 ra2248137 „GG“ beobachtet werden.
Diese Studie bestätigt VD Mangel als Risikofaktor für T2D. Sie zeigt deutlich, dass genetische Varianten des VD Systems für T2D prädisponieren und anteilig den VD Stoffwechsel regulieren. Auch die Auswirkungen einer VD3 Einnahme, messbar im Anstieg der 25(OH)D3 Konzentration und der Suppression des PTH, sind durch die Gene des VD Systems beeinflusst.
Integraseinhibitoren sind bereits seit Jahren in der Initialtherapie HIV-positiver Erwachsener empfohlen, in der Schwangerschaft aber bisher aber meist nur unter besonderen Voraussetzungen (z.B. bei hoher maternaler Viruslast kurz vor Entbindung) eingesetzt.
Ziel dieser retrospektiven Studie ist es, die Effektivität und Verträglichkeit integraseinhibitorhaltiger ART bei schwangeren Patientinnen zu untersuchen und diese mit integraseinhibitorfreien Regimen zu vergleichen.
Die quantitative Viruslast bzw. die Suppression der Viruslast zum Zeitpunkt der Entbindung stellte die primäre Zielgröße der Studie dar, Indikationen für einen INSTI als Intensivierung der ART oder Gründe für einen Therapiewechsel sowie unerwünschte Wirkungen bei Mutter und Kind waren sekundäre Zielgrößen.
Hierzu wurden retrospektive Daten aus der Epidem-Datenbank des HIVCENTERs und aus den Patientinnenakten der teilnehmenden Frankfurter Schwerpunktpraxen extrahiert und in die Auswertung einbezogen.
Im Beobachtungzeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 01. Juni 2018 wurden n=274 Schwangerschaften erfasst, diese resultierten in n=281 Kindern (fünf Zwillinge und einmal Drillinge). INSTI-haltige Therapieregime wurden bei 52 (19%) der Schwangerschaften eingesetzt, darunter zumeist Raltegravir (92%).
Die maternale Viruslast zum Zeitpunkt der Geburt unterschied sich in beiden Therapiegruppen nicht signifikant, in beiden Subgruppen konnte eine signifikante Reduktion der Viruslast zum Zeitpunkt der Entbindung erreicht werden.
Nukleäre Rezeptoren (NRs) sind ligandenaktivierte Transkriptionsfaktoren, die an der Regulation unzähliger (patho-)physiologischer Prozesse im Körper beteiligt sind, wodurch sie interessante therapeutische Zielstrukturen darstellen. Unter ihnen zählen die PPARs (α, γ und δ) zur Hälfte der gut erforschten NRs. Sie haben als Lipidsensoren vor allem metabolische Funktionen und ihre synthetischen Liganden sind als Arzneistoffe zugelassen, sind anderen Therapieoptionen jedoch aufgrund geringerer Wirksamkeit und klassenspezifischer Nebenwirkungen unterlegen. Daher ist der Bedarf an neuen Konzepten zur selektiven Modulation der PPARs groß. Den gut studierten NRs gegenüber steht die andere Hälfte der NRs, deren Funktionen noch nicht umfassend verstanden sind. Nurr1 ist ein solcher NR, dem großes therapeutisches Potential bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer-Demenz und Multipler Sklerose zugeschrieben wird. Der konstitutiv aktive NR wird hauptsächlich im ZNS, und dort vor allem in dopaminergen Neuronen, exprimiert, wo er neuroprotektive und anti-entzündliche Effekte vermittelt. Trotz der jüngsten Erkenntnisse zu potenziellen endogenen Liganden der direkten Interaktion der Nurr1-Ligandbindedomäne (LBD) mit kleinen, wirkstoffartigen Molekülen, mangelt es an geeigneten chemischen Tools, um die Nurr1-Modulation als neues therapeutisches Konzept zu validieren. Ziel dieser Arbeit war daher die Identifikation, Entwicklung und Charakterisierung neuer tool compounds für die PPARs und Nurr1.
Das Konzept der Photopharmakologie eröffnet neue Möglichkeiten in der zeitlichen und räumlichen Kontrolle biologischer Effekte. Mit Hilfe computergestützten Designs wurden aus dem PPARγ-Agonist Rosiglitazon und dem pan-PPAR-Agonist GL479 Azobenzen-basierte photoschaltbare PPAR-Agonisten entwickelt und optimiert. Das Rosiglitazon-Azolog 36 wurde durch terminale Erweiterung als cis-präferenzieller selektiver PPARγ-Agonist erhalten, der durch Licht aktiviert werden konnte. Aus GL479 ging zum einen 38 als hochpotenter und selektiver PPARα-Agonist hervor, der in seiner trans-Konfiguration 35-mal potenter war als das entsprechende cis-Isomer. Zum anderen wurde ein dualer trans-präferenzieller PPARα- und -δ-Agonist (41) entwickelt. In einem eigens etablierten Fluoreszenz-Reportergenassay konnte durch die neuen photopharmakologischen Tools die PPAR-Aktivität in lebenden Zellen im zeitlichen Verlauf kontrolliert werden.
Auch die Identifikation und Charakterisierung endogener Liganden ist von großer Relevanz für die Modulation von NRs. Mit der Entdeckung der PPARγ-Aktivierung durch Garcinolsäure (48), einem Vitamin-E-Metaboliten, konnte ein neuer Aktivierungsmechanismus aufgedeckt werden, der ein besonderes Co-Regulator-Interaktionsprofil umfasst. Eine Co-Kristallstruktur der PPARγ-LBD im Komplex mit 48 zeigte, dass 48 sowohl die orthosterische als auch eine neue allosterische Bindestelle adressiert. Eine Genexpressionsanalyse in humanen Hepatozyten zeigte, dass sich dieser besondere Aktivierungsmechanismus von 48 auch in einer differenzierten Modulation der PPARγ-regulierten Genexpression widerspiegelte, woraus sich mögliche therapeutische Anwendungen für eine selektiv allosterische PPAR-Modulation ableiten lassen.
Der erste Ansatz zur Suche nach Nurr1-Modulatoren als tool compounds war von den Prostaglandinen A1 und A2 als potenziellen endogenen Nurr1-Liganden inspiriert. Da diese Entzündungsmediatoren durch Aktivität der Cyclooxygenasen (COX) 1 und 2 entstehen, entstand die Hypothese, dass synthetische COX-Inhibitoren, auch bekannt als nichtsteroidale Antirheumatika (NSARs), Nurr1 modulieren könnten. Dies konnte in einem Screening von 39 strukturell diversen NSARs im Gal4-Nurr1-Reportergenassay bestätigt werden. Mit Meclofenaminsäure als differenziellem Nurr1-Modulator sowie Oxaprozin und Parecoxib als den ersten inversen Nurr1-Agonisten konnte dabei außerdem gezeigt werden, dass die hohe konstitutive Nurr1-Aktivität bidirektional moduliert werden kann, und dass sowohl das Co-Regulator-Rekrutierungsprofil als auch das Dimerisierungsverhalten an der Vermittlung von Nurr1-Ligand-Effekten entscheidend beteiligt sind.
Die zweite Strategie beruhte auf den alten Antimalariawirkstoffen Amodiaquin (19) und Chloroquin (25), die zuvor als moderate Nurr1-Agonisten (EC50 Nurr1: 36 µM (19), 47 µM (25)) identifiziert wurden, aber aufgrund zahlreicher unspezifischer Effekte für den breiten Einsatz als tool compounds für Nurr1 ungeeignet sind. Eine Evaluation der einzelnen Strukturmerkmale dieses Chemotyps zeigte, dass das gemeinsame 7-Chlorochinolin-4-amin Grundgerüst ausreichend ist, um Nurr1 zu aktivieren (EC50 Nurr1: 259 µM). Basierend auf dieser Erkenntnis gingen durch gezielte Strukturmodifikationen dieses Grundgerüstes die Nurr1-Agonisten 71 und 73 hervor (EC50 Nurr1: 7,3 µM (71), 17 µM (73)), die die Leitstrukturen in ihrer Potenz übertrafen...
Die vorliegende Dissertationsarbeit behandelt eine umfangreiche Studie des nukleären Rezeptors (NR) TLX (engl. tailless homolog, TLX). Als ligandenaktivierbarer Transkriptionsfaktor ist TLX in Differenzierungs- und Proliferationsprozessen involviert und übernimmt somit eine tragende regulatorische Rolle in der Neurogenese von neuronalen Stammzellen87,88. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine fehlgesteuerte TLX-Expression mit gravierenden kognitiven, visuellen und neurodegenerativen sowie tumorigenen Erkrankungen assoziiert ist, sodass TLX ein vielversprechendes Wirkstofftarget mit hohem therapeutischem Potential darstellt94,95,99,100 105. Die pharmakologische Validierung von TLX als neues Wirkstofftarget befindet sich allerdings aufgrund limitierter Verfügbarkeit von validierten und potenten synthetischen und natürlichen kleinen organischen Molekülen in einer frühen Phase. Daher ist das Interesse sehr groß neuartige und wünschenswerterweise selektive TLX-Modulatoren zu generieren109,119-121.
Im Rahmen dieser Dissertationsarbeit wurden zu diesem Zweck mehrere Reportergenassays eingeführt, die die in vitro Aktivitätsstudie von TLX sowohl im Gal4-Hybridformat in Kombination mit Gal4-VP16 als starken Transkriptionsaktivator als auch als TLX-Volllängenprotein in HEK293T-Zellen (engl. human embryonic kidney, HEK293T) erlaubten. Zusätzlich wurde Gal4-TLX in Kombination mit VP16-RXRα untersucht, um bisherige unbekannte potentielle Heterodimer-vermittelte Effekte zu studieren. In einem primären Screeningansatz im Gal4-Format unter Verwendung einer kommerziell erhältlichen Wirkstofffragmentbibliothek und ausgewählter strukturähnlicher Wirkstoffe wurden mehrere Wirkstofffragmentkandidaten identifiziert (30, 34, 39, 45 und 47), die einen attraktiven Ausgangspunkt zur Darstellung von TLX-Modulatoren darstellten. Insgesamt wurden in vier Projekten vier strukturdiverse Chemotypen anhand von Struktur-Wirkungs-Beziehungs-Studien anhand der Aktivität an TLX untersucht. Ausgehend von Fragment 34 beinhaltete das erste Projekt die Identifizierung und Charakterisierung von Xanthinderivaten als inverse TLX-Agonisten. Eine systematische Struktur-Wirkungs-Beziehungs-Studie lieferte mehrere hochpotente Derivate, die auf das Grundgerüst von 8-Phenyltheophyllin (97) basierten. Parallel konnte Istradefyllin (116), welches aktuell zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung in den USA und Japan Anwendung findet, als potenter inverser TLX-Agonist identifiziert werden. Mehrere orthogonale zelluläre und zellfreie Experimente klassifizierten die Xanthine als neue erste TLX-Modulatoren. Das zweite Projekt umfasste die Identifizierung und Charakterisierung des unselektiven β-Adrenorezeptorblockers Propranolol (54) ausgehend vom Wirkstofffragment 30. Durch eine vorläufige systematische Struktur-Wirkungs-Beziehungs-Untersuchung der aliphatischen Aminoalkoholseitenkette von 54 konnte die sekundäre Aminogruppe als determinierendes Strukturmotiv für eine Aktivität an TLX bestimmt werden. Weitere Migrations- und Zellviabilitätsexperimente demonstrierten erste phänotypische Effekte in T98G-Glioblastomzellen seitens 54, die TLX-vermittelt sein könnten. Das dritte Projekt behandelte die Darstellung eines potenten neuartigen TLX-Agonisten mit Hilfe eines ligandenbasierten Pharmakophormodells. Das verwendete Pharmakophormodell wurde hierbei unter Verwendung des publizierten Referenzliganden ccrp2 (2) und dem identifizierten Wirkstofffragment 45 aus dem vorherigen Screeningansatz generiert. Durch eine anschließende rationale Fragmentfusion von 45 mit weiteren TLX-Agonisten aus dem Wirkstofffragmentscreening konnte der neuartige potente TLX-Agonist 137h synthetisiert werden, welcher eine verbesserte mikrosomale Stabilität im Vergleich zu 45 und 2 aufwies. Das vierte Projekt beinhaltete die Darstellung neuartiger TLX-Modulatoren mit Hilfe eines Scaffold Hopping Ansatzes. Hierbei wurden essentielle Strukturmotive aus der Xanthin-Struktur-Wirkungs-Beziehung (erstes Projekt) auf weitere Wirkstofffragmente übertragen. Die Validierung dieses Scaffold Hoppings anhand der Verbindung 156 führte anhand eines darauf folgenden kombinatorisch-chemischen Ansatzes zur Darstellung einer Substanzbibliothek (255 Amidrohprodukte). Ein Aktivitätsscreening der Amidrohprodukte deutete in den Reportergenassays auf drei aktive TLX-Modulatoren hin (582, 611 und 629), welche nachträglich gezielt synthetisiert, isoliert und erneut auf Aktivität an TLX validiert wurden. Hierbei hob sich besonders 629 hervor, welches in drei orthogonalen zellulären Reportergenassays TLX-vermittelte Effekte aufwies und zusätzlich einen Bindungseffekt an rekombinanter exprimierter TLX-Ligandenbindedomäne zeigte.
Mit dieser Arbeit konnte mit Hilfe der Einführung diverser TLX-basierter Reportergenassays zur Aktivitätsstudie von TLX mehrere strukturdiverse Liganden als potentielle tool compounds identifiziert und charakterisiert werden. Alle abgeleiteten TLX-Modulatoren können somit als wertvolle neue Startpunkte zur Derivatisierung neuartiger potenter Liganden und somit zu einem Fortschritt in der pharmakologischen Validierung von TLX als Wirkstofftarget dienen.
Erhöht die Gabe intravenöser Tranexamsäure die Wahrscheinlichkeit für thromboembolische Ereignisse?
(2022)
Hintergrund: Tranexamsäure (TXA) ist ein Antifibrinolytikum, welches Blutungen effizient reduzieren kann. Auf Grund des Wirkmechanismus bestehen jedoch Bedenken, dass TXA zu einem erhöhten Risiko für thromboembolische Ereignisse (TE) führen könnte.
Zielsetzung: Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung eines möglichen Zusammenhanges zwischen der Applikation intravenöser (iv) TXA und dem Auftreten von TE sowie der Mortalität. Ebenfalls soll ein möglicher Dosis-abhängiger Effekt untersucht werden.
Methoden: Es erfolgte eine systematische Suche der MEDLINE Datenbank und des Cochrane Central Register of Controlled Trials. Berücksichtigt wurden alle randomisiert kontrollierten Studien bis inklusive 2020, welche iv TXA mit Placebo oder einer Kontrollgruppe ohne Intervention verglichen. Die eingeschlossenen Studien sind in englischer, deutscher, spanischer oder französischer Sprache publiziert. Übergeordnete Endpunkte waren die Summe aller TE sowie die
Gesamtmortalität. Zusätzlich wurden die Endpunkte venöse Thrombosen, Lungenembolien, venöse thromboembolische Ereignisse (VTE), Myokardinfarkte, Schlaganfälle oder transitorische ischämische Attacken, Mesenterialischämien, arterielle Verschlüsse, blutungsassoziierte Mortalität sowie nicht-blutungsassoziierte Mortalität untersucht. Anhand der „Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses“ (PRISMA) wurden die vorliegende Metaanalyse, Subgruppen- und Sensitivitätsanalyse erstellt. Als Effektstärkemaß wurde die Risikodifferenz (RD) berechnet. Für den primären Endpunkt der Summe aller TE erfolgten zusätzliche Sensitivitätsanalysen zur Berechnung des Risikoquotienten (RR). Eine Metaregressionsanalyse wurde zur Untersuchung eines dosisabhängigen Effektes durchgeführt. Das Bias-Risiko der eingeschlossenen Studien wurde anhand des Cochrane Risk of Bias Tool bewertet.
Ergebnisse:
Insgesamt wurden 216 Studien in die vorliegende Metaanalyse eingeschlossen. Die Summe aller TE betrug 1020 (2,1%) in der TXA-Gruppe und 900 (2,0%) in der Kontrollgruppe. Es fand sich kein Zusammenhang zwischen iv TXA und dem Risiko für die Summe aller TE (RD = 0,001; 95%-Konfidenzintervall (CI): -0,001 bis 0,002; P = 0,49) sowie für venöse Thrombosen, Lungenembolien, VTE, Myokardinfarkte oder -ischämien und Schlaganfälle oder transitorische ischämische Attacken. Die Sensitivitätsanalyse für die Summe aller TE zur Berechnung des RR zeigte keine Assoziation mit iv TXA, weder unter Ausschlussder Studien ohne TE (RR = 1,03; 95%CI: 0,95 bis 1,12; P = 0,52) noch unter Einschluss dieser Studien (RR = 1,02; 95%CI: 0,94 bis 1,11; P = 0,56). Die Sensitivitätsanalyse der Studien mit einem geringen Selektionsbias zeigte ein vergleichbares Ergebnis. Die Sensitivitätsanalyse mit Patienten mit einem erhöhten Thromboembolie-Risiko fand keine Assoziation zwischen iv TXA und TE (RD = 0,000; 95%CI: -0,008 bis 0,009; P = 0,95). Die Subgruppenanalyse von Studien mit bis zu 99 Patienten, 100 bis 999 Patienten und 1.000 oder mehr Patienten zeigte keine Assoziation zwischen iv TXA und der Summe aller TE. Die Gabe von iv TXA war mit einer signifikanten Reduktion der Gesamtmortalität (RD = -0,007; 95%CI: -0,012 bis -0,004; P < 0,001) und der blutungsassoziierten Mortalität verbunden. Für die nicht-blutungsassoziierte Mortalität zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang. Eine Metaregression mit 143 Interventionsgruppen fand keinen Zusammenhang zwischen der TXA-Dosierung und dem Risiko für VTE.
Diskussion: Die vorliegende Arbeit konnte zeigen, dass keine Assoziation zwischen iv TXA und TE besteht. Die Sensitivitätsanalysen konnten dieses Ergebnis bestätigen. Die Metaregressionsanalyse fand keinen dosisabhängigen Zusammenhang zwischen iv TXA und VTE. Gleichzeitig wird die Gesamtmortalität durch TXA signifikant reduziert. Die vorliegende Analyse unterstützt die sichere Anwendung von iv TXA und legt einen wahrscheinlichen Überlebensvorteil nahe. Die Subgruppenanalysen der neurologischen Patienten lieferten uneindeutige Ergebnisse, weshalb der Nutzen von iv TXA für dieses Patientenkollektiv unklar bleibt.
Knochendefekte sind ein häufig anzutreffendes Krankheitsbild mit multiplen Ursachen wie zum Beispiel Trauma, Infektion und Tumore. Besondere Aufmerksamkeit bedürfen dabei Knochendefekte kritischer Größe (CSD). Diese sind definiert als ein Knochendefekt, der trotz adäquater Stabilisierung in der Lebzeit des Patienten nicht abheilen wird. Gerade diese sind in der Versorgung sehr zeit- und geldintensiv und stellen eine große Belastung für den Patienten dar. Trotz deren Häufigkeit finden sich nur Behandlungsverfahren, die mit signifikanten Nachteilen einhergehen. Daher ist gerade in der Behandlung von CSD weitere Forschung und die Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten nötig. Ein gut belegtes und klinisch erfolgreich angewandtes Verfahren stellt die Masquelet-Technik dar, welche ein zweizeitiges Verfahren ist, bei dem zunächst in einer ersten OP der Defekt ausgiebig durch Debridieren und die Zugabe von Antibiotika vorbereitet wird und anschließend mit einem Spacer aus Knochenzement und einem geeigneten Osteosyntheseverfahren stabilisiert wird. Über mehrere Wochen bildet sich nun eine Biomembran, die Masquelet-Membran, um den Spacer, welche in einer zweiten OP eröffnet wird. Daraufhin wird der Spacer entfernt und zum Beispiel mit autologem Knochen aus dem Beckenkamm gefüllt. Dann wird die Membran wieder verschlossen und der Defekt kann abheilen. Mit diesem Verfahren können auch große Defekte versorgt werden und in der Literatur finden sich Erfolge bei bis zu 25cm langen Defekten. Limitierungen finden sich hier in der Verfügbarkeit von autologem Knochenmaterial. Hier kann mit synthetischen Knochenersatzstoffen, wie zum Beispiel β-TCP, oder xenogenen Materialen zum Beispiel vom Rind gearbeitet werden. Einen weiteren großen Nachteil sahen wir jedoch in der Notwendigkeit einer zweiten OP. Dies setzt den Patienten erneut dem Operations- und Narkoserisiko aus, ist mit erneuten Schmerzen verbunden und führt zu verlängerten Krankenhausaufenthalten mit gesteigerten Kosten. Um dies zu umgehen, wurde in dieser Arbeit die Masquelet-Membran durch eine Membran aus dezellularisierter humaner Dermis (Epiflex) ersetzt, welche bereits erfolgreich bei der Behandlung größerer Bauchwanddefekte eingesetzt wird. So könnte man in einer einzigen OP den Defekt mit der Dermis umhüllen und direkt mit dem gewünschten Knochenersatzmaterial füllen. Hypothese war, dass eine Defektumhüllung mit Epiflex die Defektheilung vergleichbar zur induzierten Membran unterstützt. Eine weitere Fragestellung dieser Arbeit war, ob durch den Einsatz von mononukleären Zellen des Knochenmarks (BMC) die Knochenheilung zusätzlich verbessert werden kann. Zu diesem Zweck wurden sechs Gruppen aus männlichen Sprague-Dawley-Ratten gebildet, welche einen 1 cm starken Defekt im Femur gesetzt bekamen. Die Gruppen 1 und 2 wurden mit dem Masquelet-Verfahren, Gruppe 1 ohne und Gruppe 2 mit Zugabe von BMC, behandelt. Die Gruppen 3 bis 6 wurden mit dem einzeitigen Verfahren unter Verwendung der Dermis als Defektumhüllung und verschiedenen Kombinationen von BMC in einer einzigen OP behandelt. Nach 8 Wochen wurden die operierten Femora, inklusive jeweils eines nicht operierten Referenzfemur pro Gruppe explantiert und histologisch aufgearbeitet. Mittels der MOVAT Färbung wurde die Knochenneubildung im Defekt und die histologische Transformation der Membran in knöchernes Gewebe beurteilt. Es konnte ein signifikanter knöcherner Umbau der Epiflex-Membran beobachtet werden. Da mit der Epiflex-Membran ein Fremdkörper in den Organismus eingebracht wurde, wurde auch das Inflammationsgeschehen anhand histologischer Färbungen für Monozyten/Makrophagen (CD68) sowie für Granulozyten (CAE) beurteilt. Dabei zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Verfahren. Allerdings konnte eine unterschiedliche Verteilung der Immunzellen nachgewiesen werden. Abschließend wurde anhand von immunhistologischen α-SMA und vWF-Färbungen die Vaskularisierung im Defekt beurteilt. Die Epiflex-Membran wurde in gleichem Maße wie die induzierte Membran von Gefäßen durchdrungen. Dabei wuchsen häufig Gefäße aus dem umliegenden Muskelgewebe in den Defekt ein. Die zusätzliche Transplantation von BMC, welche eine zusätzliche Variable in dieser Arbeit darstellten, beeinflusste die Knochenheilung positiv. In Gruppen mit zusätzlichen BMC wurde geringere Inflammation und eine verbesserte Verknöcherung im Defektbereich beobachtet. Die Gefäßdichte wurde durch zusätzliche BMC jedoch nicht erhöht. Abschließend lässt sich aus den Ergebnissen schließen, dass der Ersatz der Masquelet-Membran durch die einzeitige Versorgung mit einer humanen dezellularisierten Dermis zu mindestens gleichwertigen Ergebnissen im Vergleich zur zweizeitigen induzierten Membrantechnik nach Masquelet führt.
Aufgrund einer Vielzahl an Patienten mit sekundären Lebertumoren sind aus medizinischen oder technischen Gründen nicht operabel sind, erfahren alternative lokalablative Behandlungsformen in den letzten beiden Jahrzehnten zunehmende Verbreitung.
Das Ziel der hier vorliegenden Studie ist es, das Therapieansprechen und die Sicherheit von Mikrowellen- (MWA) und Radiofrequenzablation (RFA) von Lebermetastasen in einer randomisierten Studie zu bestimmen und prospektiv zu vergleichen.
Es unterzogen sich 50 Patienten (27 Frauen, 23 Männer, mittleres Alter 62,8 Jahre) einer CT-gesteuerten perkutanen thermischen Ablation von 50 Lebermetastasen. Davon erhielten 26 Patienten eine MWA und 24 Patienten eine Behandlung mit RFA. Das kolorektale Karzinom war in 54 % der Fälle ein Primärtumor, das Mammakarzinom in 20 %, das Pankreaskarzinom und das Gallenblasenkarzinom jeweils in 6 %, der Ovarialtumor in 4 %, das Ösophaguskarzinom und andere Tumorentitäten jeweils in 2 % der Fälle. Die Lage der Lebermetastasen und die morphologische Veränderung der Läsionen in Größe, Volumen, nekrotischem Bereich, Diffusion und ADC-Wert wurden durch Magnetresonanztomo-graphie (MRT) bewertet. Die erste MRT-Kontrolle erfolgte vor der Behandlung mit thermischer Ablation. Das Follow-up beinhaltet MRT-Kontrollen 24 Stunden nach der Ablation und 4 Kontrolluntersuchungen im Abstand von 3 Monaten innerhalb von einem Jahr.
50 Läsionen mit einem mittleren Durchmesser von 1,63 cm (Range: 0,6 - 3,7 cm; MWA 1,72 cm, RFA 1,53 cm) wurden mit thermischer Ablation behandelt. Die lokale Rezidivrate innerhalb eines Jahres betrug für beide Versuchsarme 4 % (2/50), 0 % (0/26) in der MWA-Gruppe und 8,3 % (2/24) in der RFA-Gruppe. Die Rate für neu entstandene maligne Formationen, die sich an einem anderen Ort als die behandelte Läsion befanden, betrug in beiden Gruppen etwa 38 % (19/50), in der MWA-Gruppe 38,4 % und in der RFA-Gruppe 37,5 %. Die Sterblichkeitsrate für diese Studie betrug 14,0 %. 15,4 % der Patienten im Behandlungsarm der MWA-Gruppe und 12,5 % im RFA-Behandlungsarm verstarben im Rahmen dieser Studie. Es konnten keine größeren Komplikationen festgestellt werden.
Zusammenfassend zeigt die MIRA-Studie zur thermischen Ablation von Lebermetastasen keine signifikanten Unterschiede in der Mortalität, malignen Neubildungen oder Komplikationsraten zwischen MWA und RFA. Die Studie stellt fest, dass die thermische Behandlung mit MWA im Rahmen des 1-Jahres-Follow-ups größere Volumina im Ablationsgebiet und eine gering höhere Mortalität hervorruft, wobei man die höhere Pankreaskarzinomrate in diesem Studienzweig berücksichtigen sollte. Im RFA-Studienarm wurden hingegen 2 Lokalrezidive erfasst.
Vor dem Hintergrund der hier vorliegenden Ergebnisse und in Zusammenschau mit der aktuellen Literatur sind beide thermischen Verfahren mehrheitlich sicher durchführbare und effektive Methoden zur Behandlung von Patienten mit nicht operablen sekundären Lebermalignomen. Unterschiede zeigen sich in den physikalischen, technischen Voraussetzungen und damit in der Größe der erzeugten Ablations- und Nekrosezonen. Diese spielen vorrangig in der Behandlung von großen und gefäß- sowie gallengangsnahen Läsionen eine differenzierte Rolle. Die Größe und die Heterogenität des Patientenkollektivs in Bezug auf Tumorentität, die unterschiedlichen Vorbehandlungen sowie der Nachbeobachtungszeit-raum von nur 12 Monaten mindern die Aussagekraft der Studie. Um die vorliegenden Ergebnisse zu stützen, sollten weitere Untersuchungen mit einem größe-ren Patientenkollektiv folgen, beispielsweise in Form einer multizentrischen Studie, in welcher differenzierter bezüglich Tumorentität und Vorbehandlungen unterteilt wird.
Der Nutzen von DJ-Kathetern ist unverzichtbar für die moderne Urologie. Sie sind essenziell, um bei einer Vielzahl von Erkrankungen einen adäquaten Harnabfluss und dementsprechend eine gute Nierenfunktion gewährleisten zu können. Dabei können sie für eine temporäre oder dauerhafte Schienung genutzt werden. Als einliegende Fremdkörper können sie, insbesondere bei langfristiger Nutzung, leicht durch Bakterien und Pilze kolonisiert werden und beherbergen somit ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfekte.
Das Hauptziel dieser Arbeit ist folglich, durch das Auffinden von protektiven oder prädisponierenden Faktoren für die Entwicklung von fieberhaften Harnwegsinfekten in der Zukunft Mortalität, Resistenzbildung und Kosten sowohl bei DJ-Katheter-Dauerversorgung als auch generell senken zu können. Zusätzlich soll untersucht werden, ob verschiedene Antibiotika-Regime einen Einfluss auf die Entwicklung postoperativer, fieberhafter Harnwegsinfekte haben.
Um dies feststellen zu können, wurden in dieser Studie 100 Patientinnen und Patienten eingeschlossen, die von 2013 bis 2018 in der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Frankfurt zum DJ-Wechsel bei DJ-Katheter-Dauerversorgung vorstellig wurden. Anschließend wurden verschiedene Faktoren untersucht, die das Risiko für das Auftreten von fieberhaften Harnwegsinfekten oder die Entwicklung von Resistenzen in Krankheitserregern erhöhen oder reduzieren könnten.
Hierzu wurden insgesamt 950 DJ-Katheter-assoziierte Eingriffe (Einlage, Wechsel, Entfernung) analysiert. Der individuelle Beobachtungszeitraum betrug durchschnittlich 2,9 Jahre mit durchschnittlich 7 DJ-Katheter-Wechsel.
Gegenüber der Normalbevölkerung wies die Studienpopulation, am ehesten durch die einliegenden DJ-Katheter, eine deutlich erhöhte Prävalenz von Harnwegsinfekten auf (18,53% vs. 2,5%). Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass ein höheres Patientenalter mit einem gering erhöhten Risiko für die Ausbildung von resistenten Keimen im Urin korreliert (p=0,0121; OR 1,0395; KI 1,0096-1,0731 (univariate Analyse), p=0,0030; OR 1,0618 KI 1,0226-1,1077 (multivariate Analyse)). Dies korrelierte jedoch nicht mit einem erhöhten Risiko für fieberhafte Harnwegsinfekte. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass die operative Manipulation unter empirischer oder testgerechter, antibiotischer Therapie nicht mit einem hohen Risiko für die Entstehung fieberhafter Harnwegsinfekte einhergeht. In den analysierten Daten fanden sich insgesamt zu wenige fieberhafte Infekte (n=72; 7,58%), um das Ziel begünstigender oder protektiver Faktoren für die Entstehung von fieberhaften Harnwegsinfekten adäquat zu untersuchen. Aus dem gleichen Grund konnten aus den Daten auch keine Hinweise für das optimale Antibiotika-Regime abgeleitet werden. In fast 70% der untersuchten Fälle wurde eine periinterventionelle single-shot Antibiose angewendet, weswegen diese als Infektionsprophylaxe einen adäquaten Schutz darzustellen scheint.
Generell kann davon ausgegangen werden, dass die DJ-Katheter-Dauerversorgung, trotz der möglichen mikrobiellen Besiedlung mit eventuellen Komplikationen wie Bakteriurie oder systemischen Infektionen, ein sicheres Verfahren ist. Manipulationen oder operativer Wechsel der DJ-Katheter stellen, trotz Präsenz der Keime, keine riskanten Manöver dar, sofern diese adäquat und unter entsprechender, antibiotischer Therapie durchgeführt werden.
Weitere, noch größere und insbesondere prospektive, randomisierte Studien sind zu empfehlen und könnten die Ergebnisse weiter bestätigen und erweitern, vor allem in Bezug auf die Überlegenheit verschiedener antibiotischer Regime in der Vermeidung einer Resistenzbildung.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Ionisation von Atomen und Molekülen in starken Laserfeldern experimentell untersucht. Hierbei kam die COLTRIMS-Technik zur koinzidenten Messung der Impulse aller aus einem Ionisationsereignis stammender Ionen und Elektronen zum Einsatz. Unter Mitwirkung des Autors wurde ein COLTRIMS-Reaktionsmikroskop umgebaut und mit einem neuen Spektrometer sowie einer atomaren Wasserstoffquelle ausgestattet. Des Weiteren entstand ein interferometrischer Aufbau zur Erzeugung von Zwei-Farben-Feldern. Aus jedem der vorgestellten Experimente konnten Informationen über die elektronische Wellenfunktion an der Grenze zum klassisch verbotenen Bereich gewonnen werden. Dies geschah sowohl im Hinblick auf die Amplitude, als auch auf die Phase der Wellenfunktion. Mit dem Wasserstoffatom (Kapitel 9), dem Wasserstoffmolekül (Kapitel 10) und dem Argondimer (Kapitel 11) wurden drei Systeme unterschiedlicher Komplexität gewählt.
Die Heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) ist eine lebensbedrohliche Komplikation der Heparintherapie. Diese wird verursacht durch die Bildung von Antikörpern gegen einen Komplex aus Plättchenfaktor 4 (PF4) und Heparin. Orthopädische und herzchirurgische Patienten weisen deutlich höhere Serokonversionsraten auf (15-75 %) als andere Patientenkohorten, z.B. internistische Patienten (<1 %), ohne dabei in allen Fällen mit den klinischen Zeichen einer HIT, d.h. Thrombozytopenie sowie arteriellen und venösen thromboembolischen Komplikationen, einherzugehen. Der Grund für diese Beobachtung ist unklar. Es ist bekannt, dass Glykosaminoglykane und sulfatierte Polysaccaride ein Epitop auf dem Plättchenfaktor 4 induzieren können, gegen das eine Sensibilisierung erfolgen kann. Es wird vermutet, dass Glykosaminoglykane, d.h. Chondroitinsulfate, die bei großen orthopädischen Eingriffen freigesetzt werden, die hohen Serokonversionsraten bei orthopädischen Patienten erklären könnten.
Das Ziel der vorliegenden Studie war es, die Inzidenz von HIT-Antikörpern bei Patienten mit orthopädischen Eingriffen zu untersuchen, bei denen perioperativ keine Heparinexposition erfolgte. Die Antikoagulation zur Thromboseprophylaxe im untersuchten Patientenkollektiv wurde postoperativ mit dem zur orthopädischen Thromboseprophylaxe zugelassenen, direkten oralen Faktor Xa Inhibitor Rivaroxaban und nicht mit niedermolekularem Heparin durchgeführt, welches eine HIT-Antikörperbildung hätte induzieren können.
Material und Methoden: Zur HIT Diagnostik wurde jeweils präoperativ und mindestens 5 Tage postoperativ ein immunologischer Chemilumineszenztest (HemosIL® AcuStar HIT-IgG(PF4-H)) und ein funktioneller Heparin-induzierter Plättchenaktivierungstest (HIPA) durchgeführt, um eine Serokonversion zu detektieren. Ausschlusskriterium war eine Heparinexposition innerhalb der letzten 3 Monate sowie während und nach der Operation.
Ergebnisse: 107 konsekutive Patienten, 65 (60,7 %) weibliche und 42 (39,3 %) männliche Patienten, bei denen eine operative totale Hüftgelenk- (n= 66; 61,6 %) oder Kniegelenkendoprothese (n= 41; 38,3 %) durchgeführt wurde, wurden in die Studie eingeschlossen. Vor und auch nach der Operation konnte weder im durchgeführten Immunoassay noch im funktionellen HIPA eine Serokonversion mit der Bildung von anti-PF-4/Heparin Antikörpern festgestellt werden.
Diskussion: Große orthopädische Operationen allein nicht auszureichen, um die hohen HIT-Antikörper Serokonversionsraten in Abwesenheit von Heparin bei diesen Patienten zu erklären. Heparin scheint für eine Sensibilisierung unerlässlich zu sein. Aber auch andere Risikofaktoren für die Bildung von HIT-Antikörpern gegen den Komplex aus PF4 und Heparin bzw. Polyanionen, wie z.B. bakterielle Infektionen, Ausmaß des Gewebetraumas, Freisetzung von Nukleinsäuren, könnten eine Rolle spielen. Da das antigene Epitop nur bei optimalen stöchiometrischen Ratios von PF4 und Heparin/Glykosaminoglykanen induziert wird, ist es vorstellbar, dass einige der genannten Faktoren zusammenwirken könnten, um die Immunreaktion zu ermöglichen. Auf der Basis unserer Studie kann zwar das Konzept der ‘‘spontanen’’ HIT nicht erklärt werden. Auf Basis der bestehenden Daten kann es aber auch nicht verworfen werden.
Im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung der Hochschullehre finden auch verstärkt elektronische Prüfungsformate Eingang in den Alltag von Hochschulen. Insbesondere elektronische Abschlussklausuren (E-Klausuren) bieten hier die Möglichkeit, die Prüfungsbelastung Hochschulehrender durch die Automatisierung weiter Teile der Klausurkonstruktion, -administration und -auswertung zu reduzieren. Die Integration digitaler Technologien in die Prüfungspraxis deutscher Hochschulen ermöglicht dabei nicht nur eine ökonomische Klausurkonstruktion, realitätsnähere Klausuren (z. B. durch die Nutzung fachspezifischer Standardsoftware), und den Einsatz innovativer Testbausteine (z. B. Integration von Multimediadateien in Items), sondern auch die Nutzung aktueller psychometrischer Methoden. Insbesondere die Konstruktion von Hochschulklausuren als kriteriumsorientierte, adaptive Tests (z. B. Spoden & Frey, 2021), hat das Potential Hochschulklausuren individualisierter, messpräzisier und fairer zu machen, sowie die Validität der aus der Klausurbearbeitung abgeleiteten Testwertinterpretationen zu steigern. Um kriteriumsorientierte, adaptive Hochschulklausuren in der Breite nutzbar zu machen, müssen allerdings zuvor einige Herausforderungen gemeistert werden, denen sich diese Arbeit widmet. Die in den vier Einzelarbeiten dieser Dissertation betrachteten Herausforderungen lassen sich auf einer psychometrischen, einer personalen und einer technischen Ebene verorten.
Auf der psychometrischen Ebene ist eine zentrale Herausforderung die ökonomische Kalibrierung des Itempools. Üblicherweise wird bei der Konstruktion adaptiver Tests eine dreistellige Anzahl an Items konstruiert und mittels einer separaten Kalibrierungsstudie im Vorlauf der operationalen Testanwendung mit mehreren hundert Testpersonen kalibriert. Die massierte Konstruktion vieler Items und die Durchführung einer zusätzlichen empirischen Studie lässt sich im Rahmen von Hochschulklausuren nur schwer realisieren. Im ersten Einzelbeitrag wird daher eine neuartige kontinuierliche Kalibrierungsstrategie (KKS) vorgestellt und im Rahmen einer Monte-Carlo-Simulation hinsichtlich ihrer psychometrischen Eigenschaften geprüft. Zusammenfassend ermöglicht die KKS, adaptive Tests während wiederkehrender Testanwendungen bei konstanter Berichtsmetrik, Kontrolle von Itemparameter-Drift und fortlaufender Ergänzung des Itempools zu kalibrieren. Es zeigt sich, dass die KKS selbst für sehr kleine Stichproben eine geeignete Methode darstellt, den Itempool über mehrere Testanwendungen hinweg fortlaufend zu kalibrieren.
Um die Berichtsmetrik dabei über die verschiedenen Testanwendungen hinweg konstant zu halten, und somit Vergleichbarkeit der Ergebnisse verschiedener Testzeitpunkte (z. B. Semester) zu gewährleisten, nutzt die KKS Equating-Methoden (z. B. Kolen & Brennan, 2014) zum Herstellen einer statistischen Verbindung zwischen Klausurdurchläufen. Die Qualität dieser statistischen Verbindung hängt dabei von verschiedenen Parametern ab. Im zweiten Einzelbeitrag werden daher verschiedene Konfigurationen der in die KKS implementierten Equating-Prozedur hinsichtlich ihres Einflusses auf die Qualität der Parameterschätzungen im Rahmen einer Monte-Carlo-Simulation untersucht und auf Basis der Ergebnisse praktische Empfehlungen abgleitet. Hierfür werden unter anderem die Schwierigkeitsverteilung der genutzten Linkitems sowie die verwendete Skalentransformationsmethode variiert. Es zeigt sich, dass die KKS unter verschiedenen Konfigurationen in der Lage ist, die Skala über mehrere Testzyklen hinweg konstant zu halten. Normal- beziehungsweise gleichverteile Schwierigkeitsverteilungen der Linkitems sowie die Stocking-Lord-Skalentransformationsmethode (Stocking & Lord, 1983) erweisen sich hierbei am vorteilhaftesten.
Auf personaler Ebene stellt die Akzeptanz seitens der Hochschullehrenden einen kritischen Erfolgsfaktor für die Implementation neuer E-Learning Systeme in Lehrveranstaltungen dar. Angelehnt an Technologieakzeptanzmodellen (z. B. Technology Acceptance Model; Davis, 1989) wird im dritten Einzelbeitrag ein empirisch prüfbares Modell – das Technology-based Exams Acceptance Model (TEAM) – zur Vorhersage der Intention zur Nutzung von adaptiven und nicht-adaptiven E-Klausursystemen seitens Hochschullehrender vorgeschlagen und anhand der Daten von N = 993 deutschen Hochschullehrenden empirisch geprüft. Das postulierte Modell weist einen guten Modellfit auf. Die Ergebnisse weisen die wahrgenommene Nützlichkeit als Schlüsselprädiktor für die Nutzungsintention aus. Medienbezogene Variablen haben indirekte Effekte auf die wahrgenommene Nützlichkeit, mediiert über vorherige Nutzungserfahrungen mit Bildungstechnologien. Darüber hinaus spielt die subjektive Norm eine wichtige Rolle bei der Erklärung der Akzeptanz von E-Klausuren...
Hintergrund: Asthma ist die häufigste chronische Krankheit bei Kindern und Jugendlichen. Asthma-Exazerbationen sind ein häufiger Grund für Vorstellungen in der Notaufnahme und für Krankenhausaufenthalte. Die routinemäßige Gabe von Antibiotika bei einem akuten schweren Asthma wird von den Leitlinien nicht empfohlen, trotzdem erfolgt sie sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich. Das primäre Ziel dieser Promotion war es, die Häufigkeit der Gabe von Antibiotika während Asthma-Exazerbationen, die eingesetzten Antibiotikaklassen, den Einfluss des CRP Spiegels und die klinischen Kriterien, die zur Antibiotikagabe führten, zu analysieren.
Methoden: Es handelte sich um eine retrospektive Analyse von 660 Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren, die während eines Zeitraums von 10 Jahren (2008 - 2018) mit der ICD Diagnose Asthma Bronchiale (J.45) stationär am Universitätsklinik Frankfurt/Main stationär behandelt wurden. Akutes, schweres Asthma wurde definiert als Dyspnoe, Tachypnoe, Sauerstoffbedarf und/oder systemische Steroidtherapie. Antibiotikagabe ohne Indikation wurde definiert als Gabe von Antibiotika bei einem CRP <2 mg/dl, keiner radiologischen Evidenz einer Pneumonie, oder keiner Indikation zur Durchführung eines Röntgenbildes und keinem anderen Grund zur Antibiotikagabe. Analysiert wurden u.a. Alter, Geschlecht, Intensivstationsaufenthalt, Liegedauer, Erstdiagnose oder bekanntes Asthma, Sauerstoffbedarf, Laborparameter, Lungenfunktion, Röntgen, Phänotypen, Therapie und Anzahl der Re-Hospitalisierungen.
Ergebnisse: 350 Aufnahmen erfüllten die Einschlusskriterien. Es erfolgte bei jüngeren Kindern häufig eine Antibiotikagabe (6 - 11 Jahre 57,6% und 12 - 17 Jahre 39,7%). Bei 26% der Aufnahmen wurde ein Antibiotikum ohne Indikation verabreicht, dabei waren Makrolide die häufigste Antibiotikaklasse. Die Gruppe der PatientInnen, die ein Antibiotikum ohne Indikation erhielten, unterschieden sich von der Gruppe, die kein Antibiotikum erhielten in Alter (9 ± 6 Jahre vs. 11 ± 6 Jahre; p-Wert 0,024), Sauerstoffbedarf (46,2% vs. 26,3%; p<0.001) und CRP-Wert (0,79 ± 0,92 mg/dl vs. 0,23 ± 0,46 mg/dl; p<0.001), aber nicht im Vorhandensein von Fieber (14,3% vs. 10,6%; n.s.). 10,3 % der PatientInnen wurden in den 10 Jahren re-hospitalisiert. Es fanden sich klinisch keine Unterschiede zwischen den re-hospitalisierten PatientInnen und den anderen Patienten.
Schlussfolgerung: Antibiotikagabe ohne klare Indikation während einem akuten, schweren Asthma war in unserer Kohorte häufig. Klinische Parameter einer schwereren Erkrankung beeinflussten die Entscheidung zur Antibiotikagabe, obwohl keine Hinweise auf eine bakterielle Infektion vorlagen und nicht zu einem verbesserten Outcome führten. Gründe der Re-Hospitalisierung von PatientInnen sollten weiter untersucht werden, mit besonderem Fokus auf ausreichende Allergiediagnostik und Evaluierung der Compliance.
Identifizierung potenzieller Taspase1 Inhibitoren für die Behandlung von t(4,11) akuter Leukämie
(2022)
Leukämie ist die häufigste bösartige Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter. Bei einem Kind von 1120 Kindern wird Leukämie diagnostiziert, dabei trifft diese Diagnose Jungen 30 % häufiger als Mädchen. Die Krankheitssymptome treten bei den Kindern noch vor dem Schulalter auf und am häufigsten haben die Kinder mit der akuten Form zu kämpfen. Bei einer Diagnose mit einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL) haben die Kinder meist eine gute Prognose, während bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) eine deutlich schlechtere.1
Die t(4;11)(q21;q23) Translokation ist aufgrund ihres häufigen Auftretens und der damit schlechten verbundenen Prognose eines der bekanntesten strukturellen Chromosomen-anomalien bei akuten Leukämien. Diese Translokation wurde das erste Mal 1977 von Oshimura et al. beschrieben.2 Bei einer t(4;11)-Translokation ist das Chromosom 4 und das Chromosom 11 involviert. Auf Chromosom 4 ist das AF4-Gen lokalisiert (AFF1) und auf dem Chromosom 11 liegt das MLL-Gen (ALL-1, HRX, hTRX, KMT2A).
Taspase1 wurde als ein proteolytisch prozessierendes Enzym identifiziert, das sich in Wirbellosen und Vertebraten zusammen mit Mitgliedern der Trithorax/MLL/KMT2A-Protein¬familie koevolviert hat. Taspase1 prozessiert nicht nur das MLL und MLL2, deren Fusions¬proteine AF4-MLL, sondern auch den Transkriptionsfaktor IIA (TFIIA) sowohl in vitro als auch in vivo.3
Die Dimerisierung von Taspase1 löst eine intrinsische Serinproteasefunktion aus, die zum katalytischen Rest Thr234 führt, der die Konsensussequenz Q-3X-2D-1•G1X2D3D4 katalysiert, die in Mitgliedern der MLL-Familie sowie im Transkriptionsfaktor TFIIA vorhanden ist. Taspase1 ist kein klassisches Enzym, da es seine Zielproteine stöchiometrisch hydrolysiert. Diese Eigenschaft macht es nahezu unmöglich, in einem klassischen Screening-Setup nach potenziellen Inhibitoren zu screenen.
In dieser Arbeit wurde ein Homogeneous time-resolved fluorescence HTRF-Reporter-Assays etabliert. Das etablierte Testsystem ermöglicht erstmalig die Untersuchung von Substanzen zusammen mit Taspase1 Monomere, die in einem zellfreien System (cfs) hergestellt wurden. Durch die Expression non monomeren Taspase1 Proteinen sollten Inhibitoren durch das etablierte Screening-Verfahren gefunden werden, die sowohl (1) Dimerisierung, (2) Autoaktivierung oder (3) Substratbindung selektiv blockieren können. Die durchgeführten Experimente führten zur Identifikation eines ersten Taspase1-Inhibitors, Closantel sodium. Closantel sodium ist ein U.S. Food and Drug Administration (FDA) zugelassenes Medikament, das Taspase1 auf nicht-kovalente Weise bindet. Die erzielten Daten zeigen, dass Closantel sodium den Dimerisierungsschritt und/oder die intrinsische Serinproteasefunktion blockiert. Closantel sodium hemmte die Spaltung des eingesetzten CS2-Substratproteins mit einem IC50 zwischen 1,6 und 3,9 µM, je nachdem, welches Taspase1-Präparat in dem HTRF Screening Assay ver¬wendeten (cfs- oder E.coli-produziert). Die Daten weisen darauf hin, dass Closantel sodium als allosterischer Inhibitor gegen die Taspase1 fungiert. Taspase1 wird zur Aktivierung der AF4-MLL-Onkofusionsproteine benötigt und wird auch in mehreren soliden Tumoren überexprimiert. Daher könnte dieser neue Inhibitor für die weitere Validierung von Taspase1 als Ziel für die Krebstherapie und für das Design potenterer Liganden für zukünftige klinische Anwendungen nützlich sein.
Einleitung
Das MUTARS® RS Cup-System der Firma implantcast GmbH (Buxtehude, Deutschland) ergänzt seit 2012 die Implantatgruppe der Abstützschalen mit seitlichen Laschen, die der operativen Versorgung ausgedehnter Acetabulumdefekte dienen. Diese technisch weiterentwickelte Revisionspfanne wird mittels Press-Fit Methode in das Acetabulum eingebracht und im Anschluss mit dem passenden Inlay zementfrei als integriertes System gekoppelt. Somit steht dieses innovative Konzept in Konkurrenz zu dem seit vielen Jahrzehnten angewandten BS-Ring, bei dem das Inlay in die Revisionspfanne einzementiert werden muss. Da Alterungsprozesse die Materialeigenschaften des Zements verändern, kann diese Fixierung im Lauf der Zeit brüchig werden. Lockerungen des Inlays bis hin zum Ausbrechen der Zementfixierung aus der Revisionspfanne sind die komplikationsträchtige Konsequenz. Durch Verwendung der MUTARS® RS Cup als integriertes System lassen sich diese Schnittstelle und die damit verbundenen Nachteile vermeiden. Neben der Möglichkeit, einen Standard-Prothesenkopf zu implantieren, kann das System für luxationsgefährdete Patienten problemlos und ebenfalls zementfrei auf ein tripolares Prothesendesign erweitert werden. Diese Arbeit beschreibt den Einsatz des MUTARS® RS Cup-Systems sowohl in der primären Acetabulumchirurgie als auch im Rahmen aufwendiger Revisionseingriffe nach endoprothetischen Hüftgelenkoperationen und zeigt geeignete Indikationen sowie Anwendungsbeschränkungen auf. Aspekte der präoperativen Planung und der intraoperativen Handhabung des Systems werden ebenso abgebildet wie Komplikationen, die sich im kurz- bis mittelfristigen postoperativen Intervall ergaben.
Material und Methode
In diese retrospektive Studie wurden alle Patienten eingeschlossen, die im Zeitraum von März 2016 bis März 2021 eine Implantation des MUTARS® RS Cup-Systems am Universitätsklinik Frankfurt am Main erhielten.
Ergebnisse
Es wurden 52 Implantationen bei 49 Patienten durchgeführt, wobei sich das Studienkollektiv aus 28 Männern und 21 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 76,1 (Spannweite 36,9-94,4) Jahren zusammensetzt. Elf unterschiedliche Ursachen lagen den Acetabulumdefekten zugrunde. Wir implantierten das integrierte System erfolgreich sowohl bei Indikationen, die eine Wechseloperation der Prothesenpfanne notwendig machten, als auch bei Patienten mit schwerwiegenden primären Acetabulumfrakturen sowie instabilen Defekten anderer Genese. In mehr als der Hälfte der Fälle handelte es sich bei dem Indexeingriff um eine Revisionsarthroplastik des betreffenden Hüftgelenks und 80% der Patienten wiesen einen ausgedehnten Substanzdefekt auf (Paprosky-Typ 3A oder höher). Eine arterielle Nachblutung, fünf tiefe Wundinfektionen (10%) sowie sechs Luxationen des Prothesenkopfs (12%) – wobei diese in zwei Fällen mit einer sekundären Dislokation der Revisionspfanne einherging – führten zu Folgeinterventionen. Innerhalb des 5-jährigen Auswertungszeitraums wurden fünf der 52 MUTARS® RS Cup-Systeme explantiert (drei aufgrund septischer und zwei bei aseptisch-mechanischer Ursache), was einer Ausfallrate von 9,6% entspricht.
Schlussfolgerung
Eine älter werdende Gesellschaft und die steigende Zahl an Erstimplantationen einer H-TEP verdeutlichen die Forderung nach innovativen Systemen, wie sie gerade bei chirurgisch komplexen Revisionsarthroplastiken dringend benötigt werden. Entsprechend den Erfahrungen unserer Universitätsklinik und basierend auf den Ergebnissen dieser Studie liefert das MUTARS® RS Cup-System einen wertvollen Beitrag in dieser Fragestellung. Bei korrekter Indikationsstellung lässt sich eine gute Primärstabilität des Systems erzielen, weshalb es aus unserer Sicht ein sicheres Revisionssystem zur Wiederherstellung einer stabilen Gelenksituation bei schwerwiegenden Acetabulumverletzungen darstellt. Das technisch überarbeitete System überzeugt zudem durch seine zuverlässige intraoperative Handhabung und seine hervorragende Modularität, wobei die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Prothesenkomponenten eine vielseitige Anwendung gewährleisten.
Der Anspruch in der Implantatprothetik, ein hohes Maß an Qualität bei der Funktionalität und Ästhetik zu erreichen, hat zur Entwicklung verschiedener Implantatsysteme geführt. Deren Komponenten sollten nicht nur belastbar, sondern zugleich möglichst gewebeverträglich sein. Große Bedeutung kommt hier dem Bindeglied zwischen enossalem Implantat und der implantatgetragenen Krone, dem Abutment, zu. Dieses macht zumeist lediglich ein kleines Segment des transmukosalen Übergangs aus, zeigt sich jedoch für multiple Risikofaktoren, die den Langzeiterfolg der Implantatversorgung bedingen, verantwortlich.
Zirkonoxidabutments bestechen durch ihre Ästhetik und sehr gute Gewebeverträglichkeit. Titanabutments sind solchen aus Zirkonoxid mechanisch vor allem durch ihr charakteristisches Verhalten im Bereich der IAV überlegen. Um deren Vorteile zu vereinen, werden Standardabutments aus Titan mit einer individualisierten Zirkonoxidsuprakonstruktion adhäsiv zu einer funktionellen Einheit verbunden. Zur Verklebung dieser Hybridabutments eignen sich moderne Befestigungskomposite. Die Belastbarkeit dieser Verbindung kann durch verschiedene In-vitro-Untersuchungen bestätigt werden. Die Verbundfestigkeit kann durch Parameter wie den Zementspalt oder die Höhe des Titanabutments divergieren. Der Prozess der Verklebung muss einen hydrolysestabilen adhäsiven Verbund im feuchten Milieu der Mundhöhle gewährleisten, ohne die physikalischen Eigenschaften der eingesetzten Komponenten zu verändern.
Die Vermeidung bakterieller Kontamination der Hybridabutments erfolgt durch die Sterilisation im Autoklav. Da die Hybridabutments der semikritischen Risikogruppe der MP zugeordnet werden konnten, wurden diese häufig vor dem klinischen Einsatz jedoch nicht sterilisiert. Die Anwendung eines Sterilisationsverfahrens begünstigt sowohl den Zustand des periimplantären Weichgewebes, als auch die Stabilität der IAV bei Hybridabutments, geht allerdings mit einer thermischen Belastung einher. Verfahren zum Lösen von Klebeverbindungen nutzen die Eigenschaft von Klebstoffen, bei kritischem Wärmeeintrag mit einer Schädigung der Polymermatrix zu reagieren. Daher wurde die Hypothese formuliert, dass die Sterilisation im Autoklav den adhäsiven Verbund schwächen und zu niedrigeren Haftwerten führen könnte.
Zur Beurteilung eines möglichen Einflusses der Sterilisation auf die mechanische Widerstandsfähigkeit der verklebten Hybridabutments wurden mehrere Befestigungskomposite in die Untersuchung miteinbezogen. Es wurden 80 Titanbasen angefertigt und adhäsiv mit Zirkonoxidsuprakonstruktionen befestigt. Bei den fünf Befestigungskompositen handelte es sich um den DTK Kleber (Bredent), G-CEM LinkAce (GC Germany), RelyX Unicem2 (3M Espe AG), Multilink Hybridabutment (Ivoclar Vivadent GmbH) und Panavia F2.0 (Kuraray Medical). Von den fünf Gruppen mit je 16 Prüfkörpern durchlief jeweils die Hälfte eine Sterilisation im Autoklav während die Kontrollgruppe bei Raumtemperatur gelagert wurde. Abschließend wurden die Prüfkörper mit einer Universalprüfmaschine in uniaxialer Richtung bis zum Versagen der Verbindung belastet. Die dabei auftretende Abzugskraft wurde aufgezeichnet und die jeweiligen Werte miteinander verglichen.
Bei der Auswertung lagen statistisch signifikante Unterschiede der Haftwerte zwischen einer Test- und Kontrollgruppe, sowie unter den Befestigungskompositen selbst vor. Die Ergebnisse zeigen eine große Varianz, entkräften aber die formulierte Hypothese, dass eine abschließende Sterilisation im Autoklav zu einer Reduktion der Haftkraft innerhalb der Hybridabutments führen könnte. Die Ergebnisse können im Gegenteil dahingehend interpretiert werden, dass die Widerstandsfähigkeit durch die Sterilisation sogar verstärkt wird. Dies stellt vor dem Hintergrund, dass die Sterilisation neben der Beseitigung einer bakteriellen Kontamination auch Debris reduziert und somit die Passung der Komponenten erhöht, eindeutige Vorteile gegenüber weniger effektiven Aufbereitungsmethoden dar. Die positiven Effekte der Sterilisation auf den Knochenerhalt und das periimplantäre Gewebe überwiegen die potentiellen Nachteile nach derzeitigem Kenntnisstand bei weitem.
Da in der vorliegenden Versuchsreihe jedoch nur die Abzugskräfte in axialer Richtung verglichen wurden und keine künstliche Alterung simuliert wurde, bedarf es weiterer Untersuchungen um die mechanische Belastbarkeit in vivo zu verifizieren.
Eisbildende Prozesse sind für die Wolkenbildung von großer Bedeutung und haben erhebliche Auswirkungen auf das Wetter und Klima der Erde, indem sie den Strahlungsantrieb und die Niederschlagsbildung beeinflussen. In den mittleren Breiten entsteht der meiste Niederschlag in sogenannten Mischphasenwolken (MPC), welche sowohl aus unterkühlten Wolkentröpfchen als auch aus Eiskristallen bestehen. Bei Temperaturen zwischen 0°C und -38°C erfolgt die Bildung von Eiskristallen in MPC in Gegenwart von Aerosolpartikeln, die als sogenannte Eiskeime (INP) die Fähigkeit besitzen, auf ihrer Oberfläche Eis zu nukleieren. Trotz der großen wissenschaftlichen Fortschritte in den letzten Jahrzehnten, weist der heterogene Eisbildungsprozess, als einer der wichtigsten in der Atmosphäre auftretenden Aerosol-Wolken-Wechselwirkungsprozesse, immer noch große Unsicherheiten auf. Um zukünftige Klimavorhersagen und -projektionen in Modellen besser abbilden zu können, ist es somit notwendig den Wissensgrad der räumlichen und zeitlichen Heterogenität von INP in Bezug auf Herkunft, Anzahl und Zusammensetzung zu erhöhen. Im Zentrum dieser Arbeit steht der Eiskeimzähler FINCH (Fast Ice Nucleus Chamber), der für Labor- und Feldexperimente von der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main entwickelt wurde. Durch das Mischen des Probenstroms mit einem warm-feuchten und einem kalten-trockenen Luftstrom wird eine Übersättigung in der in-situ Eiskammer erreicht, die benötigt wird, eisbildende Partikel zu aktivieren. Die aktivierten Partikel können beim Durchströmen der Kammer zu Wassertropfen oder Eiskristallen anwachsen. Am Ausgang der Kammer wird die Anzahl und Größe der Partikel durch die FINCH-Optik erfasst. Als grundlegender Schritt und aufbauend auf den Charakterisierungsmessungen von Frank (2017) wurden in der vorliegenden Arbeit die Leistung, die Zuverlässigkeit sowie die Reproduzierbarkeit von FINCH in Validierungsexperimenten im Labor überprüft. Im Zuge dessen wurden heterogene Gefrierexperimente mit definierten Referenzaerosolproben (bspw. K-Feldspat) bei wasserübersättigten Bedingungen und verschiedenen Gefriertemperaturen durchgeführt. Für den Großteil der erzielten Resultate konnte eine zufriedenstellende Übereinstimmung mit Literaturwerten von anderen INP-Messinstrumenten aus der ganzen Welt erzielt werden. Es zeigte sich, dass die Leistungsfähigkeit von FINCH messtechnische Limitationen für Messexperimente bei Temperaturen >-10°C und <-30°C aufweist, was eine Einschränkung des Messbereichs bedeutet. Hinsichtlich der Quantifizierung des Unsicherheitsbereiches des Messgerätes in Bezug auf Temperatur und relativer Feuchte bedarf es im Nachgang an dieser Arbeit weiterer Charakterisierungsmessungen. Im Rahmen der Ice Nuclei Research Unit (INUIT) Forschergruppe wurde FINCH mit einem gepumpten Gegenstrom-Impaktor PCVI und dem online Einzelpartikel-Massenspektrometer ALABAMA gekoppelt. Diese spezielle Messmethodik dient zur chemischen und mikrophysikalischen Charakterisierung der INP und der Eispartikelresiduen (IPR). Der Fokus lag zunächst darauf die Funktionalität des gekoppelten Messsystems im Labor zu überprüfen. Ausführliche Charakterisierungsmessungen zeigten unter eisübersättigten und unterkühlten Bedingungen, dass das Prinzip der Trennung der INP von nicht-aktivierten Aerosolen und unterkühlten Tropfen hinter FINCH durch den PCVI funktioniert. Ebenso konnten erste quantitative Aussagen zur chemischen Zusammensetzung der IPR getroffen werden. Es zeigte sich, dass bei den Aktivierungsexperimenten ein geringer Anteil an Partikeltypen metallischer Art von ALABAMA detektiert wurden, der nicht dem untersuchten Aerosoltyp zugeordnet werden konnte. Der Ursprung dieser Kontamination konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht abschließend geklärt werden und bedarf weiterer Validierungsmessungen im Labor. Atmosphärische Eiskeimkonzentrationen wurden im Rahmen von Feldmesskampagnen an der Hochalpinen Forschungsstation Jungfraujoch (JFJ) in den Schweizer Alpen und am Campus Riedberg der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main untersucht. Hier konnten erste Erfahrungen mit Außenluftmessungen bezüglich der Leistungsfähigkeit und der Nachweisgrenze (LOD) des Messgerätes gesammelt werden. Durch den Einfluss der freien Troposphäre am JFJ waren die Messungen hauptsächlich von aerosolpartikelarmer Luft mit einer geringen Anzahl von Eiskeimen geprägt, so dass sich die gemessenen INP-Konzentrationen oftmals unter die Nachweisgrenze von FINCH fielen. Unter Einsatz eines Aerosolkonzentrators konnte die Detektionseffizienz verbessert und das LOD herabgesetzt werden. Am JFJ wurden die INP im Mittel bei einer Temperatur von -23°C und einem Wassersättigungsverhältnis von 107% beprobt. Die mediane (mittlere) INP-Konzentration inklusive LOD lag bei 2,1 (3,3) sL-1 und oberhalb des LOD bei 3,1 (4,5) sL-1. Ein Vergleich mit den Messungen am Campus Riedberg unter annähernd gleichen Bedingungen resultiert in ähnlichen Konzentrationen.
Bei Vorliegen eines metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms ist die Radioligandentherapie mit 177Lu-PSMA-617 bzw. 177Lu-PSMA-I&T (hier abgekürzt 177Lu-PSMA) eine mögliche Therapieoption. Sie setzt eine ausreichende Expression von prostataspezifischem Membranantigen (PSMA) auf dem Tumorgewebe des Prostatakarzinoms voraus. Da PSMA auch auf physiologischem Gewebe exprimiert wird, sind bestimmte Organe einer erhöhten Dosis ausgesetzt. Die Niere ist aufgrund der PSMA-Expression und der renalen Eliminierung des Radionuklids eines dieser Risikoorgane.
Eine generelle Leitlinie zur Überwachung der Nierendosis unter Therapie mit 177Lu-PSMA existiert noch nicht, jedoch wird empfohlen, bei Durchführung mehrerer Therapiezyklen eine Dosimetrie der Risikoorgane durchzuführen. Meist erfolgt die Nierendosimetrie mittels SPECT/CT. Dieses Verfahren wird als Goldstandard angesehen, da es eine Korrektur der Schwächung, Streuung und des Hintergrundes zulässt.
Die Dosimetrie durch eine SPECT/CT-Bildgebung ist jedoch nicht immer möglich. Dementsprechend gibt es in Studien mehrere Ansätze der Nierendosimetrie ohne SPECT/CT.
In dieser Arbeit werden zwei unterschiedliche Verfahren zur Nierendosimetrie vorgestellt, die einzig mit konventionellen nuklearmedizinischen Modalitäten durchgeführt werden. Diese werden an einem großen Patientenkollektiv angewendet und anhand bereits in der Literatur bestehenden Studien und Ergebnissen evaluiert und mit diesen verglichen. Die Nierendosis in der Literatur bewegt sich dabei meist zwischen 0,4 und 0,8 Gy pro GBq applizierter Aktivität (Gy/GBq).
Die hier vorgestellte Methode 1 arbeitet mit Messwerten aus der Gammasonde, Ganzkörperszintigraphie und abdominalem SPECT. Messwerte werden an der Gammasonde 0 und 48 Stunden nach Applikation von 177Lu-PSMA erhoben, die Szintigraphie wird 48 Stunden und die SPECT 24, 48 und 72 Stunden post iniectionem angefertigt.
Methode 2 der Nierendosimetrie dagegen benötigt nur die 24, 48 und 72 Stunden nach Applikation durchgeführte SPECT sowie die durch eine CT-Bildgebung messbaren Abstände der Nieren zur Körperoberfläche. Durch zuvor durchgeführte Messungen mit einem Torso-Phantom ist die Bestimmung einer patientenindividuellen Effektivität möglich, die die Bestimmung der Nierendosis in Abhängigkeit zur Lage der Nieren möglich macht.
Die gemittelte Nierendosis von 196 Patienten, die eine Therapie mit 177Lu-PSMA erhielten, betrugt 0,29 ± 0,14 Gy/GBq bei Methode 1 und 0,54 ± 0,2g Gy/GBq bei Methode 2. Im Schnitt wurden 3,54 ± 2,63 Therapiezyklen je Patient durchgeführt.
Da bisher nur Studien mit einer kleinen Patientenkohorte vorliegen, besteht die Notwendigkeit zur Durchführung von Arbeiten mit mehr Patienten. Die vorliegende Arbeit schließt 196 Patienten mit 926 durchgeführten Therapiezyklen ein, wodurch Ergebnisse erzielt wurden, die valide Aussagen treffen lassen.
Nach Vergleich der Ergebnisse mit bereits vorliegenden Studien sollte Methode 1 der Nierendosimetrie angesichts der fehlenden Möglichkeit zur Schwächungskorrektur verworfen werden, da dies die Gefahr der Unterschätzung der Nierendosis mit sich bringt. Stattdessen sollte Methode 2 präferiert werden, deren Ergebnisse sich mit den anderen zum Vergleich herangezogenen Studien decken.
Eine Durchführung mit Methode 2 ist dementsprechend sicher und ist in Betracht zu ziehen, sollte die Nierendosimetrie mit einem SPECT/CT nicht möglich sein.
Mit der zunehmenden Relevanz des Internets in den letzten zwei Jahrzehnten geht auch die Gefahr einer dysfunktionalen, suchtartigen Nutzung von verschiedenen Internetanwendungen und insbesondere von digitalen Spielen einher. Jugendliche sind von Internetbezogenen Störungen (IbS) in besonderem Maße betroffen. Die vorliegende Dissertation leistet in vier Einzelstudien einen Beitrag zur Beantwortung offener Forschungsfragen auf dem Gebiet der IbS. Studie 1 setzt sich damit auseinander, ob und inwiefern die Aufnahme der „Gaming Disorder“ in die Neuauflage der internationalen Klassifikation der Krankheiten der WHO (ICD-11) gerechtfertigt ist und kommt zu dem Schluss, dass die neue Diagnose sowohl für die Forschung als auch für die klinische Praxis mehr Vor- als Nachteile bietet. Der Gefahr einer Überpathologisierung und Stigmatisierung kann durch eine gründliche Diagnosestellung durch geschulte Fachpersonen begegnet werden. Studie 2 untersucht schulbezogene Risikofaktoren von IbS. Dazu wurden N=418 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 11 bis 21 Jahren, die vorab auf ein erhöhtes Risiko für IbS gescreent wurden, per Fragebogen nach ihrem Internetnutzungsverhalten, nach IbS-Symptomen, nach Schulnoten und Fehltagen, nach ihrem Lern- und Sozialverhalten sowie nach Prokrastinationstendenzen befragt. Die Daten entstammen dem ersten Messzeitpunkt der PROTECT-Studie (Professioneller Umgang mit technischen Medien). Aufgrund der hierarchischen Datenstruktur wurde zur Analyse ein Mehrebenenansatz gewählt. Die Ergebnisse zeigen, dass Online-Zeit, vermehrtes Gaming und Prokrastination auf der Individualebene sowie Sozialverhalten auf der Schulebene Symptome einer IbS vorhersagen. Studie 3 und Studie 4 befassen sich mit der Prävention von IbS. Studie 3 gibt einen Überblick über den internationalen Stand der Forschung im Bereich der Prävention und Frühintervention und stellt die derzeit verfügbaren deutschsprachigen Präventionsprogramme vor.
Während in den westlichen Ländern vor allem gruppenbasierte, verhaltensorientierte Programme zur Anwendung kommen, werden im ostasiatischen Raum auch verhältnispräventive Maßnahmen eingesetzt, wie etwa Spielzeitbeschränkungen für Minderjährige. In Deutschland sind derzeit 12 Präventionsprogramme für IbS verfügbar.
Für zwei dieser Programme wurde die Wirksamkeit in randomisiert-kontrollierten Studien nachgewiesen. Studie 4 ist eine dieser Untersuchungen. Sie stellt die Ergebnisse der Wirksamkeitsprüfung für das von unserer Arbeitsgruppe entwickelte PROTECT-Präventionsprogramm dar. Dazu wurden N=422 Schülerinnen und Schüler, die vorab auf ein erhöhtes Risiko für IbS gescreent wurden, nach Clustern (Schulen) randomisiert in eine Interventions- und eine Beobachtungsgruppe eingeteilt. Während in der Interventionsgruppe das kognitiv-verhaltenstherapeutisch orientierte 4-wöchige PROTECT-Programm in Kleingruppen durchgeführt wurde, füllten die Teilnehmenden der Beobachtungsgruppe lediglich zu vier Messzeitpunkten (vor und nach der Intervention, nach 4 Monaten und nach 12 Monaten)
diagnostische Fragebögen zur Soziodemografie, zur Internetnutzung, zur IbS-Symptomatik, zu komorbiden psychischen Störungen, zur Emotionsregulation, zum Sozial- und Lernverhalten, zu Prokrastinationstendenzen sowie zum Selbstwertgefühl aus. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen eine Reduktion der IbSSymptomatik in beiden Gruppen. Die Reduktion ist jedoch in der Interventionsgruppe signifikant stärker, was für die Wirksamkeit des PROTECT-Programms spricht. Die Ergebnisse von Studie 1-4 ergänzen bisherige Forschungsbefunde zu IbS im Bereich der Diagnostik, Entstehung und Prävention.
Epilepsie gehört weltweit zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Sie geht mit wiederholten und in unterschiedlichsten Situationen auftretenden epileptischen Anfällen einher, wodurch Betroffene deutlich in ihrer Lebensqualität eingeschränkt sind. Umfassende Patientenaufklärungen und Patientenschulungen zählen demnach zu den zentralen Bestandteilen der Behandlung. Je besser die Patienten über ihre Erkrankung informiert sind, desto höher ist das Selbstmanagement und die Compliance und demnach auch die Lebensqualität. Vor allem im Hinblick auf den plötzlichen Epilepsietod, englische Abkürzung SUDEP, zählt die Anfallsprävention und die Aufklärung zu den wichtigsten Präventionsstrategien. Das Ziel dieser Studie war es, sowohl den Wissensstand als auch die Wissenslücken der Epilepsiepatienten bezüglich Epilepsie-spezifischer Risikofaktoren sowie Morbidität und Mortalität aufzuzeigen.
Volljährigen Patienten mit diagnostizierter Epilepsie, die sich zwischen Februar 2018 und Mai 2020 an den Epilepsiezentren der Universitätskliniken in Frankfurt am Main, Greifswald und Marburg in Behandlung befanden, wurden eingeladen, an der Studie teilzunehmen. Insgesamt nahmen 238 Patienten (52% Frauen) mit einem mittleren Alter von 39,2 Jahren (Spannweite: 18-77 Jahre) an der Studie teil. Anhand von standardisierten Fragebögen und einem persönlichen Gespräch ermittelten wir die den Patienten bekannten Risiken für und durch Anfälle und erhoben den Wissensstand bezüglich frühzeitiger Mortalität. Hinsichtlich Risiken, die mit Anfällen und einer Epilepsie einhergehen, nannte die Mehrheit der Patienten (51,3%) Autofahren und Verkehrsunfälle. 23,9% der Patienten gaben weitere Gründe für einen frühzeitigen Tod an, wie z.B. Ersticken, Ertrinken oder Atem- und Herzstillstand als Folge eines Anfalls. Zudem wurden Stürze (19,7%) und allgemeine Verletzungen (17,6%) als Gründe für erhöhte Morbidität und Mortalität erwähnt. Ein Großteil der Patienten wusste, dass Alkohol (87,4%) und Schlafentzug (86,6%) Anfälle triggern können. Betrachtet man die Sterblichkeit insgesamt, gaben 52,1% der Patienten an, dass Epilepsiepatienten ein höheres Risiko haben, frühzeitig zu versterben, was hingegen von 46,2% der Patienten verneint wurde. Nur 29,4% der Patienten kannten den Status epilepticus, gerade einmal 27,3% der Patienten hatten bereits von SUDEP gehört. Etwa ein Viertel der Patienten (26,9%) gab an, von ihrem behandelnden Arzt nicht über Risikofaktoren oder Ursachen frühzeitiger Sterblichkeit informiert worden zu sein. Zudem beleuchteten wir mittels Vier-Punkt-Likert-Skala die Themenbereiche, die den Epilepsiepatienten Sorgen bereiten und sie im Alltag einschränken. Die meisten Sorgen machten sich die Patienten über die eingeschränkte Fahrtauglichkeit und Arbeitsfähigkeit, die frühzeitige Sterblichkeit dagegen zählte nicht zu den größten Sorgen.
Insgesamt stellten wir fest, dass die Patienten über ein gutes Allgemeinwissen zu ihrer Erkrankung verfügen. Allerdings konnten wir zeigen, dass Epilepsiepatienten in Bezug auf die frühzeitige Sterblichkeit, SUDEP und den Status epilepticus deutliche Wissenslücken aufweisen. Ein Großteil der Patienten gab hierbei an, von ihrem behandelnden Arzt nicht ausreichend informiert worden zu sein und wünschte sich eine bessere Aufklärung.