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Rezension zu: Wolfgang Bunzel (Hrsg.) unter Mitarbeit von Anke Harms und Anja Leinweber : Hänsel und Gretel im Bilderwald. Illustrationen romantischer Märchen aus 200 Jahren Frankfurt am Main 2012, Frankfurter Goethe-Haus/Freies Deutsches Hochstift 2012, ISBN 978-3-9814599-1-3, 165 Seiten, 19,90 Euro.
Treffen im Titel eines Sammelbandes zwei Worte aufeinander, die auf einigermaßen aktuelle kulturwissenschaftliche "Turns" verweisen, im vorliegenden Fall auf den "Iconic" und den "Performative Turn", so liegt der Verdacht nahe, dass hier entweder alter Wein in neue Schläuche verpackt wird oder dass modische Schlagworte inhaltliche Leere verdecken sollen. Beide Befürchtungen erweisen sich im vorliegenden Band glücklicherweise als unbegründet. Stattdessen zeigt sich deutlich, wie gerade das Konzept der Performanz zu einem neuen Verständnis der Rolle von Bildern und ihrer Wirksamkeit im hoch- und spätmittelalterlichen lateinischen Europa beitragen kann. Um diesen zeitlichen und räumlichen Schwerpunkt herum, der sich aus der Zusammenarbeit der Brüsseler Groupe de recherche en histoire médiéval (GRHM) und der Pariser Groupe d’anthropologie historique de l’Occident médiéval (GAHOM) ergibt, versammeln sich Beiträge, die zudem auch die (christliche) Antike, Byzanz, die Frühe Neuzeit und sogar das 20. und 21. Jahrhundert in den Blick nehmen. ...
Lange ist es noch nicht her, da klagte Werner Paravicini in seiner Besprechung der Biographie Ludwigs XI. von Jean Favier, dass dieser Herrscher seit einigen Jahrzehnten in recht dichter Folge mit beleg- und anmerkungslosen Arbeiten im Stil der "haute vulgarisation" bedacht werde (Kendall, Gaussin, Bordenove, Heers, Gobry und eben Favier), ein wissenschaftlichen Ansprüchen genügendes Werk seit dem 1928 von Pierre Champion vorgelegten dagegen fehle (Francia 30/1 [2003], S. 376f.). Und nunmehr erneut ein Buch, das sich nahtlos in diese Reihe fügt und obendrein den Blickwinkel sogar noch bewusst verengt: Der Verfasser konzentriert sich ausschließlich auf die Person Ludwigs und will darüber hinaus keine Zeit und Welt erschließen; er beschränkt sich auf die Darstellung dessen, was den Herrscher nach seinem Dafürhalten – bis auf Jagd, Tiere und Musik – allein interessierte: "Louis se passionnait pour le pouvoir, la guerre et la politique, il en sera donc question presque à chaque page" (S. 10). ...
Auch nach mehr als 70 Jahren gehört die britische Appeasement-Politik zu den umstrittenen Themen der europäischen Geschichte im 20. Jahrhundert. Schon im Zweiten Weltkrieg als "Guilty Men" bezichtigt, und dann nach 1945 von Churchill wortgewaltig als Schwächlinge und einfältige Toren an den Pranger gestellt, gelten Neville Chamberlain und seine Mitstreiter seinen Kritikern als Politiker, die die wahren Ziele von Hitlers Außenpolitik nicht erkannten und so seinem Machtzuwachs nicht rechtzeitig Grenzen setzten. Demgegenüber verweisen seine Unterstützer auf die begrenzten Möglichkeiten der britischen Außenpolitik, die einen härteren Kurs der Eindämmung nicht zugelassen hätten. ...
Christine Ott: Feinschmecker und Bücherfresser. Esskultur und literarische Einverleibung als Mythen der Moderne. München (Fink) 2011.
'Essen und Literatur' ist seit einigen Jahren Gegenstand zahlreicher Anthologien, wissenschaftlicher Tagungen und Publikationen. Die vorliegende Habilitationsschrift, die im Winter 2008/2009 an der Philipps-Universität Marburg vorgelegt wurde, reiht sich in diese Tradition ein.
"Das Private ist politisch", lautete ein Slogan, unter welchem die deutsche Frauenbewegung ab 1968 eine Auseinandersetzung mit der etablierten Geschlechterhierarchie einforderte. Und politisch ist das Private auch nach Dagmar Herzog, die mit dem vorliegenden Band einen gelungenen Überblick über die Geschichte der Sexualität in Europa liefert. Seien es Fragen der Empfängnisverhütung, Homosexualität, Pornographie, Vergewaltigung oder der Geschlechtskrankheiten, stets waren die nationalen Regierungen unweigerlich involviert, weil sie nicht umhin kamen, Regelungen zu fixieren und somit Verhaltensmuster vorzugeben oder diesen mit der juristischen Rahmenordnung zu folgen. Das Buch reicht aber weiter, indem es sich auch die Rekonstruktion sexueller Ethiken zum Ziel setzt: Welche Gedanken und Empfindungen waren mit Sexualität verbunden, was löste Ängste aus, was wurde bekämpft? Inwiefern änderte sich die Einstellung der Gesellschaften im Laufe des Jahrhunderts? Denn letztlich ging es immer wieder aufs Neue um die Deutungshoheit, was richtig und was falsch ist. ...
Rezension zu Der Einzige. Jahrbuch der Max-Stirner-Gesellschaft, Band 1/2008. Zur Aktualität der Philosophie Max Stirners. Seine Impulse für eine interdisziplinäre Diskussion der kritisch-krisischen Grundbefindlichkeit des Menschen. Hg. von Bernd Kast und Geert-Lueke Lueken. Leipzig: Max Stirner Archiv, edition unica 2008.
Rezension zu Eva Blome: Reinheit und Vermischung. Literarisch-kulturelle Entwürfe von "Rasse" und Sexualität (1900-1930). Köln (Böhlau) 2011. 354 S.
Zentral für die am Konstanzer Graduiertenkolleg 'Die Figur des Dritten' entstandene Dissertation ist die um 1900 von der Eugenik aufgeworfene Frage, ob der 'Neue Mensch' eher 'gemischtrassig' oder 'rassenrein' sein soll.
On 26th November 2010 around 3000 psychiatrists rose up for a minute's silence in the great hall of the International Congress Centrum in Berlin. What they had heard before, was deeply impressive and memorable to the audience. Professor Frank Schneider, president of the German Society for Psychiatry, Psychotherapy and Neurology (DGPPN) asked the psychiatric victims and their relatives of the Nazi era for forgiveness to an extent as only a few German Doctors done before. ...
Am 26. November 2010 erhoben sich im großen Saal des Internationalen Congress Centrums in Berlin rund 3.000 Psychiaterinnen und Psychiater, um für eine Minute zu schweigen. Was sie zuvor gehört hatten, war zutiefst beeindruckend und blieb für die Anwesenden unvergesslich. Prof. Frank Schneider, der Präsident der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), bat bei den Psychiatrie-Opfern und deren Angehörigen aus der Zeit des Nationalsozialismus in einem Ausmaß um Verzeihung, wie wohl nur wenige deutsche Ärzte zuvor. ...
Rezension zu Finn Fordham: I Do I Undo I Redo. The textual Genesis of Modernist Selves in Hopkins, Yeats, Conrad, Forster, Joyce, and Woolf. Oxford (Oxford University Press) 2010. 281 S.
"Why are not excrements, children and lice works of art?" fragt sich James Joyce 1903 in seinem Pariser Notizbuch. Im elf Jahre später fertig gestellten 'Portrait of the Artist as a Young Man' schreibt er die Frage Stephen Dedalus als Eintrag in dessen Notizbuch zu. Finn Fordhams Band 'I Do I Undo I Redo' verspricht, den Prozess der Verfertigung von Kunstwerken zu analysieren, der bei Joyce in Frage stehen bleibt.
Rezension zu Helga Thalhofer: 'Sans doute'. Die Ironie Prousts in Bezug auf die deutsche Frühromantik und Sören Kierkegaard. Heidelberg (Winter) 2010. 221 S.
Die zentrale These der Autorin ist, dass sich in Prousts Recherche du temps perdu Ironie auf allen Ebenen finde, wobei eine ideengeschichtliche Verortung diese umso deutlicher hervortreten lasse. Diese soll, wie Thalhofer in den einführenden Überlegungen expliziert, wesentlich über den Vergleich mit der Frühromantik und Sören Kierkegaard gelingen, die ihr als "Kontrastfolie" dienen.
This paper gives a critical view to the collective volume Etudes à la loupe… Optikinstrumente und Literatur, edited at the Stefan cel Mare University publishing house Suceava. The contributors propose an ample incursion into optics as a literary motif, opening a multitude of points of view, which serve as guiding cues for interdisciplinary research.
Le présent volume vient combler la série des ouvrages qui, dans cette collection encyclopédique de l’Histoire de l’Allemagne, traitent du Moyen Âge en matière d’histoire politique et institutionnelle (rubrique »Politik, Staat, Verfassung«). Conformément à la structure de la collection, le livre est divisé en trois parties: un exposé général, une présentation des tendances actuelles de la recherche et une bibliographie raisonnée. L’auteur a intitulé son ouvrage d’une manière peu ordinaire, destinée à souligner ce qui lui semble un trait essentiel des structures politiques du haut Moyen Âge, à savoir qu’à chaque génération il faudrait reconstituer le réseau des relations personnelles permettant au roi de régner et à la société politique de maintenir sa cohérence, en raison du caractère fluctuant de ces liens. (Or les fidèles sont absents de cet ouvrage, qui s’avère essentiellement une trame événementielle rythmée par les divers règnes.) ...
Rezension zu Jörn Steigerwald u. Rudolf Behrens (Hg.): Räume des Subjekts um 1800. Zur imaginativen Selbstverortung des Individuums zwischen Spätaufklärung und Romantik. Wiesbaden (Harrassowitz) 2010. 286 S.
Der aus der gleichnamigen Tagung 2007 in Bochum hervorgegangene Sammelband zu Subjektentwürfen und deren Raumbezug respektive dessen Erfahrung und Konzeptionierung versammelt mit romanistischem Schwerpunkt zwölf einander ergänzende Beiträge.
Kenneth Patrick Clarke: Chaucer and Italian Textuality. Oxford (Oxford University Press) 2011. 234 S.
Die Methode des Verf. besteht einerseits in der Untersuchung einzelner Handschriften, um dadurch zu neuen Erkenntnissen über Chaucers literarisches Schaffen zu gelangen; andererseits stellt Clarke aber auch allgemeine, der Textinterpretation dienliche Beobachtungen über das Konzept der Textualität im Mittelalter an.
Im Jahr 2010 erschien eine aufschlussreiche Publikation, die die über 200-jährige Tradition der Aufnahme fach- und sondersprachlicher Lexik in deutsche Bedeutungswörterbücher dokumentieren will. Die Autorin der Publikation, Undine Kramer, äußert sich dazu wie folgt: "Die Kodifikation der Lexik spezieller Tätigkeitsbereiche – Adelung (1774) spricht von "Kunstwörtern aus allen Lebensarten, Künsten und Wissenschaften", Das große Wörterbuch der deutschen Sprache (1999) "von Begriffen aus Fach- und Sondersprachen" – hat wie ihre explizite Kennzeichnung durch diatechnische Angaben in der deutschen Lexikografie eine lange und ungebrochene Tradition.“ (Kramer 2012: 314).
[Rezension zu:] Manfred Schmeling u. Hans-Joachim Backe (Hg.): From Ritual to Romance and Beyond
(2012)
Rezension zu Manfred Schmeling u. Hans-Joachim Backe (Hg.): From Ritual to Romance and Beyond. Comparative Literature and Comparative Religious Studies. Würzburg (Königshausen & Neumann) 2011. 316 S.
Die variantenreichen Beziehungen zwischen Religion und Literatur, auch über den europäischen Raum hinaus, zu analysieren, haben sich in der internationalen Wissenschaftslandschaft des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts nicht nur Theologie und Literaturwissenschaft, sondern viele verschiedene Disziplinen zur Aufgabe gemacht. Wir haben es hier mit einem Untersuchungsfeld zu tun, das eine Vielzahl von Methoden und Ansätzen nicht nur erlaubt, sondern erfordert. Daher ist es durchaus sinnvoll, in einem Band verschiedene, heterogene Sichtweisen auf das Feld zu präsentieren. Eben das leistet die Aufsatzsammlung 'From Ritual to Romance and Beyond' von Manfred Schmeling und Hans-Joachim Backe, die 25 Beiträge zum Thema Religion und Literatur zusammenbindet.
Rezension zu Markus Kuhn: Filmnarratologie. Ein erzähltheoretisches Analysemodell. Berlin, New York (de Gruyter) 2011 (= Narratologia; 26). 410 S.
Die Zahl der Publikationen zur Narratologie ist in den letzten Jahren auf ein nahezu unüberschaubares Maß angewachsen und wächst stetig weiter. Umso wichtiger erscheinen Bücher, die gleichsam innehalten und den aktuellen Forschungsstand festhalten und dabei einen summarischen, systematischen und anwendungsorientierten Überblick liefern. Eben dies ist der Anspruch, den Markus Kuhn mit seiner 2008 an der Universität Hamburg vorgelegten und mit dem Absolventenpreis 2009 der Studienstiftung Hamburg ausgezeichneten Dissertation verfolgt.
Der Begriff "Kultbild" hatte in der jüngsten Kulturgeschichtsforschung Konjunktur. Dies belegt etwa eine VW-Forschungsgruppe gleichen Namens an der Universität Münster, die seit 1999 bestand. Undifferenzierte Übernahmen des Begriffs-Konzeptes führten aber dazu, dass man ihn als Epochenbegriff auf das gesamte Mittelalter anwandte, womit dieses in Tradition Giorgio Vasaris und Jacob Burckhardts kunstgeschichtlich abgewertet wurde: Erst das moderne "Kunstbild" habe sich von den liturgischen Zwängen emanzipieren und Subjektivität und Eigenständigkeit gewinnen können. Der auf eine vom Kunstgeschichtlichen Institut der Universität Frankfurt organisierte Tagung des Jahres 2007 zurückgehende Band nimmt nun zu Recht eine Revision dieses Begriffes vor. ...
Le présent volume, issu d’un colloque à l’université de Münster en novembre 2009, se situe au carrefour de trois champs thématiques dont aucun ne constitue, en soi, un sujet dont on pourrait prétendre qu’il aurait été jusqu’alors inconnu ou négligé de la recherche scientifique: ni l’amitié, ni le don, ni même la notion de réseaux (sociaux) ne surprennent ainsi dans le contexte des études récentes sur l’histoire sociale et politique du Moyen Âge. C’est la combinaison des trois aspects qui promet l’ouverture de nouvelles pistes. En outre, comme le constate Michael Grünbart dans son introduction (p. XIII–XXV), les approches se concentrant sur les actions ritualisées, qui constituent un courant important au sein des études médiévales, sont moins présentes dans les études byzantinistes. D’où la volonté d’appliquer ces méthodes au monde byzantin dans une perspective comparatiste (p. XIV–XVI). ...
Rezension zu Miriam Havemann: The Subject Rising Against its Author. A Poetics of Rebellion in Bryan Stanley Johnson's Oeuvre. Hildesheim/Zürich/New York (Georg Olms Verlag) 2011 (= ECHO - Literaturwissenschaft im interdisziplinären Dialog, Bd. 13). 427 S.
Mit der Publikation ihrer in der Bochumer Komparatistik eingereichten Dissertation widmet sich Miriam Havemann einem bis vor wenigen Jahren fast in Vergessenheit geratenen britischen Schriftsteller der 1960er und 1970er Jahre, dessen Arbeiten erst mit dem Erscheinen von Jonathan Coes Biographie 'Like a Fiery Elephant: The Story of B.S. Johnson' (2004) und der Wiederauflage vieler seiner Romane neue Beachtung fanden.
Wollten Sie immer schon das Geheimnis des grünen Geburtszimmers ergründen und damit französischen Einflüssen auf das Taufzeremoniell an den Höfen Savoyens und Burgunds auf die Spur kommen; haben Sie sich immer schon die Frage nach den Gründen für die Attraktivität der officiers de bouche am französischen und burgundischen Hof gestellt; interessiert Sie die Darstellung des Hofklerikers in den Werken des Johannes von Salisbury; bläst Sie ein Thema wie "Trompes et tromperie à la cour d’après Eustache Deschamps" voll an, und fürchten Sie, ohne Kenntnis der Inszenierung von Hofkultur im "Roman de la Violette" des Gerbert von Montreuil nicht mehr mitreden zu können? (Rezensent als gebürtiger Kölner hat dank der Lektüre immerhin erstmals von der literarischen Existenz des Hofs eines Herzogs Milo in Köln erfahren.) Wenn ja, dann greifen Sie zu diesem Band, der Ihnen all das und noch viel mehr bietet. Da bestellt ein jeder der rund 30 Beiträger – es handelt sich um die Akten einer im September 2008 in Paris und Versailles veranstalteten Tagung – sein Forschungsgärtlein, und ein jeder tut’s auf seine Weise: Das reicht vom Recyceln eigener Forschungen bis hin zu Substantielles offerierenden, aus Handschriften und Archivalia geschöpften Studien. Es ist halt so wie stets bei solchen Kongressen und den daraus hervorgehenden Publikationen: Am Ende findet der Leser Produkte von Dünn- und Dickbrettbohrern zwischen zwei Buchdeckeln vereint, und es ist an ihm, aus der im Gesamt non multum , sed multa ausbreitenden Fülle von Spezialthemen das ihn Interessierende herauszufiltern und daran die kritische Sonde anzulegen. Dass auch Agostino Paravicini Bagliani, eigentlich um klare Urteile nicht verlegen, in seiner Zusammenfassung konsequent keinen Autor namentlich und wertend anführt, lässt sich nachvollziehen: Zum einen kann man in solcher Funktion nicht als Oberzensor Noten verteilen, zum anderen – und dies gilt dann auch für den Rezensenten – bleibt jeder Versuch, die Beiträge einzeln zu würdigen und zu verorten, von vornherein schlicht aus Platzgründen zum Scheitern verurteilt, erforderte doch allein die bloße Wiedergabe des Inhaltsverzeichnisses (hier S. 655–658) schon mehrere Seiten. Mithin beschränke ich mich auf die Darlegung von Grundsätzlichem, von sich in den Aufsätzen wiederholt abzeichnenden Linien und Tendenzen und damit auf das generelle Profil des Bandes; einzelne Autoren finden allenfalls Erwähnung, wenn ihre Studien mir in solchem Kontext exemplarisch erscheinen. ...
Since the study of Late Antiquity evolved in the last few decades into an important research topic, several publications have been dedicated to the late antique city, resulting in lively discussions on "decline" and "transition". In line with this evolution Late Antiquity has recently been the central theme of several conferences and workshops, dealing with specific study themes of Late Antiquity as a whole, focussing on a particular time period and/or dedicated to well-defined geographical areas. ...
After this contribution dealing with the capital of Asia, the paper of Axel Filges discusses the late antique and Byzantine situation in the smaller town of Blaundos in Phrygia (Zum Aussagepotential ruinöser Mauern. Bevölkerung und Bebauung im spätantiken und byzantinischen Blaundos [Phrygia]). ...
Das Neue deutsch-russische Großwörterbuch (im Weiteren NDRGW), dessen Erstellung mehrere Jahrzehnte intensiver Arbeit vieler Mitarbeiter unter der Leitung von Professor D. O. Dobrovoľskij in Anspruch nahm, stellt in der deutsch-russischen lexikografischen Geschichte einen Meilenstein dar. Im Vergleich zum Großen deutsch-russischen Wörterbuch (1998, 2004) unter der Leitung von O. I. Moskaľskaja bringt dieses Wörterbuch vor allem eine Aktualisierung des lexikalischen Systems der deutschen Sprache. Es handelt sich besonders um Wörter aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur der deutschsprachigen Länder sowie um neuere Fachterminologie, die eine breitere Verwendung in der alltäglichen Kommunikation gefunden hat. Die Archaismen (archaische Lexeme, feste Wendungen bzw. archaische Bedeutungen) wurden aus der Stichwortliste ausgeschlossen, die Historismen dagegen differenziert behandelt. Denjenigen, die mit wichtigen politischen Realien auch aus der jüngsten Geschichte verbunden sind, wurde durch verschiedene Vermerke und Kommentare besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
Der umfangreiche Aufsatzband fokussiert die historischen Zäsuren, die die Zerstörungen der beiden Weltkriege im Bereich von Architektur und Städtebau in Europa veranlasst haben. Die Verwüstungen von historischen, identitätsstiftenden urbanen Entitäten hatten unterschiedlichste Wiederaufbaudiskurse und -maßnahmen zur Folge, die prägend für das Erscheinungsbild und die funktionalen Strukturen zahlreicher europäischer Kommunen jeden Größenmaßstabs – vom nordfranzösischen Dorf Gerbéviller bis zur niederländischen Metropole Rotterdam – geworden sind. Das wesentliche Kriterium des Wiederaufbaus stellte nicht eine als außerhalb von Ort und Zeit gedachte architektonische und urbanistische Innovation dar, deren Hauptanliegen es war, Stadträume gewandelten Lebensbedingungen anzupassen. Im Gegensatz zu dieser landläufigen Auffassung betonen die Herausgeber zu Recht, dass beim Wiederaufbau immer und notwendigerweise Geschichte und Zukunft in je unterschiedlicher Weise vermittelt wurden. ...
[Rezension zu:] Norbert Bachleitner und Michaela Wolf (Hg.): Streifzüge im translatorischen Feld
(2012)
Rezension zu Norbert Bachleitner und Michaela Wolf (Hg.): Streifzüge im translatorischen Feld. Zur Soziologie der literarischen Ubersetzung im deutschsprachigen Raum. Wien (LIT) 2010 (= Repräsentation - Transformation, Bd. 5), 372 S.
Vorliegender Sammelband stellt eine Aktualisierung und Erweiterung des sechs Aufsätze umfassenden, ebenfalls von den Herausgebern besorgten Themenhefts "Soziologie der literarischen Übersetzung" im Internationalen Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 29, Bd. 2 (2004) dar. Drei Beiträge aus dem Themenheft wurden in überarbeiteter Fassung in die Buchpublikation übernommen, neu hinzugekommen sind elf Aufsätze und drei Interviews mit übersetzenden SchriftstellerInnen.
Es ist so eine Sache mit der Gattung der "gesammelten Aufsätze": Sie bieten in praktischer Form thematisch zusammenhängende Beiträge eines Autors, die über einen längeren Zeitraum entstanden und an unterschiedlichen Orten publiziert wurden. Im günstigsten Fall entfalten die Texte durch den unmittelbaren Dialog ein neues Panorama, das die Genese und Ausarbeitung eines Forschungsbereichs widerspiegelt. Stets besteht aber auch die Gefahr, Texte neu zirkulieren zu lassen, deren fruchtbarste Zeit doch in der Vergangenheit liegt. Die Lektüre eines solchen Bandes ist daher nicht nur mit der (Wieder-)Entdeckung alter und neuer Perspektiven und Materialien verbunden, sondern fordert zugleich zur Reflexion über die Gattung selbst auf. Das gilt umso mehr in einer Zeit, in der die Möglichkeit zur Erstellung "virtueller Dossiers" bestünde, die nicht notwendigerweise als gedrucktes Buch vorliegen müssen. ...
Was hat dieses Buch über einen wenig bekannten Herzog von Bourbon, von dem selbst die französische Geschichtsschreibung bislang eher den Eindruck einer "personnalité parfois effacée" (S. 218) vermittelte, einem deutschen Publikum – und das gilt selbst für die kleine Zunft der Mittelalterhistoriker – schon groß zu sagen? Allenfalls Johanns II. (1456–1488) im Obertitel angesprochene Konfrontation mit Ludwig XI. lässt vielleicht etwas aufmerken, doch gerade dieser König inszenierte so viele Prozesse gegen adelige Gegner (vgl. S. 234 Anm. 2; dem Verfahren gegen Ludwig V. Luxemburg, Graf von St-Pol, galten in den letzten Jahren gleich mehrere Arbeiten: S. 2 Anm. 5), dass man geneigt ist, die Studie nicht zur Kenntnis zu nehmen, denn: "Noch ein Prozess mehr oder weniger, was soll’s?" Doch dieser Prozeß macht, wie noch darzulegen, schon einen erheblichen Unterschied aus; zudem rührt er bei aller spezifisch französischen Grundierung an grundsätzlichen Fragen der Souveränität der Krongewalt und deren Verhältnis zu den Fürstentümern; Fragen, die, was die Machtgewichtung anbelangt, zwar unter eher umgekehrten Vorzeichen, so doch prinzipiell in ähnlicher Weise das deutsche Spätmittelalter durchziehen – Kenntnisnahme ist mithin durchaus angesagt. Zudem liefert Mattéoni einmal mehr den Nachweis, wie ertragreich eine (eigentlich nicht mehr so) neue politische Geschichtsschreibung sein kann, die etwa die Sakralisierung von Herrschaft integral einzubeziehen weiß. Und dieses Thema wird obendrein genau an der rechten Stelle einer überlegten Gesamtkonzeption platziert. ...
Fragen nach der Schrift und ihrem Gebrauch zählen zu den "Dauerbrennern" der mediävistischen Forschung: Mehrere Sonderforschungsbereiche widmeten und widmen sich dem Thema, auch wenn sie den Zugang aus unterschiedlichen Richtungen suchen. In der Vielzahl der hier produzierten Studien positioniert sich der anzuzeigende Band durch den Fokus auf Phänomene des Rechts, sowie vor allem durch den im Titel stehenden Begriff der "Performanz". Fasst man letzteren als Verweis auf den handlungsbezogenen Charakter des Agierens – hier also bei rechtsbezogenen Praktiken –, so ist eine wertvolle Ergänzung zu den etablierten Forschungen über "rituelles Handeln" zu erhoffen. Schon M. Mosterts Einleitung (S. 1–10) relativiert allerdings allzu überzogene Erwartungen: Zwar problematisiert der Autor nicht nur die Begriffe "legal" und "law", deren reflektierte Anwendung auf vormoderne Verhältnisse er fordert, sondern auch jenen der "performance". Die Differenz zum Ritualbegriff markieren aber lediglich knappe Verweise auf die "performativen Sprechakte" nach Austin und auf den "Spielcharakter" (im Sinne Huizingas) rechtlichen Handelns in der Vormoderne (S. 6–9). ...