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In diesem Beitrag werde ich versuchen, zwei auf den ersten Blick recht disparate Stränge des 'Kultur'-Diskurses miteinander in Beziehung zu setzen: den politisch-interdiskursiven Gebrauch von 'Kultur' und den begriffspolitisch interessanten Versuch populärer Evolutionsbiologen, den Kulturbegriff biologisch zu erden bzw. umzudefinieren. Beide Stränge partizipieren hierzulande nolens volens an den konnotativen Ladungen, die 'Kultur' angesammelt hat, und beide Stränge sind dabei, Gewicht und Verteilung dieser Ladungen erheblich zu verändern.
Zwischen 'Umwelt' und 'milieu' : zur Begriffsgeschichte von 'environment' in der Evolutionstheorie
(2014)
Wohl kaum ein Begriff ist derzeit ähnlich aufgeladen, belegt und machtvoll wie der des auch ins Deutsche übergehenden 'environment'. Er ist allgegenwärtig, zum theoriestrategischen wie handlungsleitenden Instrument geworden und geht über seine angestammten Fachgebiete im Bereich der Biologie und der Ökologie sowie die Vielfalt umweltpolitischer Programme weit hinaus. Die ersten Schritte auf diesem Weg der Ausweitung, die den Begriff derzeit auf unterschiedlichsten Gebieten plausibel macht, sollen im Folgenden nachvollzogen werden. Dabei wird besonderes Augenmerk auf sein Verhältnis zu zwei benachbarten Begriffen gelegt werden, die zwar häufig zur Übersetzung herangezogen werden, dadurch aber ihre eigene Spezifik und historische Tiefe zu verlieren drohen: 'Umwelt' und 'milieu'. Werden diese drei Ausdrücke füreinander ein- oder gar miteinander gleichgesetzt, vermischen sich ihre in entscheidenden Punkten voneinander abweichenden Theorietraditionen. Ein begriffsgeschichtlicher Blick auf die Etablierung von 'environment' in der britischen Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts soll diese bislang viel zu selten beachteten Komplikationen verständlich machen - angesichts seiner momentanen Ausweitung, in der alle drei Begriffe selbstverständlich zu werden drohen.
Am Ende seiner 'Archäologie der Humanwissenschaften' hat Michel Foucault darauf gewettet, dass der Mensch - diese "junge Erfindung" - "verschwindet wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand." Gemeint war damit nicht die Möglichkeit der physischen Auslöschung der Gattung, die zur Zeit der Erstveröffentlichung des Buches im Jahre 1966 - unter den Bedingungen des Kalten Krieges - immerhin breit diskutiert wurde. Vielmehr erwartete Foucault eine grundlegende Transformation der Episteme, in deren Gefolge 'der Mensch' seine zentrale Stellung zur Erklärung der Gesellschaft und der Geschichte wieder verlieren würde - eine Depotenzierung und Dezentrierung des Menschen, die Foucault in den Arbeiten von Marx, Nietzsche und Freud angebahnt sah. Die aktuelle Konjunktur des Begriffs 'Anthropozän' verdient vor diesem Hintergrund besondere Beachtung.
In the 20th century, the term "ecosystem" was one of the most important concepts for the biological discipline "ecology." Originally coined by the English botanist Arthur G. Tansley in an article from 1935, it is now a well-established term. The authors of the textbook 'Ecology' write, the ecosystem concept "has become a powerful tool for integrating ecology with other disciplines." But this only addresses the scientific resonance of the term. In the 1970s "ecosystem" also became an important concept for the environmental movement, for the term "ecosystem" describes nature as a whole entity, in which all things are linked together, forming a network of biotic and abiotic factors. In this sense, the "ecosystem" concept also took on a key role in the political ecology discourse. This article begins with a look at the political ecology discourse, and then focuses on the formation of the "ecosystem" concept. The terminological development of the term turns first to the linguistic definition of "ecosystem" before looking how the ecosystem became an established concept by transforming the object "lake" into the scientific object "ecosystem." Sections four and five further pursue the role of the ecosystem concept in the environmental discourse, based on the metaphor of "spaceship earth" on the one hand and of the "closing circle" on the other. Finally, the article contextualizes the "ecosystem" concept in conjunction with Claude Lefort's concept of "the political." As we will see, the political impact of the "ecosystem" concept inheres in the very term itself for it describes a wholeness that human beings are inevitably a part of even as their actions alter or disturb with the ecosystem fundamentally. In other words, human beings are both inside and outside of the "ecosystem" at the same time. This paradoxical situation is inevitably constituted by the concept "ecosystem", which is understood as a (nearly) closed system. Hence solutions to environmental problems aim at reintegrating human beings into the closed circle of the global ecosystem through technical constructions or through adapting to natural processes.
Trotz der Annäherung der Begriffe 'Geschichte' und 'Evolution' unter dem Vorzeichen einer semantischen Verschiebung kulturellen Kapitals haben sich bis in die Gegenwart auch begriffliche Differenzen erhalten. So gibt es neben der unbekümmerten Anwendung von 'Geschichte' und 'Evolution' auf alle sich in der Zeit verändernden Dinge auch Versuche, die Begriffe terminologisch stark zu machen und in der Folge dessen 'Evolution' für den Bereich der Natur und 'Geschichte' für den der Kultur zu reservieren. Der Beitrag liefert eine historische Rekonstruktion dieser Entwicklung. Am Anfang stehen dabei einige quantitative sprachwissenschaftliche Beobachtungen zur Entwicklung der Häufigkeit der Begriffe in verschiedenen Textgattungen und zur gegenwärtigen Semantik durch einen Vergleich der häufigsten Genitivattribute. Im zweiten Abschnitt wird die Veränderung des Ausdrucks 'Geschichte' untersucht, zunächst in seiner terminologischen Bedeutung in den Geschichtswissenschaften, dann in seiner Ausweitung auf Gegenstände der Natur. Der dritte Abschnitt liefert eine analoge Untersuchung zu 'Evolution', ausgehend von den Naturwissenschaften und in der Ausweitung auf kulturelle Phänomene. Im vierten Abschnitt wird eine Verbindung der beiden Begriffe näher betrachtet, die im Sinne einer semantischen Verschränkung wirksam ist und sich unter anderem daraus ergibt, dass das Wort 'Evolution' eine teleologische Konnotation hat, die bei 'Geschichte' nicht vorliegt. Der fünfte Abschnitt schließlich beleuchtet die wissenschaftliche Stellung der Begriffe in der Gegenwart und erwägt die Aussichten ihrer terminologischen Differenzierung.
Trotz der Annäherung der Begriffe 'Geschichte' und 'Evolution' unter dem Vorzeichen einer semantischen Verschiebung kulturellen Kapitals haben sich bis in die Gegenwart auch begriffliche Differenzen erhalten. So gibt es neben der unbekümmerten Anwendung von 'Geschichte' und 'Evolution' auf alle sich in der Zeit verändernden Dinge auch Versuche, die Begriffe terminologisch stark zu machen und in der Folge dessen 'Evolution' für den Bereich der Natur und 'Geschichte' für den der Kultur zu reservieren. Der Beitrag liefert eine historische Rekonstruktion dieser Entwicklung. Am Anfang stehen dabei einige quantitative sprachwissenschaftliche Beobachtungen zur Entwicklung der Häufigkeit der Begriffe in verschiedenen Textgattungen und zur gegenwärtigen Semantik durch einen Vergleich der häufigsten Genitivattribute. Im zweiten Abschnitt wird die Veränderung des Ausdrucks 'Geschichte' untersucht, zunächst in seiner terminologischen Bedeutung in den Geschichtswissenschaften, dann in seiner Ausweitung auf Gegenstände der Natur. Der dritte Abschnitt liefert eine analoge Untersuchung zu 'Evolution', ausgehend von den Naturwissenschaften und in der Ausweitung auf kulturelle Phänomene. Im vierten Abschnitt wird eine Verbindung der beiden Begriffe näher betrachtet, die im Sinne einer semantischen Verschränkung wirksam ist und sich unter anderem daraus ergibt, dass das Wort 'Evolution' eine teleologische Konnotation hat, die bei 'Geschichte' nicht vorliegt. Der fünfte Abschnitt schließlich beleuchtet die wissenschaftliche Stellung der Begriffe in der Gegenwart und erwägt die Aussichten ihrer terminologischen Differenzierung.
Im Folgenden soll exemplarisch aufgezeigt werden, wie die begriffsgeschichtlich entscheidende Koppelung von Evolution und Fortschritt im Neoevolutionismus zunächst explizit verteidigt (und reformuliert) und später aufgekündigt wird und zerbricht. Es soll also einer Transformation der Geschichtssemantik 'innerhalb' des Neoevolutionismus nachgegangen werden, das heißt im Wesentlichen den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen dem ethnologischen Neoevolutionismus Whites, der den Fortschrittsbegriff wissenschaftlich retten und objektivieren will, und der Neukonfiguration des Neoevolutionismus, in der eine gleichsam evolutionistische Axiomatik zur Zurückweisung des Fortschrittsbegriffs führt, die sich vor allem bei Steward und in jüngster Zeit bei Diamond findet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Deutungsmuster geschichtlicher Entwicklung von Kulturen und Gesellschaften, das der Neoevolutionismus anbietet, nicht nur in diachroner Dimension neuen Voraussetzungen angepasst wird (immerhin liegen zwischen der Formung des Neoevolutionismus bei White und Steward und dessen Aktualisierung und Popularisierung bei Diamond mehrere Dekaden), sondern auch aus dem wissenschaftlichen Spezialdiskurs in den Bereich der Populärwissenschaft übertragen wird. Begriffsgeschichtlich interessant ist hierbei also, dass sowohl die Grenze zwischen den 'Zwei Kulturen' in der Wissenschaft (und auch die interdiskursiv lange tradierte zwischen Natur und Kultur als zwei klar unterschiedenen Sphären), als auch diejenige zwischen verschiedenen Kommunikationsbereichen berührt wird. Dazu soll die Verteidigung des Fortschrittsbegriffs bei White genauer vorgestellt werden, bei der der Begriff notwendiger Bestandteil des Evolutionismus ist, um vor diesem Hintergrund die Aufkündigung der Koppelung von Evolution und Fortschritt bei Steward und im populären Evolutionismus zu skizzieren.
Die Begriffsgeschichte befindet sich seit einigen Jahren in der Phase einer grundlegenden Transformation, die sich vor allem in ihrer zunehmenden Internationalisierung und Interdisziplinarisierung sowie in ihrer Verbindung mit der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte dokumentiert. Eine besondere Herausforderung bildet dabei die Erschließung der naturwissenschaftlichen Semantik. Referenzpunkte für die gegenwärtige inhaltliche und methodische Neuausrichtung bilden unter anderem die Ansätze zu einer Historischen Epistemologie (Gaston Bachelard, Ludwik Fleck) sowie Georges Canguilhems methodische Fundierung der Wissenschaftsgeschichte in der Begriffsgeschichte. In diesem Aufsatz möchte ich einige Aspekte einer interdisziplinären Begriffs- und Wissenschaftsgeschichte anhand der Analyse der Entstehungsphase des Konzepts vom 'Survival of the fittest' diskutieren. Dieses Konzept hat sich im Zeitraum der 1860er bis 1870er Jahre zu einem Deutungsmuster entwickelt, das mit eminent politischen Folgen im Spannungsfeld biologischer, philosophischer, soziologischer, ethnologischer und ökonomischer Theoriebildung sowie zwischen verschiedenen nationalen Wissenschaftskulturen zirkulierte. Ich möchte betonen, dass die von mir fokussierte wissenshistorische Konstellation nur einen kleinen Ausschnitt aus der komplexen und weit verzweigten Geschichte des Überlebensbegriffs bildet. Insbesondere seit den 1970er Jahren im Zusammenhang der ökologischen Krise und als Effekt der Diskursmacht der von Foucault entwickelten Konzepte der Biopolitik bzw. Biomacht lässt sich eine neue Konjunktur des Überlebensbegriffs ausmachen, die bis in unsere Gegenwart reicht und die überhaupt die Voraussetzung für das Bedürfnis bildet, die Bedeutungs- und Gebrauchsgeschichte des Überlebensbegriffs, oder einzelne Etappen und Knotenpunkte derselben, zu rekonstruieren.