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Paul Gilroy verweist in seinem "The Black Atlantic" auf Walter Benjamin, dessen Konzept der "Urgeschichte" der Moderne ihm insbesondere wegen aus der jüdischen Mystik übernommener Elemente für die Konstruktion einer Alternative zur Siegergeschichte geeignet erscheint. [...] Wie lässt sich ein notwendig diskretes mystisches Eingedenken gegen das unausweichlich dröhnende Triumphgeschrei der Sieger diskursiv umsetzen? So klar auch sein mag, dass die konstitutive Voraussetzung für die Konstruktion und das Schreiben der Geschichte der Unterdrückten nur darin liegen kann, den Namenlosen zuzuhören, bleibt gleichwohl die Frage nach der Möglichkeit der Darstellung einer Geschichte der Namenlosen. Lässt sich Geschichte überhaupt jenseits einer vermeintlich unentrinnbaren Dialektik von Siegern und Verlierern, mithin anders darstellen als in der Sprache und aus der Warte der Sieger? Um Missverständnissen vorzubeugen: Im Folgenden soll nicht Walter Benjamin zum Vordenker des Post-Kolonialismus stilisiert oder in aktuelle de-kolonialistische Debatten hineingezwängt werden. Stattdessen dient Gilroys intuitive Hinwendung zu Benjamin als Ausgangspunkt für die Suche nach einer Alternative zu der in Europa bis heute bestimmenden Geschichtsschreibung aus der Warte der Sieger.
Der Aufsatz präsentiert einen der historiographischen Texte aus den böhmischen Ländern, der am Ende des 16. Jahrhunderts vom Humanisten Matthaeus Meisner (1543–nach 1600) verfasst wurde. Das Manuskript über die Geschichte der Stadt Brüx (Most) in Nordwestböhmen ist zurzeit im Archiv der Prager Burg als Bestandteil der Bibliothek des Metropolitankapitels von St. Veit deponiert. Der Aufsatz behandelt die textologische Charakteristik des Manuskripts und die Aspekte, die für die Wahl der im Manuskript vorkommenden, also der lateinischen, deutschen und tschechischen, Sprachen relevant waren.
Anhand ausgewählter vor allem deutschsprachiger historiographischer Texte des Hoch- und Spätmittelalters werden die Strategien der Versprachlichung von 'Herrschaft' untersucht. Berücksichtigt werden einerseits die frühe volkssprachliche Produktion des 13. Jh.s (Sächsische Weltchronik), andererseits spätere Werke des 14.-15. Jh.s, die durch Provenienz in den böhmischen Ländern bzw. durch entsprechende thematische Ausrichtung gekennzeichnet sind, teilweise mit Einbeziehung von anderssprachigen Vorlagen oder Parallelfassungen (Textkomplexe der Dalimil-Chronik (mit dem vorangestellten annalistischen Abriss), Pulkava-Chronik und Vita Caroli). Dadurch wird die zentrale Rolle von 'Herrschaft' in dieser Gattung dargelegt, wobei zugleich der Einsatz relativ unterschiedlicher sprachlich-formulatorischer Mittel beobachtet werden kann.
The article presents a chronicle of the town of Kaaden (Kadaň) dating from the 16th century, currently held in Prague's Monastery of Our Lady of the Snows. It explores several aspects of Humanistic urban history writing, including the presence of the author in the text of the chronicle, the methodology of the author's historiographic work, and his choice and use of language (German, Latin). The study also presents this chronicle as an interesting and important source of information on writing practices in north-west Bohemia from a text-analytical perspective.