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Das Buch enthält einerseits eine Reihe von Fallstudien zu unterschiedlichen pädagogischen Fragen. Gemeinsam ist ihnen, dass qualitative Methoden angewandt werden, die Studierenden ermöglichen, eine "forschende Haltung" zu entwickeln. Andere Beiträge beschreiben die Bedingungen für eine Integration von wissenschaftlichen Methoden im Rahmen der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Das Buch arbeitet keine Theorie auf, sondern zeigt, wie die Analyse empirisch erhobener Daten sinnvoll in der ersten Phase der Lehrerbildung zur Selbstreflexion der Studierenden beitragen kann. Die praktische Philosophie des Freiburger Verständnisses einer Interpretationswerkstatt kann Lehrende zur Arbeit mit Fallstudien ermuntern und Studierenden einen Einblick in die Möglichkeiten von Fallstudien bieten.
Die Lebensweise von Stadtkindern lässt in der Regel immer weniger Bezug zur Natur zu. Natur wird vielfach nur noch als „Secondhand-Wirklichkeit“ in den Medien erlebt. Das führt in der späteren Praxis des Naturerlebens dazu, dass sich Jugendliche und Erwachsene selbst von der Natur isolieren, Wälder und Wiesen nicht mehr betreten oder meinen, die „Natur“ wäre ein so zerbrechliches, schützenswertes Gut, da könnte man nicht einfach quer Feld gehen. Die Verfasser wollen diesen verhängnisvollen Kreislauf durch die Schaffung von Naturerfahrungsräumen im stadtnahen Bereich unterbrechen.
Die Anzahl pferdehaltender Freizeitreiter und Reiterhöfe hat sich in der vergangenen Zeit deutlich erhöht. Die Anforderungen der Reiter an die Flächennutzung werden intensiver und großflächiger. Reitwege müssen bereitgestellt und Reitplätze errichtet werden, aber vor allem Grünland wird für die Pferdehaltung benötigt. Zunehmend treten Pferde an die Stelle von Rindern auf den für diese angepassten Grünlandflächen. Mit diesen Tatsachen verbunden ist eine Vielzahl von Fragestellungen, die die Verfasserin veranlassten, ein Buch über kulturgeschichtliche, ökologische und tiermedizinische Zusammenhänge der Pferdeweide zu schreiben. Das Buch soll nicht nur als Leitfaden dienen, sondern auch ein Handbuch für die Praxis sein.
Mit der vorliegenden Landesfauna der Libellen Sachsens, dem 2. Band in der Reihe zur Insektenfauna Sachsens, wird von 24 Autoren ein bemerkenswertes Ergebnis langjähriger ehrenamtlicher Forschung in ansprechender Buchform vorgelegt, das als äußerst wertvolle Grundlage für die zukünftige gezielte Naturschutzarbeit dienen wird.
Im vorliegenden Werk wird ein eindrucksvoller Überblick über die 27 Europäischen Vogelschutzgebiete (EU SPA) des Landes Brandenburg gegeben. Einleitend wird das Ausweisungsverfahren in Brandenburg kurz vorgestellt. Eine Übersichtskarte zur Lage der Gebiete im Land erleichtert die Orientierung. Anschließend erfolgt die Beschreibung des entsprechenden brandenburgischen Fachkonzeptes für die Auswahl der EU SPA sowie eine ausführliche Darstellung der einzelnen Gebiete.
Rezension zu: Little, Charles T.; Sauerländer, Willibald (Hrsg.): Set in stone. The face in medieval sculpture ; [in conjuction with the Exhibition "Set in Stone: The Face in Medieval Sculpture", held at the Metropolitan Museum of Art, New York, from September 26, 2006 - February 18, 2007], New Haven, Conn. [u.a.]: Yale University Press 2006 ISBN-10: 1-58839-192-2, XVI, 222 S., 50 USD
Eine Untersuchung räumlicher Arrangements der Geschlechter klingt als Vorhaben für einen Sammelband so umfangreich wie vielversprechend. Und wirklich besteht ein besonderer Reiz dieses Bandes in seiner thematischen und methodischen Vielfalt. Neben der Herausgeberin Marianne Rodenstein beschäftigen sich acht weitere Wissenschaftlerinnen verschiedener Disziplinen mit Räumen und deren geschlechtlicher Zuordnung: Forscherinnen aus der Politologie, der Kulturanthropologie und der Soziologie, aus der Geografie und der Stadtplanung […] Bereits in der Einleitung wird dabei die prinzipielle Veränderbarkeit von Raumverteilungen und deren Konnotationen betont. Jene sind nichts statisch Festgeschriebenes, sondern werden erst durch (persönliches oder kollektiv-gesellschaftliches) Handeln konstituiert und können somit in ihren Zuschreibungen auch modifiziert und verändert werden. Das erklärte Ziel des Sammelbandes besteht nun darin, Einblicke in die Geschlechterkulturen von Gesellschaftssystemen - fremden und eigenen - zu bieten und "für die räumliche Dimension unseres Handelns" und die darin zum Ausdruck kommenden gesellschaftlichen Strukturen zu sensibilisieren
"Worüber ich schreiben will, hätte Erika Mann nicht gefallen, und ihrer Mutter Katia Mann auch nicht. Ich will über das Jüdische in der Familie des deutschen Dichters Thomas Mann schreiben." So beginnt Viola Roggenkamp ihre Biografie "Erika Mann - Eine jüdische Tochter". Im Verlauf des Buches wird tatsächlich immer deutlicher, dass es ihr nicht so sehr um die älteste Tochter des "Zauberers" geht, sondern um die Geschichte eines anderen "Familienmitglieds", eines verleumdeten, ignorierten: dem Jüdischen. Damit rückt Roggenkamp einen Aspekt in das Zentrum ihres Vorhabens, der in der umfangreiche Forschungsliteratur zur Familie von Thomas und Katia Mann sowie zu ihren Kindern kaum je erwähnt wird. Eben das aber macht ihn für neue Fragestellungen so interessant wie ergiebig: "Warum aber wurde in der Familie Mann das Jüdische verleugnet - im Gegensatz zur Homosexualität, worüber man am Teetisch offen plauderte?"
Aus dem umfangreichen Werk des französischen Philosophen und Sozialhistorikers Michel Foucault (1926-1984) ist ein weiteres Buch auf Deutsch erschienen. Der Band „Die Macht der Psychiatrie" geht auf eine Reihe von Vorlesungen zurück, die Foucault im Wintersemester '73/'74 am Collège de France gehalten hat. Die in Frankreich bereits im Jahr 2003 veröffentlichten 12 Vorlesungen sind der Geschichte der Psychiatrie gewidmet und konzentrieren sich vor allem auf ihre Frühphase. Wesentlich gestützt auf französische Quellen zeigt Foucault, wie sich die Psychiatrie als medizinisch-wissenschaftliche Disziplin im 19. Jahrhundert etabliert. Damit schließt Foucault an sein erfolgreiches Werk „Wahnsinn und Gesellschaft" („Histoire de la folie", 1961) an, das die wechselvolle Geschichte des Wahnsinns und der Unvernunft in ihrem konstitutiven Verhältnis zu Vernunft erzählt. Das, was Vernunft heißt, erscheint nur noch als historisches Produkt seiner Auseinandersetzung mit dem Wahnsinn. Der Wahnsinn, argumentiert Foucault, stelle eine Möglichkeit des Menschseins dar - eine Möglichkeit, die von der Vernunft zum Schweigen gebracht wurde, indem man die Irren isoliert und aus der Gesellschaft ausgeschlossen hatte. Dort, wo die archäologischen Untersuchungen aus „Wahnsinn und Gesellschaft" enden, nimmt Foucault den Faden wieder auf. Er weist selbst in der ersten Sitzung der Vorlesungsreihe „Die Macht der Psychiatrie" auf den Zusammenhang und die Kontinuitäten mit seinen früheren Forschungen hin, um anschließend fortzufahren mit der Geschichte des Wahnsinns.
Seit vielen Jahren problematisiert Bernhard Waldenfels in einer Reihe von Publikationen die Frage nach der Wahrnehmung des Fremden, die in der aktuellen Diskussion vor allem unter dem Stichwort "Alterität" immer mehr an Relevanz zu gewinnen scheint. Sein jüngster Beitrag unter dem Titel Grundmotive einer Phänomenologie des Fremden empfiehlt sich vor allem als Komplementärlektüre, zur Einführung oder erläuternden Begleitung der früheren Schriften. Waldenfels gibt an, das Fremde nicht als Spezialthema - isoliert in einer "gedanklichen Quarantäne" (S.7) - behandeln zu wollen. Dies würde bedeuten, es von einem Standpunkt des Vertrauten und Bekannten aus zu diskutieren und somit von vorneherein zu verfehlen. Vielmehr sei das Fremde als etwas zu nehmen, das "nicht dingfest zu machen ist" (ebd.) und sich unserem Zugriff entzieht. So vermag es zu überraschen, zu beunruhigen und zu erschrecken, so dass die Erfahrung des Fremden letztlich in ein Fremdwerden der Erfahrung übergeht. Nur wenn diese Radikalität der Fremderfahrung akzeptiert wird, kann eine Phänomenologie realisiert werden, die sich den Anforderungen des Themas zu stellen weiß. Deren Grundmotive skizziert Waldenfels in sechs Kapiteln, die sich mit folgenden Schlüsselthemen beschäftigen: "Ordnung - Pathos - Antwort - Leib - Aufmerksamkeit - Interkulturalität" (S.9).
Zur Vorbereitung des hundertjährigen Firmenjubiläums gegründet, hat das Historische Archiv Krupp 2005 nun selbst schon eine hundertjährige Geschichte hinter sich. Und so hat es auch eine Festschrift erhalten. Es ist keine gravitätische Erbauungsschrift geworden, sondern ein handlicher Band, reich bebildert, der anschaulich und gut lesbar vielerlei Aspekte dieser hundertjährigen Archivgeschichte mit Themen der Firmengeschichte von Krupp und der allgemeinen Geschichte verknüpft. Zugleich, eingeflochten in die Darstellung, gibt Ralf Stremmel, der das Krupp-Archiv seit 2003 leitet, einen Einblick in die Arbeit dieses Wirtschaftsarchivs. Wie kommen Akten ins Archiv? Was machen Archivare und Benutzer mit den Akten? Was leistet das Archiv rur das Unternehmen? ...
Ein Unsichtbarer posiert für das Erinnerungsfoto eines Ereignisses, das nicht stattgefunden hat: In der Ritterrüstung steckt Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Ehemann der Krupp -Erbin Bertha und Aufsichtsratsvorsitzender des größten deutschen Industrieunternehmens im Kaiserreich, des Stahlkonzerns und Waffenproduzenten Krupp. Er war einer der Teilnehmer an einem Historienspiel, das den Fortschritt, natürlich besonders denjenigen der Waffentechnik, dazu den Kaiser und Deutschland glorifizieren sollte. Die Handlung des Stückes war trivial, doch die Ausstattung mit Kostümen und Requisiten opulent. Die 314 Mitwirkenden waren leitende Angestellte des Unternehmens, ihre Frauen und Kinder. Sie hatte monatelang für das Spektakel geprobt, das im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der Firmengründung der Fried. Krupp AG und des Geburtsjahres von Alfred Krupp im Sommer 1912 aufgeführt werden sollte. Zum Abschluss des Besuches von Kaiser Wilhelm II., der am 8. und 9. August Essen und das KruppWerk besuchte, sollte die einzige geplante Aufführung nur für das Staatsoberhaupt und sein Gefolge stattfinden. Doch sie fiel aus, denn am Vormittag des 8. August hatte sich im benachbarten Bochum eines der schwersten Grubenunglücke des Ruhrgebietes ereignet, dem 112 Bergleute zum Opfer gefallen waren. ...
Mark Kopytman - Voices of Memories: Essays and Dialogues, ed. Yulia Kreinin, Israel Music Institute, Tel Aviv, 2004, 288 p. A Doctor of Medicine who is also a composer is a rarity. A composer who is also a Doctor of Medicine is even rarer. Dr. Med. Mark Kopytman, however, is above all a composer, and one of Israel´s foremost contemporary composers at that. "Mark Kopytman - Voices of Memories" is a Festschrift - a volume of collected essays edited by Yulia Kreinin, to celebrate his 70th birthday. It is a formidable literary monument to honour this outstanding personality.
Rezensionen zu: Marianne Leuzinger-Bohleber/Stephan Hau/Heinrich Deserno (Hrsg.) : Depression – Pluralismus in Praxis und Forschung. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-45164-4, 252 Seiten, 38,90 Euro. Stephan Hau/Hans-Joachim Busch/ Heinrich Deserno (Hrsg.) : Depression – zwischen Lebensgefühl und Krankheit. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005; ISBN 3-525-45163-6, 349 Seiten, 27,90 Euro.
Rezensionen zu: Karl-Heinz Wellmann (Hrsg.) : Haben Fische Durst? : 111 Antworten auf Fragen, die Ihnen schon immer auf den Nägeln brannten. Jonas-Verlag, Marburg 2003, ISBN 3894453168 , 128 Seiten, 10 Euro. Karl-Heinz Wellmann (Hrsg.) : Können Vögel husten? : 111 neue Antworten auf Fragen, die Ihnen schon immer auf den Nägeln brannten ; Das zweite Buch zur »Entdeckungsreise« in hr1, Jonas Verlag, Marburg 2005, ISBN 389445346X, 120 Seiten, 10 Euro.
Rezensionen zu: Ulrich van der Heyden/Joachim Zeller (Hrsg.) "…Macht und Anteil an der Weltherrschaft" Berlin und der deutsche Kolonialismus, Unrast Verlag, Münster 2005, ISBN 3-89771-024-2 ; 284 Seiten, 28 Euro. Dirk van Laak : Über alles in der Welt. Deutscher Imperialismus im 19. und 20. Jahrhundert ; Verlag C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52824-4, 229 Seiten, 14,90 Euro. Winfried Speitkamp : Deutsche Kolonialgeschichte Reclam Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-017047-8, 208 Seiten, 6 Euro.
Zu den Paradoxien postmodernen Denkens gehört, dass es, der hermeneutischen Wissenschaftstradition den Rücken kehrend, sich als radikal sinnoffen und deutungsliberal präsentiert, zugleich aber eine hermetische Sprache pflegt, die einen elitären Anspruch der Theorie umso stärker festhält. Begriffe, oft Neologismen, sind im Rahmen dieser rationalitätskritischen Denktradition nicht ableitbar oder erklärbar. Olga Lewicka verwendet vor allem die Terminologie Derridas und Merleau-Pontys, ohne diese Wahl argumentativ zu begründen. "Nein, es geht hier nicht darum, noch einmal die Argumente für und wider das 'Idol' Pollock abzuwägen", deklassiert die Autorin eingangs kurzerhand die Pollock-Forschung. Nicht um den Künstler, sein Werk und seine Geschichte geht es - man weiß ja, dass all diese Kategorien totalitäre Setzungen sind - sondern es geht um das "theoretische Paradigma Pollock" (9). Mit dieser neuerlichen Setzung ist die These verbunden, dass die drip-Bilder für eine radikale Dekonstruktion des Bildes und der Malerei stehen. Ist also die kritische Rückbeziehung des Mediums der Malerei auf sich selbst das Thema dieses Buches? Ja und nein. Die Anleihe bei Derridas enigmatischer Ästhetik kann kaum durch eine solche historische Frage motiviert sein, welche die Kunst mit ihrer Endlichkeit konfrontieren würde. Attraktiv sind die strukturalistisch-phänomenologischen Ansätze durch ihren Verzicht auf historisches Denken, dem bekanntlich derselbe Vorwurf zuteil wird wie dem 'autoritären' wissenschaftlichen Begriff. Derridas Ästhetik postuliert die Permanenz der Kunst in der einzig noch möglichen Form, der poetischen Artikulierung ihres Endes, in der Anpassung an ihre Rätselgestalt. Wie das Wort 'Dekonstruktion' schon impliziert, soll die ikonoklastische Energie der Analyse in eine positiv-schöpferische umgedeutet werden. Dazu bedarf es eines neuen Fundamentalismus - des strukturalistischen Textparadigmas, das gewissermaßen Malewitschs 'gegenstandslose Welt' und Mondrians Gesetz der reinen Bezüglichkeit mit philosophischen Weihen versieht, denn dieses Paradigma besagt, dass es nur den Vermittlungsapparat, die Strukturen gibt, aber keine gegebene Objektivität. Für Derrida ist schlechthin alles Text - Text, der nach Lektüre verlangt, die aber nicht auf seinen Sinn mehr ausgerichtet ist, sondern sich selbst als sinnvolle Praxis versteht, indem sie die an ihn herangetragenen Sinnanmutungen dekonstruiert und die Beschränkungen ihres jeweiligen Bedingungskontextes aufdeckt. Die oft scharfsinnige Dekonstruktion soll - darin liegt der Unterschied zur Ideologiekritik - nicht in eine neue Interpretation münden, der als solcher schon der Ruch des Totalitären anhaftet. Gleichwohl geht es Derrida um ein Absolutes: Die Intention seiner Lektürestrategie ist es, die 'différance' aufzufinden, den Heideggerschen 'Rest', der durch den 'Überfall' der Begriffe auf die Dinge unterdrückt wird. So hat Derrida die 'Bauernschuhe' van Goghs aus den Aneignungsgesten Heideggers und Schapiros befreit und an ihrer Stelle eine Lektüre entwickelt, die sich den Nebenbedeutungen, dem Nebensächlichen widmet. Derrida nennt diesen Bereich in Anlehnung an eine Passage aus Kants Kritik der Urteilskraft die 'Parerga'. Damit ist eine quasi örtliche Bestimmung des 'Dazwischen' gemeint, etwas, das zwischen Bild und Nicht-Bild, dem Innen und dem Außen steht, ein Beiwerk benennt, das keines ist, also nicht im Sinne bloß schmückender Funktion das Bild umrahmt, sondern sich tendenziell verselbstständigt. Auf dieses 'Dazwischen', das die transzendente Wahrheit der Kunst dann doch aufrechterhält, wenn auch indirekt, bezieht sich auch der Terminus 'Chiasmus'. Merleau-Pontys Ontologie der Wahrnehmung benennt so das zwischen dem Selbst und dem Anderen sich bildende Geflecht eines wechselseitigen Überschreitens und Übergreifens. Erst vor diesem Hintergrund ist die Ambition der vorliegenden Studie erahnbar, deren Sprachduktus sich dem der französischen Philosophen annähert und der Erwartung an eine wissenschaftlich durchgearbeitete transparente Argumentation sich dezidiert entzieht, allerdings auch die literarische Qualität ihrer Vorbilder nicht erreicht. Eine in viele kleine Kapitel zergliederte Einführung, die als "Rahmung" bezeichnet wird, stimmt mithilfe einer Fülle von Zitaten aus Derrida, Foucault, Marin, Merleau-Ponty und Gasché das Grundthema an: "Das Lesen des Chiasmus" (9-28). Pollock mache das selbst undarstellbare Gesetz der Repräsentation zum Gegenstand; das hierdurch geschaffene intellegible Bild verlange nach einer "dekonstruktiven Lektürestrategie", die der "Abgründigkeit des Chiasmus" gemäß sei (19). Das erste Kapitel thematisiert, vor allem an der Minimal Art, die "evidente Oberfläche" (29-69). Lewicka hebt darauf ab, dass Pollock den illusionistischen Bildraum der Malerei in einen 'buchstäblichen' Raum überschritten und somit der literalen Ästhetik den Boden bereitet habe. Das zweite Kapitel - "Im Bild" genannt (70-125), nähert sich allmählich, ausgehend von einer "Dekonstruktion" der Texte Greenbergs und Frieds, einer Besprechung der drip-Bilder. Erst im 3. Kapitel (126-156) führt Lewicka dann eine Lektüre von drei Werken vor, an denen verschiedene Aspekte des theoretischen Paradigmas Pollock ausgeführt werden sollen. Die Kommentierung von Greenbergs Kunsttheorie und der Kategorie des Optischen enthüllt am ehesten die in der Mysteriensprache verborgene konservative Aussage des Textes. Lewicka plädiert für die Aktualität von Greenbergs Literalitätsbegriff und meint damit seine Theorie der Flächigkeit. Die Vorstellung des "auf sich selbst zurückgefalteten Buchstäblichen" (90) erfüllt aber gerade nicht den Begriff der Buchstäblichkeit, der das verweisungslos Kontingente meint und daher nicht mit der essentialistischen Deutung der Fläche bei Greenberg übereinstimmt. Dieser Kompromiss der literalness mit dem Konzept der Optizität ist jedoch Lewickas Anliegen. Zunächst führt sie zwar aus, dass Greenberg und Fried im Zielbegriff des Optischen die taktile Raumqualität der drip-Bilder ignorierten. Sie schließt sich Hubert Damisch an, der mit der "Dichte des Bildes" den Ort deutlich mache, an dem bei Pollock die Zersetzung des Bildes anfange, "den Ort, an dem das Bild selbst qua seiner räumlich wahrnehmbaren Stofflichkeit umgangen wird" (93). In der Lektürebewegung verschränke sich das sukzessive Voranschreiten entlang der figuralen Konturlinien von Pollocks 'Triad' (1948) mit der Wahrnehmung des vertikalen Aufeinandertreffens der Farbschichten. Von hier aus wird Frieds Optikalität nun wiederum rehabilitiert. Wenn er über Pollocks Fläche schrieb, sie richte sich "ausschließlich an die Augen", habe er - so Lewicka - bereits jene oszillierende Bewegung des Lesens angesprochen (94). Lewicka verteidigt das Optische also als eine noch unreife Rezeptur für das Lesen des Chiasmus. Wohlweislich bezieht sie sich nicht konkret auf Greenbergs Modernismustheorie, die den traditionalistischen Charakter dieser von Alois Riegl auf der Grundlage von Hildebrands Theorie eingeführten Kategorie des Optischen allzu deutlich gemacht hätte. Lewickas Werklektüren erneuern auf der Grundlage der Eingemeindung des literalen in den optischen Raum das Freiheitspathos der Avantgardeideologien: "Das gedrippte all over-Gewebe überschreitet das der Malerei vertraute all over und stellt sich in den buchstäblichen Raum. Es überschreitet die Oberfläche des malerischen Ereignisses Die Oberfläche als Grenze, als Rahmen des Bildes wird ausgeblendet. Sie ist nur noch support - Träger, 'Halter', Stütze einer in den buchstäblichen Raum vordringenden Farbe; und keines in die Tiefe des Bildes hineinreichenden Raumes, keiner Illusion mehr" (157). Unterschlagen wird in dieser metaphorischen Beschreibung der materielle Status der Leinwand als aktiver Widerpart der Farbe. Auch die folgende, freilich wiederum metaphorisch gemeinte Behauptung, dass sich in 'Number 32, 1950' "die Farbmaterie endgültig von der Leinwand [löst]", ist faktisch Unsinn und führt zu der falschen Einschätzung, dass der hier aus Farbsträngen vermeintlich gebildete buchstäbliche Raum schon der Installation einer Eva Hesse gleiche (163, Anm.2). Diese verkürzte Sicht auf die sich vermeintlich selbst generierende Faktizität der Farbe ist symptomatisch für den angestrengten Versuch Lewickas, die Destruktion der Malerei in ihre positive Entgrenzung umzudeuten. In diesem Sinne fungiert hier auch der Parergon-Begriff Derridas. Insofern die Linie sich von ihrer Darstellungsfunktion unabhängig mache und buchstäblich zur Farbe werde, schließe diese "den Rahmen in sich ein" (158). Pollocks Kritik des (ornamentalen) Rahmens und der durch ihn repräsentierten gestaltgebenden Linie wird durch die oszillierende Lektüre aus ihrer Negativität erlöst zur Erfahrung der différance, ja der Schönheit: "Das Ineinanderübergehen des Rahmens und des Bildes, des Rahmenbildes und des Bildrahmens, des Bildes und des Objekts, des Sichtbaren und des Lesbaren ist [...] ein Augenblick der Lektüre - dessen momentane [...] quasi-Entschiedenheit [...] erst die Schönheit [...] produziert" (162). Die phänomenologische Nobilitierung der Wahrnehmung im Zeichen des 'Chiasmus' zielt auf eine erneute Aktualisierung jener Syntheseleistung, die schon Adolf von Hildebrand in der Vermittlung von Nah- und Fernsicht zur Lösung des modernen 'Problems der Form' (1893) empfohlen hat. Lewickas strukturalistische Neuaufbereitung des 'Optischen' vermeidet die Konfrontation mit dem Bildobjekt zu Gunsten einer Analogisierung von Bildstruktur und Rezeptionsstruktur, um dadurch die Selbstkritik der Kunst in die anschauliche Erfahrung eines "in-between" zu entschärfen. Mit der enormen Fülle der auf 171 Seiten angeführten philosophischen und kunstkritischen Positionen ist keine Neubewertung von Pollocks Werk verbunden, sondern - die Feier der Kunst. Am Ende bekennt die Autorin, dass es ihr darum geht "der Kunst neue Räume zu eröffnen, ihr ein Weitermachen zu erleichtern [...]" (171).
The volume consists of eight essays with a precise focus: the study of the "dynamics of social exclusion" as reflected in data available for 1994 to 1996, when a detailed survey of a sample of households in EU countries, the "European Community Households Panel," was conducted. On the basis of these data, the authors document the extent and prevalence of poverty generally and specifically in regard to particular risk groups defined in terms of age, health and personal circumstances (young adults, lone parents, people with sickness or disability and retirees).[1] The analysis was carried out for five countries: Austria, Germany, Greece, Portugal and the United Kingdom, which were taken to be representative of the extremes of EU membership: north and south; wealthy and poor; large and small. The essays discuss income poverty (measured as incomes at 40, 50 or 60 percent of median incomes) as well as housing problems, access to basic necessities like food and utilities, access to consumer durables and social interactions. The essays document not only that the extent of poverty varies between countries--a well-known fact--but also that its causes and effects continue to differ even in an increasingly united western Europe. Austria had the lowest proportion of the population in poor households (17 percent--compared to 18 percent in Germany, 21 percent in the United Kingdom and Greece, and 24 percent in Portugal). While sickness and disability were likely to impoverish individuals in all the countries studied, this was particularly true of Austria, Germany and the United Kingdom (that is, northern Europe); retirement was more likely to result in income poverty in the south. The north-south divide was less relevant for parents; single income households with children were particularly likely to suffer from income poverty in the United Kingdom, Germany and Portugal. Poverty was more likely to be persistent than merely a brief phase in the life cycle. Persistence rates of income poverty were around 80 percent in Greece and Britain, above 70 percent in Portugal and above 60 percent in Germany and Austria. But the effects were rather different. In the United Kingdom, high persistence rates of income poverty coincided with low persistence rates (34 percent) of amenities deprivation, whereas the persistence of necessities deprivation was relatively low in Greece at 39 percent. The volume was conceived as a contribution to policy decision-making in the aftermath of the 2000 Lisbon Declaration, which focused (among other things) on poverty and encouraged member states to set more concrete targets for dealing with social exclusion. Some member states did so; Britain, for example--a country where income poverty was particularly likely to result in deprivation of basic necessities--vowed to abolish "poverty" by 2020. The volume is a treasure-trove of data and empirical analysis; it makes essential, though at times rather trying, reading for anyone interested in the extent of social exclusion, and the likelihood of falling into or escaping from it. It also provides ample proof--if any were needed--that governments seeking to combat social exclusion have to set different priorities, because they are not attacking the same phenomenon. Unfortunately, the empirical as well as the more conceptual contributions reveal some of the approach's and the book's shortcomings.[2] The book's very advantage--providing a precise research agenda--is also a drawback. With its focus on three years, and on the life-cycle rather than more stable factors such as ethnicity, occupation or regional origin, the volume presents a particular image of the risk (and duration) of deprivation, which may be more or less comprehensive for different countries. The narrow temporal focus makes one wonder whether measuring poverty's "persistence" of poverty makes much sense for such a relatively short time. Such doubt is enhanced when considering some of the oddities in the results: how did households that remained poor in the United Kingdom manage to get their hands on consumer durables? (The same question could be asked for the sudden increase in access to necessities in Greek households.) Illustrating the empirical findings with more concrete examples would have been helpful, particularly when they are counterintuitive, for instance the statement that patterns of poverty in eastern and western Germany were converging in spite of the continuing divergence in unemployment patterns. Another question--admittedly suggested by events of the last several years--is whether ethnicity, regional origins or occupations are not more important in determining the extent and duration of social exclusion than life cycle. These factors were not, and partly could not be, measured on the basis of the data used, but have moved to the center of policy debates today. This matter relates to another issue the book does not address: who is to blame for poverty, and what roles have governments and the European Union assumed in determining poverty patterns and trends? Have past policy choices--for instance, cutting benefits; increasing "flexibility" in labor markets; encouraging the emigration of jobs (such things the European Union is frequently accused of doing)--made a difference? Is combating poverty a serious policy agenda, or merely window-dressing to make the "reforms" that were key to the Lisbon agenda for modernizing the EU more palatable? Europe seems to be facing an internal contradiction between the agenda of competition and privatization (which results in higher access costs to essential services for "low value" customers) and the agenda of abolishing poverty. This contradiction is partly sustained by U.K. data. Which element is and should be more important to the European Union or national governments is hotly debated, but of course serious contributions to the debate require a comprehensive review of the present state of affairs through the type of careful studies of which this volume is an excellent example.
Douglas G. Morris's excellent book poses a broad question: what happened to the rule of law in Germany after 1919? How severe was the collapse of judicial impartiality and competence? Can one doubt whether the Weimar Republic ever qualified as a republic, "if a necessary part of a republic is a judiciary committed to democratic ideals and impartial justice" (p. 1)? That there was a collapse in judicial impartiality is hardly in doubt. As early as 1922, Emil Julius Gumbel provided statistical proof: between late 1918 and summer 1922, a total of 354 political murders committed by perpetrators affiliated with the political right had been punished with one life sentence plus 90 years and 2 months imprisonment; in 326 cases, there had been no punishment at all. By contrast, the 22 murders committed by left-wing sympathizers in the same period had been punished with 10 death sentences, 3 life sentences and 248 years and 9 months imprisonment; only 4 perpetrators escaped (p. 1). To be sure, this statistic may indicate more about the political leanings of police officials and prosecutors investigating cases than of judges who rule on the evidence put before them, but the divergence in sentencing remains remarkable. Morris reformulates this insight to ask how Germany's judges, trained to apply the law in an impartial and technically correct manner, could become raving political partisans willing to twist the law in favor of a particular political position. He does not seek to provide a comprehensive answer, but focuses on cases which involved Max Hirschberg, a Jewish attorney who practiced in Munich from 1911 to 1934, when he escaped to Italy. Hirschberg moved on to the United States in 1939, where he died in 1964. Hirschberg was not only involved in the major political trials of the day in 1920s and early 1930s Munich, but also developed a systematic interest in judicial error, which culminated in a major work on Das Fehlurteil im Strafprozeß, published in 1960. Morris is interested primarily in how trials were conducted. This in-depth analysis is divided into three blocks: political trials in 1922 and 1925, when Germany's war guilt and the causes of defeat were treated in libel suits and criminal prosecutions; non-political cases in which Hirschberg succeeded in having judicial errors reversed; finally, political cases linked with the rise of the Nazi party from 1926. In each case, Morris offers a clear exposition of the facts and substantial as well as legal issues in the case, a step-by-step analysis of trials and appeals processes, and an evaluation of the outcome. The main lines of argument which emerge from these analyses are, first, that some problems were peculiar to Bavaria. The main issue was the existence of people's courts, introduced during Bavaria's brief socialist phase to provide swift justice. The people's courts did not just increase judges' freedom of action by abolishing procedural safeguards, but also protected judges from professional scrutiny and criticism because there were to be no appeals. One of Hirschberg's major victories in the cases of the early 1920s was successful lobbying for their reintroduction. Second, Munich's judges may have been particularly traumatized by the brief revolutionary episode (and by the political preferences of Bavaria's ministries, which were systematically anti-Republican); moreover, they were called upon to decide a stream of political trials, some of which--notably libel trials--effectively sought the impossible, namely a definitive judicial ruling on the validity of a certain interpretation of history or a personal political position. Third, in spite of significant personal variations in style and substance, even after the reintroduction of appeals judges tended to use their freedom of maneuver in an anti-left-wing (which implicitly meant pro-National Socialist) sense. However, until 1933, this state of affairs did not challenge the ties which bound the profession. The Bavarian ministry of justice failed in its attempts to have Hirschberg disbarred in the early 1920s. Even when Hirschberg was released from so-called protective custody in 1934, most of his colleagues rallied round the decorated war veteran, allowing him to retain an access to the court building that was denied most Jewish attorneys. Finally, the problems of the justice system affected non-political cases as well, which may have deepened distrust of Republican institutions. The meticulously researched book benefits immensely from its author's experience as a practicing attorney familiar with courtroom drama and legal technicalities, which are vividly recreated and succinctly explained. The focus on Hirschberg illustrates both the immense obstacles a defense attorney faced and the victories an exceptionally gifted attorney could still win. Even though the courtroom perspective disregards some of the motivations which have their roots outside court--be it the social structure of and career perspectives in Munich's legal profession or political pressures on judges--these are not the main focus of Morris's research. Finally, one could argue about the optimist portrayal of pre-1918 German justice in politically sensitive cases. The clear focus on Weimar trials ensures that the book is no biography. Although Morris includes brief chapters on Hirschberg's youth and his years in exile, not much information is offered on Hirschberg's private life, the economics of his legal practice or his time in exile. But this decision does not diminish Morris's achievement in providing a fascinating insight into the workings of Weimar justice.