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"Im Abstand von rund 2 Jahrzehnten fällt den Freiburgern die Aufgabe zu, Kollegen, Freunden und sonstigen Mitgliedern der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft einige kleine Ausschnitte aus der Vegetation unserer Landschalt zu zeigen: 1951 - 1971 - 1990 sind die Stichjahre. Damit bietet sich auch jeweils Gelegenheit zu einem Blick in unsere 'Werkstätten'. Es ist gewiß einerseits eine willkommene Aufgabe, andererseits wird diese umso heikler, je größer die Zahl der Teilnehmer und je bunter deren Kreis wird. So mußten heuer unter rd. 350 Bewerbern zunächst 200 als absolutes Maximum für 4 getrennte Gruppen ausgelost werden."
Die 4 Exkursionen, über die im vorliegenden Beitrag ausführlich berichtet wird, führten zum Kaiserstuhl, auf den Feldberg, in den Hotzenwald und zum Belchen; eine Nach-Exkursion hatte die Wutachschlucht zum Ziel.
Die Wurzeln von AFSV und Flor.-Soz. AG liegen eng beieinander, die Geobotanik bildet ihre gemeinsame Grundlage. Auf der Jahresversammlung der Flor.-Soz. AG am 15.06. 2006 in Lüneburg wurde die Kooperation bekräftigt. Zweifellos wird man Traditionen am besten dadurch gerecht, indem man auf Basis der Wurzeln, der Entwicklungen und der Aktivitäten unserer Arbeitsgemeinschaften nach vorne schaut und versucht, neue Wege ausfindig zu machen und zu beschreiten (Tab. 1).
Beispiele für neueste Aktivitäten von Vertretern der Arbeitsgemeinschaften sind:
• Die elektronische Schriftenreihe „Waldökologie online“ der AFSV (Hrsg.: KARRER & WALENTOWSKI), die inzwischen mit drei Heften erschienen ist fwww.afsv.de). Ein profundes peer rrazew-Verfahren garantiert hohe Qualität. Es wird über einen mit namhaften Wissenschaftlern interdisziplinär besetzten Fachredaktionsbeirat abgewickelt.
• Die umgearbeiteten Manuskript-Richtlinien von TUEXENIA, die z. B. besagen, dass nun alle Original-Vegetationsaufnahmen aus Deutschland einer großen Datenbank zur Verfügung gestellt werden sollen (DIERSCHKE 2005, EWALD 2005) und das etablierte peer review-System von TUEXENIA (Schwabe et al. 2006).
• Zusammenarbeit mit den Vegetationsdatenbank-Workshops (der 5. Workshop fand vom 22.-24. 02. 2006 in Bremen, der 6. Workshop vom 1.-2.03.2007 an der Universität Bonn statt).
• AFSV-Schwerpunkttagungen zum Thema GIS- und Fernerkundung in der Forstlichen Standorts- und Vegetationskunde (am 17.-19.05.2006. in Wolfenbüttel und am 20.-23.09. 2006 in Benediktbeuern).
• Workshops der Flor.-Soz. AG am 25.09.2006 in Darmstadt und in den Folgejahren.
Der typische Sukzessionsverlauf auf basenreichen offenen Sandstandorten im Binnenland führt von Pionierstadien der Koelerio-Corynephoretea zu artenreichen Allio-Stipetum-Beständen (Festuco-Brometea). Innerhalb weniger Jahre können sich aber auch artenarme Dominanzbestände mit hohem Ruderalisierungsgrad entwickeln, die durch generalistische konkurrenzstarke Graminoide bestimmt werden. 32 Dauerbeobachtungsflächen, die ohne Pflegemanagement sind und mittlerweile seit bis zu 15 Jahren von uns untersucht werden, ermöglichen einen detaillierten Blick auf die unterschiedlichen Sukzessionslinien und die Geschwindigkeiten, mit denen sich Änderungen in der Artenzusammensetzung vollziehen. Dabei stehen uns neben den Daten der Vegetationsaufnahmen und den daraus abgeleiteten Informationen (wie z. B. mittleren Ellenberg-Zeigerwerten) für verschiedene Flächen auch Boden-Daten (N, P, pH) zur Verfügung. Eine Analyse aller Flächen dokumentiert die relative Stabilität offener Sandvegetation nährstoffarmer Standorte für die untersuchten Zeitfenster. Pioniergesellschaften des Sileno conicae-Cerastietum semidecandri s. l. und Jurineo-Koelerietum glaucae zeigen z. T. strukturelle Änderungen (so z. B. Zunahmen der Kryptogamendeckung). Eine Zunahme von Stipa capillata kann z. T. in 11–12 Untersuchungsjahren im Jurineo-Koelerietum festgestellt werden; dies korrespondiert mit einer Abnahme von Koeleria glauca und z. T. mit einer Ablösung von Tortula ruraliformis durch Hypnum cupressiforme var. lacunosum. Dennoch konnten sich während der Untersuchungsjahre in den Beständen die Arten des Jurineo-Koelerietum halten. Bestände des Allio-Stipetum zeigen in der spontanen Sukzession z. T. lange Stagnationen von mehr als 14 Jahren; vereinzelt tritt der Polykormonbildner Prunus spinosa auf. Stellenweise kommt es mit zunehmender Deckung von Stipa capillata jedoch zu gravierenden Abnahmen der Artenzahl. Bestände, die in ihrer Pionierphase durch höhere Bodennährstoffgehalte (besonders Phosphat) und höhere Ellenberg-Feuchtezahlen gekennzeichnet sind, entwickeln sich innerhalb weniger Jahre zu artenarmen Ruderalbeständen. Die gewonnenen Ergebnisse werden in einem Sukzessionsmodell dargestellt. Für ein Pflegemanagement ergibt sich aus den Ergebnissen, dass intakte Koelerion glaucae-Flächen oft nur sehr extensiv beweidet werden müssen. Insbesondere zur Dämpfung der Ruderalisierung in den nährstoffreicheren Flächen sowie zur Dynamisierung in größeren homogenen Beständen des Allio-Stipetum ist ein Pflegemanagement jedoch eine essentielle Maßnahme. Die in unseren Fällen eingesetzte Schaf- und/oder Eselbeweidung führt zur partiellen Förderung der besonders gefährdeten Pionierstadien im Mosaik mit dem Allio-Stipetum.
Extensive Beweidung durch Wiederkäuer und Nicht-Wiederkäuer wird oft als Management-Methode für brachliegendes Grasland eingesetzt, um den in vielen Fällen einst hohen Artenreichtum dieser Systeme zu renaturieren. Die Pflanzenarten-Zusammensetzung auf den Weidekoppeln wird dabei hauptsächlich durch die Nahrungswahl der Weidetiere beeinflusst. Aufgrund der physiologischen Unterschiede ist davon auszugehen, dass Wiederkäuer und Nicht-Wiederkäuer unterschiedliche Nahrungspräferenzen haben. Wir untersuchten Bestände des Armerio-Festucetum trachyphyllae (Koelerio-Corynephoretea) in einem trockenen und nährstoffarmen Binnendünen-Gebiet der nördlichen Oberrheinebene (Hessen). Als Weidetiere wurden verschiedene Schafrassen (als Modell für Wiederkäuer) und Esel (als Modell für Nicht-Wiederkäuer) eingesetzt. Zusätzlich untersuchten wir die Auswirkungen sukzessiver Schaf-/Eselbeweidung. Zwei unterschiedliche Subtypen des Armerio-Festucetum trachyphyllae (jeder dreifach repliziert) wurden einmal im Jahr beweidet. In den Jahren 2003 und 2004 konnten die Phytomasse-Extraktionen der drei verschiedenen Beweidungstypen (Schaf, Esel, sukzessive Schaf-/Eselbeweidung) untersucht werden. Auf jeweils 2 m2 großen Probeflächen verglichen wir die gewogene trockene Phytomasse des Weiderestes mit der Phytomasse von durch Draht-Weidekörbe geschützten Klein-Exclosures. Die Phytomasse wurde jeweils getrennt in die drei funktionellen Pflanzengruppen: „Grasartige", „Leguminosen“ und „sonstige Kräuter“ Der maximale Phytomasse-Entzug wurde im Fall der sukzessiven Schaf-/Eselbeweidung erzielt. Hinsichtlich der maximalen quantitativen Extraktion ließen sich keine Unterschiede zwischen Schaf- und Eselbewei- dung feststellen. Bezogen auf die funktionellen Pflanzengruppen nutzten Schafe in stärkerem Maße „sonstige Kräuter“, wohingegen Esel Leguminosen bevorzugten. Bei sukzessiver Schaf-/Eselbeweidung zeigte sich keine Präferenz gegenüber einer funktionellen Pflanzengruppe. - Es lässt sich rückschließen, dass im Fall von ruderalisierten Flächen die Multispecies-Beweidung aufgrund der hohen Phytomasse-Extraktion und der komplementären Nutzung der funktionellen Pflanzengruppen die am besten geeignete Methode ist.
In der vorliegenden Untersuchung werden die Ergebnisse eines Experimentes zur Restitution von Sandtrockenrasen vorgestellt. In einer Pilotstudie im Darmstadt-Dieburger Sandgebiet, die im Jahre 1998 begann und deren erste Bestandsaufnahme im Jahre 1999 erfolgte, wurden in einem stratifiziert-randomisierten Versuchsdesign inokulierte, beweidete Flächen bzw. nicht-inokulierte beweidete und unbeweidete Vergleichsflächen mit pflanzensoziologischen Aufnahmen dokumentiert. Dieses Gebiet wies mit 87 mg/kg trockener Boden relativ hohe Gehalte an pflanzenverfügbarem Phosphat-P auf; eine Reduzierung dieser Werte war hier nicht möglich. Die Samenbank und der Diasporen-Niederschlag waren nach den Ergebnissen einer Voruntersuchung ruderal geprägt.
In den ersten drei Jahren etablierten sich auf den inokulierten Flächen die Arten der Leitbildgesellschaften (Pionierfluren der Corynephoretalia und Bestände des Allio-Stipetum), die auch als Donorflächen fungierten (mit 70-76 % der in den Donorflächen vorhandenen Arten). Die Übertragung von Mäh- oder Rechgut zeigte geringste Eingriffe in die Bestände der Spendergebiete. Die Übertragung von Soden ist aufwändiger und beeinträchtigt die Donorflächen in höherem Maße. Die Übertragungsrate bei Sodenversetzung war im ersten Jahr besser als die der Rech-/Mähgut-Inokulation, die Rate der Rech-/Mähgut-Inokulation glich sich jedoch im dritten Jahr an. - Im Laufe des Untersuchungszeitraumes kam es auf den nicht-inokulierten Flächen zu einer Ablösung von kurzlebigen Stellarietea- durch mehrjährige Artemisietea-Arten; dies korrespondiert mit der Ablösung von kurzlebigen Koelerio-Corynephoretea- durch mehrjährige Festuco-Brometea-Arten auf den inokulierten Flächen. - Der selektive Fraß von Schafen und Eseln, insbesondere an höherwüchsigen Arten, konnte den Grad der Ruderalisierung senken. Anhand von Ruderalisierungs-Indices, die die Summe bzw. die Deckung von Ruderalarten im Vergleich zu Zielarten in Beziehung setzen, kann dies belegt werden. Der Ansatz „Beweidung ohne Inokulation" führte nicht zur Entwicklung von Beständen, die sich in stärkerem Maße den Leitbildgesellschaften annähern, wenn auch die Dominanz von Calamagrostis epigejos hier gemindert wurde. Die Untersuchungen zeigen die Eignung vor allem der Mahd- und Rechgutübertragung für die Restitution von Sandtrockenrasen. Die Ergebnisse der Modellstudie dienen als Grundlage für größerflächige Ansätze im Rahmen von Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben, z. B. im Landkreis Darmstadt-Dieburg und im Emsland (Niedersachsen). In diesen Projekten wird - wenn möglich - sehr nährstoffarmer Sand verwendet (z. B. Tiefensand).
Die basenreichen, offenen Sand-Lebensräume des hessischen Oberrheingebietes sind bekannt für ihre mittlerweile hochgradig gefährdeten Pflanzen- und Tierarten sowie Vegetationstypen. Inzwischen kommen nur noch Reste der früher weitverbreiteten Lebensräume vor, und daher gibt es Projekte im Naturschutz, Trittsteine und Korridore zu restituieren, um die fragmentierten Lebensräume wieder zu verbinden. Seit dem Jahre 1998 entwickelten wir Methoden für Restitutionsprojekte und führten ein wissenschaftliches Monitoring in den Sand-Lebensräumen durch (zusammen mit dem Landkreis Darmstadt-Dieburg, der Stadt Darmstadt und einem Landschaftspflegehof). Dafür wurden biotische und teilweise zusätzlich abiotische Verbesserungen der Flächen kombiniert mit Beweidung. Erstmals können wir nun mit Hilfe von jährlichen pflanzensoziologischen Aufnahmen und ihrer Analyse die 16jährige Vegetationsentwicklung eines ehemaligen Sandackers als Modell für eine Restitution ohne abiotische Maßnahmen aufzeigen. Ergänzend vergleichen wir diese Aufnahmen auch mit solchen der nahegelegenen Leitbildfläche Griesheimer Düne. Die Restitutionsfläche wurde mit Pflanzenmaterial (Rechgut) von Leitbildflächen inokuliert und danach kontinuierlich mit Schafen und Eseln beweidet. Aus Sicht des Naturschutzes war die Entwicklung erstaunlich gut, obwohl die Phosphat-Konzentration im Oberboden trotz Reduktion im 16. Jahr immer noch beträchtlich war. Mittlerweile ist die Anzahl und die Deckung an Zielarten hoch, im Falle von Arten der Koelerio-Corynephoretea sogar höher als in der benachbarten Leitbildfläche. Auch kommt eine Vielzahl an Rote-Liste-Arten vor. Aber es gibt auch ein ruderales Potenzial vor allem mit den Schlüsselarten Calamagrostis epigejos und Cynodon dactylon. Das Beweidungsmanagement muss in der bisherigen Intensität fortgeführt werden, um die Entwicklung insbesondere dieser Arten zu kontrollieren.