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Trotz der Relevanz des Themas Suizidalität und gut bekannter Risikofaktoren gibt es bisher keine deutsche Leitlinie zur Suizidalität im Erwachsenenalter. In diesem Beitrag werden zunächst die Geschichte und die Hintergründe der Arbeit mit Leitlinien beschrieben. Der aktuelle Stand der Leitlinien für psychische Erkrankungen in Deutschland wird dargestellt und auf suizidpräventive Inhalte hin untersucht. Die Notwendigkeit evidenzbasierter Suizidprävention und einer spezifischen Leitlinie zur Suizidprävention bei Erwachsenen wird diskutiert.
Nur durch gezielte Suizidpräventionsstrategien und Interventionen für die jeweiligen Risikogruppen und unter Beachtung von Alters- und Geschlechtsspezifität kann für alle Betroffenen eine flächendeckende, gut erreichbare, bedarfs- und versorgungsgerechte, finanzierbare sowie nachhaltige medizinische Versorgung auf einem hohen Niveau sichergestellt werden. Dies gilt für den ambulanten und den stationären Bereich sowie für deren Schnittstellen. Bei Suizidalität handelt es sich um ein diagnoseübergreifendes, in unterschiedlichen Versorgungskontexten auftretendes Syndrom mit komplexem Behandlungsbedarf, weshalb intersektorale und multiprofessionelle Aspekte in einer entsprechenden Leitlinie besonders zu adressieren sind. Wissenschaftliche Evidenz und interdisziplinärer Konsens unter Expertinnen und Experten zum Umgang mit suizidalem Verhalten in der medizinischen Versorgung können dazu beitragen, Morbidität und Mortalität im Zusammenhang mit Suizidalität zu reduzieren. Im August 2021 wurde die Finanzierung einer S3-Leitlinie „Umgang mit Suizidalität“ vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses bewilligt.
Für die Kunst um 1970 lässt sich ein Bedürfnis nach der Konstruktion und Darstellung von Identitäten am Körperbild des Künstlers feststellen. Unter verschiedenen Gesichtspunkten greifen Künstler Themen der Zeit auf, indem sie selbst in die Rolle des Anderen schlüpfen. Sie verwenden hierfür Masken als verfremdende Mittel, die nicht unbedingt auch als solche zu erkennen sein müssen. Wesentlich ist nur, dass eine nachvollziehbare Differenz zwischen der persönlichen Identität des Künstlers und der von ihm thematisierten fremden Identität besteht. Mit Hilfe solcher Verfremdungen gelingt eine Verknüpfung von Gezeigtem – dem veränderten Körperbild des Künstlers – und Gemeintem – der neu angenommenen Identität, die sich aus der Konstruktion ergibt. Unterstützt wird diese offene Auffassung von Rollenspiel durch die eingesetzten Bildmedien, die den Blick auf den Körper des Künstlers für die (spätere) Rezeption zugänglich machen. Performance, Fotografie und (Video)Film verfolgen nicht allein dokumentarische Ziele, sondern greifen in die Maskerade selbst mit ein und unterstützen den performativen Akt der Identitätshinterfragung. Selbst noch so unterschiedlich scheinende künstlerische Ansätze in der Reflexion der Identitätsproblematik innerhalb des untersuchten Spektrums können dennoch auf eine Gemeinsamkeit zusammengeführt werden. Die Beschäftigung mit dem Körperbild als Trägermedium einer Identität geht im untersuchten Bereich über die Reflexion der eigenen Identität des Künstlers und der Beschäftigung mit persönlichen Krisen hinaus. Die eingebrachte Verfremdung der äußeren Erscheinung ermöglicht nicht nur dem Betrachter, zwischen Künstler und Darstellung zu differenzieren. Auch der Künstler selbst wird durch das Tragen der Maske in seiner Selbstwahrnehmung beeinträchtigt und kann deshalb sein Äußeres als etwas von ihm zu Unterscheidendes betrachten. Die Auswahlkriterien Verkleidung und Identitätsreflexion einer bestimmten Zeit grenzen die Vielfalt an Beschäftigungen mit dem Körperbild stark ein. Sie ermöglichen eine klare Trennung zwischen verschiedenen Formen von Darstellungen, anhand derer die Identitätsfrage gestellt werden kann. Für die Bestimmung der Kategorien, in welche sich die künstlerischen Ansätze einordnen, ist die durch die Maskerade gewählte Identität von Bedeutung. Die gewählten Beispiele zeigen unterschiedliche Darstellungen, die sich mit unter auch in ihrer Prägnanz voneinander unterscheiden. Nicht immer fällt die Wahl auf eine Form des medialisierten Körperbildes in die Zeit um 1970. In einigen Fällen ist eine Abweichung vom Schema sinnvoll, sobald ein Rückblick auf die Tradition durch ein prominentes Bild aufmerksam macht, oder ein Blick in die Kunst der Gegenwart die weiterhin bestehende Notwendigkeit mit der Auseinandersetzung thematisiert. Ein Seitenblick auf andere Sparten wie Literatur und Kinofilme zeigt, dass diese Problematik nicht nur für die bildende Kunst relevant ist, sondern auch in anderen Bereichen ihren Niederschlag findet. Innerhalb der unterschiedlichen Kategorien bestimmen nicht nur künstlerische Reflexionen die Frage nach der Identität von Selbst und Körperbild, sondern auch wissenschaftliche Analysen auf den Gebieten der Soziologie, Psychologie und Philosophie. Medientheoretische Ansätze verweisen zusätzlich auf den veränderten Blick auf das Menschenbild in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Kontext der Auseinandersetzung mit dem Stereotypen spielen Überlegungen im Bereich der Individualisierung und der Sozialisation hinein. Fragen nach der Kategorisierung von Mitmenschen anhand der äußeren Erscheinung in der gewählten Kleidung und der spezifischen Körperhaltung geben einen Einblick in den alltäglichen Umgang mit Klischees. Dagegen beschäftigt sich die Nachahmung eines Idols stärker mit der Entwicklungspsychologie und der Vor-Bildfunktion von Idealen. Über die Generalisierung des Vor-Bildes auf wieder erkennbare Merkmale, die einen Bezug zwischen Nachahmer und Objekt der Nachahmung herstellen, und die Aneignung eben dieser Merkmale entsteht ein Konstrukt der Identität, das trotz der Nachahmung individuelle Züge aufweist. Bei der Erörterung der eigenständigen Identität, die sich mit der darstellenden Identität den Körper teilt, spielt dagegen das Phänomen der dissoziativen Identitätsstörung eine zentrale Rolle. Zeitgeschichtliche Bezüge in der Entwicklung der Gesellschaft und die Reaktion und Reflexion in Film und bildender Kunst lassen erkennen, dass die Veränderung der Persönlichkeitsstruktur keine Seltenheit ist. Die Reflexion der Geschlechterproblematik greift Fragen nach den verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten auf, anhand derer ein gesellschaftliches Konstrukt über die Zuordnung in die Geschlechtskategorien entscheidet. Mit der Darstellung der eigenen Geschlechtszugehörigkeit und der Aneignung antipodischer Merkmale analysieren Künstler bestehende Rollenklischees und vermeintliche Ideale. Das Ausweichen auf die Androgynie spielt mit der Uneindeutigkeit der Geschlechtsdarstellung und dem Wunsch, eine neue Ordnung zu schaffen. Sämtliche Darstellungsformen der Identitätsfragen neigen dazu, das Körperbild in einen ironisierenden, subversiven Kontext zu bringen, in welchem die Tabus der Zeit gebrochen werden. Mit Hilfe der Überspitzung und Übertreibung können diese Inszenierungen den zeitgenössischen Betrachter provozieren. Nicht alle künstlerischen Ansätze finden Berücksichtigung. So bleibt beispielsweise die spezifische Verkleidung des Künstlerpaares Gilbert & George ausgespart. Sie verfolgen mit der Inszenierung des Körperbildes das Ziel, den Disput um die Trennung von Kunst und Leben zu veranschaulichen. Durch das demonstrative Tragen von Maßanzügen verhelfen sie sich selbst zu einer Unverwechselbarkeit und sorgen gleichzeitig für die subversive Konstruktion eines „Markenzeichens“ in der Kunst. Einen weiteren künstlerischen Ansatz, der zwar sämtliche Kriterien erfüllt, aber dennoch keine Berücksichtigung findet, bietet Adrian Piper in ihrer Maskerade als Mann, mit welcher sie sich im öffentlichen Raum bewegt und die Reaktionen der Mitmenschen auf die von ihr dargestellten Identität dokumentieren lässt. Sie bringt zusätzlich zur Annahme des anderen Geschlechts die Reflexion der ethnischen Identität in die Darstellung mit ein. Als Vertreterin einer Minorität bleibt in der Inszenierung jedoch die Auseinandersetzung mit ihrer persönlichen Identität im Vordergrund. Im Blick auf die Kunst der Gegenwart treten neue Herangehensweisen an die Problematik der Inszenierung von Identitätsfragen auf. Eva & Adele legen zwar noch immer die Maskerade am Körper an, indem sie ihr Äußeres auffällig verändern. Doch greift die sichtbare Veränderung des Körperbildes auch auf die Konstruktion der Biographie über. Sie erteilen keinerlei Auskunft über die sich unter der Maskerade befindende Identität und erscheinen deshalb als vollkommene Kunstfiguren. Mit dieser Form der Inszenierung sind sowohl die Differenzierung zwischen persönlicher und konstruierter Identität als auch die Reflexion von Identitätskrisen nicht mehr möglich. Eine Veränderung des am Körper entstehenden Bildes kann auch durch gezielte und dauerhafte Eingriffe in den Körper vorgenommen werden. Orlan führt dies an ihrem Körper vor, indem sie die Mittel der plastischen Chirurgie nicht zur vordergründigen Ästhetisierung ihrer Erscheinung nutzt, sondern mit deren Hilfe eine neue, hybride Identität schafft. Diese wendet sich zunächst der Idealisierung anhand verschiedener Vorbilder zu, um sich im späteren Verlauf einem neuen Prototypen anzunähern. Der Körper wird dabei zu etwas Künstlichem und unter künstlerischen Gesichtspunkten Formbarem, gleich einer Skulptur. Selbst die Identität verliert ihre Eindeutigkeit, wenn die Aktion der Transformation im Ausstellen neuer Ausweispapiere mit einem neuen Künstlernamen enden soll. Eine Steigerung in der Veränderung von Körperbildern ist – jedenfalls für den Augenblick – nicht mehr denkbar. Nur in der vollständig hybriden Welt der Cyborgs im virtuellen Raum können Körper das an ihnen hergestellte Bild und gleichzeitig die Identitätszuschreibung durch eine entsprechende Umprogrammierung ändern, wobei das vorangegangene Körperbild keinerlei Spuren hinterlässt. Doch dies ist ein anderes Thema.
Nach Ende der napoleonischen Kriege und nach Aufhebung der Kontinentalsperre drängten die Briten auf das Festland. Sie nutzten dabei den Rhein als einen Wegabschnitt von besonderem Reiz, bevor sie nach Italien weiter reisten, indem sie an die Tradition der grand tour des 18. Jahrhunderts anknüpften. Durch die auf der britischen Insel weit vorangeschrittene industrielle Revolution zu Reichtum gekommen, konnte sich eine breitere Bevölkerungsschicht erlauben den Kontinent zu erkunden. Binnen weniger Jahre entwickelte sich der Tourismus zu einer gesellschaftlichen Konvention für die stetig wachsende Bürgerschicht. [...] So viele reisende Engländer fielen unter Einheimischen und Mitreisenden unter anderem wegen des von ihnen betriebenen enormen Reiseaufwands auf und schienen einer Kommentierung wert. [...] Briefe, Reiseberichte, Erzählungen und Novellen erwähnen das bemerkenswerte Verhalten der Briten. Aus den zahlreichen Quellen hat Barbara Wagner eine Auswahl getroffen, die einerseits den Zeitraum des Vormärz abdeckt und andererseits die verschiedenen Textarten berücksichtigt. Das besondere Augenmerk galt solchen Äußerungen, die sich auf die von den Briten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bevorzugten Reisegebiete Rhein und Italien konzentrieren. Auch der selbstreflexive Blick von Engländern auf ihre Landsleute wird in die Auseinandersetzung mit den Konventionen des Reisens einbezogen. Oft münden solche Schilderungen in Satiren und Karikaturen.
Der eurozentrische Blick des 18. und 19. Jahrhunderts, den es hier zu untersuchen gilt, definiert und interpretiert das Wahrgenommene über vergleichende Studien. Stets steht eine Differenz in der Subjekt-Objekt Beziehung zwischen Beobachtendem und Wahrgenommenem. Dies gelingt am ehesten, wenn das Objekt der Betrachtung abstrahiert und verallgemeinert und zugleich aus einer sicher wirkenden Distanz beschrieben wird. Beschreibungen von Menschen verschiedener Herkunft basieren auf Vergleichen, deren Kriterien die Untersuchungsergebnisse von vornherein festlegen. Sie fokussieren sich auf Körpermerkmale und deren unterstellte Einflüsse auf intellektuelle und kulturelle Entwicklungsmöglichkeiten. Sie betrachten gesellschaftliche Strukturen und ziehen daraus ihre verallgemeinernden Schlüsse. Solche Untersuchungen entstehen auf unterschiedlichen Ebenen: Im bildungsbürgerlichen Haushalt finden sich populärwissenschaftliche Publikationen wie Lexika für Erwachsene und Kinder. Die sich etablierende Anthropologie bedient sich ebenfalls der Vergleichsmodelle in der Beschreibung des Andersseins. Versuche, die Perspektive zu ändern und einen kulturellen Transfer überhaupt erst zu denken, lenken den Blick auf ein weiteres wichtiges Phänomen der Wahrnehmung in Selbsterkenntnis. Als Quellentexte und Anschauungsmaterialien sind solche Publikationen zusammengestellt, in welchen die Differenz zwischen Europäer:innen und Afrikaner:innen herausgearbeitet wird. Der afrikanische Kontinent gewinnt im 19. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. Das Innere des Kontinents lockt Forschungsreisende, Missionare und später Kolonialmächte an. Aus den Begegnungen und Beschreibungen leiten sich nicht nur Bilder, sondern zugleich Argumentationslinien für europäische Handlungsstrategien ab, die bis heute nachwirken.