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In jüngerer Zeit häufen sich im Siedlungsraum des Ruhrgebiets Funde des Frühlings-Fingerkrauts (Potentilla verna), insbesondere in Zierrasen auf Friedhöfen. Der Ursprung der Vorkommen, ihr floristischer Status und die Relevanz für die Einstufung in die Rote Liste Nordrhein-Westfalens werden diskutiert.
Obwohl der Stechende Mäusedorn (Ruscus aculeatus L.) in Deutschland nicht heimisch ist, kennt ihn doch der ein oder die andere von Reisen ins Mittelmeergebiet. Im Jahr 2002 war er in Deutschland sogar Arzneipflanze des Jahres. Als Besonderheit scheinen bei ihm die auffälligen roten Früchte mitten auf dem Blatt zu stehen, was den Gesetzen der botanischen Morphologie widersprechen würde, ein Umstand, der bereits Dioskurides im Altertum auffiel und das Morphologenherz höherschlagen lässt. Die Art wird deswegen oft auch im Biologiestudium als Objekt untersucht und in diesem Porträt sollen ihr ausführliche Kapitel zur Morphologie und Anatomie gewidmet werden.
Dass Innenstädte für Botanikerinnen und Botaniker alles andere als langweilig sind, stellen wir immer wieder aufs Neue fest bei unseren jährlichen Rundgängen durch Bochum. Langweilig wäre es schon fast, wenn dabei kein Neufund oder wenigstens ein paar Seltenheiten auftauchen würden. Aber auch eine ganze Reihe von Arten, die in der Stadt häufig sind, im Umland aber nicht und daher als typische Stadtpflanzen gelten, begegnen und auf unseren Runden durch die Stadt.
Viele Pflanzen und Tiere ziehen in die Stadt, weil ihnen die Lebensumstände auf dem Land nicht mehr zusagen. Dabei findet man gelegentlich auch Arten, die mittlerweile sehr selten sind oder zwischenzeitlich sogar in der Region als ausgestorben galten. Eine dieser Arten ist das Gelblichweiße Ruhrkraut (Helichrysum luteoalbum).
Bei dieser abendlichen Exkursion drehte sich alles um das Thema Stadtpflanzen. Das Bergbaumuseum mit seinem berühmten Förderturm befindet sich mitten im Herzen Bochums und ist umgeben von typischen urbanen Pflanzenstandorten wie Pflasterritzen, Zierrasen, Baumscheiben, Mauern und Straßenbegleitgrün. Für den Botaniker sind solche Standorte bekannt für Vorkommen bemerkenswerter Pflanzenarten und immer für die eine oder andere Überraschung gut. Auf der Exkursion wurden jedoch nicht nur die Besonderheiten der Stadtflora gesucht, sondern auch häufige und typische Pflanzen vorgestellt, sodass auch Anfänger die Arten "vor der Haustür" kennen lernen konnten.
Auf einer Streuobstwiese an der Schattbachstraße in Bochum, die seit einigen Jahren zu einer "Naturschutzwiese" mit Glatthaferwiese entwickelt wird, wurden im Zeitraum zwischen dem 15.09.2020 und dem 31.12.2020 Nacht-falteruntersuchungen mittels Köder durchgeführt. Insgesamt wurden 43 Nachtfalter-Arten nachgewiesen, deren Phänologie erläutert wird. Von den acht Rote-Liste-Arten finden aufgrund ihrer Bedeutung für Nordrhein-Westfalen drei Arten besondere Erwähnung: Dryobotodes eremita, Lithophane semibrunnea und Xanthia gilvago.
Robinia pseudoacacia – Robinie, Scheinakazie, Falsche Akazie (Fabaceae), Baum des Jahres 2020
(2021)
Wie in den letzten 31 Jahren kürte das „Kuratorium Baum des Jahres“ auch für 2020 wieder einen Baum des Jahres. Dabei fiel die Wahl nicht auf eine bei uns ursprünglich heimische Baumart, sondern auf einen besonders im Naturschutz äußerst umstrittenen Neophyten: die aus Nordamerika stammende Robinie.
Auf einer etwa 0,5 ha großen Obstwiese an der Schattbachstraße in Bochum-Querenburg/Laer wurden von Mai 2018 bis Juli 2019 Flora, Fauna und Funga soweit möglich erfasst. Die Artenliste soll als Grundlage dienen, Veränderungen in der Artenzahl und Artenzusammensetzung bei einer späteren Untersuchung analysieren zu können. Diese Veränderungen erfolgen durch die Überführung der ehemaligen Wiesenbrache mit gelegentlicher Beweidung in eine zweischürige Glatthaferwiese im Sinn einer "Historischen Wiese". Insgesamt wurden 710 Arten nachgewiesen, unter ihnen 183 Pflanzenarten (168 Gefäßpflanzen, 13 Moose, 2 Algen), 32 Pilzarten, 13 Flechtenarten und 482 Tierarten. Bei den Tieren stand die Erfassung der Insekten (400 Arten), insbesondere der Anteil der Bestäuber (158 Arten, 40 %), im Fokus. Durch die Nutzungsänderung zu einer blütenreichen Mähwiese sind in dieser Gruppe am ehesten positive Veränderungen zu erwarten. Die Bestäuber werden hinsichtlich ihrer Blütenbesuche analysiert und die wichtigsten Pflanzenarten aufgeführt, an denen sie beobachtet wurden. Dabei stellen sich neben den Obstbäumen fünf Arten der Krautschicht (Senecio jacobaea, Heracleum sphondylium, Daucus carota, Anthriscus sylvestris und Cirsium arvense) mit jeweils 20 oder mehr unterschiedlichen Bestäubern als meistbesuchte Arten heraus. Bei der Bestäubung dominieren mit 38 % Hautflügler-Arten (Hymenoptera), gefolgt von Zweiflüglern (Diptera, 26 %), Käfern (Coleoptera, 18 %) und Schmetterlingen (Lepidoptera, 18 %). Die Anteile der gefährdeten Arten mit 9 (1,7 %) (zusätzlich 9 Arten der Vorwarnliste) und der Neobiota mit 32 Arten (4,5 %, 19 Neophyten, davon 10 unbeständig, und 13 Tierarten) sind relativ gering. Die gewählten Entwicklungsmaßnahmen der Wiese, die neben der Mahd auch Einsaaten umfassen, werden erläutert und Artenzahlen sowie Erfolgsperspektiven auch vor dem Hintergrund der klimatischen Änderungen diskutiert.
Als Maßnahme gegen das "Insektensterben" werden Samentütchen im Handel angeboten oder von Firmen und Behörden verteilt, die im Garten, aber auch in der freien Landschaft, ausgestreut werden. Häufig wird dies von Naturschutzverbänden unterstützt. Der Inhalt dieser Tütchen ist in der Regel nicht dokumentiert und besteht in vielen Fällen aus nicht-einheimischen, einjährigen Arten, die zu keinem nachhaltigen, positiven Effekt in der Natur führen und höchstens den häufigen Insektenarten nützen. Es werden die Komplexität der Themenfelder "Insek-tensterben" und "Ansaaten" beleuchtet und Handlungsalternativen zur ungezielten Samenaussaat aufgezeigt.
Am 7. Oktober 2019 starb plötzlich und unerwartet DIETRICH BÜSCHER, der von uns allen DIETER genannt wurde. Er gehörte seit den 1980er Jahren zu den bekanntesten und sicherlich auch emsigsten Botanikern Nordrhein-Westfalens und war im BOCHUMER BOTANISCHEN VEREIN eines der ersten Mitglieder. DIETER erforschte nicht nur jahrzehntelang die Flora des Landes, sondern setzte sich auch aktiv und energisch für den Erhalt der Natur ein. Mit ihm verliert unser Verein und insbesondere auch das Ruhrgebiet einen der besten Kenner der hiesigen Flora und ihrer Veränderungen in den letzten 40 Jahren.
Das Jahr 2018
(2019)
Vorgestellt werden zwei eingebürgerte Vorkommen des Rundblättrigen Labkrauts (Galium rotundifolium) in Fichtenforsten in Attendorn und Lennestadt (Kreis Olpe/Sauerland). Die Herkunft dieser im Süden Deutschlands heimischen Art ist ungewiss. Als Quelle kommt am ehesten forstliches Pflanzgut in Frage.
Das Kleine Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) zählt zu den klassischen Frühjahrsgeophyten, wobei die Bezeichnung Wintergeophyt an dieser Stelle viel treffender wäre, denn die Art gehört neben dem Winterling (Eranthis hyemalis) bei uns zu den allerersten blühenden Pflanzen im Jahr. Ihre Blüten erscheinen massenhaft zwischen Januar und März, in milden Jahren blühen einzelne Pflanzen auch schon im Dezember. Somit kommt dem Schneeglöckchen nicht nur unter Botanikern eine symbolische Bedeutung zu: Sein Erscheinen versinnbildlicht das allmähliche Erwachen der Natur nach der Winterruhe und den Neubeginn des Pflanzenjahres.
Die Echte Katzenminze, auch Katzenkraut, Katzenmelisse oder Steinmelisse genannt, ist eine alte Heilpflanze, die bereits von den Römern in Mitteleuropa kultiviert wurde. Ihre Ver-wilderungen gehörten zur typischen Flora der Dörfer, der Umgebung von Klöstern und Gehöften. Die Art tritt aber auch im Siedlungsbereich größerer Städte auf. Sie war in der nordrhein-westfälischen Flora zumindest im letzten Jahrhundert nie häufig und ist heute nur noch sehr selten zu finden (z. B. BECKHAUS 1893, HÖPPNER & PREUSS 1926, RUNGE 1990, HAEUPLER & al. 2003, GORISSEN 2015). Derzeit steht sie landesweit als stark gefährdet auf der Roten Liste (RL 2, RAABE & al. 2011), in einigen Großlandschaften wird sie sogar als "vom Aussterben bedroht" (RL 1) oder "ausgestorben" (RL 0) eingestuft. Dabei muss man aber wissen, dass aktuelle Vorkommen der Echten Katzenminze oft als neophytisch klassifi-ziert und deswegen nicht in der Roten Liste berücksichtigt werden. Hierbei drängt sich die Frage auf, inwiefern sich solche neophytischen Vorkommen überhaupt von anderen Vorkommen unterscheiden.
Zwei Funde des Arabischen Schneckenklees (Medicago arabica) in Geseke/Kreis Soest und Köln gaben Anlass, weitere Funde aus NRW zusammenzustellen und den Status der Art im Bundesland zu diskutieren. Angaben von Botanikern des 20. Jahrhunderts legen nahe, dass die Art schon damals an Wegrändern, auf Bahngeländen, auf Geländen von Wollspinnereien und in Gärten eingebürgert war. Zwei aktuelle Vorkommen in Köln und Königs-winter werden hier als eingebürgert betrachtet. Funde im Aachener Raum schließen sich an das niederländische Areal an, wo die Art als indigen betrachtet wird, sodass sogar ein Indigenat der Art in Nordrhein-Westfalen nicht auszuschließen ist.
Im NSG Emsdettener Venn im Kreis Steinfurt/NRW wächst seit mindestens 2011 Frasers Auenhartheu (Triade-num fraseri), eine Art, die an sumpfigen Standorten in Nord-Amerika heimisch ist. Das Vorkommen breitet sich im Emsdettener Venn weiter aus und ist hier offensichtlich bereits eingebürgert. Da es sich wahrscheinlich um die erste Verwilderung der Art in Deutschland handelt, wird Frasers Auenhartheu mit Fotos vorgestellt und das Vorkommen näher beschrieben.
Der Spitz-Wegerich ist in ganz Deutschland verbreitet und häufig. Heutzutage kommt er in den gemäßigten Zonen sogar weltweit vor. Er ist leicht in der Natur zu finden und einfach zu erkennen. Und er gehört zu den heimischen Heilpflanzen, deren Wirkung in der Volksmedizin überall bekannt ist. Außerdem handelt es sich um eine Heilpflanze, die auch bei Aufnahme von größeren Mengen nicht giftig ist. Welche Art könnte man sich also besser vorstellen, zur Arzneipflanze des Jahres zu wählen? Mal abgesehen davon, dass auch der Morphologe einiges zur Blütenbiologie eines Wegerichs zu berichten hat und der Taxonom in jüngster Zeit die Systematik der Wegerichgewächse auf den Kopf gestellt hat.